Tipps zum Komponieren

So stelle ich mir das auch bei der Musik vor.
Ohne jegliches Wissen ist man unvoreingenommen, ohne Erwartungen oder Vorurteile (auch im positiven Sinne).
Man ist aber auch ahnungslos.

Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, daß viele Musik-"Fachleute" durch ihr angelerntes theoretisches Wissen ziemlich blind gegenüber musikalischen Aussagen und Wirkungen sind. Man nennt sowas auch "betriebsblind".

Der Zuhörer, der in der Lage ist, ein Musikstück unvoreingenommen und quasi als eine Art Abenteuer zu erleben, ohne gleich theoretische Überlegungen zu starten, ist der eigentliche Adressat des Komponisten. Als Interpret ist man in der schwierigen Zwischenposition, daß man einerseits weiß, wie das Stück komponiert ist - das läßt sich einfach nicht vermeiden, schließlich könnte man es sonst nicht spielen - daß man sich aber auch in die Perspektive des "ahnungslosen" Hörers hineinversetzen können muß, um die musikalische Botschaft adäquat rüberzubringen. Vielleicht sind deshalb viele Musiker ein bißchen schizo? ;)
 
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... aber die Professoren und Musikwissenschaftler haben ihnen (den Komponisten) sofort, nachdem das Stück fertigkomponiert war, erklärt, warum es tonsatztechnisch absolut unmöglich und geschmacklos und unverständlich und überhaupt eine völlige Frechheit sei, so ein Stück zu komponieren.

Haydnspass, ich kann Deine Argumentationsweise schon verstehen, denn auch ich empöre mich über Solches. Allerdings schreckt mich die Inkompetenz mancher Professoren und Musikwissenschaftler nicht davor zurück mir dennoch Fachwissen anzueignen. Im gnadenlosen Abfahren bei irgendwelchen Jamsessions bin ich trotz meines Fachwissens auf spontan elementarer Ebene angelangt, auf der das Kommunizieren mit Mitmusikern Sinn und Spass macht.
Fachwissen erweitert nun mal meinen Wortschatz und regt meine Fantasie an.;)
 
Komponieren

@Hadnspaß,

ja diese bornierten theoretiker wird es immer geben, das sind nun mal die Musikbeamten, aber der Komponist und vor allem das Genie kümmert sich nicht darum. Die Musikwissenschaftler mögen ihnen dann hinterherhecheln.

Besteht andererseits irgendein Zweifel daran, dass unsere Meisterkomponisten die Harmonielehre ebenfalls beherrschten ?

@Stilblüte,

ich verstehe deine Besorgnis, durch zuviel wissen plötzlich eine Grenze zu überschreiten, die sowas wie den Verlust der UNschuld des unbeschwerten Hörens verursachen könnte. Dies Angst ist wirklich unbegründet. Der Genuss steigt aber er wird natürlich anders. Irgendwann verlieren wir alle die völlige Unschuld des Kindes. Das ist der Lauf der Natur.

Wir leben alle mit Illusionen, auch wenn wir genau wissen, was dahinter steht.

Wir geniessen (ja manchmal) das Fernsehen, obwohl einige wissen, was da technisch läuft und das da nur Bildpunkte zusammengesetzt werden.

Wir fahren gerne auto, auch wenn wir wissen, wie der Motor aufgebaut ist. usw.

Bei meiner Wanderung sagte ich doch, dass die Gefühle im Vordergrund stehen. Das andere ist Hintergrundwissen, zwar abrufbar aber eben diskret.
 
Theorie bildet sich im Unterbewußtsein zu einem Kontrollmechanismus aus, das darf man nie vergessen...

Das meinte ich wörtlich. Als Fazit muß man den ungetrübten Blick wieder üben und der Zauber kommt zurück. Ich kann guten Gewissens behaupten, daß ich mich im Handwerk des Gitarrespielens gut auskenne, deswegen schaue ich aber trotzdem nicht jedem Gitarristen auf die Finger - war aber mal anders.

