wieder einmal Thema Lampenfieber


Hallo hasenbein,

bei allem Respekt! Warum soll es so etwas nicht geben???

Ich kann mit doch gesanglich oder gedanklich eine Stimme oder zwei Stimmen bzw. eine Stimme und eine Begleitung dazu vorstellen bzw. singen können (bzw. die KLavierfingersätze dazu gedanklich vorstellen können) - und trotzdem nicht in der Lage sein, dieses dann auf Anhieb und im richtigen Tempo und mit der richtigen Artikulation am Klavier umzusetzen!!!

Da hakt es dann doch rein motorisch!!! Oder bin ich in dieser Hinsicht ein völlig betriebsblinder Ausnahmefall???

LG

Debbie digitalis
 
Dann sind hier evtl. sprachliche Mißverständnisse am Start.

Ich hatte es so verstanden, daß Du annimmst, es gebe so etwas wie "rein motorisches Begreifen", also ein motorisches Begreifen ohne ein Begreifen auf anderen Ebenen. Dem habe ich widersprochen.

LG,
Hasenbein
 
@kreisleriana und zum Fred Titel

Mein Gitarrenlehrer behauptet, zu recht wie ich meine, in einer Vorspielsituation kann man höchstens zwischen 70 und 80 Prozent seines Könnens auf die Bühne und zum Publikum bringen.

Wenn Du also ein Stück zu Hause z.B. zu 120% spielen kannst, es beim Vorspielen auf 80 Prozent bringst, dann erreichst Du in etwa 96%. Die Chance dieses Stück 100% fehlerfrei in der doch ungewohnten Situation (Konzert, Vorspiel, .. etc.) vorzuspielen ist somit nicht sehr groß.

Stücke die Du zu 200% oder mehr spielen kannst (ich weiß, mathematisch macht das keinen Sinn, ich denke aber jeder versteht, was ich samit sagen will :) ) werden Dir sicherlich keine Probleme bereiten.

Was hilft ? Die 120% Stücke intensiver üben - Vorschläge dazu gibt es hier schon genug.

Nur Stücke vortragen die ich mindestens zu 200% spielen kann.

Lieber ein für dich relativ einfaches Stück zu 100% fehlerfrei spielen als ein für Dich schwierigeres Stück "schlecht" vortragen (wobei schlecht hier natürlich ein Bereich ist, der sehr weit interpretiert werden kann)
 
Ressourcen schaffen, statt am Leistungsdruck zu scheitern, wäre mein Rat. Generell gilt meiner Ansicht nach: lieber ein technisch voll beherrschbares Werk musikalisch gut darbieten, als aller Welt demonstrieren zu wollen, was man doch für schnelle Fingerchen und bewundernswerte Technik hat. Denn: Keine Sorge, es gibt immer Leute, die schwierigere Stücke besser beherrschen. Warum also mit einem Golf auf den Nürburgring? Was ist denn das erklärte Ziel? Ein "ich auch"? ich will das auch können...damit hätten wir im schlimmsten Fall nachher den "Wöllner" anstelle des Künstlers, denn Kunst kommt ja von "Können". Gut wenn man von sich eben weiss, das man mit der Vorspielliteratur keineswegs am Ende seiner technischen Fertigkeiten steht. Das schafft Sicherheit und Raum zur musikalischen Gestaltung, schenkt auch Ruhe und vermeidet Frust. Ich würde den Ehrgeiz in die hochwertige Interpreation legen. Selbst die größten Pianisten spielen ja auch technisch anspruchslose(re) Werke auf CD ein. Und für das Vorspiel würde ich ebenfalls wieder mit Ressourcen arbeiten, und nach der 25%-Regel das Werk 1/4 schneller und auswendig spielen, als beim Vorspiel, um auch hier wieder Reserven zu schaffen. Und im Rahmen einer generellen Weiterentwicklung kann dann auch beim nächsten Vorspiel eventuell eine technische Stufe höher angegangen werden.
 
