Wie hat Leopold hier moduliert?

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Guten Tag, ich bin im Rahmen meiner Recherche zur Oktavregel auf diese Seite gestoßen und habe mich gleich mal angemeldet, da mir ein ähnliches Phänomen wie dem Sechstasten untergekommen ist. Ich spiele leidlich Klavier und interessiere mich vielmehr für den Bau der Musik. Hoffentlich platze ich nicht ungelegen herein. Im folgenden ist mein Beispiel:

6jlmhby7.png


Auch dort geht es in die Dominante, ohne daß der neue Leitton eingeführt wird (T.7->T.8). Man hört es m.E. schon auf dem G im Bass. Allerdings findet die oben beschriebene Bassbewegung des "Prinners" allenfalls in der Oberstimme statt. Gibt es da eine Erklärung? Mir scheint die Quinte über dem Bass wichtig, weil sie den typischen Sextakkord auf der zweiten Stufe in F-Dur ausschließt.
 
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Und wenn T. 7/8 (mit Auftakt so lauten würde fe|d-gf|e-de|f (mit G-c-F im Bass)? Würdest du dann auch ein h hören? Sicher nicht.

Eindeutig wird die Doppeldominante erst auf der 2. Takthälfte von T. 7, weil man die Septe der zweiten Stufe (g-Moll) in diesem Stil niemals von unten erreichen würde, sondern nur als Durchgangsdissonanz von oben.

Dass man dennoch geneigt ist, auf ZZ.1 die Modulation vorauszuhören, liegt meiner Meinung nach an der Bordunquinte, deren Aufhebung genau an dieser Stelle eine starke Signalwirkung entfaltet.
 
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An die Septime habe ich auch schon gedacht. Dein Beispiel mit c im Bass kann natürlich nicht nach C-Dur gehen. Man kann ja auch nicht von Rom nach Rom gehen, ohne Rom zu verlassen, obwohl alle Wege dorthin führen. ;-)

Aber man könnte z.B. den Bass auch auf G-g belassen und die Melodie wie folgt: fe|d-gf|e-ed|c. Dann landet man auch in C-Dur - ohne prominentes f. Noch besser natürlich mit h: fe|d-gf|edch|c. Das nur als Vergleich, der zeigen soll, daß man hier h und nicht etwa b erwartet.
 
Deine Erklärung ist eigentlich sehr gut, die Quinte im Außenstimmensatz ist ein Signalintervall für die Penultima einer Kadenz (damit hängt auch zusammen, dass sie bevorzugt bei Halbschlüssen erscheint). Natürlich wäre auch micks Variante denkbar, bei der wegen des Quintfalls die zweite Stufe eine Septime statt der Sexte bekommt, zu der die Quinte hinzutreten kann. Allerdings halte ich sie bei diesem Außenstimmensatz für die unwahrscheinlichere: die Quinte wäre über dem g das unwesentlichste Intervall und die Melodie würde eher die Terz bringen (z. B.: ca b gf e de f).
 
Wenn die Quinte ein Signalintervall für die Penultima ist, dann ist sie allerdings nicht selbst die Penultima, sondern sowas wie eine Pen-penultima. :lol:

Mit dem strengen Kontrapunkt der Palestrinazeit hat dieser Stil ohnehin nicht mehr so viel zu tun. Auch, wenn nur zwei Stimmen da stehen, ist implizit eigentlich immer eine vollständige Kadenzharmonik gemeint. Erst daraus ergibt sich ja auch das innere Hören des h - obwohl es gar nicht vorhanden ist. Im Palestrina-Stil würde man das nämlich nicht hören.
 
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Gilt das besonders für 3 und mehr Stimmen? Bei zwei Stimmen sagt der alte Kontrapunkt doch gr. Sexte/kl. Terz (Kombination Sopranklausel/Tenorklausel), oder? Die Quinte hieße ja: ich kombiniere Tenor- und Bassklausel.

Genau, das ist der Regelfall im galanten Stil. Die Sopranklausel im zweistimmigen Satz ist seltener. Wie mick schon geschrieben hat: im alten Kontrapunkt gelten natürlich ganz andere Gesetzmäßigkeiten. Da ist eigentlich die Dissonanz (7 oder 2 bei Klauseltausch der Oberstimmen) das Signal für eine Kadenz.

Und ja, meistens erscheint die Quinte schon auf der Antepenultima. ;-)
 

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