Wie viel Agogik und Rubato?

  • Ersteller des Themas killmymatrix
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Antwort: Wir!

Aber da Musik eine hochemotionale Angelegenheit ist, muß man natürlich streiten. In dem Sinne viel Spaß noch :D

Vieleicht würde es den einen oder anderen interessieren:

Wer ein Klavierstudium anstrebt, sollte wissen, daß in der heutigen Zeit das "Rubato" an deutschen Musikhochschulen eher ein Tabu- Wort ist.

Hier ist es keine Streitfrage, sondern hier entscheidet die Prüfungskommision!
Ich war zwar auch großer Freund des Rubato, aber habe mich entscheiden müssen: Rubato oder ein abgeschlossenes Klavierstudium.

Liebe Grüße, Mario
 
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Okay, und wen meinst du mit "Wir"?


Vieleicht würde es den einen oder anderen interessieren:

Wer ein Klavierstudium anstrebt, sollte wissen, daß in der heutigen Zeit das "Rubato" an deutschen Musikhochschulen ein Tabu- Wort ist.

Hier ist es keine Streitfrage, sondern hier entscheidet die Prüfungskommision!
Ich war zwar auch großer Freund des Rubato, aber habe mich entscheiden müssen: Rubato oder ein abgeschlossenes Klavierstudium.

Liebe Grüße, Mario

Lieber Mario, einen solchen Blödsinn hab ich schon sehr lange in diesem Forum nicht mehr gelesen.

Ich weiß nicht, an welcher Hochschule du studiert hast. Ich hab in Stuttgart studiert, und da war Rubato-Spiel selbstverständlich erwünscht. Ich hab es sogar erst richtig an der Hochschule gelernt. 8)
 
Lieber Mario, einen solchen Blödsinn hab ich schon sehr lange in diesem Forum nicht mehr gelesen.

Ich weiß nicht, an welcher Hochschule du studiert hast. Ich hab in Stuttgart studiert, und da war Rubato-Spiel selbstverständlich erwünscht. Ich hab es sogar erst richtig an der Hochschule gelernt. 8)

Hallo Haydnspaß, das ist sehr interessant:
Vielleicht sollten wir einen Treat aufmachen, an welchen Musikhochschulen freies Rubato- Spiel erlaubt ist und an welchen nicht. ;)

Ich hoffe wir meinen das gleiche:
Ich spreche von dem Rubato, das z. B. Vladimir Askenazy in einem Chopin Nocturne macht. Die begleitende Rythmusfigur nicht in exakten Achtel, oder gewisse Takte accelerando spielt oder verlangsamt.

Jetzt gibt es Lehrer, die behaupten: "Man solle frei spielen"
Und andere, die sagen: "Man solle doch spielen, wie es in den Noten steht".

Ich möchte jetzt nicht über mich sprechen, sondern das ist ein Thema das mich generell mal sehr interessieren würde:

Hast Du schon Lehrer kennengelernt, die freies Rubato- Spiel ablehnen? Und wenn ja, warum glaubst Du, warum es Lehrer gibt, die gegen Rubatospiel sind und sagen man solle (man = wir; = Du und ich :cool:) ohne Rubato und akademisch spielen?

Gruß, Mario
 
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Das ist ja interessant!

Ich verbinde nämlich "akademisches" Spiel unbedingt mit Rubato. Wenn ich meinem Lehrer "tight" vorspiele, wünscht er sich immer mehr Einfühlungsvermögen in die harmonischen Veränderungen oder Phrasen (Höhepunkte etc.) in Verbindung mit Agogik. Ich könnte da regelmäßig verrückt werden. Leider höre ich dann immer, wenn er mir vorspielt, wie richtig (aus seiner Sicht) diese leichten Nuancen und Schwankungen sind, aber sie gehen mir mächtig gegen den Strich! Außerdem bedeuten diese Schwankungen im Tempo auch, dass man auf die Akzente und auf die Phrasierung gleichermaßen acht geben muss, dass sie nicht dem Rubato widersprechen und es aufdringlich wird.
Gerade in diesem Zusammenhang stellt sich Rubato für mich als ein "machen" dar und nicht, wie gern behauptet ein "frei sein" und "zulassen". Gerade die letztgenannte Sichtweise macht aus der ganzen Agogik oft zu viel Willkür und sowas will ich persönlich einfach nicht hören.
 
Jetzt gibt es Lehrer, die behaupten: "Man solle frei spielen"
Und andere, die sagen: "Man solle doch spielen, wie es in den Noten steht".

