Widerstände gegen Bach

Musikalisch zu denken sowie cantabel zu spielen setzt jeweils voraus,
das eine wie das andere auch zu können.

Ist dafür das Können schon Voraussetzung? Das weiß ich nicht.

Sicher ist, daß man anhand der Inventionen sehr viel lernen kann -
über das Komponieren (das Spielen lassen wir mal nonchalant unerwähnt).

Herzliche Grüße,

Gomez (ohne Bitburger)

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OT: Rosso di Montalcino. Auf Dein Wohl.
 
Ist dafür das Können schon Voraussetzung? Das weiß ich nicht.

Sicher ist, daß man anhand der Inventionen sehr viel lernen kann -
über das Komponieren (das Spielen lassen wir mal nonchalant unerwähnt).

...für die lauschende Umwelt ist zumindest beim Spielen der Verzicht auf das Spielenkönnen doch eher... weniger erbaulich - - - freilich das Denken, wie auch immer beschaffen, spielt sich da diskreter ab :D

Bach intendiert aber beides - warum die Hälfte nonchalant unerwähnt lassen?

herzliche Grüße,
Rolf
 
...für die lauschende Umwelt ist zumindest beim Spielen der Verzicht
auf das Spielenkönnen doch eher... weniger erbaulich - - -
freilich das Denken, wie auch immer beschaffen, spielt sich da diskreter ab :D

Bach intendiert aber beides - warum die Hälfte nonchalant unerwähnt lassen?

Warum? Der ausgleichenden Gerechtigkeit zuliebe!

Als Spielmusik sind die Inventionen jedem ein Begriff.
Aber kaum jemand weiß, daß sie auch als Modelle zum Komponieren
gedacht sind, als Einführung in das Denken in Tönen.
Wenn es jemand erwähnt - wie in diesem Falle Bachopin -,
ist das mal eine Hervorhebung durch Fettdruck etc. wert.

Aber selbst wenn man die andere Hälfte miterwähnt:
Bach spricht vom Erlernen, nicht vom Können, und wenn man sich
diese Stücke zum Erlernen des cantablen Spiels vornimmt,
ist es dann nicht besser, sie zunächst ohne lauschende Umwelt zu spielen?

Herzliche Grüße,

Gomez

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Widerstände gegen Bach ??

Wer die Dokumentarfilm über Glenn Gould gesehen hat verliert jede Widerstand.....:):).....das begeistert....

Johan B
 
und erst seine Brandenburgische Konzerte BWV 1046-1051. Bach ist für mich Fingerfitness :cool: man muss "ihn" fühlen um ihn verstehen / mögen zu können
 
Aber selbst wenn man die andere Hälfte miterwähnt:
Bach spricht vom Erlernen, nicht vom Können, und wenn man sich
diese Stücke zum Erlernen des cantablen Spiels vornimmt,
ist es dann nicht besser, sie zunächst ohne lauschende Umwelt zu spielen?

Lieber Gomez,

was soll denn beim Erlernen herauskommen? ;) erraten: cantabel spielen zu können und natürlich auch begriffen zu haben, was man da tut.
...dass man freilich während des Erlernens die lauschende Umwelt draußen lassen sollte, erinnert mich an ein nicht gerne gehörtes Lisztzitat :D (es hat mit Wäsche zu tun)

Aber zur anderen, Dir vermutlich lieberen Hälfte: als exemplarische Anleitungen zum Umgang mit zwei Stimmen sind die Inventionen natürlich auch eine "Kompositionsschule". Mir kommen die a-Moll und G-Dur Inventionen wie eine gekonnt formelhafte aufgezeichnete Improvisationen vor (vielleicht täusche ich mich da aber auch), die anderen erscheinen mir ausgefeilter.

herzliche Grüße,
Rolf
 
Die Beobachtung, die Fisherman gemacht hat bzgl. Alter/Reife und Liebe zur Musik von Bach, trifft zumindest bei mir voll zu.
Obwohl ich als Kind zu Hause ständig mit Schallplattenmusik der Herren Händel, Bach und Mozart beschallt wurde und als Kind und Jugendlicher auch ein paar 2- und 3stimmige Inventionen später auch ein paar Präl.und Fugen aus dem WTK im Klavierunterricht eingetrichtert bekam, hatte ich zu der Zeit keine besondere Zuneigung zur Musik Bachs gehabt.

Aber so peut a peut hat sich das geändert und keine 30 Jährchen später ist es so, dass ich praktisch ausnahmslos nur noch Bach auf der Orgel spiele (und ca. 2 Stunden dafür täglich übe), teilweise auch auf dem Klavier (nehme gerne ein oder zwei P&Fs aus dem WTK1 zum Einspielen, ansonsten liegen die Vorlieben bei Chopin).

