Gebrauchtklavierkauf bei den extrem großen Gebrauchthändlern empfehlenswert?

Kref

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Hallo zusammen.

Ein Kollege von mir möchte für seine Frau einen gebrauchten, hochwertigen Flügelkaufen , er erwähnte Steinway O und Bechstein A, und fragte mich nach meiner Meinung zu ein paar Händlern. Ich habe da natürlich absolut keine Ahnung, woher auch, aber er fragte vor allem nach den ganz großen Läden. Er wohnt recht zentral in Deutschland und sagte, er würde durchaus größere Distanzen fahren, wenn er dort dann eine große Auswahl an guten Instrumenten fände und nannte u.a. Kleinhenz, Spengler und Klavierhalle, auf die man ja bei Suchen im Netz immer ziemlich schnell stößt.

Ich selber war mal in der Klavierhalle als ich damals einen Flügel suchte. Ich kann absolut nichts gegen die Qualität der Instrumente sagen ohne unfair zu werden. Ich fand den Instrumentenkauf dort aber zu schwierig; es steht alles in riesigen Räumen mit extremem Hall und es ist immer relativ voll und laut und andere potentielle Käufer spielen Instrumente an. Außerdem waren die Instrumente oft nicht perfekt gestimmt - wie auch bei 100 und mehr Instrumenten. Damit muss man wohl leben wenn man zum großen Händler geht, vielleicht gibt es ja bei ernsthaftem Interesse auch die Möglichkeit, dass man ein Instrument mal in ein Nebenzimmer gestellt und nachgestimmt bekommt.

Mein Hauptproblem als er mich nach den Großen fragte war aber: Bei günstigen gebrauchten Klavieren unter 5.000EUR Gebrauchtwert erwarte ich nicht, dass sie in größtem Umfang restauriert und perfekt eingestellt werden; sie müssen gut stimm- und spielbar sein aber Aufwand und Wert müssen halt auch in einer gewissen Relation stehen. Bei Instrumenten von über 15.000EUR und sehr deutlich mehr erwarte ich da aber schon deutlich mehr. Die müssen, wenn sie von einem offiziellen Händler kommen, der draufschreibt, er hätte sie restauriert, überarbeitet, eingestellt schon nahe an einem optimalen Zustand sein; wenn da nach ein paar Monaten der Klaviertechniker daheim sagt, dass der Resonanzboden scheppert oder der Stimmstock getauscht werden muss oder die Mechanik zu hohe Reibung hat und teuer überholt werden müsste, wäre das inakzeptabel.

Haben hier schon ein paar Leute bei den Groß-Gebrauchthändlern einen höherwertigen Flügel (so ab 20.000EUR) gekauft und waren damit dann auch langfristig zufrieden? Oder gab es dann doch Probleme, die der persönliche Klaviertechniker erst finden und beheben musste? Bzw. haben die Händler dann selber noch nachgebessert?
 
Ob die „großen Läden“ beim Klavierkauf wohl immer die beste Wahl sind?
Fragt sich
cb

PS: Wenn‘s billig sein soll, ist man bei den Genannten sicherlich nicht schlecht aufgehoben. Wenn‘s gut werden soll, sollte man sich auch bei Weschenfelder (Steinway) odet Piano Müller schlau machen.
 
Ich habe nur einen von den drei Genannten mal besucht, weil wir zwischen einem gebrauchten Steinway O und einem neuen Yamaha C3X geschwankt haben. Mein Eindruck war, dass der Händler über die Arbeiten, die an dem Instrument durchgeführt worden sind, sehr wenig wusste und auf Fragen wie "sind die Abel-Hammerköfpfe denn die Original-Steinway Köpfe" die Antwort "Abel macht doch die Steinway-Köpfe" bekam. Auf die direkte Frage, ob das Instrument im Haus selbst oder woanders überarbeitet worden ist, bekam ich auch nur eine ausweichende Antwort. Der Flügel war etwa 100 Jahre alt, hatte aber Kunststofftasten und nicht die originalen Elfenbeintasten, "weil die nicht mehr schön waren". Hier im Forum habe ich mich belehren lassen, dass das ein typisches Merkmal von importierten New Yorker Instrumenten ist, die dann auf Hamburg-Style umgebastelt werden. Das war mir damals nicht klar, d.h. ich habe nicht auf die nicht kaschierbaren Unterschiede geachtet. Vielleicht bin ich zu mißtrauisch gewesen oder paranoid, aber ich habe mich bei diesem Anbieter nicht wohlgefühlt. Vielleicht gab es gar keinen Anlass...

