Sostenuto Pedal

Debussy hat das sostenuto-Pedal zwar gekannt aber angeblich selbst nie benuetzt. Allerdings habe ich dafuer keinen Beleg, vielleicht weisz jemand mehr?
"Brauchen" kann man es natuerlich in vielen Stuecken, etwa auch in Liszts "Funerailles" (zumindest bei meinen "kleinen" Haenden, die grosze Dezimen nur in Ausnahmefaellen greifen koennen (z.B. nicht as-c' oder h-dis')). Es geht aber auch ohne sostenuto-Pedal, ob es dann allerdings den vom Komponisten gewuenschen Effekt hat, weisz ich nicht.
Jannis
 
Ich kann mir sein "Jimbo's Lulleby" ohne dieses Pedal nicht vorstellen. Ich bin sicher, dass er es nicht nur notiert, sondern auch benutzt hat.

Ich habe das gespielt (ist allerdings lange her), wüsste aber nicht, wo man es da braucht?
Debussys Blüthner-Flügel ist nicht mit diesem Pedal ausgestattet - demnach könnte er es nur an fremden Instrumenten eingesetzt haben. In dem zweiten Satz aus "Children's Corner" gibt es ab Takt 9 und in den Schlusstakten zwei Stellen, in denen man Haltetöne ins mittlere Pedal nehmen und die nachgeschlagenen Noten entsprechend trocken dagegensetzen könnte, ohne dies unbedingt tun zu müssen. Vergleichbare Stellen findet man bei Komponisten wie Beethoven und Robert Schumann viele Jahre vor der Erfindung dieser Spielhilfe, die sich erst im zwanzigsten Jahrhundert international durchsetzte.

Anhand der erhaltenen Einspielungen lässt sich die Frage, was Debussy von dem dritten Pedal hielt, ganz sicher nicht beantworten. Die mechanischen Welte-Mignon-Rollen sind an Instrumenten eingespielt worden, die noch keines hatten - für die wenigen akustischen Einspielungen gilt dasselbe, zum Beispiel hier:



LG von Rheinkultur
 
In dem zweiten Satz aus "Children's Corner" gibt es ab Takt 9 und in den Schlusstakten zwei Stellen, in denen man Haltetöne ins mittlere Pedal nehmen und die nachgeschlagenen Noten entsprechend trocken dagegensetzen könnte, ohne dies unbedingt tun zu müssen.

Zumindest in meiner Ausgabe steht in Takt 9 die Angabe "les 2 Ped.", die bis zum Ende von Takt 14 gilt. Da ist ein gewisser Nebel vom Komponisten gewollt.

Am Ende steht nichts, aber für mich wäre das kein Grund, hier ein Sostenuto-Pedal zu verwenden. Das charakteristische Sekund-Motiv es/des klingt in hoher Lage sehr schön mit durchgehendem Pedal - als ob der einschlafende Elefant es schon halb im Traum wahrnimmt. :schlafen:
 
hhhh
 
Zumindest in meiner Ausgabe steht in Takt 9 die Angabe "les 2 Ped.", die bis zum Ende von Takt 14 gilt. Da ist ein gewisser Nebel vom Komponisten gewollt.

Am Ende steht nichts, aber für mich wäre das kein Grund, hier ein Sostenuto-Pedal zu verwenden. Das charakteristische Sekund-Motiv es/des klingt in hoher Lage sehr schön mit durchgehendem Pedal - als ob der einschlafende Elefant es schon halb im Traum wahrnimmt. :schlafen:
Diese Angabe steht nicht im Manuskript des Komponisten, sie taucht in der Durand-Erstausgabe als Herausgeber-Zusatz auf - ich finde sie durchaus plausibel und würde ohne ausdrückliche Angabe genauso verfahren. Generell tauchen in Debussys sehr präzise ausgearbeiteten Notentexten kaum Pedalisierungsanweisungen auf. Das hat ganz offensichtlich nichts mit Inkonsequenz und punktueller Schlampigkeit zu tun: Debussy handelt ähnlich wie Ravel und setzt im Sinne eines Franz Liszt einen "verständigen Pedalgebrauch" als selbstverständlich voraus. Wer das Klangbild am Schluss des Stücks noch lichter und transparenter haben will, kann die zuerst angeschlagenen Noten im Folgetakt erneut stumm nachgreifen und nochmals ins rechte Pedal nehmen. Der Gebrauch des Tonhaltepedals ist sinnvoll, wenn es eine deutliche Diskrepanz zwischen konstanten Liegetönen und möglichst trocken abgesetzten, rhythmisch markanten Tonfolgen geben soll. Diese Konstellation sehe ich hier subjektiv als nicht gegeben - wobei es nicht kategorisch ausgeschlossen ist, das anders zu sehen.