lieber ein technisch voll beherrschbares Werk musikalisch gut darbieten, als aller Welt demonstrieren zu wollen, was man doch für schnelle Fingerchen und bewundernswerte Technik hat. Denn: Keine Sorge, es gibt immer Leute, die schwierigere Stücke besser beherrschen. Warum also mit einem Golf auf den Nürburgring? Was ist denn das erklärte Ziel? Ein "ich auch"? .
Der Zweck Limit Werke einzustudieren ist ganz einfach:nur durch das Herantasten an die Grenzen - vorausgesetzt diese sind in vernünftiger Nähe- gelingt technischer und/oder musikalischer Fortschritt.
Zweitens:Musikalisch große Kompositionen einzustudieren-auch wenn sie technisch extrem anspruchsvoll sind- ,zu überlegen,wie man das Werk selbst sieht und interpretiert etc macht durchaus Sinn,auch wenn man Scarbo vielleicht nicht ganz so schnell spielen kann wie irgendein Star-Pianist . Geschwindigkeitsrekorde aufstellen zu wollen ist natürlich erstens musikalisch unsinnig,zweitens sollte man das den Zirkusartisten auf unseren Konzertpodien überlassen.
ABER eine eigene Sichtweise eines schwierigen Stückes zu entwickeln (und auch mal jemandem vorzuspielen),hat nichts mit "ich auch" zu tun.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Der Zweck Limit Werke einzustudieren ist ganz einfach:nur durch das Herantasten an die Grenzen - vorausgesetzt diese sind in vernünftiger Nähe- gelingt technischer und/oder musikalischer Fortschritt.
Zweitens:Musikalisch große Kompositionen einzustudieren-auch wenn sie technisch extrem anspruchsvoll sind- ,zu überlegen,wie man das Werk selbst sieht und interpretiert etc macht durchaus Sinn,auch wenn man Scarbo vielleicht nicht ganz so schnell spielen kann wie irgendein Star-Pianist . Geschwindigkeitsrekorde aufstellen zu wollen ist natürlich erstens musikalisch unsinnig,zweitens sollte man das den Zirkusartisten auf unseren Konzertpodien überlassen.
ABER eine eigene Sichtweise eines schwierigen Stückes zu entwickeln (und auch mal jemandem vorzuspielen),hat nichts mit "ich auch" zu tun.

Vollkommen zutreffend, kreisleriana, natürlich muss man im Weiterbilden und Einstudieren progressiv bleiben in der Entwicklung. Aber hier ging es ja um das Vorspiel vor Publikum, und nicht um den Klavierunterricht oder das Üben.
 
Aber hier ging es ja um das Vorspiel vor Publikum, und nicht um den Klavierunterricht oder das Üben.

Wenn man ein Werk,das einen technisch fordert,auch musikalisch schön und spannend findet,ist es doch naheliegend,das mal jemandem zu präsentieren und zu sehen,was der von der eigenen Interpretation hält,mit der (durchaus gerechtfertigten)Einstellung,"davon gibt es ja von den besten Pianisten der Welt haufenweise Traumeinspielungen",dürfte man ja gar nichts mehr spielen,denn eigentlich ist ja wirklich fast alles schon von irgendwem erstklassig aufrgenommen worden,wozu also Beethoven Sonaten,Schubert Sonaten.Chopin Walzer,Liszt Etuden,Debussy preludes einlernen,und gar noch jemandem vorspielen,is ja eh alles sinnlos,Beethoven hat Schnabel sicher 1000x besser gespielt als unser eins etc...
So kommt man nicht wirklich weiter ganz gleich ob die jeweiligen Werke technisch schwieriger oder leichter sind.
 
mit Ressourcen arbeiten, und nach der 25%-Regel das Werk 1/4 schneller und auswendig spielen, als beim Vorspiel, um auch hier wieder Reserven zu schaffen.
Ressourcen und Reserven sind zweifelsohne absolut richtig - allerdings muss darauf verwiesen werden, dass die "25%-Regel" NICHT bei allen Werken funktioniert: niemand kann Danse russe oder Scarbo 25% schneller spielen als im Konzert sinnvoll! (das kann man nur abschnittweise mit kleinen Einheiten) -- bei sehr schwierigen Sachen baut man Sicherheitsstationen ein, zu denen man hinspielt (wenn was schiefgehen sollte, so kann man ab jeder solchen Station wieder fehlerfrei spielen) Und ansonsten ist Akribie im Detail nötig, um technische Sicherheit herzustellen.
 
Ressourcen schaffen, statt am Leistungsdruck zu scheitern, wäre mein Rat. Generell gilt meiner Ansicht nach: lieber ein technisch voll beherrschbares Werk musikalisch gut darbieten, als aller Welt demonstrieren zu wollen, was man doch für schnelle Fingerchen und bewundernswerte Technik hat..... Ich würde den Ehrgeiz in die hochwertige Interpreation legen. Selbst die größten Pianisten spielen ja auch technisch anspruchslose(re) Werke auf CD ein. Und für das Vorspiel würde ich ebenfalls wieder mit Ressourcen arbeiten, und nach der 25%-Regel das Werk 1/4 schneller und auswendig spielen, als beim Vorspiel, um auch hier wieder Reserven zu schaffen. Und im Rahmen einer generellen Weiterentwicklung kann dann auch beim nächsten Vorspiel eventuell eine technische Stufe höher angegangen werden.