Das Instrument selbst war sehr schön, aber für meine Banausenohren und Banausenhände nicht spürbar schöner als der neue Yamaha, den ich aber zugegebenermaßen nicht parallel spielen konnte, weil es verschiedene Händler waren. Die Lehre, die ich für mich daraus gezogen habe, war, die Finger von diesen alten Steinways zu lassen, weil ich fürchte, dass es enorm schwierig ist, die irgendwann mal wieder zu verkaufen und seien es die Erben... Ich vermute, das ist ein spezielles Steinwayproblem, weil der Preisaufschlag für diese Marke so hoch ist, dass es Menschen gibt, die die Instrumente entsprechend umbasteln. Wie gesagt: Dass muss bei diesem Anbieter gar nicht so gewesen sein, aber der Umstand, dass es solche Basteleien auf dem Markt gibt, macht alles viel schwerer. Wenn es nicht um einen Steinway geht, sondern, sagen wir, um einen hundert Jahre alten Ibach, wäre ich entspannter, weil meine Vermutung ist, dass es keinen finanziellen Anreiz gibt, ein solches Instrument zu manipulieren, was dann auch allen Beteiligten klar ist und man nicht anfängt über die Provinienz der Hammerköpfe zu diskutieren, sondern darüber, wie das Instrument klingt.

Über Weschenfelder, der dieses Problem auf seiner Webseite ja ganz offen angeht und bemüht ist, solche Zweifel glaubhaft auszuräumen, habe ich damals nicht nachgedacht, aber die Instrumente sind auch 10.000€ teurer als der, den ich gespielt habe. Das war oberhalb unserer Zahlungsbereitschaft.
 
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Über Weschenfelder, der dieses Problem auf seiner Webseite ja ganz offen angeht und bemüht ist, solche Zweifel glaubhaft auszuräumen, habe ich damals nicht nachgedacht, aber die Instrumente sind auch 10.000€ teurer als der, den ich gespielt habe. Das war oberhalb unserer Zahlungsbereitschaft.

Von solchen Spielereien bei Steinway hab ich auch gehört und dem Kollegen gesagt, dass die Dinger ihren deutlich höheren Marktwert nur haben, wenn sie original sind.
Und das ist merkwürdig an S&S. Sie sind ja nicht zwingend schlechter, wenn hochwertige hämmer drin sind, auf denen nicht S&S steht. Aber sie sind gleich viel weniger wert. Das Problem hat man bei gebrauchten Bechsteins so nicht. Die sind immer ne ganze Ecke weniger wert als vergleichbare S&S und soweit ich weiß haben die Hämmer , Saiten, etc. immer zugekauft, so dass es den Originalitätsfetisch nicht gibt.

Die Frage ist halt, ob man ein grundsätzlich gutes und auch anständig eingestelltes, auf Jahre unproblematisches Instrument bei den großen bekommen kann. Wartung und Reparatur außer Haus wie beschrieben und dann weiß der Verkäufer nichts über das Instrument, problematisch.

Ich versuche wohlgemerkt den Kollegen ein bisschen davon abzubringen, überregional einen günstigen S&S zu suchen, mit dem man ordentlich auf die Nase fallen kann, sondern lieber regional und über Händler oder privat (natürlich mit professioneller Begleitung) einen hochwertigen Flügel von Bechstein oder Blüthner oder was vergleichbarem zu kaufen.

aber der Mensch erzählt mir, dass seine Frau letztens beim S&S Händler an einem neuen Instrument gespielt hat, das ja leider viel zu teuer war - es war wohl ein D274 - und das ihm da fast die Tränen gekommen seien und nun, da seine Frau ihn auf einem brandneuen, für den Verkauf hergerichteten D274 gerührt hat, ist er davon überzeugt, dass ein alter O180, irgendwo günstig gekauft, bestimmt besser sein muss als ein Bechstein B203 oder Blüthner 6 und was es sonst noch an gutem Material gibt.

