Warum haben Schimmelklavier und Flügel einen nicht sehr guten Ruf?

  • Ersteller des Themas Ouviexclassical
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Gefühlsmäßig kann ich Dir folgen, aber der Kopf will da noch nicht mit. Nenne mir doch mal einige hervorragende chinesische Produkte außerhalb der Elektronik/Feinstmechanik.

Ich habe eher den Eindruck, dass der Kopf nicht folgenden kann, weil das Gefühl dies blockiert.

Es gibt z.B. im Maschinenbau viele gute Produkte: Im Textilmaschinenbereich wurden die meisten europäischen Hersteller zu Lieferanten von Komponenten degradiert. Die Chinesen bauen die Maschine selbst in höchster Qualität. Im Baubereich werden heute Fassadenelemente mit integrierter Beschattung und Lüftung z.B. in die Schweiz geliefert. Dass China nun eigene Hochgeschwindigkeitszüge entwickelt hat und diesem Bereich viele Patente angemeldet hat, ist inzwischen hinlänglich bekannt.
Viele Produkte, welche unter bekannten europäischen Markennamen verkauft werden, werden heute in China entwickelt und produziert. Wenn man z.B. einen hochwertigen Staubsauger einer deutschen Firma kauft, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass er von Nison (KingClean) entwickelt und produziert wurde.
 
Nenene, bitte EXZELLENTE Produkte, nicht me-too! Und bitte nicht Elektronik/Plastik. Denn das können sie. Sogar mit integriertem Verfallsdatum ("hochwertiger deutscher Staubsauger") ;-)
Die Fassadenelemente dürften nicht wegen der Exzellenz, sondern egen des Preises gekauft werden - siehe auch Solarpanels. Bei den Textilmaschinen kenne ich mich nicht aus, will das aber mal so akzeptieren. Aber auch da wird es so sein, wie bei vielen anderen Maschinen (Ziegelherstellung, z.B.), dass diese Maschinen nur 90% der EU-Ware können, 50% der Laufzeit haben, aber eben nur 40% kosten. Da geht die Rechnung für machen Investor schon auf.

Exzellente Produkte werden unabhängig vom Preis gekauft. Und die sehe ich immer noch nicht.

Weltweit kommt ca. 75 % der Naturseide aus China.

und 75% des Öls aus ... und 50% des Marmors auch aus China... Will sagen: Naturprodukte zählen nicht. DAS ist Export von Rohware oder Halbfertigteilen.
 

In welchem Bereich des Klavierbaus ist die Präzision der Holzteile am wichtigsten? Ich würde meinen, es ist die Mechanik. Und genau diese Mechanik wird heute von Renner mit dem höchsten Automatisierungsgrad hergestellt, da sonst die geforderte Präzision nicht erreicht werden kann.

Es gibt sicher Bereiche, wie z.B. die Intonation welche nicht automatisiert werden können. Es gibt aber andere Bereiche, in denen eine Herstellung mit modernsten Automaten gleichzeitig einen Effizienz- wie Qualitätsvorteil bringen. Dies gilt auch für Bauteile aus Holz.

Dies haben übrigens die Hersteller während der Blütezeit des Klavierbaus bereits gewusst. Sie waren stolz auf ihre Qualität die sie ihren dazumal modernen Produktionsmethoden zuschrieben. Deshalb ist oftmals auch das stolze Fabrikgebäude auf dem Resonanzboden-Logo abgebildet.
 
Die Fassadenelemente dürften nicht wegen der Exzellenz, sondern egen des Preises gekauft werden

Natürlich hat China ein Kostenvorteil. Aber bei den Fassadenelementen war der Punkt, dass darin noch diverse Haustechnik integriert war und es dies so in Europa nicht verfügbar war.

Es gibt durchaus viele hochwertige chinesische Produkte, wenn auch im Moment noch nicht so viele welche die absolute Spitzenklasse in ihrem Segment darstellen. Dies hatten wir im Bereich der Elektronik in China vor wenigen Jahren aber auch nicht. Heute sehen wir z.B. im Telecom-Infrastruktur-Bereich Produkte, welche klar besser sind als diejenigen der früheren Marktführer aus den USA.

