Weissbrod Klavier Nr. 12291

  • Ersteller des Themas Claudia1965
  • Erstellungsdatum

-Wie ist der allgemeine Eindruck von Verkäufer und Klavier

Wie hilft mir der allgemeine Eindruck in der technischen Beurteilung des Instruments weiter?


Davon weiß ich noch nicht, wo es bis gestern stand.


Klar, das gehört dazu, geht aber am Kern der Sache vorbei.

-wurde es regelmässig gespielt und gestimmt, wenn es älter ist überholt

Woran willst du erkennen, ob es regelmäßig gespielt und gestimmt wurde? Und was willst du daraus herleiten? Wenn's gestern gestimmt wurde aber davor 10 Jahre lang nicht?

- sind die Hammerköpfe stark bespielt, haben sie seitliches Spiel

Das geht dann schon etwas mehr in die richtige Richtung.


Viele gebrauchte Klaviere sind nicht mal ordentlich gestimmt, welches eine Beurteilung des Klanges stark erschweren kann.

-funktionieren alle Tasten, alle durchprobieren
-kommen alle Tasten schnell genug zurück
-fühlen sich alle etwa gleich und gut an

Da muss man schon ein ziemlich erfahrener Spieler sein, um anhand des Spielgefühls zwischen "funzen alle" und "sind alle gut reguliert" unterscheiden zu können.


Alles? Etwas Rost hier und da halte ich persönlich bei alten Klavieren nicht unbedingt für ein KO-Kriterium.


Wiebittewas?

-keine Risse oder Spalten im Rahmen, Raste, Resonanzboden oder sonst irgendwo

Und genau die Stelle, an der Risse am verheerendsten sind, kann man eben nicht überprüfen: den Stimmstock. Wenn das Klavier kaum noch eine Stimmung hält, ist das in meinen Augen ein KO!


Wie beim Thema Rost. Wenn's ein Wasserfleck ohne schlimme Folgeschäden ist, so what?

-alles sieht so aus, wie man meint dass es sollte, keine Auffälligkeiten

Sehr gefährliches Kaufkriterium, denn: hängt von Meinung und (Un)Kenntnis des Käufers ab, nicht vom Klavier...

-der Verkäufer erzählt nicht irgendwelche Geschichten

Und das willst du wie beurteilen?

-das Budget reicht für zusätzliche Reparaturen

Deren Ausmaße du wie einschätzen willst?

In diesem Sinne: nichts für ungut...
 
@ Klimperer:


Wie hilft mir der allgemeine Eindruck in der technischen Beurteilung des Instruments weiter?

1. Technisch eigentlich unbedeutende Dellen, Kratzer, Flecken sind für manche die "Lebendige Geschichte" des Klaviers, sicherlich aber mangelnde Pflege und schlechte Behandlung.
Das ist ziemlich aussagekräftig und daher von Bedeutung.

Davon weiß ich noch nicht, wo es bis gestern stand.

2. Wenn man gezielt betrogen werden soll, ist es sicherlich schwer, das als Kriterium hinzuzuziehen. Möglicherweise wird aber die Wahrheit gesprochen.

Klar, das gehört dazu, geht aber am Kern der Sache vorbei.

3. Siehe Punkt 1.

Woran willst du erkennen, ob es regelmäßig gespielt und gestimmt wurde? Und was willst du daraus herleiten? Wenn's gestern gestimmt wurde aber davor 10 Jahre lang nicht?

4. Wenn es regelmäßig gestimmt wurde, müsste es immer noch gestimmt sein, zumindest einigermaßen. Und das macht man eigentlich nur, wenn man es regelmäßig benutzt.

Das geht dann schon etwas mehr in die richtige Richtung.

5. Dito

Viele gebrauchte Klaviere sind nicht mal ordentlich gestimmt, welches eine Beurteilung des Klanges stark erschweren kann.

6. Ein sehr verstimmts Klavier ist dann auf der Liste ein negativ-Punkt, wenn vielleicht auch noch kein KO-Kriterium. Mich würde es allerdings schon skeptisch machen.

Da muss man schon ein ziemlich erfahrener Spieler sein, um anhand des Spielgefühls zwischen "funzen alle" und "sind alle gut reguliert" unterscheiden zu können.

