Verzierungen

D

didanja

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Immer mal wieder stellt sich mir die Frage, wie die verschiedenen Verzierungen gespielt werden. Gibt es da überhaupt einheitliche Richtlinien?

Zum Beispiel der Mordent (Pralltriller nach unten):
Ist die untere Note einen Halbton- oder einen Ganztonschritt tiefer? Oder richtet sich dieser nach der Tonart?

Als Beispiel die Verzierungen bei Bach (s. Anlage das Präludium BWV 924):
Der Mordent über der 3. Note (g) in der linken Hand:
wird dieser G - F - G oder G - Fis - G gespielt?

Oder Takt 3 der Doppelmordant:
spielt man dort:
A - H - C - H - C - H - A - H in zweiunddreißigsteln?

Kann mir dazu jemand etwas sagen?

Gruß
Didanja
 

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Hallo Didanja,

leider erscheint bei mir das Notenbeispiel sehr klein, und ich kann nicht alles erkennen.
Takt 1: hier bewegt es sich in C-Dur, deshalb wuerde ich den Mordent G-F-G spielen.
Takt 3: Deine Lösung für die Verzierung würde ich auch so spielen.

Grüße,
Kristian

P.S.: Ich kann in Takt 3 nicht genau erkennen, ob der Schleifer notiert ist. Wenn nicht, könntest Du auch anstelle der ersten beiden 32tel (A-H) ein 16tel H spielen.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Danke für den interessanten Link. Eine Frage stellt sich mir dabei: Der
Autor bezieht sich ja in erster Linie auf C.Ph.E. Bachs "wahre Art, das
Clavier zu spielen". Wie verbindlich sind denn diese Vorschriften für den
"alten" Bach, zumal sie ja schon von den Regulierungsbestrebungen der sog.
"Berliner Schule" beeinflußt sein könnten (sind sie das?)?

Dank und Gruß,

Friedrich
 
Hallo Friedrich,

wie nahe oder fern die Schriften von C.P.E. Bach in Bezug auf die Interpretationen der Werke seines Vaters gesehen werden können, kann ich Dir leider nicht sagen. Ich bin da nur Laie. Verzierungstabellen von J.S. Bach sind mir nur aus den Inventionen und dem Notenbüchlein für Friedemann Bach bekannt. Sicherlich spielen auch die historisch informierten Profis nicht alle gleich, so dass es durchaus "stylistisch zulässige" Varianten gibt.

Ich habe heute früh mal in meinem Notenstapel gewühlt und eine alte, heftig editierte Ausgabe der kleinen Präludien gefunden, war wohl ein Kauf auf dem Flohmarkt oder im Antiquariat. Darin sind viele Vorschläge für die Verzierungen gegeben. Bemerkenswerterweise bevorzugt der Herausgeber beim dem genannten C-Dur Präludium immer Halbtonschritte für die Mordents im Bass, also entgegen meiner Beschreibung oben. Das führt dann soweit, dass im Verlauf des Stückes ein Mordent G-Fis-G (im Bass) gespielt werden soll, während die rechte Hand den Dominantspeptakkord (H-D-F (!), Takt 9) spielen soll. Das finde ich kurios.
Ich habe gerade mal auf IMSLP nachgeschaut. Das steht so tatsächlich in der Ausgabe der Bachgesellschaft (1890) drin, wobei der Halbtonschritt in der Verzierung in Klammern gesetzt ist, also wohl eine Meinung des Herausgebers ist.

Grüße,
Kristian
 
Vielen Dank für Deine Antwort, Kristian. Ich habe immer noch die
möglicherweise allzu rigide Aussage meines KMD im Ohr "für
Verzierungen bei (J.S.) Bach gibt es keine eindeutigen Vorschriften".
Jetzt habe ich doch noch mal in der MGG nachgelesen (was anderes habe
ich hier an meinem Abeitsplatz nicht greifbar), und da steht

( MGG s.v. Verzierungen: )

"So kommen im 18. Jh. der kurze, aber betonte, vorhaltsmäßige Vorschlag
und der Triller mit dem Beginn auf der oberen Nebennote so sehr in
Gebrauch, daß diese bestimmte Ausführungsart nun offensichtlich auch
dort angewendet wurde, wo sie vom mus. Kontext her sinnlos wirkt.
[...] Eine solche formelhafte Verfestigung des schmückenden Beiwerks
ist eine Modeerscheinung, der nicht nur kleinere Geister, sondern auch
einige der führenden Musiker ihrer Zeit, z.B. Ph. E. Bach und G.
Tartini, verfallen sind, mindestens in ihren theoretischen Schriften.

...

