Späteinsteiger und Vorspiel

  • Ersteller des Themas Debbie digitalis
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Liebe Debbie

Aus gegebenem Anlass erwecke ich diesen alten Fred nochmal zum Leben. Ich bin ja Wiedereinsteiger, nehme seit Oktober auch wieder Unterricht und hatte heute meine Vorspiel-Premiere. Ich habe die d-moll und die F-Dur Invention von J.S. Bach und den Knecht Ruprecht von Schumann gespielt. Für mich war es insgesamt eine schöne Erfahrung trotz einiger Fehlgriffe, ausgelassener Noten und eines Blackouts im vorletzten Takt der F-Dur Invention (hab' dann einfach den F-Dur Schlussakkord vorgezogen :D). Insgesamt habe ich mich dabei von Stück zu stück wohler gefühlt. Beim ersten Stück war ich noch wie ferngesteuert, eigenartiges Gefühl, das hat sich aber langsam gelegt, ebenso wie das Händezittern. Bei der zweiten Invention war ich dann schon wieder bei mir und hatte das Gefühl, auf das Geschehen Einfluss zu nehmen. Beim Knecht Ruprecht habe ich dann weite Strecken fast schon genossen, trotz der Fehler; es hat einfach Spaß gemacht. Ich hätte gerne noch ein viertes Stück gespielt :-)

Die Vorspielsituation war so, wie in einigen der obigen Beiträge geschildert: ich war der einzige Erwachsene Schüler. Ich wusste von vornherein, dass das so sein wird, habe mir deswegen aber keinen Kopf gemacht. Von Seiten des Publikums habe ich starkes Wohlwollen gespürt, für die anderen SchülerInnen spielte es gar keine Rolle. Die haben mir genause neugierig oder auch teilnahmslos zugehört wie den anderen.

in den obigen Beiträgen ging's auch immer wieder um die Frage, was so ein Vorspiel bringt, wenn man doch eigentlich eh nur für sich selbst spielen will oder maximal im ganz kleinen Kreis. Bereits angesprochen wurde der Effekt, dass man sich intensiver mit einzelnen Stücken auseinandersetzt und zielorientierter arbeitet. Das habe ich auch so wahrgenommen und kenne das und auch in anderen Kontexten, z.B. vom Quartettsingen. Ich sehe noch einen anderen Grund der für die Teilnahme an solchen Vorspielen spricht. Ich kann mir gut vorstellen, dass man auch dann wenn man eigentlich nur für sich selbst spielen will, ein paar Freunde oder Verwandte hat, denen man schon etwas vorspielen würde und auch gerne vorspielen möchte, Personen, mit denen man sich auch sonst in verschiedenen Bereichen austauscht, für einander da ist, Anteil aneinander nimmt. Und denen möchte ich dann wirklich das Beste bieten, was pianistisch in mir steckt. Wenn ich aber nie in Vorspielsituationen war, werde ich das dann ganz sicher vergeigen.

Musikanas Lösungsansatz - separate Klassenabende für Verwachsene (© fisherman) in lockerer Atmosphäre - finde ich auch eine tolle Idee. Werde das der KL mal vorschlagen.

In jedem Fall möchte ich allen Spät- und Wiedereinsteigern Mut zusprechen, sich doch einmal auch auf solche Vorspielabende einzulassen. Und wie pianovirus ganz richtig gemeint hat: es ist ein schönes Gefühl, wenn man's geschafft hat, so ein Vorspiel ist eine Leistung, auf die man schon ein bisschen stolz sein darf, auch dann, wenn man nicht fehlerfrei bleibt. Ich fand es jedenfalls sehr motivierend.

Liebe Grüße
Gernot
 
Hallo Gernot, hallo Debbie

Auch bei unserem älteren Sohn (Klarinette) fand vorgestern das Weihnachtskonzert der Schüler statt. Da er seit diesem Sommer einen anderen Lehrer hat, war der Anlass in dieser Form auch für uns neu.

Ich habe gestaunt: Dieser Lehrer ermuntert musizierende Verwandte und Freunde der Kinder, mit den Kindern vorzuspielen! Dass dies funktioniert, zeigte sich an diesem Weihnachtskonzert. Da waren Geschwister/Freunde an Klavier und Cello und Eltern mit Akkordeon und Gitarre vertreten...

Der (Klarinetten-)Lehrer selbst begleitete die restlichen Kinder routiniert am Klavier und für die etwas anspruchsvolleren Stücke hatte er einen Korrepetitor engagiert. Das absolute Highlight war eine Kirchensonate von Mozart (KV 336), vorgetragen von einem 14jährigen Schüler.