Noch etwas zum Komponieren:

Wenn ich umbedingt eine Idee brauche, denke ich mir zum Beispiel irgendeinen dummen Satz aus - "die schöne Frau steht bei der Sau" ist absolut geeignet. Den versuche ich dann auf dem Klavier zu spielen - nicht übersetzt, nur die Stimmmelodie. Als Ergebnis kann eine völlig sinnfreie Gefühlskaskade, eine Programmmusik über einen entgleisten Schnellzug oder alles andere herauskommen, es braucht keinen Bezug zu dem ausgedachten Satz zu haben.

Wenn man die Idee erstmal hat, muß man Tonart, Takt und Tempo festlegen und sich für eine Form entscheiden. Tempo kann noch variiert werden, als Takt könnte man auch festlegen, daß das Stück nicht in Takte gegliedert wird (wozu auch immer....) und zu Tonart zähle ich auch "atonal".

Jetzt kann es nicht schaden, ein Gerüst zu entwickeln, bei einem Lied z.B. Anfang, Strophe, Refrain und Ende. Dann braucht man nur noch zu ende zu schreiben und - je nach Routine - an den Feinheiten zu feilen - z.B. sicherstellen, daß alles spielbar ist. Ich habe vor kurzem etwas geschrieben, wo in man in einer Passage ein separates Pedal für die rechte Hand benötigt hätte, das ist leider heute noch nicht von Menschen spielbar. Zuguterletzt sorgt man für eine passende Präsentation, sei es durch gutes Spielen, sauber geschriebene Noten oder eine Aufnahme zum Beispiel. Wenn man die oben beschriebene Ideenfindung verwendet, gibt es noch ein Problem: Man muß einen Titel finden.

Ein bischen Theorie braucht man also: Tonart und Takt muß man richtig benennen können, man sollte den Tonumfang des Klaviers kennen und eine Idee davon haben, was spielbar ist. Einen Walzer sollte man nicht Rumba nennen usw. Wenn man für den Eigenbedarf komponiert, muß man auch seine eigenen Grenzen kennen, das ist garnicht so einfach, wie ich festgestellt habe, man muß ja nicht umbedingt so komponieren, daß man es sofort spielen kann, aber doch so, daß man es in einer angemessenen Zeit einüben kann.

Ich weiß nicht, ob ich zum Thema Präsentation noch etwas Grundlegendes vergessen habe. Ein Detail wurde ja schon angesprochen: Enharmonische Verwechslung. Selbst wenn man theoretisch nicht so bewandert ist, kann man ja wenigstens vermeiden Intervalle aus den gleichen Tonstufen mit verschiedenen Vorzeichen zu konstruieren - z.B. Cis und Des.

So, das ganze ist kein Rezept und auch keine Vorschrift. Es gibt bestimmt unzählige weitere Möglichkeiten zu komponieren und ich habe selbst auch kein festes Schema.

Fast vergessen: Man sollte sich auch überlegen, für welches Publikum man schreibt bzw. ob es für das Stück ein passendes Publikum gibt - und wenn es nur man selbst ist. Das hilft bei der Ausarbeitung der "Dramaturgie".
 
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Besteht andererseits irgendein Zweifel daran, dass unsere Meisterkomponisten die Harmonielehre ebenfalls beherrschten ?

Ich gehe davon aus, daß die Komponisten der "alten Schule", also zu einer Zeit, als Tonsatzregeln als eine Art Naturgesetz betrachtet wurden, daß diese Komponisten selbstverständlich die Regeln gelernt haben. Ob Scarlatti oder Wagner - alle hatten dieselben Regeln. Aber was sagen die Regeln schon über die Musik?

Hab da ein nettes Zitat von Rossini gefunden, wo er sich über Haydn und Beethoven äußert: :p

Haydn hatte bereits damit begonnen, durch Einführung fremder Akkorde, künstlicher Passagen und kühner Neuheiten in seine Kompositionen die Reinheit des Geschmacks zu verderben, doch er bewahrte noch eine Erhabenheit und traditionelle Schönheit, die seine Verirrungen zu entschuldigen scheinen. Aber nach ihm verdarben Cramer und schließlich Beethoven durch ihre Kompositionen, denen es an Erhabenheit und natürlichem Fluß mangelt und die stattdessen voll willkürlicher Absonderlichkeiten waren, vollends den Geschmack in der Instrumentalmusik.
 