Ich bin gespannt, was er macht.
 
Na ja, alleine die Tatsache, dass benannte Läden hier im Forum glaube ich nirgendwo empfohlen wurden sagt eigentlich auch schon alles.

Es gibt noch ein paar mehr große Klavierhäuser, die ich NIEMALS besuchen würde, wenn ich auf der Suche nach einem Klavier oder Flügel wäre. Alleine die Fotos und die dazugehörigen Beschreibungen der Steinway Flügel auf den jeweiligen Webseiten sagen mir alles und lassen bei mir schon alle Alarmglocken klingeln. Und ich kenne mich nur so ein gaaaaanz kleines bißchen aus.

Und glaube mir, da geht es was die Originalität betrifft, nicht nur um die Hammerköpfe, sondern um wesentlich gravierendere, unumkehrbare Eingriffe beziehungsweise Abänderungen. Und das ist noch milde ausgedrückt.

Just don't do it!
 
Falsche Piloten für neue Sättel am Hebeglied, zu schwere Hämmer, falsche Fängerform für neue Hämmer, falsche Saitenstärke, verschraubte Rippen, nicht getauschte Agraffen, schlecht sitzende Stimmnägel.

Das übliche halt.
 
:idee:was aber auch eine neue Tastaturklappe nötig macht...
Mist... zu spät... wo ist mein Holzmaché... :001:
Kann man die originale Klappe auch umfräsen oder wundert sich Steinway, warum bei den Leuten offenbar so viele Tastaturklappen kaputt gehen und nachbestellt werden oder bastelt man die in den finsteren Verliesen komplett neu? Plauder mal aus dem Nähkästchen :001:
 

Wobei das mit den NY Steinways ja nicht unbedingt schlecht sein muß. Ich kenne eine Kiste aus den 60ern, die wirklich sehr, sehr schön ist und auch durchaus professional aufgearbeitet wurde. Da gibt es deutlich weniger spannende Hamburger Instrumente. Aber das Abfräsen der Wangen fällt dem Kenner schon auf, weil man eben nicht einfach mal Pappmaché über die grundsätzlich fehlenden Millimeter machen kann. Tastaturklappen sind nicht das große Problem, es gibt einige Fremdhersteller und Fabrikate, die man problemlos anpassen kann.

Man darf sich halt nicht wundern, wenn sich der tolle schwarze D-Flügel auf Anfrage mit Seriennummer beim richtigen Menschen in Hamburg als O-Flügel in Palisander entpuppt, der irgendwann mal nach Uruguay geliefert wurde.
 
Auch schon gesehen:
Aus dem Gussrahmen weggefräste Ortsangabe, um die überseeische Herkunft zu verschleiern.
Abgenommener Metallfußschutz. Oder wie heißt das Teil? Wurde hier ja alles schon gesagt.

Nicht falsch verstehen, ich habe überhaupt nichts gegen New Yorker Steinway, wenn sie als solche erkennbar sind und auch als solche verkauft werden.
Kaufen würde ich mir aber keinen.:005:
 
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Oh je, da hab ich ja was losgetreten :)
Na ja, alleine die Tatsache, dass benannte Läden hier im Forum glaube ich nirgendwo empfohlen wurden sagt eigentlich auch schon alles.
Das ist so ungefähr das, was ich hier mitgenommen habe.

Wobei das mit den NY Steinways ja nicht unbedingt schlecht sein muß. Ich kenne eine Kiste aus den 60ern, die wirklich sehr, sehr schön ist und auch durchaus professional aufgearbeitet wurde.
Nicht falsch verstehen, ich habe überhaupt nichts gegen New Yorker Steinway, wenn sie als solche erkennbar sind und auch als solche verkauft werden.
Kaufen würde ich mir aber keinen.:005:

Ach wenn ich mir einen neuen Flügel kaufen wollte, hätte ich persönlich keine Probleme damit, einen NY S&S B zu kaufen, wenn ein vertrauenswürdiger Fachmann meiner Wahl ihn für solide und unverbastelt erklärt und der Preis stimm. Ein guter NY B wird meinen 40 Jahre alten Langlau-Hoffmann 190 mit Sicherheit an die Wand spielen. Aber er muss halt offen und ehrlich als NY-Instrument vor mir stehen.