Musik ist Emotion. Und es ist doch nur wichtig, dass diese rübergebracht wird. Wie das zu erreichen ist, dazu gibt es diverse Möglichkeiten und eine davon ist rubato. Wieso das verboten sein sollte, kann ich nicht nachvollziehen.

"Wie es in den Noten steht" würde bei Bach bedeuten, dass keine dynamischen Veränderungen erlaubt wären, schließlich steht das nicht "in den Noten". Rubato und Pedal steht bei Chopin doch auch nicht immer in den Noten, soweit ich weiß, trotzdem ist oft klar, dass es so gemeint ist.

Ich finde es jedenfalls ziemlich interessant, dass sogar Hochschulen rubato ganz verbieten.

Zitat von mad83:
Leider höre ich dann immer, wenn er mir vorspielt, wie richtig (aus seiner Sicht) diese leichten Nuancen und Schwankungen sind, aber sie gehen mir mächtig gegen den Strich!

Empfindest du sie jetzt als positiv oder negativ? :rolleyes:
 
Hallo Haydnspaß, das ist sehr interessant:
Vielleicht sollten wir einen Treat aufmachen, an welchen Musikhochschulen freies Rubato- Spiel erlaubt ist und an welchen nicht. ;)

Kann man gerne machen :)

Ich hoffe wir meinen das gleiche:
Ich spreche von dem Rubato, das z. B. Vladimir Askenazy in einem Chopin Nocturne macht. Die begleitende Rythmusfigur nicht in exakten Achtel, oder gewisse Takte accelerando spielt oder verlangsamt.

Ja, genau dieses rubato meine ich auch.

Übrigens war damals auch Andrzej Jasinski, der Lehrer von Krystian Zimerman Prof. an der Stuttgarter Musikhochschule und hat dasselbe rubato gelehrt.

Mir ist bekannt, daß es Lehrer gibt, die rubato entweder ganz ablehnen oder es doch nur in extremst reduzierter Form zulassen. Woher das kommt weiß ich nicht.

Jetzt gibt es Lehrer, die behaupten: "Man solle frei spielen"
Und andere, die sagen: "Man solle doch spielen, wie es in den Noten steht".

Wie steht es denn in den Noten? Du meinst, wenn keine Dynamik in den Noten steht, soll man auch keine machen, wenn keine Artikulation in den Noten steht, soll man keine machen, und wenn kein Pedal in den Noten steht soll man kein Pedal benutzen?

Ich möchte jetzt nicht über mich sprechen,

Wobei das jetzt gerade interessant wäre nach deiner Bemerkung, du hättest früher viel rubato verwendet, hättest es dir aber abgewöhnen müssen, weil du sonst nicht durch die Prüfung gekommen wärst. War das denn eine Jazz-Hochschule?
 
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Wer ein Klavierstudium anstrebt, sollte wissen, daß in der heutigen Zeit das "Rubato" an deutschen Musikhochschulen ein Tabu- Wort ist.

Hier ist es keine Streitfrage, sondern hier entscheidet die Prüfungskommision!
Ich war zwar auch großer Freund des Rubato, aber habe mich entscheiden müssen: Rubato oder ein abgeschlossenes Klavierstudium

Also jetzt würde mich schon interessieren, an welcher Musikhochschule Rubato in der heutigen Zeit ein Tabu-Wort sein soll deiner Meinung nach, und woher du diese Info hast. Hannover kannst du dann sicherlich auch nicht meinen, weil meine Klavierlehrerin dort Dozentin ist, und selbstverständlich mit dem Stilmittel Rubato arbeitet. Natürlich gibt es eine ganze Bandbreite von sehr dezentem Rubato oder total aufgesetztem Rubato, am besten noch verbunden mit ständiger "Tastenklapperei" bzgl. linker und rechter Hand (um ein Wort meiner Klavierlehrerin bzgl. dieser Interpretationsweise zu gebrauchen).

Ich wäre im übrigen vorsichtig, solche generalisierenden Gerüchte über sämtliche deutsche Musikhochschulen zu verbreiten. Sicherlich ist es so, dass der eine Dozent mehr oder weniger Rubato mag, aber auch da ist immer noch die Frage, wie sehr der Dozent den persönlichen Geschmack seiner Zöglinge auf seinen eigenen Geschmack abbilden möchte, statt den der einzelnen Studenten zu fördern.
 