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Ich bin im Gegenteil davon überzeugt, daß viele Musik-"Fachleute" durch ihr angelerntes theoretisches Wissen ziemlich blind gegenüber musikalischen Aussagen und Wirkungen sind. Man nennt sowas auch "betriebsblind".
Ganz genauso meinte ich das, Haydnspaß, besser hätte ichs nicht ausdrücken können ;)

Dann hoffe ich mal, dass ich nicht betriebsbilnd werde :rolleyes:
 
Kann nicht eienr von denen, die Komponieren können, eine Anleitung reinstellen, wie man komponieren üben kann? Wäre sicher nicht nur für mich sehr hilfreich. (für Improvisation wurden ja auch so Anleitungen gegeben und sowas wär, denk ich mal, auch toll für Komposition)
Natürlich nur wenn ihr Lust, Zeit habt und es nicht total doof findet sowas zu machen
Danke schonmal wenns einer macht
 
Ok also mach folgendes:

1. Hör dir viel klassische Musik an und schau dir dabei vielleicht auch die Noten an.
2. Probier viel aus.
3. Zieh dir ein Buch über Harmonie, Kontrapunkt und Formenlehre rein.

Viel mehr kann man leider nicht sagen. Es gibt da keine wirklichen Rezepte. Der Rest muss von dir kommen.
 
Kann nicht eienr von denen, die Komponieren können, eine Anleitung reinstellen, wie man komponieren üben kann?

Abgesehen davon dass das von Rosenspieß und den anderen Gesagte gilt, möchte ich hier noch etwas dazufügen.

Am Anfang einer jeden Komposition steht die Idee. Die Idee kann sich z.B. als Melodie oder Rhythmus manifestieren. Das ist sozusagen der schöpferische Akt den Du selbst haben musst, sonst bist Du kein Komponist sondern vielleicht nur Arrangeur, was nun kein Werturteil darstellen soll.
Nach dem Sammeln verschiedener Ideen geht's an's componere, auf gut deutsch an's Zusammenstellen. Damit sind sehr viele Arbeitsvorgänge verbunden die, wenn man es seriös und professionel machen will, Handwerk verlangen. Zum diesem Handwerk gehört unter anderem Melodien zu harmonisieren, Kadenzen und Modulationen einfließen zu lassen. Rhythmik, Tempi und Taktarten entsprechend auszuwählen oder auch Formgebung.
Ein sehr wichtiger Teil ist auch die Orchestrierung. Sehr zu empfehlen ist dazu das Werk von Cecil Forsyth "Orchestration", leider nur auf englisch herausgegeben.

Mit anderen Worten, zum Komponieren gehört sehr viel Handwerk, aber ohne eigene Ideen geht gar nichts.
 

Ich bin zwar kein Profi, wage es auch zu meinen ich hätte an kompositorisches Talent an mir, aber ich rate dir trotzdem, den Rat von Rosenspieß zu befolgen. ("Komponieren üben ist komponieren üben ist komponieren üben") Dreh es ein wenig wenig und es kommt das raus was alle bisher gesagt haben: Komponiere!!

Setz dich hin wenn du eine Idee hast, schreib sie auf, bearbeite sie, bis sie dir gefällt. Arbeite mit dem Ergebniss (schau bei Fred nach, der hat alles in seinem beitrag stehen)
Es muss ja kein Meisterwerk daraus werden, aber um so öfter du es amchst, um so mehr lernst du wie es geht.

Und amch das was rappy gesagt hat. Hör dir viel "gute" Musik an, schau dir die Noten dazu an und spiel viel.

Und wenn du Lust hast, ließ noch ein Harmonielehrebuch, das ist immer sinnvoll.