An Bach fasziniert mich vor allem die Polyphonie, das konsequente Prinzip der Führung mehrerer gleichzeitiger Stimmen, in Verbindung mit reichhaltiger Harmonik. Ich glaube, es ist nur eine Frage der Übung und Gewöhnung und damit gewonnener Hörschulung, um zunehmenden Gefallen am Durchhören mehrerer gleichzeitiger Stimmen zu finden, vor allem natürlich beim selber musizieren. Wenn das zusammenkommt mit Melodielinien in allen Stimmen, die so wunderbar scheinbar zwanglos ineinanderfließen und immerwährende neue Harmonien ergeben, grenzt das für mich nahezu an ein Weltwunder. Insbesondere die Orgelfugen finde ich so dermaßen überwältigend, dass ich mich regelrecht bremsen muß, ein neues großes Orgelstück von Bach in Angriff zu nehmen (damit ich am besten noch ein oder 2 Jahrzehntchen das wunderbare Gefühl erhalten kann bzgl. Erarbeitung einer neuen Orgelfuge...).

Ich wette auch, wer z.B. einmal die Matthäuspassion live erlebt hat (am besten mit musiziert hat, z.B. mitgesungen), und den Eindruck zweier Orchester und zweier Chöre mit Solisten, wird diese Wucht einerseits und die Eindringlichkeit (z.B. der "Oh Haupt voll Blut und Wunden"-Choräle) sein Leben lang nicht vergessen können, egal wie man vorher zu Bach stand.

Bzgl. der Diskussion hier über die Präambel, die Bach seinen Inventionen vorneweg gesetzt hat, sehe ich den Schwerpunkt bzgl. "kantabler Spielweise". Weil es leider nur wenige Zeitzeugendokumente gibt und Dokumente von Bach selbst noch viel, viel rarer sind, die Auskunft bzgl. seiner eigenen Spielweise geben.

Was mich allerdings hier interessieren würde, wie man denn damals gesungen hat, bzw. welches Sangesideal Bach vorschwebte, was also genau "kantabel" ausdrückt. Man kann z.B. mit oder ohne Vibrato singen, mit oder ohne Rubato usw., Sangesbögen können viele Formen haben etc...
 
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Was mich allerdings hier interessieren würde, wie man denn damals gesungen hat, bzw. welches Sangesideal Bach vorschwebte, was also genau "kantabel" ausdrückt. Man kann z.B. mit oder ohne Vibrato singen, mit oder ohne Rubato usw., Sangesbögen können viele Formen haben etc...

Ich habe sowieso den Eindruck, dass nicht nur die Passionen, sondern auch die Kantaten, Motetten (wurden ja schon erwähnt), auch die Brandenburgischen Konzerte, also die Chor- und Orchsterstücke Bachs, sich einer großen Beliebtheit erfreuen. Schwierig wird es dann bei den solistischen Instrumentalstücken, so ist jedenfalls mein Eindruck. Denn dort gibt es Bach in der Essenz, wenn ich es mal so ausdrücken darf. Die Cello-Suiten, Partiten für Violine etc. sind in jeder Beziehung eine Herausforderung für jeden Streicher. Sie verlangen auch vom Zuhörer eine intensive Beschäftigung, ein aufmerksamens Hören. Jede Nuance in Phrasierung, Artikulation, Dynamik und Klang ist wichtig, ein Verständnis der innewohnenden Struktur und Aussage unabdingbar. Das macht diese Musik nicht einfach zu spielen, vielleicht auch nicht einfach zu hören?

So ist es auch bei der Klaviermusik. Wir haben den "Komfort", polyphoner als Streicher spielen zu können, müssen aber auch die komplexeren Strukturen mit unserem einen Hirn und unseren immer nur noch zwei Ohren :p bewältigen. Oft ist es eine Hilfe, im vermeintlichen Wirrwarr sich den harmonischen Ablauf klarzumachen, indem man nur die entsprechenden Akkorde spielt, die sich je nach Stück manchmal versteckt halten. Das harmonische Gerüst, welches unser inneres Ohr dann hört, bildet die Orientierung und Stütze für die entsprechenden Klangverläufe.

Was jetzt vibrato etc. angeht, war es ja früher in der historischen Aufführungspraxis strengstens verboten. Mittlerweile ist man da allerdings wesentlich lockerer geworden. Zum Vorteil, wie ich finde.