Hallo Stephan,

was du sagst, ist zum größten Teil überzeugend! Allerdings glaube ich nicht, dass man sich allein dadurch eine "Reserve" (im Hinblick auf ein gelungenes Vorspiel) verschaffen kann, dass man sich antrainiert, das Stück im Zieltempo + 25 Prozent hinzulegen!

Durch die Vorspielsituation gibt es ganz klar Abstriche beim Vortragenden , aber diese nicht nur Hinsichtlich des Tempos!
Und schließlich ist ein gelungenes Vorspiel nicht (nur) ein Tempolauf!;), sondern die von dir erwähnte hochwertige Interpreation sollte viel eher das Ziel sein!

LG

Debbie digitalis
 
Hallo Debbie,

ich habe Stephan nicht so verstanden, als ginge es ihm um das Tempo als entscheidendes Vortragskriterium. Was m. E. das höhere Übetempo bewirken soll bzw. herauskitzeln soll, ist die völlige Sicherheit bezgl. motorischen/technischen Anforderungen. Denn in der Vortragssituation rührt die Nervosität und Unsicherheit am ehesten aus der Angst her, sich bei schwierigen Stellen zu verspielen, fest zu werden oder ein paar Takte vorher schon das große Flattern zu bekommen.
Wenn man solche schwierigen Stellen dann noch schwieriger macht, indem man beim Üben das Tempo forciert, dann dürfte im "Ernstfall" und bei original Tempo zumindest motorisch die nötige Sicherheit, Zuversicht und Ruhe dasein, die es bedarf um überhaupt in den Klang hineinzufinden. Letzteres finde ich übrigens wahnsinnig schwer: nämlich bei sich und der Musik zu bleiben, sich zuzuhören und nicht ständig an die Zuhörerschaft zu denken, wenn man vorspielt.

LG, Sesam
 

ich habe Stephan nicht so verstanden, als ginge es ihm um das Tempo als entscheidendes Vortragskriterium. Was m. E. das höhere Übetempo bewirken soll bzw. herauskitzeln soll, ist die völlige Sicherheit bezgl. motorischen/technischen Anforderungen.
Wenn man solche schwierigen Stellen dann noch schwieriger macht, indem man beim Üben das Tempo forciert, dann dürfte im "Ernstfall" und bei original Tempo zumindest motorisch die nötige Sicherheit, Zuversicht und Ruhe dasein, die es bedarf um überhaupt in den Klang hineinzufinden. Letzteres finde ich übrigens wahnsinnig schwer: nämlich bei sich und der Musik zu bleiben, sich zuzuhören und nicht ständig an die Zuhörerschaft zu denken, wenn man vorspielt.

Hallo Sesam,

danke für deine Antwort! Ich stimme dem von dir Gesagten völlig zu, zumindest dahingehend, dass "im Ernstfall" und im Originaltempo und in der Vorspielsituation der am Klavier Sitzende so viel Sicherheit, Zuversicht und Ruhe finden sollte,dass es ihm gelingt, bei sich und der Musik zu bleiben und damit das Vorspiel überzeugend darzubieten!

LG

Debbie digitalis
 
Ich wurde auch ewigkeiten von Lampenfieber geplagt. Allerdings auch erst, als ich in die Pubertät kam: Ich hab mir viel zu viel Gedanken um meine Mitmenschen gemacht: Was denken sie? Kann ich ihre Erwartung erfüllen? Ich konnte überhaupt nicht mehr "befreit" vorspielen.
Seit einigen Tagen ist dies total weg: Die Einstellung wich den Gedanken: Wenn ich mich verspiele, ist es menschlich. Ich spiel nicht professionell, niemand erwartet fehlerfreies Spiel. Mein Spiel ist auch nicht fehlerfrei ganz pasabel. Sicherlich ist das bei mir ein Reifungsprozess, und je nach deinem Alter (ich schätze, du bist älter) kannst du eventll auf dieses "Phänomen" hoffen oder nicht. Letztendes denke ich mir aber, dass dies hier eventll noch genug jüngere Leute lesen, die eventll unter dem gleichen Leiden leiden wie ich, und so noch auf Besserung hoffen dürfen ;) :)
 
...25%-Regel....

