Unabhängigkeit der Hände

Also Klavierspielen bedeutet ja, dass linke und rechte Hand unterschiedliche Aktionen durchführen. Ich kenne kein Musikstück, wo beide Hände das gleiche machen,
Einen Gehäusedeckel festschrauben oder Kartoffeln schälen bedeutet auch, dass beide Hände unterschiedliche Aktionen durchführen.

Der Trick bei allen Tätigkeiten -- inclusive Klavierspielen -- ist, das beide Hände koordiniert und auf ein gemeinsames Ziel hin orientiert arbeiten.

"Beide Hände unabhängig" würde bedeuten: Die linke Hand spielt den Czardas von Monti, die rechte eine Gavotte von Bach.


Nicht wirklich.

Beidhändig parallel bedeutet Unter- und Übersatz zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Das würde ich durchaus nicht "das gleiche" nennen.
 
Wenn es um motorische Sicherheit gehen soll, würde ich allerdings schon eine motorische Unabhängigkeit anstreben.
Das ist ein interessanter Punkt.

Auch wenn ich zu verstehen glaube, was Du meinst, würde ich den Begriff "Unabhängigkeit" vermeiden, weil er m.E. irreführend ist.

Wenn wir als Beispiel mal "Achtel gegen Triolen" nehmen: Lernen kann man das, indem man alles in Sextolen auflöst und entsprechende Pausen bzw. Bindebögen einführt. In der Form kann man das auch üben; zunächst klingt das noch eine ganze Zeit recht mechanisch -- aber irgendwann kommt der Punkt, dass man FÜHLT, dass die Triolen und Achtel flüssig und organisch kommen.

Die Abläufe links und rechts finden... ähh... nun ja... "unabhängig" statt -- was aber strenggenommen falsch ist: Sowohl Tempo als auch Grundschlag sind ja in beiden Händen genau gleich! In diesen Parametern IST eine Abhängigkeit da!

Vielleicht ist es sachlich richtiger, nicht davon zu sprechen, dass die Abläufe VONEINANDER unabhängig sind -- sondern dass sie unabhängig vom Fokus der bewussten Aufmerksamkeit werden. Genau das ist es ja, was passiert: Man kann sich darauf verlassen, dass der jeweilige Ablauf korrekt weitergeht, auch wenn ich meine bewusste Aufmerksamkeit auf etwas anderes -- oder auf gar nichts -- richte...
 
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Wenn wir als Beispiel mal "Achtel gegen Triolen" nehmen: Lernen kann man das, indem man alles in Sextolen auflöst und entsprechende Pausen bzw. Bindebögen einführt. In der Form kann man das auch üben; zunächst klingt das noch eine ganze Zeit recht mechanisch -- aber irgendwann kommt der Punkt, dass man FÜHLT, dass die Triolen und Achtel flüssig und organisch kommen.
Genau, das ist ja einer der Korrelationsrhythmen, von denen ich geschrieben habe. Bei z.B. 2 gegen 3 und 3 gegen 2 sind beide Ebenen aufeinander bezogen, korrelieren. Da geht es nicht um Unabhängigkeit.
Anders sieht es aber aus, wenn z.B. in der linken Hand ein Walking Bass läuft und die rechte Hand quasi rubato darüber spielt. Oder auch bei Chopin: linke Hand Achtel, rechte Hand eine Xtole (z.B. 13 gegen 8).
 
Allerdings: Ein hinreichend einfaches Stück, das mir nicht gefällt, übe ich nicht freiwillig. Ein zu schwieriges Stück, das mich begeistert, kann ich wochenlang mit Eifer üben...
Wie wäre es mit einem hinreichend einfachen Stück, das dir gefällt? Uns Pianisten steht ja ein beinahe unerschöpfliches Repertoire zur Verfügung. Selbst 10 Leben reichen nicht, um alles spielen.

Es könnte sein - es ist sogar wahrscheinlich! - dass du dein schwieriges Traumstück eher spielen kannst, wenn du dir auf dem Weg dahin die nötigen Voraussetzungen anhand geeigneter Literatur erarbeitest. Man kann technische Schwierigkeiten ohnehin nur überwinden, wenn man sie musikalisch versteht. Und das musikalische Verständnis kann man nur entwickeln, indem man möglichst viel Literatur kennen und damit umzugehen lernt.
 
Hmm.
Auch wenn ich jetzt gleich Prügel bekomme... nur mal so als Hausnummer:
Pro Übungstag komme ich auf ungefähr 100 Wiederholungen (meist in Blöcken zu je 25).
In der Regel dauert es Tage bis Wochen, bis ich einen Abschnitt kann. Die Anzahl an Wiederholungen überschreitet sicher die Tausendermarke...
Geht mir ganz genauso, ganz genauso! Auch Deine Antwort auf mick spricht mir aus dem Herzen. Aber wenn ich am Abend auf den Tag zurückblicke und mich Frage was ihm Sinn gab, ihn Lebenswert gemacht hat, ist es neben meiner Frau, dass Klavier üben. Inklusive aberdutzender Wiederholungen der immer gleichen Stelle über Wochen und in besonders schwierigen Fällen über Monate hinweg.
 
