Vor 20 Jahren hatte ich meinen guten alten Steinway-O (Bj.1935) komplett akustisch aufarbeiten lassen (Resonanzbodenrisse ausspanen, in Form und Spannung bringen), komplett neue Renner-Mechanik, neue Stifte, Wirbel, neue Saiten, neue Steinway-Hammerköpfe. Soweit so gut - leider hatte aber der selbsternannte "Steinway-Experte" neue wuchtige S&S-Hammerköpfe verbaut, mit dem Ergebnis, dass sich das ursprünglich traumhaft niedrige Niederdruckgewicht von 47g auf eher 57-60g erhöht hatte. Und die Intonation - ging gerade so. In der Anschlaglinie war auch eine beträchliche unmotivierte Krümmung drin, so dass es im Diskantbereich ziemlich dünn klang.
Vor wenigen Jahren habe ich deswegen dann, aber auch weil die Hammerköpfe wieder einigermaßen abgespielt waren, mir neue Hammerköpfe einbauen lassen mit der Maßgabe, dass die passend sein sollen ohne stärker nachbleien zu müssen. Also leichtere Hammerköpfe. Hätte gerne die von Steinway genommen und von Steinway vor Ort einbauen und intonieren lassen. Hätte eine Woche Arbeitszeit nebst Hotelunterkunft vom Steinway-Mitarbeiter gekostet und hätte einer rigorosen Verdünnung der Holz- und Filze der Hammerköpfe bedurft, denn es gibt leider keine Steinway-Hammerköpfe alter und leichter Bauart.
Klangtests von intonierten S&S-Flügeln mit Abel-Hammerköpfen (in Detmold) haben mich dann veranlasst, einen anderen Weg zu gehen. Es gibt von Abel Hammerköpfe alter, leichterer Bauart, die für ältere S&S geeignet sind. Ich habe nicht bereut, die Steinway-Hammerköpfe durch welche von Abel zu ersetzen. Der Flügel hat wieder ein sehr breites Klangspektrum und kann sowohl richtig weich klingen als auch "seine Krallen ausfahren" - anders als manch andere S&S, die ich unter den Fingern hatte. Und ich komme wieder in einen Niederdruckbereich um 50g, und mit traumhaft hohem Aufgewicht, fast 30g (was ich als fast noch wichtiger empfinde, kein zähes Spielgefühl).
Meine persönliche Quintessenz: Ich glaube, dass es rel. unwichtig ist, ob S&S oder Renner oder Abel-Hammerköpfe verbaut sind, wichtig ist, dass sie vom Gewicht passend sind ohne stärker Ausbleien zu müssen (oder was für Material jetzt auch genommen wird) und - vor allem - das jemand intoniert, der sein Handwerk wirklich richtig gut versteht. Und selbst von Abel gibt es unterschiedliche Filzvarianten, die sich auch im Preis unterscheiden. Liebend gerne hätte ich die teuersten (weil dann vermeintlich auch besten) genommen, habe dann aber für die Standardvariante geopted, weil sich der Klavierbauer mit jenen am besten auskannte. Habe ich nicht bereut und würde es jederzeit wieder so machen. Mir ist wichtiger, dass das Ergebnis stimmt und nicht, ob es nun S&S-Hammerköpfe oder sonstwie andere sind. Weil es noch einige andere Parameter gibt als nur die Marke der Hammerköpfe.