Aber auch unser Sohn hat sich mit einem Stück aus der Zauberflöte recht gut gehalten... eine Sechzehntel-Notenfolge hat er genau zwei Tage vor dem Konzert erstmals flüssig hinbekommen! :D

Lg, Nessie
 
Gernot, ich lese gerade Deinen Beitrag und denke bei fast jedem Satz: Paralleluniversum?
Folgendes ist wie mit meiner Hand geschrieben:

"Ich bin ja Wiedereinsteiger, nehme seit Okt...nein, November ... Unterricht und hatte heute meine Vorspiel-Premiere. ... Für mich war es insgesamt eine schöne Erfahrung trotz einiger Fehlgriffe, ausgelassener Noten... Beim ersten Stück war ich noch wie ferngesteuert, eigenartiges Gefühl.... Die Vorspielsituation war so, wie in einigen der obigen Beiträge geschildert: ich war der einzige Erwachsene Schüler. Ich wusste von vornherein, dass das so sein wird, habe mir deswegen aber keinen Kopf gemacht. Von Seiten des Publikums habe ich starkes Wohlwollen gespürt, für die anderen SchülerInnen spielte es gar keine Rolle. Die haben mir genause neugierig oder auch teilnahmslos zugehört wie den anderen."

Die Räumlichkeit war sehr familiär, eng und provisorisch. Ein kleines Zimmer mit einem Klavier und zwei Stühlen, die ständig für Klavier oder Gitarre hin- und hergeschoben wurden. Der Rest der Fläche wurde mit Stehen, Knien, Hocken usw. belegt.

Ich habe leider nur ein Stück gespielt. Erst wollte ich nicht, habe mir das aber dann doch bewusst angetan und als Unterrichtsstunde verbucht. Angekündigt wurde ich mit "und nun haben wir noch einen wirklichen Superpianisten..." (ich war in der Tat viel weiter als die anwesenden Schüler, alle so 8-11 Jahre alt), was den Druck (den ich mir ja nur selber mache) noch mal so richtig schön erhöht hat. Dieses Gefühl der Fernsteuerung (sehr schön beschrieben) ist wirklich eigenartig. Ich habe nur ein Stück gespielt. Das Zittern hat sich in diesem eher kurzen Stück (Invierno Porteno von Piazolla) jedoch nicht gelegt. Im Gegenteil: Selbst die Beine haben angefangen zu zittern. Wohlfühlen ist was Anderes! :) Ich staune bis jetzt, dass ich keinen Blackout hatte. Ich war in 44 Jahren wirklich noch nie so aufgeregt und gleichzeitig überrascht, wie der eigene Körper auf einmal (nicht) funktioniert.
Ich weiß aber auch, dass ich ein zweites Stück wesentlich besser und freier gespielt hätte. Vom Publikum gab´s wirklich tollen Applaus und Anerkennung (so ca. 10-15 Eltern und paar Kinder), was ungemein hilft, die Anspannung zu lösen.

Ich habe gestaunt: Dieser Lehrer ermuntert musizierende Verwandte und Freunde der Kinder, mit den Kindern vorzuspielen! Dass dies funktioniert, zeigte sich an diesem Weihnachtskonzert. Da waren Geschwister/Freunde an Klavier und Cello und Eltern mit Akkordeon und Gitarre vertreten...
Eine sehr schöne Idee!
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Hallo,

ich hatte gerade letzte Woche auch wieder ein Vorspiel, als Erwachsene, allerdings als Fortgeschrittene. Ich kenn es daher von früher an solchen Vorspielen teilzunhemen, finde es aber auch sehr wichtig:

- Die Stücke die man für ein Vorspiel/Konzert vorbereitet bereitet man wesentlich intensiver vor und sie erlangen oft eine andere Ebene, schon allein das ist es Wert. :klavier:

- Die Erfahrung des Vorspielens zu sammeln ist doch toll, klar ist es sinnvoll Erwachsenen Anfängern dies zunächst in einem anderen Rahmen zu ermöglich. Adrenalin verlängert das Leben. :wink:

- Wenn man als Erwachsener ein bisschen was kann, dann lieber kleine leichte Stücke nehmen und die schön vorspielen und selbst Freude dran haben. Klar sind Kinder da viel unbelasteter, gehen zum Klavier, setzten sich hin und spielen vor, das ist toll! Ihr dürft aber auch nicht vergessen, dass ihr als Erwachsene häufig viel mehr in der Lage das Instrument zum singen und klingen zu bringen. :floet:

Also traut euch. Für den Einstieg sind auch 4-händige Stücke zusammen mit dem KL oder anderen Schülern ganz gut.
 
Gestern hatte ich zusammen mit meinem Sohn auch einen kleinen "Auftritt" vor ca. 40 Personen anlässlich der Weihnachtfeier in unserem Kirchgemeindehaus. Mein Mann hat das vorgeschlagen und wir haben relativ spontan zugesagt, zwei Weihnachtslieder zu spielen und hatten praktisch keine Zeit zum Üben! :roll: Ist aber trotzdem ganz O.K. gelaufen, d.h. ich war mega nervös und hatte einige Patzer, doch mein Sohn hat mit stoischer Ruhe weiter Klarinette gespielt :cool:

Es gab sicher ein, zwei Personen im Raum, die viel besser Klavier spielen können als ich, doch das hat netterweise niemand erwähnt... :D

Frohe Weihnachten allerseits!

Lg, Nessie
 

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