Tempo halten

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Hallo liebe Forianer :)

habt ihr irgendwelche Tipps, wie man es schaffen kann, über ein ganzes Stück (bspw. einen Sonatensatz) das Tempo zu halten?
Das Problem ist in etwa folgendes:

Z.B. beim Kopfsatz von Beethoven's Sonate Op.2 Nr.1 ist das Tempo, wenn ich bei der Reprise ankomme, immer ein anderes als am Anfang :( Ganz besonders an solchen Stellen hört man, dass man irgendwo ungewollt langsamer oder schneller geworden ist.

Typische Stellen, bei denen mein Tempo verloren geht, sind Stellen, die
1) agogische Nuancierungen fordern
2) eine Generalpause beeinhalten (z.b. Übergang Exposition -> Durchführung)
3) accelerando/rallentando fordern und danach wieder zu "Tempo 1" führen

So, ich hoffe ich bin nicht der Einzige mit diesem Problem. Die Suchfunktion hat jedenfalls nichts ausgespuckt...

marcus
 
Meeeetroooonooommmm :)
Auf der Basis eines festen Tempos kann dann kontrolliert abgewichen werden.
 
ja das Metronom dann nur zum Üben nehmen, du solltest es beim Konzert oder Vorpspiel dann natürlich ohne können^^

Gruß,
Pianotrottel
 
Ich würde dir auch zum Metronom raten.
Aber nicht (unbedingt), um damit zu üben - sondern nur, um dich zu kontrollieren!
Es reicht ja, wenn du ein, zweimal das Stück mit Metronom spielst, dann weißt du, an welchen Stellen du langsamer wirst.
Ich spiel gerade eine Mozartsonate und werde immer beim "lyrischeren" Seitenthema langsamer.
Wenn ich das Tempo wirklich halte, ist es noch schneller, als ich angenommen hätte...
 
Wenn man kein Gefühl für das Tempo hat, bleibt nur das Metronom. Woran sollte man sich denn sonst halten?

Und daß das Tempo schwanken darf und oft auch soll, ist schon richtig. Aber es ist wesentlich besser, wenn man die Schwankungen selbst bestimmen kann anstatt dies dem Zufall zu überlassen.

Das beste ist aber meiner Meinung nach, sich beim üben nicht sklavisch an das Metronom zu halten sondern es gelegentlich mitlaufen zu lassen und darauf zu achten, wann und wie das eigene Tempo sich davon entfernt. Das Ziel der Übungen ist ja, ein Gefühl für Metrum zu entwickeln, damit man eben nicht unkontrolliert davongaloppiert. Und "nebenbei" sollte man auch darauf achten, wie die Musik sich in verschiedenen Tempi klanglich verändert.
 
Beim Lesen des Themas dachte ich spontan "oh, hier schreibe ich lieber nichts!" :p

Nun sind mir aber doch noch ein paar Aspekte in diesem Zusammenhang eingefallen, die bisher noch nicht erwähnt wurden.

Tempo und Charakter der Musik

Wenn man ein Stück mal in ganz leicht verschiedenen Tempi spielt (Unterschied von 2 oder 4 Strichen auf dem Metronom) wird man merken, wie sich der Charakter der Musik bereits recht deutlich verändert. Tempoveränderung und Charakterveränderung gehen also Hand in Hand. Wenn nun z.B. in einem Beethovenschen Sonatenhauptsatz die Reprise in einem schnelleren oder langsameren Tempo gespielt wird, bekommen die aus der Exposition bekannten Themen eine neue Färbung, was sehr reizvoll sein kann. Bereits in der Durchführung gehts ja oft drunter und drüber, schließlich handelt es sich um ein musikalisches Drama.

Die Tendenz des Klavierspielers, schneller oder langsamer zu werden.

Wenn man mal darauf achtet, wird man merken, daß es zwei grundverschiedene Typen von Klavierspielern gibt: die einen haben eine Tendenz zum Langsamerwerden, die anderen zum Schnellerwerden. Das scheint eine Temperamentsfrage zu sein. Ich würde das eigentlich nicht negativ sehen. Man muß eben nur die passenden Stücke für den jeweiligen Typ finden.

