Unabhängigkeit der Hände

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Viva la musica

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Jetzt habe ich schon wieder eine Frage.. :009: (sorry, Osterferien, schlechtes Wetter, viel Zeit, aber keine KL da...).

Ich übe gerade mehrere Stücke, in denen etwas komplexere, bisweilen auch variantenreiche Begleitpatterns vorkommen. Habe die also fleißig links allein geübt, bis ich das gefühlt "im Schlaf" konnte.
Dann rechte Hand dazu und nix mehr mit Schlafen, sondern Chaos ...
In meiner (naiven?) Vorstellung sollte die Linke einfach trotzdem unbeirrt ihr Pattern spielen können. De Facto läuft es aber so, dass ich meinen linken und rechten Fingern in jedem Takt einzeln erklären muss: "also bei 1 ihr beide, bei 2 ihr drei, bei 3 ihr zwei, bei "und" nur du ... "

Also im Grunde führt das die Idee eines PATTERNS etwas ad absurdum..
Übe ich das falsch? Ist es Gewöhnungssache? (Habe bisher klassisches gespielt, wo patterns ja seltener vorkommen). Wie gewöhnt man sich am schnellsten? Gibts da sinnvolle Übungen? :konfus:

Es sind übrigens Patterns, die sich nicht einfach erstmal als Akkorde üben lassen, weil sie über eine Oktave hinaus reichen und man übersetzen muss und sie teilweise aufwärts und abwärts auch noch etwas variieren. (Nennt man das dann noch Patterns? Eine sich wiederholende Struktur jedenfalls...)
 
Zuletzt bearbeitet:
@Viva la musica ich habe gelernt erst einmal zu Vereinfachen, wenn die Hände zusammenkommen.
Also aufgelöste Akkorde in der linken Hand werden dann z.B. erst einmal als Block gegriffen, aber mit dem richtigen Fingersatz und einmal pro Takt zur rechten gespielt, dann bei einem 4/4 Takt z.B. auf jede Halbe und so wird sich dem Rhythmus / Puls der linken Hand wie es notiert ist angenähert und zum Schluss dann kommt die Bewegung dazu.
 
Also im Grunde führt das die Idee eines PATTERNS etwas ad absurdum..
Das Problem (auch Unabhängigkeit der Hände genannt) habe ich seit Jahrzehnten.
Als Übetipp habe ich mal irgendwo gelesen:
Links das Pattern spielen, das muss immer richtig sein. Rechts dazu einfachste Melodien oder nur einzelne Töne in einfachem Rhythmus (z.B. nur Viertel) dazu spielen. Im Verlauf Rhythmus und Melodie in der rechten Hand variieren, komplexer gestalten, aber in ganz kleinen Schritten, so das links das Pattern niemals hakt.
 
meiner (naiven?) Vorstellung sollte die Linke einfach trotzdem unbeirrt ihr Pattern spielen können. De Facto läuft es aber so, dass ich meinen linken und rechten Fingern in jedem Takt einzeln erklären muss: "also bei 1 ihr beide, bei 2 ihr drei, bei 3 ihr zwei, bei "und" nur du
Das Üben der Linken auf blindes Gelingen bringt Resultate vor allem durch das motorische Gedächtnis; ein einstudiertes Bewegungsprogramm läuft - wenn Du 'gut' geübt hast - mehr oder weniger automatisiert ab. Das motorische Gedächtnis ist notorisch fehleranfällig und zwar derart, dass wenn eine kleine Abweichung vom Programmablauf eintritt meist sofort der Totalausfall erfolgt. (Reaktion des Delinquenten: "nochmals von vorne!").
Jetzt ist aber das Hinzufügen der Rechten eine sehr erhebliche Störung des Bewegungsprogramms der Linken, die natürlich sofort mit Totalschaden reagiert.
 
Das Üben der Linken auf blindes Gelingen bringt Resultate vor allem durch das motorische Gedächtnis; ein einstudiertes Bewegungsprogramm läuft - wenn Du 'gut' geübt hast - mehr oder weniger automatisiert ab.
Aber ist das, z.B. beim Boogie, nicht zwingend notwendig? Und wenn ja, hättest Du evtl. auch Tipps, wie man die Störung des Bewegungsprogramms weniger störanfällig macht? Wenn nein, wie dann?
 
