Wie üb(t)en "die Großen"...?

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Dreiklang

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Hallo liebe Clavio-Freunde,

ich habe mir dieser Tage die Frage gestellt, wie die "großen" Pianisten so übten, bzw. was sie darüber sagten und gesagt haben. Interessieren würden mich solche Größen wie Horowitz, Gould, ... aber auch etwa Lang Lang.

Man kann sicher googeln (und das habe ich teilweise auch schon gemacht), aber mir geht es um ganz konkrete Dinge. Sagten diese Pianisten etwas darüber, daß sie "möglichst wenig Fehler" beim Üben machen, immer "sauber und präzise" übten, immer "musikalisch" übten und spielten...? Immer, wenn sie sich hinsetzten, bewußt am Instrument "schöne Klänge" erzeugten?

Warum interessiert mich das? Weil man aus solchen Dingen vielleicht lernen kann. Und, weil es zu einem gewissen Grad immer auch amüsant und interessant ist, was große Pianisten so sagten oder sagen ;)

Und ich selbst habe eher wenige Biographien, Interviews etcetera solcher Pianisten über die Jahre gelesen bzw. verfolgt.

Alsdann - es darf gepostet werden ;)

Schöne Grüße
Dreiklang

p.s. ich weiß natürlich auch, daß Horowitz' Übetechnik (so er sich darüber ausgelassen hat) aus niemanden gleich einen Horowitz machen wird... aber so ein bissele von den Großen abkupfern, kann ja nich schaden ;)
 
(Ach so, hatte ich noch vergessen: die MM ("Metronommethode") bitte nur, wenn sie es auch wirklich gesagt haben ;):D)
 
Beim "Stücke in die Finger kriegen" ließ Gould schon mal den Staubsauger nebenher laufen. :-)
 
Liszt hat angeblich empfohlen, nebenher zu Lesen, damit die Fingerübungen spannender werden. Oder erinnere ich mich da falsch? Korrigiert mich gegebenen Falls...
Manche Pianisten (Gould z.B.) haben das Klavier gar nicht immer benutzt, sie haben die Noten lesend auswendig gelernt und konnten das Stück danach auswendig direkt spielen.
Warte mal ab, ob Valentina Lisitsa wieder mal einen Live-Stream anbietet, da siehst du, wie sie üben kann.

Vermutlich gibts da aber nicht überall Übereinstimmungen, genausowenig wie es die bei Komponisten gab. Manche haben in einem kurzen Leben wahnsinnig viel komponiert, von dem das meiste auch sehr gut ist (Mozart), manche haben viel komponiert, von dem manches heute weniger geschätzt / gespielt wird (Mendelssohn), manche schrieben große Stücke in wenigen Tagen, andere feilten Jahre daran herum, manche komponierten nur in größeren Abständen.
Manche komponierten im Kopf (Mozart), andere schreibend und durchstreichend, manche am Klavier sitzend (Chopin). Manche aus reiner Inspiration, andere auch deshalb, weil die Werke gebraucht wurden (Bach - Kantaten z.B.) oder zu Demonstrationszwecken (Bach, z.B. Inventionen).

So verhält sichs bestimmt auch mit dem Üben.
Gemein werden alle vermutlich (gehabt) haben, dass ihre Übetechnik für sie persönlich sehr effektiv ist. Kein sinnloses (!) Herumspielen, unnötiges Trödeln, hirnloses Wiederholen [ich habe die Adjektive dazugenommen, weil Herumspielen, Trödeln und Wiederholen druchaus Nutzen haben können], intelligente Problemlösung, kluge Fingersätze...
 
Liebe Stilblüte,

Gemein werden alle vermutlich (gehabt) haben, dass ihre Übetechnik für sie persönlich sehr effektiv ist.

Dieser Meinung bin ich auch... zur hohen Begabung kommt bestimmt auch eine sehr effiziente, "richtige", Übetechnik hinzu, damit man gute Fortschritte macht.

Kein sinnloses (!) Herumspielen, unnötiges Trödeln, hirnloses Wiederholen [ich habe die Adjektive dazugenommen, weil Herumspielen, Trödeln und Wiederholen druchaus Nutzen haben können], intelligente Problemlösung, kluge Fingersätze...

Ganz meine Meinung... allerdings, effizient und richtig Üben macht ja nicht unbedingt immer Spaß: sauber, und präzise, und langsam zu spielen...