7. Wieso? Ob die Tasten alle gleichmäßig stehen und wieder zurückkommen, das sieht selbst ein Laie. Und es gibt auch erfahrene Spieler, die keine Klavierbauer sind.
Warum also auf diese Prüfung verzichten?

Alles? Etwas Rost hier und da halte ich persönlich bei alten Klavieren nicht unbedingt für ein KO-Kriterium.

8. Für mich persönlich schon... siehe Punkt 1.


9. Mal auf die Stimmnägel schauen kann nicht schaden. Eine abweichende Stellung eines Nagels wäre für mich ebenfalls KO, selbst wenn er klingt. Gibt zu viele Klaviere, um schlecht instandgesetzten
Kram akzeptieren zu müssen.

Und genau die Stelle, an der Risse am verheerendsten sind, kann man eben nicht überprüfen: den Stimmstock. Wenn das Klavier kaum noch eine Stimmung hält, ist das in meinen Augen ein KO!

10. Siehe Punkt 4.

Wie beim Thema Rost. Wenn's ein Wasserfleck ohne schlimme Folgeschäden ist, so what?

11. Siehe Punkt 1.

Sehr gefährliches Kaufkriterium, denn: hängt von Meinung und (Un)Kenntnis des Käufers ab, nicht vom Klavier...

12. Siehe noch mal Punkt 1. Wenn einem als Laie nichts verdächtiges auffällt unter Berücksichtigung der bisher abgearbeiteten Punkte... Pluspunkt für das Klavier.


13. Mit dem gesunden Menschenverstand. Ein Bootsverkäufer vor nicht allzulanger Zeit das fast perfekte Geschäft mit uns dadurch versaut, dass er seine Klappe nicht halten konnte, uns
permanent bei der Inspektion das Goldene vom Himmel runtergelabert und Fragen zu geringen Mängeln lapidar und beinahe verächtlich abgehandelt hat. Kamen noch einige weitere Dinge dazu. Irgendwann hat er uns soweit gehabt, dass wir überzeugt waren, dass hier etwas oberfaul sein muss. Das wurde uns später auch bestätigt, als wir zurückgetreten sind.

Deren Ausmaße du wie einschätzen willst?

14. Daran, wieviele Negativpunkte durch die von dir von einem Laien als nichtbeurteilbar abgefertigten Kriterien der Liste Zustandegekommen sind.



Du beurteilst ein rostiges, ungestimmtes, ungepflegtes mit möglichen Wasserschäden (wieso sonst Rost und Wasserflecken) behaftetes Instrument als nicht weiter tragisch, kritisierst aber seine simple Liste der Offensichtlichkeiten. Diese Liste von joeach gibt einem Laien die Möglichkeit, sich ein Bild von dem Instrument zu machen, die ihn einschätzen lässt, ob es sich um ein gepflegtes handelt oder nicht, ein Laie ist nicht automatisch ein Vollidiot. Gepflegte Instrumente bieten definitiv deutlich größere Chancen, keine schweren oder irreparablen Schäden zu verbergen. Das ist bei Fahrzeugen so, bei Häusern, einfach überall so.
Wenn ich ein rumpeliges Instrument nicht beurteilen kann, weil es Wasserflecken, Rost, Kratzer und Dellen hat, Tasten in verschiedener Höhe stehen usw und noch verstimmt ist, dann lass ich das stehen und nehme das, das gepflegt daher kommt, keine offensichtlichen Mängel aufweist und gestimmt ist. Was ist so verkehrt daran? Vielleicht hat man dann einen Phönix in der Asche gelassen, den können sich dann aber leute holen, die davon ahnung haben. Meine Güte, es gibt so eine riesen auswahl...

In diesem Sinne.... die Liste ist deutlich besser als ein Fachmann, der nicht dabei ist.
 

Wenn du gegen Geld eine Einschätzung eines Instrumentes abgibst, dann haftest du für eine eventuelle Fehleinschätzung. Ist so ähnlich, als wenn dir ein Anwalt Mist erzählt und dich das eine Menge Geld und Ärger kostet. Deswegen hat der auch eine Beraterhaftpflicht, genau so wie übrigens auch Steuerberater. Allerdings kenne ich keinen Kollegen, der eine Instrumentenberaterhaftpflichtversicherung (geiles Wort!) hat. Ob das durch die normale Betriebshaftpflicht abgedeckt ist?

