Warum wird keine geniale Musik mehr gemacht?

Hacon, ich werde mit deinem Post nicht ganz warm :) An vielen Stellen würde ich im persönlichen Gespräch mit dir einhaken und diskutieren. Hier ist das kaum möglich, aber ich versuchs mal.

Zitat von Hacon:
Das hat daher meiner Ansicht nach überhaupt nichts mit unseren modernen Vorstellungen von Ästhetik zu tun.
Ich finde unsere Vorstellungen von Ästhetik sind sehr alt und wurden durch die letzten Jahrhunderte geprägt. Ansonsten müsste sie sich ja auch in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben, um modern zu sein.

Zitat von Hacon:
Ich habe ja bekanntlich eine ziemliche Abneigung gegen neue Musik, und kann sie auch nach deiner Erklärung, die ich sehr gut verstanden habe, weder als objektiv , noch - und schon gar nicht - für subjektiv genial halten.
( Bachs Fugen beispielsweise halte ich für objektiv genial, da ich auf Grund vieler Berichte annehme, dass, wenn man sie erst einmal verstanden hat, einen nicht mehr loslassen. Da das bei mir aber noch nicht der Fall ist, kann ich sie nicht als subjekti genial bezeichnen)
Diese Argumentation halte ich für etwas "verwegen" :D Ich habe dir gerade berichtet, dass diese Musik objektiv genial ist und es werden sich genug Leute finden, die das ebenfalls glauben. Warum hälst du die Musik dann nicht für genial?!

Ob Komponisten neuer Musik beim Komponieren nicht auch an was Schönes denken, ist auch eine schwierige Behauptung. Hast du Beweise?!?!

Manchmal wird meine Kritik an Argumentationen recht negativ aufgefasst. So ist sie aber nicht gemeint. Ich versuche nur zu zeigen, wo eine Argumentation mMn nicht logisch/stringent/folgerichtig ist.

lg marcus
 
Ein kleiner Aspekt:
Musik war und ist doch immer ein Spiegel der Welt aus der sie kommt. "Geniale", unnachahmlich charakteristische(?) Musik gab es nur dann, wenn etwas dahinter stand, das dann von einem Menschen mit den entsprechenden Fähigkeiten in Musik gesetzt wurde - sei es Religösität, eine Mentalität, ein Lebensgefühl etc. Ein bisschen pessimistisch - was hätte uns heutige Musik zu sagen? Denke nicht dass es an befähigten, "genialen" Menschen mangelt, aber über was wollen sie schreiben? Höre relativ viel in der neuen Musik rum und konnte bisher wenigstens in der "geistlichen Fraktion" für mich "geniale", gänsehautproduzierende(?) zeitgenössische Komponisten entdecken: Arvo Pärt, Robert Maximilian Helmschrott - aber vllt findet sich ja noch was...
 
Ich finde unsere Vorstellungen von Ästhetik sind sehr alt und wurden durch die letzten Jahrhunderte geprägt. Ansonsten müsste sie sich ja auch in den letzten Jahrzehnten gewandelt haben, um modern zu sein.
1. In diesem Zusammenhang hätte ich das Wort modern auch weglassen können, mir gings einfach nur um die Vorstellung von Ästhetik.
2. Damit habe ich den Vergleich zwischen dem heutigen Musikgeschmack der großen Bevölkerung und den vor vielleicht 300 Jahren. Die damaligen Menschen hätten die ganze Musik, die heute produziert wird ( Pop, Rock) mit Sicherheit genauso wenig gemocht, wie das Groß der Bevölkerung klassische Musik mag.

Diese Argumentation halte ich für etwas "verwegen" Ich habe dir gerade berichtet, dass diese Musik objektiv genial ist und es werden sich genug Leute finden, die das ebenfalls glauben. Warum hälst du die Musik dann nicht für genial?!
Das verstehe ich jetzt nicht. Ich habe doch gesagt, dass ich Bachs Fugen für objektiv genial halte. Was ich nicht für genial halte, ist "neue" Musik.