Diese [...] Praktiken sind zwar in zahlreichen zeitgenöss.
Spielanweisungen in feste Regeln gebracht worden. Aus verschiedenen
Gründen besitzen diese Regeln jedoch nur den Rang von Empfehlungen.
Die Komp. selbst gebrauchten die Verzierungszeichen nicht mit
pedantischer Strenge. Wo sie, wie etwa Fr. Couperin oder Ph. E. Bach,
selbst feste Verzierungsregeln mitteilen, ist mindestens die zeitliche
Geltung dieser Regeln problematisch: sie braucht sich weder auf die
der Anweisung zeitlich vorausgehenden noch auf die späteren Werke des
betreffenden Komp. zu erstrecken. Weiter zeigen etwa die Lehrwerke von
J.J. Quantz und Ph. E. Bach, die am selben Ort im Abstand von einem
Jahr ersch. sind, daß sogar Mitgl. der gleichen Kapelle in ihren
Ansichten über Verzierungsfragen durchaus nicht übereinzustimmen
brauchen, sondern ihren persönlichen Geschmack vertreten."

Ob wir als dilettanti da wohl eine Lizenz zum Kompromiß herauslesen
dürfen?

Schönen Gruß,

Friedrich
 
Hallo Friedrich,

Bei meinem eigenen Spiel bin ich mit Verzierungen immer ein wenig vorsichtig. Sie bieten für mich viel Potential, mich über das Endergebnis zu ärgern. Ich versuche, über das Anhören verschiedenster Aufnahmen eine Meinung zu bilden. Und da stoße ich immer wieder auf Beispiele die mir gefallen oder auch nicht, völlig unabhängig von der Berühmtheit des Interpreten. Insofern habe ich die von Dir angesprochene Lizenz zum Kompromiss bei mir in Gedanken übers Klavier gehängt.

Viele Grüße,
Kristian

P.S.:MGG habe ich leider nicht am Arbeitsplatz (wäre etwas fachfremd), aber wahrscheinlich würde ein kleiner Spaziergang über den Campus ausreichen.
 
MGG habe ich leider nicht am Arbeitsplatz (wäre etwas fachfremd), aber wahrscheinlich würde ein kleiner Spaziergang über den Campus ausreichen.


Oder eine Campuslizenz der elektronischen Version (wollte nicht den Anschein erwecken, daß man hierorts musikalischen dilettanti freundlicherweise eine dickleibige MGG ins Regal stellt)!

Friedrich
 
Danke für die vielen Antworten und den interessanten Link.

Meine Kl sagt auch, dass der Mordent in diesem Beispiel F - G - F gespielt wird und nicht Fis, da die Tonart C-Dur ist.

@ kristian
Darin sind viele Vorschläge für die Verzierungen gegeben. Bemerkenswerterweise bevorzugt der Herausgeber beim dem genannten C-Dur Präludium immer Halbtonschritte für die Mordents im Bass, also entgegen meiner Beschreibung oben. Das führt dann soweit, dass im Verlauf des Stückes ein Mordent G-Fis-G (im Bass) gespielt werden soll, während die rechte Hand den Dominantspeptakkord (H-D-F (!), Takt 9) spielen soll. Das finde ich kurios.
Ich habe gerade mal auf IMSLP nachgeschaut. Das steht so tatsächlich in der Ausgabe der Bachgesellschaft (1890) drin, wobei der Halbtonschritt in der Verzierung in Klammern gesetzt ist, also wohl eine Meinung des Herausgebers ist.

Da hast du dir ja wirklich viel Mühe gegeben und extra nachgesehen. Klasse.:kuss:
Ich habe auch eine Ausgabe von Peters gefunden, in der auch das (#) unter dem Mordent steht. Ich habe es mal vom Klang her ausprobiert; es hört sich in meinen Ohren nicht gut an. G - F - G gefällt mir besser. Ich weiß zwar nicht, ob man bei Musik mit Logik rangehen kann, aber das Fis in der linken Hand (welches dann im Laufe des Stückes auch immer wieder wiederholt werden muß) erscheint mir im C-Dur-Stück wirklich unlogisch!

Jetzt muß ich aber erst einmal raus in die Sonne.:)

Lg
Didanja
 
Hallo Friedrich,



Verzeih meine Frage, aber was ist ein MGG?:confused:

Hallo Didjana,

MGG = "Die Musik in Geschichte und Gegenwart", ein voluminöses Nachschlagewerk, in dem man vielleicht nicht alles, aber doch unglaublich vieles findet. Die gedruckte Ausgabe gibt es nicht zum Dumpingpreis; sehr preiswert ist aber die elektronische, welche der Verlag "Digitale Bibliothek" herausbringt. Dafür bekommt man aber auch nur die 1. Auflage von 1986, was für "unsereinen" (die dilettanti) aber allemal gut genug ist.

Vielleicht gibt sie es sogar bei zweitausendeins im Ramschpaket, schau doch mal auf deren Seite nach. In jedem Fall: äußerst renditeträchtig angelegtes Geld!

Schönen Gruß,

Friedrich
 

Ich habe mal eine Frage zu Kristians Link:

Und zwar bezogen auf die Tabelle die von a) bis e) geht , es jeweils Tonbeispiele gibt und es um die verschiedenen Ausfuehrungen von Trills geht.

