Warum haben Schimmelklavier und Flügel einen nicht sehr guten Ruf?

  • Ersteller des Themas Ouviexclassical
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Was ist mit den Produkten aus Polen? Handwerkskunst ist dort ebenfalls vorhanden und noch billiger als in Deutschland. Die Produkte aus Polen müssten die Produkte aus Braunschweig doch langfristig kannibalisieren?

Ich finde es faszinierend, dass immer noch gedacht wird, der ehemalige Ostblock habe sich seit Beginn der 90er nicht weiterentwickelt hinsichtlich Qualität, Löhnen, Preisen, Lebensumständen.

Es ist gefährlichst, mit deutscher Überheblichkeit die Mitbewerber auf dem internationalen Markt zu unterschätzen... :heilig:

Einem Chinesen ist es ziemlich wurst, wie krumm oder grade eine Schraube sitzt - Hauptsache es ist eine da, wo gefordert. Glänzen sollte sie - zum Verkaufszeitpunkt! Das ist die ganze Forderung.

Auch so ein – bitte um Verzeihung – gefährliches Urteil. Mag sein, dass das vor 10 Jahren noch so war. Oder vor 5. Das bedeutet nicht, dass es heute noch so ist oder noch in 5 oder 10 Jahren. Ich bezweifle es! Wer bei "China" nicht gleichzeitig mitdenkt, dass das dortige Wachstum an Knowhow samt aller anderen nötigen Faktoren rasantestens wächst, könnte schon in 10 Jahren ein ganz dummes Gesicht machen.

Alle, die "China" kennen, schütteln nur den Kopf über die hiesige Ignoranz und Arroganz. :schweigen: Ich finde es absolut respektabel und geradezu schwindelerregend, wie es dort vorangeht. Und ich gönne es den Chinesen (wie übrigens auch den Polen). Die Chinesen als Nation haben die allerbitterste Vergangenheit. Die haben "Hunger", die "wollen". Und besonders wichtig: Sie "müssen". Ἀνάγκη. Wer China unterschätzt, hat schon verloren. ;-) Die werden die Fehler der Japaner nicht wiederholen.
 
Alle, die "China" kennen, schütteln nur den Kopf über die hiesige Ignoranz und Arroganz.

Da mag was dran sein - aaaaber: China baut z.B. seit vielen Jahrzehnten z.B. Motorräder. Wieso sind das dann immer noch Chinahobel? Wieso braucht es mehrere Jahre (!!!) unter deutscher "Kontrolle" (!) bis ein (in DE konstruiertes) Motörchen richtig gebaut wird?

In Asien sagt man : "Die Chinesen haben einen großen Gott - und der heißt Geld". Ich denke, dass hier die Gier nach schnellem Geld solide und langlebige Produkte verhindert. Kein Problem bei modischen Klamotten - aber alles, was lange halten soll, kauft man besser nicht made in PRC.

Ja, das Land entwickelt sich, aber das Wachstumstempo der Wirtschaft darf man nicht mit qualitativem Wachstum gleichsetzen. Früher hat China billiges Blechspielzeug exportiert - heute ist es halt billiger Plastikscheiss. Dazwischen liegen aber FÜNFZIG Jahre!!! Ich sehe also noch keine Riesenentwicklung in der Hinsicht. Natürlich verbreitert sich das Angebot und wird diversifiziert (somit geraden immer mehr Branchen im Billigbereich unter Preisdruck), aber der Vorstoß in mittlere, gar obere Qualitätssegment ist für mich noch nicht absehbar.
 
Wenn ich sehe, dass hochwertige deutsche Klaviere (wie Grotrian-Steinweg oder Steingräber u. Söhne) zwischen 20 u. 40 T€ kosten, dann kann man auf diese Weise nur einen sehr geringen Markt bedienen. Asiatische Firmen werden sich dann um den breiten Markt kümmern und um das Zusammenwirken von Mechanik und Elektronik. Mit dem verdienten Geld übernimmt man dann die Luxusmarken. Am besten in einer Krise, dann ist es kostengünstig.

Die Frage ist, wie soll man sich als Interessent verhalten, wenn man ein hochwertiges und gleichzeitig bezahlbares Instrument sucht? Da landet man schnell beim (riskanten) Gebrauchtkauf eines deutschen Fabrikates oder bei Marken wie Yamaha, Kawai u.a.
 
@Drahtkommode seit wann hat "der Handel" vulgo "die Wirtschaft" moralische Bedenken??? ;-) vgl. Gogol, die toten Seelen
Das ist eine gute Frage. Aber immerhin gibt es bei uns staatlicherseits zahlreiche Exportbeschränkungen für Rüstungstechnologie (das ist alles ein weites Feld, über das man sehr kontrovers diskutieren kann), außerdem gibt es in allen großen Firmen eine "Code of Conduct" (und inwiefern der Beachtung findet, ist auch diskussionswürdig, aber diese Diskussion findet immerhin statt).

In China wird der Code of Conduct von der KP vorgegeben.

EDIT: Und generell ist es natürlich so, dass auch für die Wirtschaft Gesetze gelten, die auf moralischen Erwägungen beruhen und dass es Traditionen wie die des "ehrbaren Kaufmanns" gibt.
 