Ihr könnt Euch noch so sehr gegenseitig bestärken - es bleibt einfach eine Tatsache, dass so häufiges Wiederholen absoluter Schwachsinn ist. Peng, aus.
 
Wie wäre es mit einem hinreichend einfachen Stück, das dir gefällt?
Ja -- hihi... Stop. Warte. Das sind m.E. zwei... nein, sogar drei verschiedene Baustellen.

Deine Ahnung, dass meine Übungsliteratur schlicht zu schwer sein könnte, die stimmt: Meine Übungsliteratur IST zu schwer; das ist mir auch klar. (Das ist die erste Baustelle.) Das ist aber eine Sache, die meine Klavierlehrerin und mich betrifft; das möchte ich hier nicht auswalzen. Ich will den Thread nicht kapern; es ging ja um Klavieropa und seine Probleme.

Die zweite Baustelle ist, dass dieser Fall bei Amateuren, die häufig auch mehr oder weniger Autodidakten sind, öfter auftreten wird -- der Fall nämlich, dass sie sich Stücke vornehmen, die eigentlich zu schwer für sie sind.
Das ist für den Lernfortschritt nicht ideal -- ja, das stimmt. Es ist aber auch keine Katastrophe, so lange ihnen das Üben und Spielen Spaß macht und solange keine grob falschen Dinge eingeübt werden.


Die dritte Baustelle ist der -- vermeintliche oder tatsächliche -- Unsinn solch hoher Wiederholungszahlen, wie ich sie genannt habe.
Meine persönliche Erfahrung dazu ist schlicht die folgende: Wenn ich merke, dass es mir an der elementaren Motorik -- so will ich es mal nennen -- fehlt, DANN ist eine gewisse kurzzeitige Intensität des Übens hilfreich (umgangssprachlich auch "Drill" genannt). Ich streite nicht darum, ob täglich 50 oder 100 Wiederholungen -- verteilt auf mehrere Tempi -- optimal sind, aber täglich 10 Wiederholungen sind zu wenig. (Zumindest ist das MEINE Erfahrung.)


Warum habe ich das hier im Thread überhaupt erwähnt? -- Nun ja, KlavierOpa beschreibt sein Problem mit der "Unabhängigkeit der Hände", und das sieht mir nach mangelnder Automatisierung der Abläufe aus -- also nach Mängeln in der elementaren Motorik.
 
Oder die erste der Hamelin-Etüden. Da werden sogar 3 Chopin-Etüden durch den Fleischwolf gedreht. :006:

Unabhängig werden die Hände dennoch nicht gebraucht.

Ich habe nur ein Stück gespielt, wo das der Fall ist: Luftklavier von Berio. Spieltechnisch ist das nicht horrend schwierig, aber die geforderte Unabhängigkeit der Hände ist anfangs eine große Herausforderung. Im Prinzip wie bei einem freien Triller - nur dass der Triller hier eine größere ostinate Spielfigur ist. Es braucht Zeit, bis man die so ins Unterbewusstsein verschieben kann, dass der Kopf Kapazitäten frei hat für die jeweils andere Hand.
 

Ich habe nur ein Stück gespielt, wo das der Fall ist: Luftklavier von Berio. Spieltechnisch ist das nicht horrend schwierig, aber die geforderte Unabhängigkeit der Hände ist anfangs eine große Herausforderung. Im Prinzip wie bei einem freien Triller - nur dass der Triller hier eine größere ostinate Spielfigur ist. Es braucht Zeit, bis man die so ins Unterbewusstsein verschieben kann, dass der Kopf Kapazitäten frei hat für die jeweils andere Hand.
Ein weiteres Beispiel ist Nr. 7 aus Ligetis "Musica ricercata".
 
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Ein weiteres Beispiel ist Nr. 7 aus Ligetis "Musica ricercata".
Ja, das stimmt. Ist allerdings wesentlich einfacher als Luftklavier, weil die ostinate Figur unkomplizierter ist (im Prinzip eine simple Schüttelbewegung) und die rechte Hand keinerlei Schwierigkeiten macht. Aber das Prinzip ist dasselbe.

In der Neuen Musik gibt es sowas ziemlich oft - nur meist eben so, dass es auf mehrere Spieler verteilt ist.

Wie dem auch sei - für @KlavierOpa ist weder Godowski noch Hamelin noch Ligeti noch Berio geeigneter Übungsstoff.

:musik064:
 
Nur solange @KlavierOpa dieses falsche mentale Konzept "Unabhängigkeit" hat, ist es egal, welche Stücke oder Etüden er übt - er wird nicht besser werden.
 
Ich halte es auch nicht für sinnvoll, monatelang an einem Stück zu üben, das nur wenige Minuten dauert.
Dann könnte kein Hobbyspieler/in längere (2-4 Seiten) Bach-Stücke spielen. Wenn Du 100% arbeitest, ein Privatleben hast, und pro Woche ca. 6h übst, sind ein paar Wochen/Monate für ein Präludium mit oder ohne Fuge auch bei Henle 4 ganz schnell rum… Und sich damit auseinanderzusetzen, auch wenn es länger dauert, könnte durchaus befriedigender sein als pro Monat ein TEY-Stück „runterzureissen“. Überspitzt formuliert. Die Realität im Hobbybereich sieht anders aus als bei den Profis.
 

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