Tempo vs. Geschwindigkeit

Noch ein interessantes Phänomen: wenn zwei Leute in derselben Geschwindigkeit (selbe Metronomzahl) spielen, hört es sich oft beim einen schneller an als beim anderen. Das hängt mit der Akzentuierung, der Phrasierung und der Agogik zusammen. Man darf also das Tempo nicht allein nach der Metronomzahl beurteilen. Auf die Gesamtwirkung, die sich aus allen Teilaspekten ergibt, kommt es an.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Erst mal vielen Dank für eure Antworten

Zum Metronom: Wie alle anderen hier auch, halte ich wenig davon, dass Metronom permanent laufen zu lassen. Manchmal spiele ich das Stück mit Metronom und dann halte ich das Tempo natürlich, wenn ich aber diese Hilfe weglasse, dann werde ich ungewollt langsamer, manchmal auch schneller.

Man spielt ja seine Stücke nicht immer im selben Tempo, sondern man wählt es nach Gefühl aus. Vlt müsste ich mal versuchen immer im selben Tempo zu spielen?!

@Haydnspaß: Dass die Tempoveränderung auch ganz interessant sein kann, habe ich bisher noch nicht überlegt. Aber auch wenn man die Reprise langsamer nehmen will, tut man das ja bewusst und nicht "so wie es kommt".

Zitat von Haydnspaß:
Tempo vs. Geschwindigkeit

Noch ein interessantes Phänomen: wenn zwei Leute in derselben Geschwindigkeit (selbe Metronomzahl) spielen, hört es sich oft beim einen schneller an als beim anderen. Das hängt mit der Akzentuierung, der Phrasierung und der Agogik zusammen. Man darf also das Tempo nicht allein nach der Metronomzahl beurteilen. Auf die Gesamtwirkung, die sich aus allen Teilaspekten ergibt, kommt es an.
Dieses Phänomen bringt mich manchmal schier um den Verstand :mad: Z.B. wenn in besagter Sonate das Seitenthema auftritt. Es wird dreimal wiederholt und gerade bei solchen "eintönigen" Stellen habe ich manchmal trotz Metronom das Gefühl schneller oder langsamer zu werden, obwohl ich genau sehen/hören kann, dass sich die Geschwindigkeit nicht verändert.

Heute habe ich Klavierunterricht, mal schaun wie es mir da gelingt :)

marcus
 
ich bin gespannt, .marcus! Ich habe nämlich auch zu kämpfen mit meinen willkürlichen Geschwindigkeiten, das kriege ich nur mit Metronom weg. Manchmal benutze ich dafür ein olles Keyboard und wähle ein 'Schlagzeug aus der Dose', das kann ich im Tempo einstellen und man hört die '1' besser als beim Metronom. Da vertu ich mich nämlich manchmal.

Gerade die lyrischen Stücke oder die, die man schön interpretieren kann (aktuell: Debussy, la fille aux cheveux de lin) gewinnen doch sehr, wenn man sie am Anfang etwas strenger im Takt spielt. Loser wird's dann schon von alleine, aber man wenigstens einen Zusammenhang hergstellt.

Außerdem bewahrt mich das Metronom davor, die Stellen, die schon gut laufen viel zu schnell zu spielen, und dann passt gar nix mehr zusammen. Auch ich bin oft überrascht, wie Stilblüte, wie schnell manche stellen dann gespielt werden müssen. :mrgreen:

taktvoller Gruß
netti
 

Von meiner Lehrerin habe ich auch nur den Tipp erhalten, eben mit Metronom zu üben. Ich hoffe einfach, dass wenn man jeden Tag 2 oder 3 mal das Stück mit Metronom spielt, ein besseres Gefühl für das Tempo kriegt.

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Gibt es sowas wie allgemeine "Richtlinien", welche Temposchwankungen je nach Epoche "erlaubt" sind?
Bis jetzt lerne ich es so, dass man bei Barock und Klassik meist ein Tempo beibehält (,natürlich nur wenn nichts gegenteiliges in den Noten steht). Und bei Bach macht man am Ende oft ein kleines Ritardando.