Zurück zum Thema: wie oft habe ich schon Klaviere gestimmt, bei denen die Wirbel so locker waren, dass es so gerade eben noch für eine Stimmung ausgereicht hat ("letzte Ölung") und bei der Gelegenheit auch noch die eine oder andere klemmende Taste im Vorbeigehen repariert habe. Aber ich möchte nicht wissen, wie oft der Kunde aufgrund meiner Einschätzung das Klavier dann am nächsten Tag in der Zeitung annonciert hat, weil es ihm dann doch zu schlecht bzw. riskant war. Und wenn ein Laie dann dieses frisch gestimmte Klavier ohne klemmende Tasten kauft, na dann Prost Mahlzeit......Aber ich hoffe, das ist bisher seltenst bis nie vorgekommen. Aber wer weiß?

Übrigens: bevor ich die Klavierbauerlehre angefangen habe, hatte ich mich auf die Aufnahmeprüfung für ein Musikstudium vorbereitet. Dazu hatte ich mir auch ein Klavier gekauft, was sich dann als quasi unstimmbar herausgestellt hat. Fazit: auch wenn man Klavier spielen kann ist man als Laie (=kein Klavierbauer) kaum in der Lage, ein Klavier richtig einzuschätzen. Wer glaubt, das dennoch zu können: bitte sehr. Aber redet sowas nicht jemand anders ein.

@PianoCandle: warum sollte ich einen guten und ehrlichen Kollegen nicht öffentlich empfehlen, wenn der in der Region zuhause ist?
 
und schon wieder diskutiert man wegen den gierigen leien. thhhh! :D ich würde dann das tauschen vom stimmstock für ein klavier das "eigentlich nicht soooo verstimmt" war, das dreifache verrechnen. dann lernt man, das die 50 euroni für die besichtigung echt nix sind. (oft decken wir damit nicht mal die fahrtzeit)...

g
emm
 
Michael, sei versichert, dass ich eine hohe Meinung von Dir habe. Sonst hätte ja ein "Local Dealer" deinen Job machen können. Die Art, wie Du arbeitest und denkst, sind ja im Internet nachzulesen.
Danke :-)

Da ist was wahres dran...

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Ich schätze, jeder will hier helfen - und jeder hat seine Methode wie er zum Ziel kommt.

Oft werde ich gefragt: "Ich kenne mich nicht aus - auf was soll ich den schauen?"
Die Antwort bleibe ich zumeist schuldig, denn ich müsste wahrlich ein dickes Buch schreiben auf was man schauen muss, wenn... und dieses Buch würde wöchentlich dicker, da man nie alles aufschreiben kann was man täglich neues erlebt bzw. wie etwas missverstanden werden kann und umformuliert werden muss.

Hat man die Ausbildung und weiß welches Problem wie gelöst werden kann oder nicht bzw. ob es ein Problem ist oder nicht, wird alles leicht. Jetzt muss nur noch die Vertrauensbasis zum gewählten Fachmann stimmen - wobei man dann auf die Menschenerfahrung zurück greifen kann, und da hat jeder viel mehr davon.

Es können z.b. Risse gesehen werden, die nicht weiter tragisch sind, wenn es die Deckfurnier des Stimmstocks betrifft. Den Stimmhammer aufgesetzt und geprüft, teilt dem Fachmann mit wie es drum steht. Nicht einmal Fotos von dem Stimmstock würden helfen, ein einwandfreies Urteil abzugeben, denn er ist vielleicht TipTop in Ordnung und zeigt Risse über Risse. Wie gesagt, nicht jedes Foto ist da eindeutig genug. Und der Blick eines Nichtprofis anhand von Checklisten "erkennt" gar grobe Fehler, welche keine sind.

Die Hämmer könnten schon viel zu viel abgeschliffen worden sein - das sieht sauber aus und man sieht keine Rillen, aber den harten Klang bekommt man nie und nimmer weg ohne neue Hämmer. Andersherum wie weiß ein Laie, welche Rillentiefe wieviel Arbeit gibt, und wie viel Filzstärke sein muss für jeden Ton? Rillen bzw. Spuren von den Saiten hat ein neues Instrument auch.