Viel Spaß beim komponieren, ich hoffe, wir bekommen dann irgendwann ein Stück zu hören.


oli
 
Ich vergaß zu erwähnen, daß Experimentierfreude und Effekthascherei auch zum Handwerk gehören.

Damit sich die empfindsameren Musikerseelen wieder beruhigen: Unter Effekthascherei verstehe ich in diesem Zusammenhang vor allem Dinge wie einen plakativen Schluß, dramatisches Vorbereiten einer Passage und so weiter, also Hilfsmittel, die dramaturgisch das Stück unterstützen. Natürlich kann man auch das Zuschlagen des Klavierdeckels oder eine Explosion dazuzählen, aber das sind unwichtige Details.
 
Noch was wichtiges zum Komponieren: Wenn man keine Inspiration hat, kann man zwar experimentieren, sollte aber nichts erwarten. Es gibt einfach Phasen, in denen man besser was anderes macht.
 
Noch was wichtiges zum Komponieren: Wenn man keine Inspiration hat, kann man zwar experimentieren, sollte aber nichts erwarten.

Ich finde, es ist die richtige Erwartungshaltung, eben nichts zu erwarten. Sondern die Inspiration auf sich zukommen zu lassen.

Genauso wie in dem Gedicht von Goethe, wo es heißt:
"Ich ging im Wald so vor mich hin, und nicht zu suchen das war mein Sinn".
Der Titel dieses Gedichtes heißt übrigens: "Gefunden"

Genauso verhält es sich mit der Inspiration, meiner Meinung nach.
 
Hab mir mal alle Beiträge im Tread durchgelesen und finde, dass es etwas unterging, damit man keinerlei Tiefgängiges Harmoniewissen braucht um gute Musik zu schreiben. Ich wollte es einfach noch mal wiederholen.

Mozart, Chopin und die ganzen anderen Legenden hatten ja auch noch kein Harmoniebuch durchgelesen oder Stunden für Frühreife Genies der Komp. besucht. Das kam alles aus ihrem eigenen Verständnis für die Musik und ihrer Ausdrucksweise. Aber wenn man Kenntnisse hat, dann geht es natürlich viel schneller und sauberer.
 
Um eine Idee davon zu bekommen, welches Vorwissen zum Komponieren nützlich ist, kann man z.B. mal das Thema "Fuge komponieren" lesen. :D
 
... Mozart, Chopin und die ganzen anderen Legenden hatten ja auch noch kein Harmoniebuch durchgelesen oder Stunden für Frühreife Genies der Komp. besucht. Das kam alles aus ihrem eigenen Verständnis für die Musik und ihrer Ausdrucksweise. ...
Das stimmt nun aber so nicht. Natürlich hatten auch Mozart und Chopin Unterricht in Komposition. Was allerdings aus diesem relativ bescheidenen Einfluss hervorgegangen ist, kann in der Tat nur auf die Genialität der Künstler zurückzuführen sein.
 
Das stimmt nun aber so nicht. Natürlich hatten auch Mozart und Chopin Unterricht in Komposition. Was allerdings aus diesem relativ bescheidenen Einfluss hervorgegangen ist, kann in der Tat nur auf die Genialität der Künstler zurückzuführen sein.

Auf "Wikipedia.de" steht, dass Frederic Klavieruntericht hatte (bei siener Schwester und seiner Mutter) von Kompositionsuntericht steht da nichts.

Zitat:Seine erste Polonaisen B-Dur und g-Moll sind auf 1817 datiert und ließen eine außergewöhnliche improvisatorische Begabung erkennen. Sein einziger Lehrer war in den Jahren von 1816 bis 1822 der polnische Pianist und Violinist Wojciech Adalbert Żywny.

Steht zumindest nicht da, dass er auch kompositionsU. gehabt hätte. Wenn es doch so ist, Asche auf mein Haupt, weil ich mich auf Wiki verlassen habe.

Wegen Mozart muss ich mich entschuldigen, dass hab ich jetzt nochmal nachgelesen.
sorry
 
@chopin-liebhaber

Chopin hat zum Beispiel bei Jozef Elsener Kompositionsunterricht gehabt.
 

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