...was ich besonders rührend und faszinierend finde ist, dass die olympischen 100m Läufer natürlich im Training 07:30sec laufen, damit sie dann bei der Olympiade so ca. 09:58sec schaffen und nur wenig dabei auf die Nase fallen... :D:D:D:D

...bevor man in Sachen Klavierspiel irgendwas über Leistungsgrenzen etc. sagt, sollte man die Anforderungen kennen... also nochmals: niemand schafft es, Danse russe oder Scarbo oder Tannhäuser-Ouvertüre um ein Viertel der Aufführungsdauer schneller zu spielen*) ; ebenso schafft es niemand, dasselbe bei den ff Oktaven im Finale des b-Moll Konzerts zu veranstalten: bei Kalibern dieser Sorte spielt jeder, der sie überhaupt vorspielen kann und darf (ohne dass die Leute weglaufen) an der eigenen Leistungsgrenze, allerdings ohne diese zu überdrehen - und wo letzteres doch geschieht, da häufen sich dann krasse Fehler und Auslassungen.

*) und Blödeleien wie das rasen langsamer Abschnitte wolln wir da außen vorlassen
 
...was ich besonders rührend und faszinierend finde ist, dass die olympischen 100m Läufer natürlich im Training 07:30sec laufen, damit sie dann bei der Olympiade so ca. 09:58sec schaffen und nur wenig dabei auf die Nase fallen...

Ich krieg mich nicht mehr ein, ich lach' mir grad 'nen Ast...!!!!!!

:D:D:D:D
 
Zitat von Sesam:
Was m. E. das höhere Übetempo bewirken soll bzw. herauskitzeln soll, ist die völlige Sicherheit bezgl. motorischen/technischen Anforderungen. ...
Wenn man solche schwierigen Stellen dann noch schwieriger macht, indem man beim Üben das Tempo forciert, dann dürfte im "Ernstfall" und bei original Tempo zumindest motorisch die nötige Sicherheit,
. Hallo Sesam, ich bin bloß Anfänger, aber das ultraschnelle Spiel bringt bei mir in dieser Hinsicht gar nichts - was hilft, ist EXTREM langsames Spiel!
 
Bitte gerne, wenn es geht recht dick und aus Weißbuche, - für Klaviermechaniken

:D:D;)

Lieber (agraffen)toni,

ich gebe es ja zu: ich hätte auch gerne einen richtig schönen Flügel, in einem richtig schönen Klavierzimmer, in einer richtig schönen Villa, ...

Solange wird halt auf der Plastikkiste gespielt :keyboard:

Schönen Gruß!
Dreiklang
 
seltsame Beobachtung:

Inwiefern kann man die Wirkung von Alkohol mit der Wirkung von Lampenfieber vergleichen?

Die Frage lädt natürlich ein zu allerhand lustigen Kommentaren- ;) - ich weiß,ist aber ernst gemeint.

Ich komme drauf,da wir kürzlich etwas länger zusammen gesessen sind,etwas mehr als 2 Viertel Elsässischer Grauburgunder haben natürlich eine ziemlich gravierende Wirkung auf die Fähigkeit,ein Klavier zu bedienen, wie jeder weiß.

Nachdem der Besuch dann gegangen war,machte ich den Test,wie und was da noch am Klavier rauskommt.Das Faszinierende dabei war:

der Effekt des Alkohols war sehr ähnlich dem des Lampenfiebers! :idea:

Reflexe stark verlangsamt,schnelle Passagen funktionieren nur mehr über das Fingergedächtnis,"Hänger" in sonst tadellos sitzenden Stellen...
Einfachere Stücke funktionieren eigentlich ganz passabel,Feinheiten leiden natürlich,aber es "geht",schwierigere Werke sind hingegen nicht mehr bewältigbar.

Von vielen russischen Pianisten ist bekannt,dass eine Flasche Wodka pro Tag das übliche Pensum war,Vladimir Afanassiew spielte stockbetrunken einen tollen Klavierabend...beides keinesfalls zur Nachahmung empfohlen!

Trotzdem: wäre es rein theoretisch sinnvoll zu sagen:was nach 1-2 Viertel Wein noch gut klappt,klappt auch auf der Bühne?????

Wäre allerdings eine gute Ausrede für täglich feucht-fröhlichen Abende :D
 

Zurück
Top Bottom