Selbst Risse im Resonanzboden können über den Wert des Instruments täuschen. Er kann Risse haben und trotzdem ein außergewöhnlich gutes Instrument für den Preis sein. Eine durchhängender Boden und eine lose Rippe verursachen da mitunter schon viel mehr Probleme. Und diese lose Rippe muss man nicht einmal sehen, selbst wenn man mit der Taschenlampe drauf hält.

Und nun zum Spielwerk. Wenn jemand Anfänger ist, wird er kaum unterscheiden können, ob die Tasten gleichmäßig oder ungleichmäßig ansprechen. Er kann ja noch nicht mal eine Tonleiter auf einem gut eingestellten Instrument gleichmäßig anschlagen. Das lernt er erst!

So gut es Jörg meinte und den Ratschlag einer allgemein gültigen Checkliste hier helfend anzubieten, es funktioniert leider nicht für jemand, der in aller Regel ein einziges mal im Leben ein Klavier kauft.

Wenn jemand ein Klavier angeboten bekommt wie dieses Seiler mit Renner-Mechanik, welches vom Fachmann gut in Schuss gehalten wurde und auch Augenscheinlich sauber aussieht - und dieses Klavier z.b. aus den 70er Jahren ist, leider steht das nicht dabei - auch die Höhe nicht, vielleicht 120cm?, aber zu dem könnte ich sagen, dass es zu 99% keine groben Mängel hat und ordentlich spielt. Vielleicht lässt es sich noch verbessern - aber der Aufwand hält sich vermutlich in Grenzen und um diesen Betrag wird man im Fachhandel kein Seiler Klavier bekommen, dass ähnlich gut in Schuss ist.

Wenn es um ein 70 Jahre älteres Klavier geht, dass hübsch aus sieht und schön klingt und die weiteren Beschreibungen auf komplette Laien seitens des Verkäufers und des Käufers hinweisen, hilft die Checkliste gar nicht, denn dieses Klavier wurde oben nicht mal geöffnet. Ist es ein Oberdämpferklavier? Klingt es schön, weil es so einen satten Nachhall hat? Wie macht man das überhaupt auf? usw. usf. 1000 Fragen bevor es überhaupt zu einer Erkenntnis kommen kann ob und was vielleicht nicht stimmt.

LG
Michael
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Viele meiner Kriterien laufen auf Bauchgefühl, Lebenserfahrung und Menschenkenntnis heraus.
Ich habe bislang in allen Bereichen des Gebrauchtkaufs darauf vertraut und weitestestgehend gute Erfahrungen gemacht.
Es kann zu einem gewissen Teil die Fachkenntnis ersetzen, zumindest ergänzen.
Meine Liste ist laienhaft, so wie es bei einem Laien eben ist.

Das alles ist GUT so, joeach/Jörg, wie ich im Prinzip bereits weiter oben sagte. Und, mit aller Entschiedenheit: Ich mache es in velen Bereichen auch so wie du, und habe, genau wie du, weitesgehend gute Erfahrungen gemacht! Sogar bei sowas Heiklem wie Auto-Käufen, und durchaus wiederkehrend.
Und: Natürlich ist deine Liste laienhaft. Aber als solche zweifellos detailliert und hilfreich.


Ich möchte euch Profis dann doch bitte auffordern eine Positivliste zu erstellen und nicht nur mir meine Fehler zu zeigen.
Schreibt wie man es richtig macht, wie geht ihr vor, wenn ihr ein Klavier begutachtet?
Wie ist eure Checkliste?

In diesem Punkt, Jörg, lege ich Widerspruch gegen deine Aufforderung ein.
Jeder Fachmensch, wage ich zu behaupten, bringt zu einer Begutachtung seinen gesamten gewachsenen Erfahrungsschatz mit. Er/Sie kann gar nicht anders - denn das Zeugs befindet sich im Kopf, in den Augen, den Ohren, den Fingern. Aber nicht in einem Aktenordner oder in einer knappen Liste auf einem Zettel.
Wie ein Fachmensch es m. E. richtig macht: Die wichtigste herausragende Vorbereitung besteht darin, das Vertrauen der potentiellen Kunden/innen verdientermaßen zu gewinnen. Und dann, wenn das funktioniert, sind fachmenschliche Beratungleistungen etwas, was - bittesehr - den Wert deiner eigenen Qualitätsmanagementmaßnahmen würdigt und anerkennt, aber darüber hinaus einiges, womöglich Maßgebliches, zu bieten hat.