Generell darf man die Vorreiterrolle des Elektronikbereichs nicht unterschätzen. Es ist die Branche mit den höchsten Anforderungen an Präzision, Zuverlässigkeit und Qualitätsbewusstsein im Bereich der Fertigung.
 
Was ist das beste Klavier aus China?
Was ist das beste Klavier aus Japan?
 
In welchem Bereich des Klavierbaus ist die Präzision der Holzteile am wichtigsten? Ich würde meinen, es ist die Mechanik. Und genau diese Mechanik wird heute von Renner mit dem höchsten Automatisierungsgrad hergestellt, da sonst die geforderte Präzision nicht erreicht werden kann.

Ingenieur? Gibs zu! ;-)

Präzision ist ein Element im Klavierbau. Wäre es nur das, wäre es simpel. Dann würden Automaten die Rims und Böden zusammensetzen, letztere auf optimalen Klang schleifen und einsetzen und so fort. Guck Dir mal an, wie ein Resonanzboden gebaut und vor dem Einbau behandelt wird und Du wirst Deine Meinung revidieren. Ganz zu schweigen von der Auswahl und dem Einkauf des RICHTIGEN Holzes. Da kriegst Du meist nicht mal die Top-Qualität, wenn Du nicht auf jahrzehntelang gewachsene Geschäftsbeziehungen verweisen kannst.

In der Branche kenne ich mich zufällig aus. Zunächst versuchen die Chinesen irgendwie billige Ware auf dem Weltmarkt zu kaufen. Dabei werden sie mangels Fachwissen erst mal übers Ohr gehauen oder kriegen gar keinen Fuß in die Tür. Dann kaufen Sie zähneknirschend über fremdländische Händler und versuchen, deren Bezugsquellen herauszufinden. Das schaffen sie auch und kaufen fortan direkt. Aber weil sie neu sind und außerdem feilschen wie alte Tanten, kriegen sie nur die Qualitäten, die kein anderer haben will. Dennoch sind sie happy, weil sie billig kaufen und es ihnen zunächst mal egal ist, was "hinten" rauskommt.
Das kommt dann in Chinaklaviere rein. Oder aber sie sparen sich gleiche den ganzen Ärger mitden europäischen Ansprüchen und bauen PRÄZISIONGESCHNITTENE Sperrholz-Resos ein. Ist verkäuflich. Klingt erst mal (!) gar ned sooooo übel, wie es sich liest. Nach 10 Jahren? Who cares?

Aber unsere Diskussion ist ohnehin müßig. Denn der Deckel passt zum Schluss ganz sicher auf den Topf. Halten wir fest: Die Chinesen denken - zu recht und naturgemäß - in Masse! Gleichzeitig erleben wir seit jahren einen Schwund der Mitte: Soziologisch, politisch, wirtschaftlich, ja, selbst bei den Umgangsformen - die Mitte wird ausgedünnt. 5% davon wandern zu den oberen 10% der Rest - bis auf eine kleine Menge - sackt nach unten ab. Daher WIRD ES SICHER einen wachsenden Markt für chinesische Produkte geben und die Chinesen werden diesen hervorragend bedienen.

Soweit, so gut - aber sobald Nchhaltigkeit und Ressourcen ein Thema werden - und daswerden sie - ist es vorbei mit billig, billig. Dann wird wieder langlebige Qualität gefragt sein. Schade, dass ich das nicht mehr erlebe.
 
Wenn Du die Seidenraupe nicht gelten lässt dann aber auch nicht den Reso aus langsam gewachsenen Fichten.

Also ich traue den Chinesen alles zu, sogar ein gutes Klavier, und zwar in dem Moment, wo es für sie Sinn macht.
 
Wenn Du die Seidenraupe nicht gelten lässt dann aber auch nicht den Reso aus langsam gewachsenen Fichten.

Also ich traue den Chinesen alles zu, sogar ein gutes Klavier, und zwar in dem Moment, wo es für sie Sinn macht.

ad 1) Der Reso ist doch kein exzellenter Artikel AUS China ?
ad 2) Ich auch, aber noch nicht jetzt. Um mal nur bei den "eigentlich primitiven" Mopeds zu bleiben: Das gibt es die in Asien überall geliebte Honda super cub. Ein wahrlich primitives Teil. Von dem wurden bislang 100 MILLIONEN gebaut. DAS wäre doch wahrlich interessant und die Abnehmer sitzen vor der Haustür. Aber: Sie können es (noch) nicht ;-)
 

Ich denke mal, einige hier verkennen China ganz entschieden.
Es ist halt ein zerrissenes Land - billig und einfach kopieren - so hat es aufgeholt - ja sicher.