Falsche Piloten für neue Sättel am Hebeglied, zu schwere Hämmer, falsche Fängerform für neue Hämmer, falsche Saitenstärke, verschraubte Rippen, nicht getauschte Agraffen, schlecht sitzende Stimmnägel.

Das übliche halt.
Wobei ich vermute, dass das bei anderen Flügeln ganz genau so schlampig gemacht wird. Das ist wohlgemerkt der Punkt, wo ich dann bei alten Instrumenten von Blüthner, Bechstein und Bösendorfer und anderen hochwertigen Herstellern immer misstrauisch bin. Bei S&S gibt es die Auffassung, alles müsse original sein, sonst ist das Instrument nichts wert. Bei den anderen gilt das so nicht, dennoch gehören natürlich auch an solche Instrumente passende Ersatzteile. Es scheint nur da niemand so genau hinzusehen.

Ganz simpel ausgedrückt fährt man mit einem jungen Gebrauchten Mittelklasseinstrument (Yamaha C3X oder so) immer sicherer aber mit dem passenden alten Schätzchen hat man ggf. einfach mehr Freude, wenn man denn den glücklichen Kauf macht.

Der Herr Kollege und seine Holde werden übrigens trotz aller freundlichen Hinweise mal einen der großen Läden besuchen, wahrscheinlich erst nach dem Lockdown. Und wenn es nur gut ist, um einen Überblick zu bekommen was es überhaupt alles gibt und zu sehen, dass das S&S auf der Tastenklappe nicht zwingend alles sein muss, dann war es ja dennoch was wert.
 
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute liegt so nah?

Das ist bei mir um die Ecke, nicht beim Kollegen. Aber definitiv ein Laden, den ich mal irgendwann besuchen muss.
 
Wo soll man das an der Gußplatte erkennen? Die Gußplatten für Hamburger Flügel kommen auch aus New York.
Die kommen allesamt aus Milwaukee. ;-)

O.S. Kelly heißt das Unternehmen.

Wie auch die Platten für Bechstein. Und wohl einige andere OEM-Hersteller. Alle aus derselben Fabrik, die seit langen Jahren eine Steinway-Tochter ist. Die einzige freie Gießerei (abseits Yamaha, Kawai, einiger Chinesen), die nicht mit Sandguss, sondern mit Vakuumguss arbeitet. Alle anderen Plattengießereien sind seit langen Jahren vom Markt verschwunden.

Gießereien, die sonst mit (Spezial-) Grauguss werkeln, werden sich "bedanken", wenn einer mit einem filigranen Holzmodell einer eigenen Flügel-Gussplatte ankommt. (Ich kenne so eine unglaublichen Gießerei, hatte beruflich mit denen zu tun. Katastrophe.) Das wird so unendlich häufig schief gehen, wenn einer mit Klavierrahmen keine Erfahrung hat, Stichwort Lunker, Risse, Ungänzen, Seigerungen, und und und, bin kein Gießerei-Spezialist, dass die sich alle Ohren brechen werden.

= = = =

NB OT Gießereien... Ich hatte mal seitwärts Anlagenbau-Komponenten ähnlicher Filigranität und Komplexität wie Klavierplatten beobachtet, gottseidank nicht in direkter Linienverantwortung..., die auf Geheiß eines neuen Vorstands, geschoben und zu machen von meinem Chef dann, der Arme, dem Neuen direkt untherthan..., alternativ zu dem Katastropen-Laden in China gegossen werden sollten, weil billiger...

Der hiesige Katastrophenladen gießt für bestellte zehn Zellenradschleusen schon freiwillig 13 ab, und fragte noch oft genug an, ob das Anliefern von nur neun oder acht Schleusenrohlingen auch erstmal OK sei. Die Chinesen aber gossen für zehne dann VIER Batches a zehn Stück ab... Jaja..., war aber "billiger"... Und das, was die "bearbeitet" anlieferten, haben wir dann zwar bezahlt, um des lieben Friedens willen..., aber unserer Kundschaft dann doch nicht zugemutet.
 

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