Gruß
Martin
 
Also um Himmels willen helft wenn ihr gefragt werdet und nicht immer nur mit dem Hinweis auf die Fachberatung!

Hallo Jörg,

Das TUN wir doch! :p

Claudia braucht nur ein paar Fotos hier ins Forum stellen - so wie es andere auch machen. Mechanik fotografieren, Stimmstock /Saiten, Resonanzboden
Vielleicht wäre eine Anleitung sinnvoll "Wie fotografiere ich ein Klavier?" :cool:

Wenn jemand aus welchem Grund auch immer keine Fotos hoch lädt, oder nicht herausfindet, wie man ein Klavier öffnet, so dass sein Innenleben zum Vorschein kommt ist die Empfehlung es von einem Kollegen angucken zu lassen das Beste was man tun kann.

Niemand muss die Mechanik zerlegen - außer er hätte spezielle Fragen. Wie gesagt, es ist nicht jede Frage auf die gleiche Art zu beantworten, und wenn eine Note verstimmt ist wie bei dem Weissbrod Klavier der OpNr. 12291 und die Rückwandseide erneuert wurde lässt sich die Holzfarbe auf Nuss auch nicht ermitteln, wenn hier 200 Beiträge geschrieben werden. :D Ich kann nur sagen, Nuss war sehr häufig!

LG
Michael
 
Hallo.

@ schliedueker:

Ich gehe jetzt nicht nochmal auf alle Punkte ein. Nur soviel: ich habe mir vor ca. 3 Jahren ein altes Seiler gekauft, das die obige Checkliste relativ gut bestanden hätte. Und trotzdem war es, beim genaueren Hinsehen, von vorn bis hinten verbastelt. Falls du's nachlesen willst, such meinen Faden "Katze im Sack gekauft"? (Achtung: sehr langwieriger und mühseliger Lesestoff.)

Aber DIES kann ich nicht so stehenlassen:

Du beurteilst ein rostiges, ungestimmtes, ungepflegtes mit möglichen Wasserschäden (wieso sonst Rost und Wasserflecken) behaftetes Instrument als nicht weiter tragisch, kritisierst aber seine simple Liste der Offensichtlichkeiten.

Jetzt mal tacheles, bitte. So kategorisch habe ich nie geschrieben, dass ein rostiges, ungestimmtes, ungepflegtes Instrument mit möglichen Wasserschäden "nicht weiter tragisch ist". Leg mir das nicht in den Mund! Ich habe von Rostflecken "hier und da" geschrieben, und von Wasserflecken "ohne schlimme Folgeschäden"!

Meine Aussage ist diese (doppelte):
1) Wenn ein Instrument keinen Rost hat, gestimmt und gepflegt ist, keine offensichtlichen Wasserschäden hat, dann bedeutet das noch nicht, dass es ein sicherer Kauf ist. Andersherum...
2) Rost (je nachdem, wo er sitzt und wie schlimm er ist), Verstimmung, mangelhafte Pflege und Wasserflecken (je nachdem, wo sie sitzen und wie groß/schlimm sie sind) sind keine KO-Kriteria.

Das, nicht mehr und nicht weniger, habe ich oben aussagen wollen.

Und zu guter Letzt:

Dass die "Tasten alle gleichmäßig stehen und zurückkommen", ist von einer gründlich regulierten (bzw. regulierbaren) Mechanik weit, weit entfernt.

Ich habe keine "Liste der Offensichtlichkeiten kritisiert", sondern erstmal darauf hingewiesen, dass viele dieser Punkte überhaupt keine Offensichtlichkeiten sind. Was auf's Erste als schlimmer Schaden erscheint, ist technisch ggf. völlig unbedeutend, und was einem Laien (derer auch ich einer bin, wenn auch leidgeprüft) kaum oder gar nicht auffällt, ist womöglich ein KO-Kriterium.