Also jetzt würde mich schon interessieren, an welcher Musikhochschule Rubato in der heutigen Zeit ein Tabu-Wort sein soll deiner Meinung nach, und woher du diese Info hast. Hannover kannst du dann sicherlich auch nicht meinen, weil meine Klavierlehrerin dort Dozentin ist, und selbstverständlich mit dem Stilmittel Rubato arbeitet.

Natürlich nicht völlig Tabu! Habe es in meinem Beitrag bereits verbessert. Bei Liszt und Rachmaninoff muß ohnehin viel mit Rubato gemacht werden, auch wenn es jemand nicht mag.

Um nicht mißverstanden zu werden, ich spreche von dem Rubato, wie es z. B. ein Alfred Cortot in einem Chopinwalzer macht oder Vladimir Askenazy in einer Chopin Nocturne!

Wobei das jetzt gerade interessant wäre nach deiner Bemerkung, du hättest früher viel rubato verwendet, hättest es dir aber abgewöhnen müssen, weil du sonst nicht durch die Prüfung gekommen wärst.

Ja, genau! Ich pflegte früher viel rubato, aber ich habe es mir abgewöhnen müssen.


Entschuldigung, wenn ich ein Gerücht reingestellt habe. :oops:
Aber in meinem Klavierstudium hieß es immer jenes Rubato nicht zu machen.

Liebe Grüße, Mario
 
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Ich neige ebenfalls zu zu viel Rubatospiel.

Merkwürdig ist, dass es mit nicht gefällt, wenn ich es höre. Ob das mangelnde Disziplin ist? Oder Unaufmerksamkeit?
Jedenfalls eine merkwürdige Diskrepanz.

Wenn ich mich aufnehme und es hinterher anhöre, bin ich oft erschrocken darüber, weil ich es selbst beim Spielen nicht wirklich merke. So habe ich schon einige Aufnahmen gemacht und sie hinterher verworfen.

Ich finde, es ist immer ein sehr schmaler Grad, auf dem man sich bewegt, wenn man ein Stück ausdrucksvoll gestalten will. Zu viel zerstört sämtliche Struktur und zu wenig lässt Langeweile aufkommen...
 
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Wenn ich mich aufnehme und es hinterher anhöre, bin ich oft erschrocken darüber, weil ich es selbst beim Spielen nicht wirklich merke.

Grüß dich, violapiano!
Ja dieses Phänomen kommt mir auch sehr bekannt vor. Deshalb kann man den Nutzen vom kleinen H2 gar nicht hoch genug schätzen.
Ich frage mich nur, voran liegt das. Warum hört man sich so anders, wenn man selbst gerade spielt, im Vergleich zum Anhören der Aufnahme. Liegt es "bloß" an der Konzentration oder ist es komplizierter. Dass sich etwa während des Spielens der gewünschte Höreindruck mit dem tatsächlichen vermischt oder sogar ersterer überwiegt und man deshalb nicht so genau hört, was man eigentlich spielt?
Und vor allem, wie kann man das üben? Ich finde es nämlich sehr unpraktisch, dass man immer denkt: "Oh, wie schön ich wieder spiele!" Und in Wirklichkeit ist es die reinste Katzenmusik. An dieser Stelle könnte ich mir schon vorstellen, dass das Hirn, wenn es von frühester Kindheit an mit Musik konfrontiert wurde (aktiv wie passiv) eine andere Verarbeitung beim Musizieren vollzieht, also auch die Höreindrücke anders verarbeitet, als im Falle, dass Musik nie so eine Rolle gespielt hat. Keine Ahnung!
LG, Sesam
 
Ich neige ebenfalls zu zu viel Rubatospiel.

Merkwürdig ist, dass es mit nicht gefällt, wenn ich es höre.

Bei mir ist es anders rum - beim Spielen denke ich manchmal, dass das Rubato wohl schon ein bischen zu übertrieben ist. Beim Anhören der Aufnahme denke ich oft, dass ich stattdessen hier und da stärker "rubatieren" könnte.

Aber ich finde auch, ein Aufnahmegerät ist schon ein wirkungsvoller (und unbarmherziger) Spiegel, und oft fallen mir während der Aufnahme erst die Sünden auf, die Baustellen im Stück, wo ich noch ein bisschen mehr ackern müsste...
 
Ja, siehst Du, mindenblues, ich bin eher ein molto- espressivo-Spieler, und ich muss mich oft zügeln, dass es nicht zu extrem wird. Ich liebe es, auszuspielen und Klänge zu genießen.