Genauso macht es Spaß, schnell zu hudeln, und viele Töne auszulassen, dafür aber schon in der "Endgeschwindigkeit" zu sein. Nur, das ist halt nichts, was man guten Gewissens "dann vorzeigen" kann...

Vielleicht ist eines der Dinge, die die "Großen" entdeckt haben: die Freude am Erfolgserlebnis... die Freude, die sich einstellt, wenn man richtig und gut übt, und dann eben auch richtig und gut später spielt (?)

Dann macht richtig (bzw. gut) Üben auch Spaß...

Manche Pianisten (Gould z.B.) haben das Klavier gar nicht immer benutzt, sie haben die Noten lesend auswendig gelernt (...)

Einer Sache bin ich mir allerdings sicher: ohne die praktische Betätigung am Instrument geht es auch nicht. Man muß die Reaktionen, den Klang, die notwendigen Bewegungsfolgen, erfahren, üben, in den Griff bekommen. Das geht nur mit praktischer Betätigung am Instrument.

Noch etwas zu Gould:

Gould sagte einmal, er spiele intuitiv und habe auch in der Studienzeit nie mehr als maximal 3 Stunden am Tag geübt. Mehr sei Blödsinn.
->terradrummica.de/Gould

Das würde ich vielleicht sogar glauben... lieber weniger, und dafür richtig, üben, als suboptimal und eben viel länger. Und irgendwann geht ja auch die Konzentrationsfähigkeit und die Aufnahmebereitschaft in die Knie.

Viele Grüße
Dreiklang
 
Beim "Stücke in die Finger kriegen" ließ Gould schon mal den Staubsauger nebenher laufen. :-)

Hier wird es, wohl etwas genauer, berichtet:

Beim Spielen der Fuge in C-Dur KV 394 schaltete sein Hausmädchen den Staubsauger ein, so dass er sein Spiel kaum noch hüren konnte:

"Aber ich begann zu fühlen, was ich tat – die fühlbare Gegenwart dieser Fuge, verkörpert durch Fingerstellung sowie durch einen Klang von der Art, wie man ihn vielleicht erhält, wenn man unter der Dusche steht, den Kopf schüttelt und Wasser aus beiden Ohren rinnt…. Und plützlich wurde mir bewusst, dass eben dieser Schleier, durch den ich das alles betrachtete, genau das war was ich brauchte"

“Trio für Klavier, Mozart und Staubsauger” – zum 25. Todestag des Pianisten Glenn Gould | READERS EDITION
 

Netter Text, allerdings sitzt auch dieser Verfasser dem Irrtum auf, Gould habe sich nicht für Frauen interessiert. Falsch. Der Komponist Lukas Foss wusste davon ein Liedchen zu singen, denn Gould spannte ihm seine Frau Cornelia aus und lebte mit ihr und ihren Kindern etwa 5 Jahre zusammen. Irgendwann ging ihr sein Kontrollwahn auf den Geist und sie ging zu Foss zurück. Erstaunlicherweise hat der Großteil der Gould-Biographen das entweder nicht gewusst oder peinlich berührt verschwiegen. Man fragt sich, warum?
 
Hallo Dreiklang,

habe wahrscheinlich schon öfter auf meinen Blog hingewiesen:

Lisitsas Live-Stream, für mich persönlich ausgewertet unter

https://www.clavio.de/forum/blogs/walter/166-valentina-lisitsas-ubesessions-im-live-stream.html

Zitate großer Musiker und Lehrer unter

https://www.clavio.de/forum/blogs/walter/51-zitate-grosser-pianisten-und-lehrer.html

Hoffentlich bringt das Dir und anderen was!

Die Art und Weise zu üben muss sicher zum eigenen Stil passen.

Wie Stilblüte formulierte:
"Kein sinnloses (!) Herumspielen, unnötiges Trödeln, hirnloses Wiederholen [ich habe die Adjektive dazugenommen, weil Herumspielen, Trödeln und Wiederholen druchaus Nutzen haben können], intelligente Problemlösung, kluge Fingersätze..." - Da kann ich nur uneingeschränkt zustimmen!

Wünsche zielgerichtetes Üben!