Ich bin jedenfalls mit "offensichtlichen" Checklists etwas vorsichtiger geworden, seit ich am eigenen Übungsobjekt entdeckt habe, was alles verschlissen, verstellt und verbastelt sein kann - und: wie man vom Hundertsten ins Tausendste kommt, wenn es gerichtet werden soll.

In diesem Sinne.... die Liste ist deutlich besser als ein Fachmann, der nicht dabei ist.

In diesem Sinne... die Liste kann nie den Fachmann ersetzen.
 

Dass die "Tasten alle gleichmäßig stehen und zurückkommen", ist von einer gründlich regulierten (bzw. regulierbaren) Mechanik weit, weit entfernt.

Und auch das heißt noch gar nichts. Es gibt ja auch Klaviere in hervorragendem Zustand, die nie gespielt wurden, deswegen einfach klemmende Garnierungen haben und vielleicht auch noch extrem verstimmt sind.
Da ist das Problem dann mit 2-3 Stimmungen und einmal Tasten zu Fall bringen erledigt.

Wäre dann schade das Klavier stehen gelassen zu haben, nur weil die "Tasten nicht gleichmäßig stehen und zurückkommen" und es verstimmt ist.

LG
 
Ich bemerke jetzt erst, dass ich Beitrag 33 bis 39 dieses Fadens übersehen hatte. Dort ist eigentlich schon alles gesagt...

Klimperers Fehlkauf (für dessen Beschreibung ich ihm sehr dankbar bin, man kann viel daraus lernen) wäre mit der Liste auch aufgefallen

Der einzige Punkt deiner Liste (habe sie gerade nochmal durchgelesen), der aufgefallen wäre, war der gerissene Resonanzboden und Basssteg mitsamt seiner Auflage.

Und was, Klimperer, nützt dein ganzes Fachwissen, das du dir jetzt so bewundernswert angeeignet hast, wenn du die Klavierdeckel nicht aufmachst?

Mein ganzes Fachwissen, lieber Jörg, habe ich mir überhaupt erst WEGEN (und nach) diesem Fehlkauf angeeignet. Ich rolle den Katzensackfaden jetzt nicht nochmal von vorne auf, nur soviel: der Verkäufer war der einzige deutsche Klavierbaumeister in Pretoria, der mir ob seines Renommés von mehreren Bekannten vorbehaltlos anempfohlen wurde. Ich als (damaliger) Laie und Erstkäufer hatte weder den Mut, noch sah ich überhaupt die Notwendigkeit, einen Fachmann zum Fachmann mitzunehmen. Als ich übrigens das Seiler später unabhängig begutachten ließ, durch einen Steinwaytechniker der mittlerweile am anderen Ende des Landes wohnt, kam sofort ein alter Ärger zwischen den beiden Klavierbauern hoch. Wenn also die Vertrauensbasis zwischen den "Fachleuten" schon nicht stimmt...

LAIEN im Klavierbau sind, wenn sie dem Schüler/Studentenalter entwachsen sind, in der Regel PROFIS in anderen Bereichen!

Natürlich! Ich bin Doktor der Chemie und mache gerade heute wieder eine nette Versuchsreihe im Labor. Nur was hat das mit dem Klavierkauf zu tun?

Versucht mal wieder, statt all der Bäume, den Wald zu sehen.

Gut, ich verziehe mich jetzt aus diesem Faden in den Wald, bzw. ins Labor.

Es hatte die Ehre,
Klimperer
 
Hallo Jörg,

Ich habe den Eindruck, deine Welt ist irgendwie ziemlich einfach, deterministisch gestrickt...

Was mein professionelles Umfeld betrifft, so ist das kritische Hinterfragen beileibe nicht der einzige Ansatz. Ich bin es genauso gewohnt, gerade in Fachgebieten, die mir nicht geläufig sind, mich auf die Empfehlungen und Urteile mehr erfahrener Zeitgenossen zu verlassen. Von Mikrobiologie weiß ich z.B. recht wenig, aber wenn mehrere Kollegen mir unabhängig voneinander bestätigen: "Dieser Mikrobiologe macht gute Arbeit, dem kannst du abnehmen, was er sagt", dann verlasse ich mich erstmal darauf, ohne mir einen weiteren Doktortitel anstudieren zu müssen. Das hat mit "delegieren des gesunden Menschenverstandes" nichts zu tun.