Aber man hat schnell gelernt und natürlich erkannt, dass man einfach noch mehr Geld verdienen kann, wenn man seine Qualität erhöht und selbst Innovativ ist. Schaut Euch an, was für eine erfolgshungrige Generation da heranwächst, genügend von denen sind in einem Umfeld großgeworden, in denen schulische Leistung alles bedeutet.

Da entstehen grad riesige Technologiemonster mit Alibaba, Tencent, Weibo, Baidu, Midea etc. etc. - die schaun sich längst nicht mehr nur die Dinge ab. Chinesen sind Technik-affin und da geht grad die Post ab.
Die forschen genauso längst an KI und autonomen Fahrzeugen wie wir. Die haben zum Teil schon mehr Nutzer als die Pendants Facebook, Amazon, Ebay, Twitter, Google oder Paypal.

Wir hier hoffen auf Industrie 4.0 mit Roboterautomatisierung, um Produktion zurückzuführen - das ist aber ein zweischneidiges Schwert, denn nie war es einfacher, seine Qualität durch gut ausgebildete und innovative Multiplikatoren immens zu erhöhen.

Wo immer man jetzt in neue Märkte kommt, Afrika, Asien etc. - die Chinesen rufen, wir sind schon da. Ich vermute mal, wir werden uns noch umschauen und können uns irgendwann unsere handgefeilten Resonanzböden sonstwohin tun.
 
In welchem Bereich des Klavierbaus ist die Präzision der Holzteile am wichtigsten? Ich würde meinen, es ist die Mechanik. Und genau diese Mechanik wird heute von Renner mit dem höchsten Automatisierungsgrad hergestellt, da sonst die geforderte Präzision nicht erreicht werden kann.
@marhof allerdings ist die Renner-Mechanik lediglich eine Art "Rohling", welcher dann erst in Feinstarbeit eingestellt und abgewandelt wird (hinkender Vergleich: klar braucht die Hausfrau einen 1a Tortenboden, aber das ist nocht nicht die ganze Torte - so ähnlich die Spiel-Mechanik) - - das hatte der Steingraeber-Boss mal eindrücklich erklärt und gezeigt, @fisherman erinnert sich bestimmt
 
Jepp! Und wenn Du dann ein Klavier mit einer solchen optimierten Mechanik dann nochmals von einem wirklich, wirklich exzellenten Techniker überarbeiten lässt, gibts noch mal nen Qualitätssprung.

Also: Die Basisqualität - nämlich die Auswahl und das Zurichten der Rohlinge kann nur ein versierter Fachmann machen. Darauf folgt die Präzisionfertigung per Maschine. Fällt Schritt eins weg, hat man allerhöchstens 60% Qualität (vielleicht auch nur 20%) - mit ihm vielleicht 85%. Dann kommen in der guten (!) Klavierfabrik nochmals 10% dazu (ebenfalls Handarbeit mit FACHLEUTEN) und wer wirklich 100% will, der kommt meist um den dritten Fachmann im Bunde nicht herum.

Automatisierte Fertigigung: 60% Qualität - Kosten 100%
dito mit Fachmann vorher: 85% Qualität - Kosten 200%
Nachbearbeitung Fabrik: 95% Qualität – Kosten 250-300%
Nachbearbeitung individuell: 100% Qualität - Kosten > 300%

Pareto hat wieder zugeschlagen ;-)
 
Pareto hat mit seiner 80:20 Regel lediglich gezeigt, dass 20% der Bevölkerung ca. 80% des Volksvermögens besitzen. Daraus wurde dann die ABC-Analyse.

Automatisierte Fertigigung: 60% Qualität - Kosten 100%
dito mit Fachmann vorher: 85% Qualität - Kosten 200%
Nachbearbeitung Fabrik: 95% Qualität – Kosten 250-300%
Nachbearbeitung individuell: 100% Qualität - Kosten > 300%
Wo liegt das wirtschaftliche Optimum? Könnte 85% Q / 200 % HK sein.
 