Zuletzt bearbeitet:

Da mag was dran sein - aaaaber: China baut z.B. seit vielen Jahrzehnten z.B. Motorräder. Wieso sind das dann immer noch Chinahobel? Wieso braucht es mehrere Jahre (!!!) unter deutscher "Kontrolle" (!) bis ein (in DE konstruiertes) Motörchen richtig gebaut wird?

In Asien sagt man : "Die Chinesen haben einen großen Gott - und der heißt Geld". Ich denke, dass hier die Gier nach schnellem Geld solide und langlebige Produkte verhindert. Kein Problem bei modischen Klamotten - aber alles, was lange halten soll, kauft man besser nicht made in PRC.

Ja, das Land entwickelt sich, aber das Wachstumstempo der Wirtschaft darf man nicht mit qualitativem Wachstum gleichsetzen.

ich bin kürzlich über eine Beurteilung der "Fernost Optiken" (damals aus Japan) als Gefahr für die Deutsche Kameraindustrie aus den 60er Jahre gestolpert. Natürlich stellten sie aus sicht der Analysten bei LEICA keine Gefahr dar. Einfach zu schlechte Qualität :)

Mittlerweile stellen chinesische Firmen Leica kompatible Objektive her, die nicht an die Originale rankommen aber eben auch nur ein zehntel kosten.

Den Deutschen Klavierbauern bleibt gar nichts anderes übrig als die Fernoststrategie der Autobauer (und von mir aus auch Leica) zu kopieren: Konzentration auf das Hochqualitätssegment und gar nicht erst versuchen auf dem Massenmarkt mitzuspielen. Es muss gelingen mehr als nur ein Produkt (Klavier / Flügel) zu verkaufen, es müssen Emotionen geweckt werden, Geschichten erzählt und Kunst vermittelt werden.

aber nur meine bescheidene Meinung...
 
Den Deutschen Klavierbauern bleibt gar nichts anderes übrig als die Fernoststrategie der Autobauer ... zu kopieren: Konzentration auf das Hochqualitätssegment und gar nicht erst versuchen auf dem Massenmarkt mitzuspielen. Es muss gelingen mehr als nur ein Produkt (Klavier / Flügel) zu verkaufen, es müssen Emotionen geweckt werden, Geschichten erzählt und Kunst vermittelt werden.
Ja, das kann man versuchen, aber es wird nicht viele geben, die Tausende ohne reale Gegenleistung zahlen wollen oder können. Ein Klavier mit 90% der Leistung und Qualität zum Drittelpreis (also z.B. 10 T€ anstelle 30 T€ ) ist für den breiten Markt attraktiver, und dort wird das Geld zum Abdecken der Fixkosten verdient. Es ist wirklich ein Drama. :puh:

Als Kunde muss man wohl auf den Gebrauchtmarkt schauen und hoffen, dass Leistung und Qualität dann noch über 90% sind, sonst zahlt man schon wieder zu viel. :-|
 
das verstehe ich jetzt nicht so ganz: meinst du, man bekommt keine reale Gegenleistung (recte kein sehr gutes Instrument), wenn man tief in die Tasche greift und einen Steingraeberflügel kauft?
Schwierige Frage. Manche meinen, dass bei Steinway & Sons schon der Schriftzug Tausende kostet, sozusagen als Statussymbol für das Wohn- oder Musikzimmer. Zumindest möchte ich nicht für "Emotionen, Geschichten und Kunst" (s.o.) bezahlen, sondern nur für das Klavier (für einen Flügel habe ich keinen Platz). Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Steingräber & Söhne, Modell T122. Zwei Punkte zeichnen es technisch aus: zweiter Resonanzboden (mehr Klang) und Magnete in der Hammernuss ("flügelgleicher Repetitionspunkt", Mechanikneuheit des Jahres 2008). Das hat einen Wert für das Klavierspiel. Deutsche Wertarbeit steht hier für eine außergewöhnliche Qualität und sichert Langlebigkeit. Für das Image "Bühnenklavier im Festspielhaus Bayreuth und der Scala in Milano" möchte ich möglichst nicht zahlen. Der UVP liegt über 25 T€. Das vergleichbare Bösendorfer 120 CL kostet fast 30 T€. Eine absolute Bewertung solcher Preise ist für den Laien nicht möglich, das gelingt nur in Relation zu anderen Klavieren, z.B. in der Preisklasse um 10 T€, z.B. ein Yamaha U1 (Japan?), oder in der Preisklasse um 5 T€ ein Feurich F122 (China).
 
Leica ist einer der wenigen Kamerahersteller, der aktuell schwarze Zahlen schreibt und das mit Produkten die von ihrem Leistungsumfang selten an ihre asiatische Konkurrenz herankommen.
Interessante Parallele. Ich fotografiere mit einer Canon 5D III mit entsprechenden L-Objektiven, weil ich eine möglichst universelle Kamera brauche. Soweit ich das bisher analysiert habe, kommt Leica hier nicht mit, schon gar nicht in dieser Preisklasse.
 

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