Wie dem auch sei, ich habe nicht vor, in absehbarer Zukunft wieder ein Klavier zu kaufen, insofern lasse ich diesen Faden dir und deiner Liste.
 
Schön dass die Diskussion weiter geht!

Muss hier eigentlich keiner arbeiten?

Montags nie :D. Seitdem mag ich Montage wieder...

Was ich mit meiner Liste erreichen möchte, ist, Laien die interessiert sind und ein gewisses technisches Verständnis und Zutrauen haben, die sich z.B auch ein Auto ohne Gutachter kaufen würden, einen Leitfaden zu geben, worauf sie bei der Erstbesichtigung achten sollten.

Ich denke, dass da der große Unterschied liegt.
Als wir uns letztes Jahr ein privat ein gebrauchtes Auto gekauft haben, haben wir selbstverständlich nachdem wir es das erste Mal angeschaut haben ein Gutachten machen lassen. Bei einem Auto das mehr als ein paar hundert € kostet würde ich das immer machen lassen.
Genauso würde ich es bei allen anderen größeren Anschaffungen machen. Das schützt mich zwar nicht davor, dass früher oder später trotzdem etwas kaputt geht (musste ich dann auch erfahren :(), aber erstmal weiß ich bescheid wie der Grundzustand ist.
LG Fine
 
Wenn aber z.B. MisterP ein Klavier sucht, dann kann er damit schon mal eine Vorauswahl treffen und muss nicht immer gleich mit Gutachter anrücken, nur um dann festzustellen, dass das besichtigte Seiler zwar technisch in Ordnung ist, wegen der offensichtlich schlechten Lackierung aber sowieso nicht in Frage kommt.
Und wenn er eines findet, bei dem alles passt, kann er meiner Meinung nach auch ohne grosses Risiko zuschlagen.
Wenn er so ein Stück findet, das ihm zusagt, das mögliche Schnäppchen, der Rohdiamant, der aber mit kleinen Reparaturen zu einem Juwel wird, aber aufgrund der Liste irgendwelche Zweifel bestehen, die er nicht selbst beurteilen kann, dann nimmt er zum 2ten Termin einen Sachverständigen mit.


Lieber Jörg,

klar, zu einem ersten Termin könnte man zur Vorauswahl allein gehen, gar kein Problem. Blöd nur, wenn der potentielle Käufer nach dir gleich mit Gutachter kommt und das Schnäppchen schwuppdiwupp weg ist. :p Trotzdem kann man, wenn man dieses Risiko eingehen will, das so machen.

Zum Fettgedruckten (von mir hervorgehoben): das große Problem, was sich stellt, ist, dass der Käufer denkt, es passt alles, weil ihm das nötige Fachwissen und leider auch das nötige Ohr fehlt. Tatsächlich passt manchmal gar nichts und er merkt es nicht. Du glaubst nicht, wieviel Leute es gibt, die überhaupt nicht hören, ob ein Klavier schlecht gestimmt ist, ob es hart bis scheußlich klingt, wie das Spielgefühl sein sollte. Woher sollten sie es auch wissen? Da kann man keine Tipps geben, denn es sind klangliche und pianistische Erfahrungen vonnöten, um das beurteilen zu können.

Bei Kaufberatungen a la 'welcher Computer ist der beste', 'welche Kamera hat das beste Preis-/Leistungsverhältnis' ist das Internet wunderbar und Listen lohnen sich. Bei Gebrauchtwaren ist das schon viel komplizierter. Und da gilt zudem: je höher die Anzahl/das Alter der Verschleißteile, der überhaupt vorhandenen Teile, je größer also die Anzahl der Möglichkeiten, dass etwas schlecht oder irreparabel sein könnte, desto schwieriger ist die Einschätzung, besonders für einen Laien, oder nicht? Und bei einem so alten Klavier, bei dem die Teile fast 100 Jahre alt sind oder sein können und bei dem in diesen 100 Jahren viel passiert sein kann, ist die Einschätzung doch noch viel schwieriger. Es sei denn, es kommt einem nicht so drauf an, das Geld möglicherweise in den Sand zu setzen und man geht das Risiko ein.