Und wenn ja, hättest Du evtl. auch Tipps, wie man die Störung des Bewegungsprogramms weniger störanfällig mach
Nach meiner Erfahrung geht es vor allem um die Reihenfolge. Ohne Motorik gelingen viele Dinge (gerade Ostinati!) eher nicht im Tempo.
Wenn ich aber vorher geübt habe bewusst die Noten (hören, sehend, verstehend und an den Tasten fühlend) zu gestalten, dann wird das motorische Programm flexibler, anpassungsfähiger und damit weniger störanfällig. Diese Arbeit ist aber ziemlich subtil und persönlich und lässt sich schwer verallgemeinern.
 
Um Linke und Rechte zusammenzubringen, verlangsamere ich das Stück sehr stark (bis zur Unkenntlichkeit), und konzentriere mich auf "gemeinsame Events". Wo liegen diese und was kommt davor bzw. danach?
Einige Ragtimes hätte ich ohne dieses Programm wohl nie "begriffen".

Der Effekt ist mMn eine Art "Ausbau" des motorischen Gedächtnisses der Linken, in der Art, dass die Einsätze bzw.- Events der Rechten nicht mehr den einstudierten Ablauf stören.
Ein weiterer Effekt ist eine Art tiefere Bewusstwerdung dessen, was da in den Händen passiert ... also weg vom rein motorischen Gedächtnis.
Andersrum mache ich das natürlich ganz ähnlich (son Pattern bleibt ja nicht zwingend immer in der Linken).

Nach ein oder Zwei Tagen "langsam üben", mache ich dann Temposprünge ... mehr um auszuprobieren, ob es schon "in schnell" klappt.

Bei mir funktioniert das ziemlich oft.
 
Habe die also fleißig links allein geübt, bis ich das gefühlt "im Schlaf" konnte.
Mein Klavierlehrer sagt immer wieder sinngemäß: wir spielen nicht mit zwei Händen, die getrennt zu betrachten sind, sondern wir spielen mit einem Körper. Daher gibt von ihm auch praktisch keine Übestrategien mit einzelnen Händen. Und bei den wenigen Strategien, bei denen tatsächlich nur eine Hand (oder besser gesagt eine Körperhälfte) spielt, ist die andere nicht unbeteiligt, sondern führt "unterstützende" Bewegungen, Anspannungen, Entspannungen etc. durch.
 
Mein Klavierlehrer sagt immer wieder sinngemäß: wir spielen nicht mit zwei Händen, die getrennt zu betrachten sind, sondern wir spielen mit einem Körper. Daher gibt von ihm auch praktisch keine Übestrategien mit einzelnen Händen.
Grundsätzlich ja, natürlich; aber ein bisschen zu ideologisch für meinen Geschmack.
Es gibt durchaus sinnvolle Übestrategien mit den einzelnen Händen.
 
@Viva la musica

Zwei komplementäre Übungen:
1. Spiele links das Pattern. Nach einer Weile machst du verschiedene Gesten mit der rechten Hand bzw. dem rechten Arm (z.B. eine Fliege verscheuchen u.ä.). Dann schreibst du, während die linke Hand unbeirrt weiterspielt, deinen Namen auf. Höre dabei immer der linken Hand zu.

2. Nimm monotone, Alltagsbewegungen, z.B. das Zähneputzen. Während die rechte Hand gleichförmig ihre Bewegungen macht, klopfst du mit der linken Hand den Rhythmus des Patterns mit der Hand oder den Fingern. (Das gilt natürlich nur, falls du Rechtshänderin bist.)

Am Anfang wird das mühsam und störanfällig sein, aber wie bei allem entsteht nach und nach Sicherheit.
 

verlangsamere ich das Stück sehr stark (bis zur Unkenntlichkeit), und konzentriere mich auf "gemeinsame Events". Wo liegen diese und was kommt davor bzw. danach?
Ja, genauso mache ich das auch gerade, aber damit geht mir spieltechnisch erstmal der Zusammenhang des Patterns verloren und ich fange an, das wieder einzeln Note für Note aufzudröseln.
Da habe ich mich halt gefragt, ob das jetzt so zielführend ist.

Daher gibt von ihm auch praktisch keine Übestrategien mit einzelnen Händen
Sieht meine KL grundsätzlich auch so, gibt aber Stücke, wo meine Linke Sprünge o.ä. im Schlaf können muss, da übe ich dann genau das separat. Patterns war für mich jetzt auch so was, wo es mir sinnvoll vorkam. Zählt ja auch zu chiarinas stimmenweisem üben...

Albertibässe ja, hatte ich auch schon, fand ich jetzt im Gegensatz zu den Patterns jetzt sogar recht einfach.
 