Ob Komponisten neuer Musik beim Komponieren nicht auch an was Schönes denken, ist auch eine schwierige Behauptung. Hast du Beweise?!?!
Da habe ich mich wohl nicht klar genug ausgedrückt. Ich habe nur gemeint, das Komponisten neuer Musik sich nicht darum kümmern, ob sich das von ihnen komponierte in ihren Ohren schön anhört.

Manchmal wird meine Kritik an Argumentationen recht negativ aufgefasst. So ist sie aber nicht gemeint. Ich versuche nur zu zeigen, wo eine Argumentation mMn nicht logisch/stringent/folgerichtig ist.
lol- ist das deine neue Signatur:D?

Nein, mal im Ernst- negativ fasse ich hier gar nichts auf, ist doch eher interessant, über so etwas zu diskuttieren:p
 
Genies, wie Bach, die Beatles oder Charly Parker sind uns vor allem deswegen in Erinnerung, weil sie etwas zum ersten Mal gemacht haben. Sie haben die Grundsteine gelegt für alles, was heute an Musik konsumiert wird. Würde man sie nicht bereits kennen, auch sie gingen heute vermutlich in der Masse des heutigen Musikangebots unter.
Gleiches gilt für Schriftsteller, Maler und Wissenschaftler. Wer heute, mehr noch als früher, genial genug ist, trotz der Menge an bereits Vorhandenem, etwas wirklich neues zu erdenken, würde sicher nur von den Wenigsten verstanden.
Das ging den alten Meistern sicher ähnlich. Aber: Sie hatten den Vorteil, dass sie ohnehin nur einer kleinen, meist auch gebildeteren, Elite, gefallen mussten. Unsere moderne, demokratische und offene Gesellschaft erwartet aber massenkompatible Genialität. Und das ist ja im Grunde ein Paradoxon.
 
@Hacon: Auf dem nächsten Forentreffen können wir das bereden. Hier wird das nichts ;)

lg marcus
 
@ just listen: Ein guter Beitrag. Muss ich mal durchdenken.
 
Ein wichtiger Grund warum heute keine geniale Musik mehr gemacht wird (falls das wirklich stimmt) ist sicher, daß sich das "gebildete" Publikum zum großen Teil garnichtmehr für neue Werke interessiert. Man geht ins Konzert, um Stücke zu hören, die man schon kennt und deren Komponisten schon seit mindestens 100 Jahren tot sind.

Selbst wenn jemand eine supergeniale Sinfonie komponieren würde - keiner würde es merken.
 

Wenn ich mir diese Diskussion durchlese, muß ich wieder an meinen ersten Beitrag hierzu denken :D

Ich kann vielleicht nichts besonders Konstruktives zu der Idee beitragen, warum keine geniale Musik mehr geschrieben wird (nicht nur deswegen, weil ich es einfach nicht glaube) aber soviel will ich noch sagen: Wer glaubt, selbst beurteilen zu können, was morgen als genial angesehen wird, ist entweder selbst ein Genie oder ein Idiot.
 
Wenn ich mir diese Diskussion durchlese, muß ich wieder an meinen ersten Beitrag hierzu denken :D

Ich kann vielleicht nichts besonders Konstruktives zu der Idee beitragen, warum keine geniale Musik mehr geschrieben wird (nicht nur deswegen, weil ich es einfach nicht glaube) aber soviel will ich noch sagen: Wer glaubt, selbst beurteilen zu können, was morgen als genial angesehen wird, ist entweder selbst ein Genie oder ein Idiot.

Falls das jetzt schon wieder ne Anspielung auf mich sein soll: Das ist nur meine Meinung, und ich habe nichts dagegen, wenn jemand anders neue Musik mag. Genau so wenig habe ich etwas dagegen, wenn jemand anders Yann Tiersen als Genie bezeichnet ( habe das in real life bereits mehrmals erlebt). Aber mit letzterer Behauptung bekommen wohl wieder einige andere hier im Forum ein Problem.