Ich nehme mal das Bsp. a).

Dort ist ein C als 1/4 Note als Trill notiert.
Es werden dann ja 6 Ausfuehrungen angeboten, wovon 1,2,3 und 5 in 32-Noten angegeben sind.
Ich verstehe leider nicht, warum die 2) im Tempo im Gegensatz zu 1,3 und 5 unterscheidet, da sie ja eindeutig schneller gespielt wird.
Ist es wegen der Quintole? Aber warum ? Muss die Quintole innerhalb des 1/4 Takts gespielt werden ?

Ich hoffe es ist verstaendlich was ich meine.;)
 
Hallo Zaire,

die Notation mit der Quintole rührt daher, dass fünf 32tel statt der üblichen vier auf dem ersten Achtel ausgeführt werden sollen. Die wesentlichen Unterschiede zwischen den Ausführungsformen liegen in der Anzahl der Wechselnoten, und darin, wo der abschließende Ton landen soll. Bei dem Beispiel 2) (Quintole) und entsprechend bei 3) (Triole, "einmal trillern weniger") landet der Schlusston auf dem zweiten Achtel des ursprünglichen Viertels.
Diese Unterschiede haben einen deutlichen Effekt, wenn eine zusätzliche Stimme in Achtel- oder auch Sechzehntelnoten vorliegt. Dann fällt je nach Ausführung nämlich dieser Schlusston mit den Noten der weiteren Stimme zusammen oder nicht.
Ich hoffe, das hilft ein wenig.

Grüße,
Kristian

@Friedrich:
Auf die Online-Campus Lizenz hätte ich auch kommen können. Aber leider haben wir die hier nicht. Ich müßte tatsächlich einen Biobliotheksmitarbeiter bitten, mir die gewünschten Bände jeweils aus dem Magazin zu holen. Landesweite Lizenzen wären doch mal was feines.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dank Dir schön, Koelnklavier, für den eingehenden Nachhilfeunterricht!
Ich hätte ja nie gedacht, daß eine Ikone wie Isolde Ahlgrimm sich auch Zeit für eine solche Stoffhuberei genommen hat.

Ich werd nachher mal in die Bib hinuntergehen und ein bisserl hineinspitzen (Du bist mir sicher nicht böse, wenn ich es nicht auf der Stelle von A-Z durchlese - das würde mich vermutlich schaffen :) ).

Dank und Gruß,

Friedrich
 
Die Cembalistin Isolde Ahlgrimm hat einmal zusammengetragen, was Musiktheoretiker, Klavierlehrer und Komponisten zwischen 1571 und 1839 über Verzierungen geäußert haben. (Leider hat sie die Quellen für andere Instrumente, z.B. die Schriften von Quantz und Leopold Mozart nicht berücksichtigt.)
Isolde Ahlgrimm: Ornamentik der Musik für Tasteninstrumente. Ein Kompendium (Bd. 1: deutschsprachige Quellen). Graz (ADEVA) 2005. ISBN 3-201-01820-1​


Hallo koelnklavier,

mir hat mal ein Gitarrist gesagt, er verstünde nicht, dass sich Pianisten so wenig mit der Verzierungs- und Aufführungspraxis der Gitarren- bzw. Lautenliteratur beschäftigen würden. Man könnte da unheimlich viel lernen. Leider weiß ich nicht mehr, welche Literatur er mir da genannt hat :-( - weißt du vielleicht etwas darüber?

Viele Grüße

chiarina
 
Da bin ich doch eher skeptisch. Ich bezweifle, daß die Laute im ausgehenden 17. und 18. Jh. (anders als die Violine oder die Flöte) eine große stilbildende Relevanz hatte. Ich habe jedenfalls bislang noch keine Hinweise gefunden.

Hmm, ob nun stilbildend oder nicht könnte die Gitarren- und Lautenliteratur nicht vielleicht doch aufschlussreich sein. Immerhin ist dort die Notationspraxis teilweise etwas anders und ermöglicht vielleicht Rückschlüsse ähnlich deiner Anmerkung mit dem Präludium aus Klavierbüchlein und WTK.

Ich bin im Thema überhaupt nicht firm, aber der Gedanke kam mir so beim lesen ;-) Schließlich gibt es schon lange Tabulaturen, und ich meine auch, das in Notenschrift auf Gitarre einiges etwas anders Notiert wird :-)
 
Da bin ich doch eher skeptisch. Ich bezweifle, daß die Laute im ausgehenden 17. und 18. Jh. (anders als die Violine oder die Flöte) eine große stilbildende Relevanz hatte. Ich habe jedenfalls bislang noch keine Hinweise gefunden.

Hallo koelnklavier,

der Gitarrist ist immerhin Professor für Gitarre an einer Musikhochschule und er spielt hauptsächlich Alte Musik. Es muss da viel geben. Ich werde ihn nochmals fragen!

Viele Grüße

chiarina
 

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