@Demian und @Alter Tastendrücker : Eure Übetipps findet meine Familie bestimmt sehr lustig... vielen Dank!!!

Also ich putze dann in Zeitlupe im Rhythmus des Patterns mit Links Zähne und versuche parallel zu unterschreiben... oder so...:lol::blöd:
 
50 Cent:
Patterns sind 100 % automatisiert. Ich glaube, dass die Verbindung mit der anderen Hand ebenso 100 % automatisiert über den Rhythmus geschieht.
Für Handunabhängigkeit gibt es Übungen, aber ich habe noch keine gefunden, die mir was gebracht hätte. Letztlich half nur spielen, spielen, spielen...
 
...ob das nachfolgende in den Bereich der Anfängerfragen passt, kann man sicher kontrovers sehen - aber @Alter Tastendrücker hat da etwas sehr relevantes angesprochen:
ein einstudiertes Bewegungsprogramm läuft - wenn Du 'gut' geübt hast - mehr oder weniger automatisiert ab. Das motorische Gedächtnis ist notorisch fehleranfällig und zwar derart, dass wenn eine kleine Abweichung vom Programmablauf eintritt meist sofort der Totalausfall erfolgt. (Reaktion des Delinquenten: "nochmals von vorne!").
das angesprochene Problem (Störanfälligkeit bei kleiner Abweichung - zack rausfliegen) tritt genau dann auf, wenn eben nicht gut für das automatisieren des Bewegungsablaufs geübt wurde.
"nicht gut dafür" ist, stur einzig allein und allein sich das "einzubläuen", was gerade im Notentext steht (also z.B. Albertibässe nur in C-, F- und G-Akkorden, weil die gerade geübte Sonatine nur diese einsetzt) - dann führt jede versehentliche Abweichung zum Totalausfall. Also wäre sinnvoller, dieses "Pattern" in mehr verschiedenen Griffen und Tastenlagen zu trainieren, also viele harmonische und gerne auch rhythmische Varianten.
Was für Anfänger noch nicht in Frage kommt, aber später relevant werden kann bei schwierigen Stellen, um eben doch eine nicht störanfällige automatisierte Motorik sicherstellen zu können, ist die etwas aufwändige Goldenweiser-Übung.
 
... und die muss ich jetzt über die Suchfunktion finden oder klärst Du uns noch auf ? 😉
 
... und die muss ich jetzt über die Suchfunktion finden oder klärst Du uns noch auf ? 😉
Ich habe den Suchbegriff (Goldenweiser-Übung" bei google eingegeben. Gleich der erste Treffer war ein Volltreffer:

Hinter der Übung verbirgt sich offenbar das, was beim Klavierspielen essenziell ist: die Kopplung von Klangvorstellung und Motorik.
 
Wenn ich mich recht erinnere, meint die Goldenweiser-Übung das Üben in symmetrischer Inversion, das auch von Hamelin propagiert wird. Dahinter steckt, dass die Hände/Körperhälften nicht genau gleich sind, sondern eine Hand stärker oder motorisch fitter ist als die andere. Bei dieser Übemethode lernt die schwächere Hand von der stärkeren, indem sie den Bewegungsablauf in symmetrischer Inversion spiegelt, also genau gleich ausführt.

Die Klaviatur spiegelt sich an den Tönen d und gis. An einer dieser Achsen spiegelt man die problematische Figur. Hat man z.B. Probleme mit Albertibässen links mit f-as-c', könnte man diese Figur an der Symmetrieachse d' spiegeln mit e-gis-h rechts (gleiche Finger, NICHT gleiche Tasten). Rechts kann man diese Spielfigur womöglich schöner und technisch besser spielen, also lernt die linke von der rechten, nacheinander, aber auch gleichzeitig gespielt.

Das klingt bisweilen gewöhnungsbedürftig, aber Hamelin übt nach eigener Aussage oft so. Hier gibt es auch einen Faden dazu, vielleicht im Archiv schauen.

Was von meiner Seite sehr wichtig ist beim Problem von @Viva la musica, ist gleichzeitig, also vertikal zu HÖREN! Welche Töne des Begleitpatterns klingen mit welchem Ton rechts zusammen? Dieses Hören geht zunächst nur sehr langsam, aber das Ohr lernt, was zusammengehört und die Finger folgen brav. :003: Sich also bloß nicht auf irgendwelche Finger konzentrieren, sondern auf den Zusammenklang der gleichzeitig gespielten und erklingenden Töne (vertikales Hören)!

Liebe Grüße

chiarina
 
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