Liebe Grüße

chiarina
 
Hallo.

@ schliedueker:

Ich gehe jetzt nicht nochmal auf alle Punkte ein. Nur soviel: ich habe mir vor ca. 3 Jahren ein altes Seiler gekauft, das die obige Checkliste relativ gut bestanden hätte. Und trotzdem war es, beim genaueren Hinsehen, von vorn bis hinten verbastelt. Falls du's nachlesen willst, such meinen Faden "Katze im Sack gekauft"? (Achtung: sehr langwieriger und mühseliger Lesestoff.)

Aber DIES kann ich nicht so stehenlassen:

:-D ich gebe zu, ich habe hier etwas überspitzt formuliert, entschuldige bitte. Ich war aber etwas verärgert darüber, wie sehr alles auf die Goldwaage gelegt wird. Wenn ich keine Ahnung habe, und das haben sehr sehr viele Klavierkäufer, dann freut man sich über die geringsten Tipps, die einem Spreu von Weizen etwas trennen lassen. Wie an anderer Stelle gesagt wurde, dass trotz des gerissenen Resonanzbodens es ein sehr vorzügliches Instrument sein kann für den Preis, stimmt das gewiss in vielen Fällen. Einem Laien (der auch ich bin), sage ich: Finger weg! Warum ein Instrument mit gerissenen Resonanzboden kaufen, wenn es hunderte andere mit heilem Klangkörper gibt? Ist ein einfacher Tipp und schließt schon mal Probleme mit dem RB weitestgehend aus. Warum ein verrumpeltes Instrument kaufen wenns hunderte, bezahlbare, gepflegte gibt? Kann man ewig so weiterführen...


Wenn kein Fachmann zur Seite steht und das Klavier irgendwelche Mängel aufweist, die mich irgendwie skeptisch machen: Stehen lassen, weitersuchen. Auswahl ist groß genug.
 
...Allerdings ist nicht meine Welt einfach, sondern ich mache sie mir einfach.
Und ein Klavier gehört weiss Gott zu den einfacheren Systemen, mit denen ich zu tun habe.

Nun ja, Jörg, ein Klavier, das ist einfach. Du hast zwei, das ist schon zweifach, also weniger einfach.
Erfahrene Fachleute kennen Tausende von Klavieren und Flügeln. Und ich schätze, die Meinung, dass sei insgesamt doch recht komplex und gar nicht so einfach, dürfte in der Fachwelt recht verbreitet sein, und dies wohl auch mit einem zarten Ansatz von Berechtigung.
Aber natürlich: Auch wir Fachleute trachten letztlich danach, Wege zurück zur Einfachheit zu finden, zum Überblick, zur schnellen zutreffenden Einschätzung unzähliger Vorgänge und Vorfindlichkeiten, aus der angesammelten Erfahrung heraus.

Wer davon profitieren möchte - und bitte, niemand muss das! - kann es sich auch EINFACH machen. Und zwar, indem er/sie gar nicht erst versucht, quasi aus dem Stand solcherlei Erfahrungsschätze zu simulieren oder mit mitgeführten Listen zu ersetzen. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, sich ZUNÄCHST zwar auf das zu verlassen, was man selbst kann. UND! dann aber anderen Personen zuzutrauen, dass sie Dinge können, die man selbst nicht kann. UND ihnen zuzutrauen, dass diese besten Gewissens und ohne Falsch bereit sind, ihre Fähigkeiten in den Dienst anderer Personen zu stellen, die diese nicht haben und auch wahrlich überhaupt nicht haben müssen.

Wenn du doch, wie du soeben selbst sagtest, alles schon hast, was du brauchst, und somit gar keinen Rat brauchst, worin besteht dann dein hier bekundetes Interesse?

Die Wahrheit und Wirklichkeit ist doch:
Hier hat jemand um Rat nachgesucht wegen eines Klavieres.
Und hat Rat bekommen.
Und noch nach jemandem gefragt, der ortsnah behilflich sein kann.
Und passenden Hinweis bekommen.
Und dies dankend zur Kenntnis genommen.

Wo liegt eigentlich das Problem?
Es ist doch alles gut!

Gruß
Martin
 
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