Es gibt zwei Spielertypen, meiner Meinung nach: Den molto-espressivo-Spieler und den Accelerando-spieler. Ersterer neigt zum Schleppen und sich-Verlieren in Einzelheiten, und Zweiterer zum Treiben und Drüberhinwegspielen.

Ja, ich finde auch, dass das Aufnahmegerät sehr hilfreich ist. Ein guter Coach- ein Spiegel außerdem.
Da sieht man immer mal wieder, wie weit man noch entfernt ist von dem, was man möchte. Und wie sehr die Realität differiert mit der eigenen Wahrnehmung beim Spielen.

Ich werde in Zukunft öfter aufnehmen- es schärft die Selbstwahrnehmung beim Spielen. Und korrigiert die Selbsteinschätzung.

LG
violapiano
 
Musik ist Emotion. Und es ist doch nur wichtig, dass diese rübergebracht wird.
Meiner Meinung nach ist Musik bedeutend mehr als das. Und genau deshalb streiten sich auch so viele Menschen darüber, wie etwas zu sein hat oder zu verstehen ist.
Gerade was "wichtig" bei der Musik ist - wie du so schön meinst - ist dann eben nicht mehr so leicht zu erkennen.
Empfindest du sie jetzt als positiv oder negativ?
Gibt es etwa nichts dazwischen?
 
Es gibt zwei Spielertypen, meiner Meinung nach: Den molto-espressivo-Spieler und den Accelerando-spieler. Ersterer neigt zum Schleppen und sich-Verlieren in Einzelheiten, und Zweiterer zum Treiben und Drüberhinwegspielen.

Meiner Meinung nach gibt es noch mindestens einen dritten Typ, nämlich den dynamikgekoppelten Typ. Dieser neigt dazu, bei crescendo kräftig zu treiben und bei decrescendo auf die Bremse zu treten.

Ich selbst würde mich zu diesem Typ zählen, da mir unbewusst genau das passiert, wenn ich ein Stück nicht bewusst und voll konzentriert anders gestalten will.
 
Hallo DonBos,
ah, stimmt! Das machen viele. Aber ich glaub dahinter steckt ein anderes Problem. Meine Spielertypen sind eher verschiedene Charaktere. Ich glaube, dass Crescendo und Accelrando zu verbinden, eher ein Problem der wirksamen Gestaltung ist.
Ich bin der Meinung, dass sich Crescendo und Accelerando oft gegenseitig entkräften- die Wirkung nehmen. Mit Ruhe kann man ein Crescendo viel gezielter platzieren, finde ich.

Warum spielt man schneller, wenn man Crescendo spielen möchte?:confused:
Aber Du hast recht, das ist oft zu hören.

LG
violapiano
 
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Ich würde vermuten, dass der Effekt einfach dadurch zustande kommt, dass ein crescendo in der Regel eine steigende Kraft in den Fingern bzw. Schnelligkeit beim Anschlag benötigt und meist musikalisch emotional auf einen Höhepunkt oder Nebenhöhepunkt hinführt. Dadurch ist man einfach wenn man noch unsicher ist mit dem Stück prinzipiell etwas angespannter. Und aus Anspannung folgt gern (oft auch unbewusst) Nervosität, welche sich dann in der Temposteigerung niederschlägt.

So beschrieben klingt das ganze aber viel dramatischer, als es sich tatsächlich darstellt. Es sind nur kleine Nuancen, die aber eben für einen hörbaren Effekt sorgen.

Es gibt meiner Meinung nach auch viele Stellen, wo crescendo und accelerando auch tatsächlich gut zueinander passenum sich perfekt zu ergänzen, aber oft genug ist eben auch das Gegenteil der Fall (wie du ja schön schreibst), dass sie sich gegenseitig ihre Kraft nehmen, die beide für sich allein besitzen.
 
Warum spielt man schneller, wenn man Crescendo spielen möchte?:confused:
Platt formuliert: Die Lautstärke hängt davon ab, wie schnell ich die Taste herunterdrücke. Je lauter ich spiele, desto schneller muß ich die Taste herunterdrücken. D.h. um das Spieltempo, das ich beim piano hatte, beizubehalten, muß ich beim crescendo zwischen den einzelnen Tastenanschlägen eine Ruhephase einbauen. (Da der erste Bewegungsimpuls schneller zu Ende gebracht wird, muß der nächste Bewegungsimpuls einen Augenblick später beginnen.) Das alles findet in Bruchteilen von Millisekunden statt, was das Ohr aber schon als Temposchwankung registriert.
 

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