Walter
 
Einer Sache bin ich mir allerdings sicher: ohne die praktische Betätigung am Instrument geht es auch nicht. Man muß die Reaktionen, den Klang, die notwendigen Bewegungsfolgen, erfahren, üben, in den Griff bekommen. Das geht nur mit praktischer Betätigung am Instrument.

Nein, es ist genauso wie Stilblüte sagt: bei der Einstudierung eines neuen Stückes reicht es bei manchen Leuten eben tatsächlich aus, wenn sie den Notentext lesen, es dabei in kürzester Zeit auswendig lernen und dann auswendig spielen können.
Ich weiß aus zuverlässiger Quelle, dass der gebürtige Mindener Orgelprofessor Martin Schmeding (hochintelligent, Abinote 1.0, mehrfacher 1.Preisträger Jugend musiziert auf Bundesebene, einmal davon sogar gleichzeitig erster Bundespreisträger in Orgel und Blockflöte, brillianter prima vista-Spieler usw...) sich so manches für ihn unbekanntes neues Orgelstück vor einem Konzert lediglich durchliest, ohne es einmal am Instrument durchzuspielen bis auf einige schwierige Stellen. Beim Orgelkonzert spielt er es dann zum ersten Mal!!

Die Sache ist nur, Dreiklang, was bringt dir das, außer der Erkenntnis, dass es eben normalsterbliche Leute gibt und andere, die mit Talent bis zum Abwinken gesegnet sind, die eben tausendmal schneller lernen, die sich praktisch gar nicht mehr verspielen können, die ein Gehör haben, dass sie das Gras wachsen hören?

Viel interessanter ist doch, was einem selber weiterhilft, außer solche doch wohl eher frustrierenden Schilderungen, oder?
 
Netter Text, allerdings sitzt auch dieser Verfasser dem Irrtum auf, Gould habe sich nicht für Frauen interessiert. (...) Erstaunlicherweise hat der Großteil der Gould-Biographen das entweder nicht gewusst oder peinlich berührt verschwiegen. Man fragt sich, warum?

Sowohl englisches als auch deutsches Wiki schreiben auch von Cornelia... Es paßt wohl besser zum Nimbus des abgehobenen Genies, wenn man ihm ewige Enthaltsamkeit und Einsamkeit andichtet :D

Nein, es ist genauso wie Stilblüte sagt: bei der Einstudierung eines neuen Stückes reicht es bei manchen Leuten eben tatsächlich aus, wenn sie den Notentext lesen, es dabei in kürzester Zeit auswendig lernen und dann auswendig spielen können.

Wenn die Technik einmal da ist, glaube ich das gern. Aber man muß trotzdem erst einmal lernen, wie man beispielsweise einen pp-Ton am Instrument erzeugt, oder mehrere schnell hintereinander. Und das, die Erarbeitung der Technik, geht nur durch praktisches Üben, und nicht, indem man das Instrument feste anschaut (und das meinte ich).

Die Sache ist nur, Dreiklang, was bringt dir das, außer der Erkenntnis, dass es eben normalsterbliche Leute gibt und andere, die mit Talent bis zum Abwinken gesegnet sind, die eben tausendmal schneller lernen, die sich praktisch gar nicht mehr verspielen können, die ein Gehör haben, dass sie das Gras wachsen hören?

Viel interessanter ist doch, was einem selber weiterhilft, außer solche doch wohl eher frustrierenden Schilderungen, oder?

Ach... frustrieren muß man sich auch lassen. Mir geht's, wie eingangs beschrieben, auch ein wenig um den Amusements-Faktor. Was man dann lernen kann (und ob), werden wir dann später vielleicht sehen...

Und was das "Verspielen" angeht... naja, wenn man nur lange genug sucht, findet man wohl von jedem "Großen" auch minder gelungene Sachen. Deswegen erstrahlen deren Meisterleistungen aber auch nicht in weniger strahlendem Licht.
 


Bemerkenswertes daraus:

Spiele ein Stück erst dann vor, wenn es Dir einfach erscheint. (Horowitz)

Das sagt doch schon mal eine ganze Menge aus, über die Gründlichkeit und Sicherheit, die man anstreben sollte. Und in der Tat ist es ja so: Dinge die einem leicht erscheinen, die spielt man auch gut.

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Betreffs langsamen, konzentrierten, und sauberen Übens, sind sich alle einig:

Josef Hofmann: Langsames Spiel ist der einzige Weg zu geläufigem Spiel.