Liebe Grüße

chiarina
 

Was jetzt vibrato etc. angeht, war es ja früher in der historischen Aufführungspraxis strengstens verboten. Mittlerweile ist man da allerdings wesentlich lockerer geworden. Zum Vorteil, wie ich finde.

Chiarina, ich finde das Thema Vibrato im Barock so spannend, dass ich gerne ein eigenes Thema dafür aufmachen möchte. Vielleicht kann man dort weiter darüber diskutieren, um das Fadenthema bei den "Widerständen gegen Bach" belassen zu können?
 
Kennt Ihr eigentlich die DEFA-Serie "Johann Sebastian Bach"? Eine, wie ich finde, inhaltlich und schauspielerisch grandiose Umsetzung, die einem JSB als Menschen und Musiker nahebringt. Gibts auch als DVD.


Gruß,
Cem.
 
Kennt Ihr eigentlich die DEFA-Serie "Johann Sebastian Bach"? Eine, wie ich finde, inhaltlich und schauspielerisch grandiose Umsetzung, die einem JSB als Menschen und Musiker nahebringt. Gibts auch als DVD.

Ja, ich habe die DVDs, und mir gefällt die Serie (insgesamt 4 Teile) auch ganz gut. Ob man nun unbedingt die "epidemische" Toccata gleich zweimal präsentieren muß, nun ja...
Typisch für die DDR-Produktion ist, dass der religiöse Aspekt Bachs geflissentlich ausgeklammert wurde und materielle Dinge in den Vordergrund gerückt wurden.
Aber es sind auch Gänsehaut-Episoden drin, z.B. die Passacaglia gespielt in der Kirche unter Kerzenlicht (mit dem unvergleichlichen Karl Richter eingespielt) - ich mußte sooft an diese Szene denken, als ich mich selber vor einem Jahr an dieses Stück gemacht hatte. Und wie der uralte Reinken auf die Orgelempore geht und das Kompliment macht... Und von dieser Sorte gibt es noch einige andere schöne Episoden.

Ist wahrscheinlich insgesamt schon die beste Filmumsetzung zum Leben Bachs, die es gibt.
 
Bach ist großartig, ich weiß nicht, wie man ihn nicht mögen kann. Häufig versetzt mich seine Musik in einen meditativen Zustand. Seine Stücke selbst zu spielen ist ein Riesenspaß und wirkt noch ganz anders, als sie zu hören. Auch die "hygienische" Wirkung von Bach kann ich absolut nachempfinden, manches wirkt auf mich wie Ingwer beim Sushiessen: es bereinigt und neutralisiert wieder das Hörempfinden.
 
Wie man das nicht mögen kann, bleibt für mich wohl auf immer ein ungelöstes Rätsel...
 
Ich kann ganz offen sagen, dass Bach nicht mein Liebling ist und ich ihn sehr ungerne spiele und höre. Habe allerdings auch nur Inventionen gespielt und die haben mir gelangt. Bei mir ist da sehr schnell die Motivation weg. Vielleicht, wenn ich ein bisschen älter bin, werde ich mir Bach noch einmal anschauen, aber bis dahin bleibe ich bei Schumann, Liszt und Jazz :-)
 
Ich kann Bach selbst nicht spielen - es gibt aber leider viele Pianisten die es auch nicht können aber trotzdem tun; wenn ich dann Bach als tonalen Einheitsbrei oder gar noch romantisch versüßtlich vorgesetzt bekomme, ist das für mich in etwa als wenn ich eine pürrierte Bratwurst mit Honig verspeisen müßte. In diesem Fall mag ich Bach auch überhaupt nicht. Bach entfaltet erst seine Wirkung wenn man wirklich exakt die Stimmen aktzentuiert, und jegliche überflüssigen Schnörkel und dynamische Spielereien wegläßt. Dann allerdings kann Bach zum unglaublichen Erlebnis werden.

Viele Grüße

Styx
 
Als absoluter Anfänger, der ich bin, muss ich sagen, dass mir zumindest das eine Bach-Stück (Präludium C-Dur), das ich grade übe, sehr gut gefällt. Das kann ich sicher auch noch einige Jahre weiterspielen, ohne dass es irgendwann langweilig wird. Mir gefällt dieser gleichmässige Rhythmus mit immer derselben Abfolge von Noten, die aber klanglich sehr abwechslungsreich ist. Hat irgendwie was meditatives. Auch, wenn man es vermutlich erst so richtig stressfrei geniessen kann, wenn man es mal von vorn bis hinten durchspielen kann, macht es jetzt schon sehr viel Spass.
Ich hoffe nur, mein Spiel wird dem Stück auch irgendwann einmal gerecht.
 

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