Wie sieht es in Romantik und Moderne aus? Ich finde dieses Thema wird viel zu wenig im Klavierunterricht behandelt ;)

Also wie haltet ihr es mit dem Tempo?

marcus
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Gerhard Mantel beschreibt in seinen Büchern, dass exaktes metronomisches Spiel offenbar gar nicht möglich ist. Anscheinend existiert da wenigstens eine Abweichung von 3%, also etwa einem Sechzehntel (Korrektur: einem Zweiunddreißigstel) im 4/4-Takt, was ja nicht unerheblich ist.

Allein aus diesem Grund denke ich, dass man nicht versuchen sollte, seinen eigenen internen Rhythmus per Metronom zu stabilisieren. Eher wird man ihn wohl damit verlieren, wenn Chang mit dem folgenden Abschnitt recht hat:

Metronome sollten nicht übermäßig benutzt werden. Lange Übungssitzungen, bei denen das Metronom Sie begleitet, sind schädlich für das Erwerben der Technik. Das führt zu einer mechanischen Spielweise. Wenn das Metronom kontinuierlich länger als ungefähr 10 Minuten benutzt wird, wird Ihr Gehirn anfangen, Ihnen mentale Streiche zu spielen, so daß Sie eventuell die Timinggenauigkeit verlieren. Wenn das Metronom Klicks abgibt, erzeugt das Gehirn z.B. nach einiger Zeit Anti-Klicks in Ihrem Kopf, die den Metronomklick aufheben können, so daß Sie entweder das Metronom nicht mehr hören oder es zur falschen Zeit hören.

Außerdem sollte man beim Spielen eines Stückes die Agogik fühlen und sich nicht auf mechanisch eingespeiste Accelerandi und Ritardandi verlassen. Nur dadurch wirkt der Vortrag auch frisch und lebendig. Selbstverständlich sollte man in seiner Interpretation die Stellen, an denen deutlich beschleunigt oder verlangsamt werden soll, kennen, aber an diesen wie an sämtlichen anderen Stellen im Werk sollte man die Agogik durch die Musik bestimmen lassen und auch bewusst empfinden.

Also 100%ige Zustimmung, ubik. :)
 
Gar nicht. Ich richte mich nach dem musikalischen Sinn und Aussprache des Stücks und nicht nach dem Metronom. Du kannst, besonders bei Beethovens Sonaten, oft Zusammenhänge zwischen einzelnen Motiven und Themen erkennen und diese Zusammenhänge müssen auch hergestellt werden. Auch bei Bachs Musik gibt es viele Zusammenhänge. Bei einer Fuge das Fugenthema zum Beispiel. Diese Zusammenhänge werden erst nach und nach deutlich, wenn man sich etwas länger mit dem Stück beschäftigt hat. Aber das ist gerade das Schöne an diesen komplexeren Werken.

Das ist ungefähr so, wie wenn ein Stein aus einer Mauer rausfallen würde. Die Mauer würde dann zwar noch stehen, erfüllt aber nicht mehr ihren Zweck. Wenn dann noch ein paar Steine fehlen, bricht die Mauer zusammen. Besser ist es, dass jeder Stein in der Mauer bleibt. Obwohl eine perfekte Mauer auch wiederum langweilig aussieht.

Was ich damit sagen will: Es kommt darauf an, dass das Stück zusammengehalten wird und es nicht einstürzt.

Und wie stellst du Zusammenhänge über das Tempo her?! Gib mal ein konkretes Beispiel.

@killmymatrix: Warum entspricht eine Abweichung von 3% einer 16tel im 4/4-Takt?


@all: Also seid ihr nicht der Meinung, dass Bach nicht so viel Temposchwankungen verträgt wie beispielsweise Chopin? Das war nämlich der Kern meiner Frage :D

marcus
 
@all: Also seid ihr nicht der Meinung, dass Bach nicht so viel Temposchwankungen verträgt wie beispielsweise Chopin? Das war nämlich der Kern meiner Frage :D

marcus

Das ist die alte Streitfrage :p

Ich würde sagen, es hängt vom jeweiligen Stück ab, nicht davon, wann das Stück komponiert wurde. Manche Stücke von Bach vertragen sehr große Temposchwankungen, andere fast gar keine. Dasselbe gilt für Chopin.
 

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