( Übrigens würde ich mich ganz bescheiden dann doch eher als Genie bezeichnen;))
 
Für mich persönlich soll Musik eine Geschichte erzählen, Emotionen wecken und eine Stimmung erzeugen. Wenn das dem Komponisten/Interpreten gelingt ist diese Musik für MICH genial, egal wann und von wem es komponiert wurde.
So sehe ich das auch und höre zwei Alben aus meiner frühen Jugendzeit besonders gern: Mike Oldfield "Discovery" und ELO "Time".

Ob spätere Generationen Gefallen daran finden können, hängt eigentlich nur davon ab, ob die Medien (Tonträger) den Zahn der Zeit überleben werden. Die Medien vergangener Jahrhunderte waren eben die Noten, die in Papierform deutlich bessere Überlebenschancen haben.
 
Falls das jetzt schon wieder ne Anspielung auf mich sein soll: Das ist nur meine Meinung, und ich habe nichts dagegen, wenn jemand anders neue Musik mag. Genau so wenig habe ich etwas dagegen, wenn jemand anders Yann Tiersen als Genie bezeichnet ( habe das in real life bereits mehrmals erlebt). Aber mit letzterer Behauptung bekommen wohl wieder einige andere hier im Forum ein Problem.

( Übrigens würde ich mich ganz bescheiden dann doch eher als Genie bezeichnen;))


Hacon du bisz die größte Pfeiffe dies gibt! Oh man ey :D
Zum Topic schließe ich mich Guendile an, als Beispiel vielliecht Rite of Spring von Stravinsky!
 
Können vielleicht musikhistorisch Bewanderte mal ein paar konkrete Beispiele herauskramen, welche heute als "genial" empfundenen Stücke das auch schon aus Sicht der Zeitgenossen waren und womöglich warum? Ein paar "Klassiker" waren doch zunächst eher Reinfälle, manche sogar erst nach dem Tod des armen Komponisten berühmt, oder? Und was gab es seinerzeit an euphorisch als genial betitelten Stücken, die heute nur noch absolute Experten kennen - und vielleicht kaum noch jemand für genial hält?

Interessant fände ich auch, wie sicher sich die Komponisten schon vor den Publikumsreaktionen waren (ob sie schon ahnten, dass das Stück irgendetwas Besonderes oder eben "Geniales" habe, das kurzfristige Begeisterung überdauern werde). Ich habe in einem CD-Booklet mal gelesen, dass Elgar schon vor dem ersten Konzert über die Musik zu "Land of Hope and Glory" (Pomp and Circumstance http://www.youtube.com/watch?v=gxqFdcZz974) gesagt habe: "That will knock ´em flat." Nur Legende?
Neugierige Grüße
cw4ever
 
Sacre du Printemps ist auf jeden Fall eines der genialsten Orchesterwerke/Ballette aller Zeiten. Aber ist dir bewußt, daß die Urauffühung des Sacre schon bald hundert Jahre her ist? :)

Jupp weiß ich. Und ich kenne auch die Reaktionen der Musiker und der ZUhörer bei der ersten Aufführung. Ausserdem fnde ich die Musik immer noch wahnsiinig "modern". Wollte nur sagen, dass es einfach lange dauert geniales erkennen zu können. Das problem ist glaube ich nur, dass immer wneiger zeitgenössiche Musik gehört wird, sodass große moderne Kompositionen immer weniger aufgeführt werden. Der Name Beethoven lockt einfach mehr Leute an als der Name Carter beispielsweise. Ein Großteil der modernen Musik sind eh nur "Geheimtipps" oder "Insider", so kommt es mir zuminmdest vor.

Vielleciht als Beispiel für cw4ever. Clara Schumann hat die Brahms Sonaten schon gespielt als er noch vollkommen unbekannt war.
 

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