Teresa Carreno: Ich empfehle langsames üben bei genauester Beachtung jeder Einzelheit.

Egon Petri: Langsames Üben garantiert nicht für Konzentration, aber Konzentration – besonders wo sich Probleme stellen – bedingt langsames Üben.

Ernest Schelling: Nichts ist verheerender als zu schnelles Üben; es führt ausnahmslos zu schlechten Resultaten und ist reiner Zeitverlust.

Nicht ganz einer Meinung bin ich mit Katherine Ruth Heymann. Man muß bzw. sollte lernen, mit offenen Augen ähnlich intensiv "hören" zu können, wie mit geschlossenen.

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"Technik erarbeiteten sich ausschließlich an Kompositionen: Sascha Gorodnitzki, Shura Cherkassky, Alexander Brailowski und Vladimir Horowitz."

Das bedeutet wohl, keine dedizierten Technik-Übungen... es geht vermutlich schneller, wenn ich technische Hürden gleich an einem konkreten Stück überwinden lerne, als mittels Übungen, die ich später nie spielen werde. Aber das mag auch individuell unterschiedlich sein.

"Das Pedal muss mit dem Ohr getreten werden." (Walter Georgii)

wie wahr ;) Das Ohr entscheidet und steuert das.
 
Ich würde das Langsamspielen aber nicht überbewerten. Ich schätze, es wird deshalb von den Lehrern so oft erwähnt, weil die meisten es eben überhaupt nicht bzw. zu wenig praktizieren, und wenn, dann drehen sie mit der Geschwindigkeit auch die Aufmerksamkeit herunter, statt für weniger Noten in der gleichen Zeiteinheit nun mehr Aufmerksamkeit zu haben.
Wer nur langsam übt, kommt auch nicht voran. Es muss eine gute Mischung aus beidem sein.
 
Ich würde das Langsamspielen aber nicht überbewerten. Ich schätze, es wird deshalb von den Lehrern so oft erwähnt, weil die meisten es eben überhaupt nicht bzw. zu wenig praktizieren, und wenn, dann drehen sie mit der Geschwindigkeit auch die Aufmerksamkeit herunter, statt für weniger Noten in der gleichen Zeiteinheit nun mehr Aufmerksamkeit zu haben.

Find' ich auch sehr wichtig. "Zu schnell" üben finde ich nicht gut (vielleicht könnte man es so ausdrücken?)
 
Diesen Tipp
Josef Hofmann: Nur sehr wenige sind sich bewusst, was sie erreichen könnten, wenn sie ein schwieriges Stück sechsmal täglich, sehr langsam, während drei Wochen spielten; es dann für ein paar Tage beiseite legten und von neuem begännen.
aus Walters Blog fand ich so interessant, dass ich ihn ausprobierte. 3 Wochen waren mir zwar zu lang, aber das öftere ausschließliche Langsamspielen eines (schon "fertig" gelernten!) Stückes über einen längeren Zeitraum erbrachte mir unwahrscheinliche Sicherheit beim Vorspielen! - Selber ausprobieren!

Klavirus
 

"Geduld" ist auch so ein wichtiger Punkt... wieviel braucht man davon? Zuwenig ist schlecht. Nur, wann ist der Punkt erreicht, wo man sich, z.B. bei einem schweren Stück, letztlich eingestehen muß, oder sollte, daß man es nicht bewältigen wird?

Vielleicht dann, wenn sich keine (kleinen) Fortschritte mehr zeigen? Und wieviel Zeit soll man, gegebenenfalls, "fehl"-investieren, bevor man das dann feststellt? Fragen über Fragen.
 
Täglich sechs mal ... wie Medizin nehmen. Das habe ich für mein Einstudieren neuer Stücke zu Herzen genommen.
Mein kindisches, aber sehr gutes Hilfmittel ist mein Zählmaschinchen. Ich kann dann meine sechs Sessions über den Tag verteilen und habe die Kontrolle, wie oft ich die Teile des Stücks schon geübt habe.

Ganz nebenbei: ich als Amateuerpianist schaue kaum auf die Uhr, wie lang ich am Tag übe oder geübt habe.
Wichtig sind für mich die Zahl der konzentrierten Übewiederholungen eines Stücks, einer Stückgruppe oder einer Programmhälfte, je nach Übungsstand.

Walter
 

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