Du magst recht haben. ICH persönlich allerdings hasse das wirtschaftliche Optimum. Ich liebe perfekte Produkte! Lieber länger sparen und länger freuen.
 
Dabei werden sie mangels Fachwissen erst mal übers Ohr gehauen oder kriegen gar keinen Fuß in die Tür. Dann kaufen Sie zähneknirschend über fremdländische Händler und versuchen, deren Bezugsquellen herauszufinden

Das ist nicht so ein grosses Problem: Dieses Know-how haben sie schon längst eingekauft. Bekannte und gut vernetzt Leute werden seit einigen Jahren beigezogen. Personen die früher Klaviere für grosse Namen wie Bechstein, Steingräber, Mason & Hamlin und andere entwickelt haben. Darunter sind z.B. Klaus Fenner, Lothar Thomma, Rolf Ibach, Julius Feurich, Stephen Paulello, George F. Emerson, Delwin Fandrich und wohl noch einige mehr.

Diese Leute kennen alle Bezugsquellen, kriegen Ihren Fuss in jede Tür und lassen sich auch nicht übers Ohr hauen. Dass chinesische Firmen teures Geld für europäische und amerikanische Top-Leute ausgibt, zeigt wie ernst es ihnen ist, ihre Produkte immer weiter zu verbessern.
 
allerdings ist die Renner-Mechanik lediglich eine Art "Rohling"

Die Renner-Mechanik ist wesentlich mehr als ein Rohling. Sie wird aber in verschiedenen herstellerspezifischen Varianten hergestellt und später noch angepasst und eingestellt.
Voraussetzung ist natürlich, dass das Ausgangsmaterial (in unserem Fall Holz) von sehr gleichmäßiger Qualität ist. Die Selektion der zu verarbeitenden Holzstücke ist daher enorm wichtig.

Eine von einem Klavierbauer selbst hergestellte Mechanik wäre nicht nur viel teurer, sondern auch viel weniger präzise als eine, die mit Präzisionsautomaten hergestellt und nachher noch von einem Fachmann perfektioniert wird.
 
Nota bene: Zähle mal zusammen, was die "Wüstenstaaten" einst hervorbrachten: Mathematik, Medizin, Philosophie u.v.m. Und heute? Öl... Historie ist kein Garant für Revitalisierung.

Ist eigentlich ein sehr gutes Beispiel. :super: Zu einem bestimmten Zeitpunkt führend zu sein, ist kein Garant dafür, es auch automatisch zu bleiben. Gilt auch für das Land der Tüftler und Denker. Die industriell führenden Engländer haben "Made in Germany" wegen der seinerzeitlichen Minderwertigkeit deutscher Produkte eingeführt. Die haben über "Deutschland" wahrscheinlich ähnlich abwertend geredet wie derzeit (noch!) über die Chinesen geredet wird.

Ich hoffe, diese unsere Ignoranz/Arroganz wird nicht in 150 Jahren von den Historikern anderer Nationen bespöttelt. Im Post-Text-Thread gibt es einige Hinweise, warum "wir" den Ball sehr flach halten sollten. Von seltenen Ausnahmen abgesehen, ist unsere Gesellschaft furchtbar saturiert. Mit gezielten antiemanzipatorischen Maßnahmen wird die Ἀνάγκη abwattiert. Es gibt hierzulande keinen wirklichen Grund mehr, sich anzustrengen/sich Mühe zu geben.

Alle Leute, die in den letzten Jahren mit Wirtschaftsdelegationen in China weilten, bekommen den Mund nicht mehr zu. Nicht wegen der Klavierfertigung, das stimmt. :heilig:Noch nicht.


P.S. Ich rede nicht pro domo, sondern pro ratio. Habe zwei alte deutsche Markenflügel, einen japanischen Mietflügel, ein englisches und ein deutsches Klavier und ein japanisches Digi. Bin also durchaus international aufgestellt. Ob in dem japanischen Digi vielleicht Elektronikteile aus China verbraten sind – who cares.
 
Ergänzung zur Marke Schimmel bzw. diversen anderen, in Fernost gefertigten "Billigmarken" der Großen: Weshalb sollten diese Firmen denn gleich-wertige Instrumente unter ihrem Anfütter-Label vermarkten. Die Qualitätsunterschiede sind doch Teil der Vermarktungsstrategie.
 

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