LG von Rheinkultur
 
Ich habe auch sowohl Jimbo's Lullaby als auch die cathetrale engloutie gespielt, nie wollte einer meiner Lehrer das sostenuto-Pedal verwendet haben. Debussy hat ihrer Meinung nach die Stuecke klanglich ohne sostenuto-Pedal konzipiert. Selbst bei der cathedrale engloutie kann man den Klaviersatz ohne sostenuto-Pedal realisieren, auch wenn manches dann vielleicht eher Suggestion als Klangrealitaet ist. Auch bei anderen Debussy-Stuecken habe ich nie das sostenuto-Pedal verwendet. Vielleicht ist das schlecht, vielleicht verwenden viele das sostenuto-Pedal? Das waere eine interessante Frage. Bei Jimbo's Lullaby sehe ich jedenfalls wie @mick keine Notwendigkeit fuer das sostenuto-Pedal. Der Schlusz ist so langsam und zart, so dasz die kleine Sekundmischung den besonderen Charme ausmacht.
Jannis
 
....Debussy hat ihrer Meinung nach die Stuecke klanglich ohne sostenuto-Pedal konzipiert. Selbst bei der cathedrale engloutie kann man den Klaviersatz ohne sostenuto-Pedal realisieren,...
Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, wie etwas schöner klingt, alles gemischt oder getrennt. Aber warum schreibt Debussy dann an vielen Stellen so genaue Noten, im Beispiel ( cathedrale engloutie) also die Viertelpausen während die Anfangsakkorde den ganzen Takt klingen sollen?

sostenuto.jpg

Gruß
Manfred
 
Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, wie etwas schöner klingt, alles gemischt oder getrennt. Aber warum schreibt Debussy dann an vielen Stellen so genaue Noten, im Beispiel ( cathedrale engloutie) also die Viertelpausen während die Anfangsakkorde den ganzen Takt klingen sollen?

sostenuto.jpg
Auch diese Stelle ist ohne Sostenuto-Pedal realisierbar: Die punktierten Ganzen werden angeschlagen und das rechte Pedal niedergedrückt. Nach dem Anschlag der Klänge auf der zweiten Halben den vorherigen Akkord stumm nachgreifen und dann das Pedal wechseln. Aufgrund des ruhigen Grundtempos sind solche Wechsel unproblematisch. Natürlich ist es legitim, die punktierten Ganzen ins Tonhaltepedal zu nehmen, wenn das Instrument damit ausgestattet ist. Aber auch ohne drittes Pedal sind solche Akkordfolgen gut ausführbar.

LG von Rheinkultur
 
Auch diese Stelle ist ohne Sostenuto-Pedal realisierbar: Die punktierten Ganzen werden angeschlagen und das rechte Pedal niedergedrückt. Nach dem Anschlag der Klänge auf der zweiten Halben den vorherigen Akkord stumm nachgreifen und dann das Pedal wechseln.
und im 4.Takt des zitierten Notenbeispiels? wie realisiert man da den durchklingenden Akkord mit hinzu gekommener Bassoktave und macht hörbar, dass da eine Viertelpause...? ;-)
 

Auch diese Stelle ist ohne Sostenuto-Pedal realisierbar: Die punktierten Ganzen werden angeschlagen und das rechte Pedal niedergedrückt. Nach dem Anschlag der Klänge auf der zweiten Halben den vorherigen Akkord stumm nachgreifen und dann das Pedal wechseln. Aufgrund des ruhigen Grundtempos sind solche Wechsel unproblematisch. Natürlich ist es legitim, die punktierten Ganzen ins Tonhaltepedal zu nehmen, wenn das Instrument damit ausgestattet ist. Aber auch ohne drittes Pedal sind solche Akkordfolgen gut ausführbar.

LG von Rheinkultur
Danke für den Hinweis für die Ausführbarkeit ohne Sostenuto Pedal. Ich fragte mich ja, ob nicht Debussy durch die Notation an die ihm sicher bekannte Möglichkeit mit Sostenuto gedacht haben könnte. Ist aber auch Spekulation. Auch die Anwendung des dritten Pedals erfordert ja ein nicht zu schnelles Tempo oder ziemliche Geschicklichkeit.
 
und im 4.Takt des zitierten Notenbeispiels? wie realisiert man da den durchklingenden Akkord mit hinzu gekommener Bassoktave und macht hörbar, dass da eine Viertelpause...? ;-)

Die Frage ist, ob man da überhaupt einen Unterschied hört. Ein più pp- Akkord in so hoher Lager dürfte am Ende des Taktes von allein verklungen sein. Notfalls könnte man die Reste auch mit einem schnellen, halben Pedalwechsel auslöschen.

Grundsätzlich bin ich allerdings dafür, das Sostenuto-Pedal zu benutzen, wenn es die Ausführung erleichtert und klanglich sinnvoll ist - unabhängig davon, ob der Komponist selbst es nun hatte oder nicht.
 
und im 4.Takt des zitierten Notenbeispiels? wie realisiert man da den durchklingenden Akkord mit hinzu gekommener Bassoktave und macht hörbar, dass da eine Viertelpause...? ;-)
Da wäre ich wiederum dafür, nicht päpstlicher als der Papst zu sein und ein partielles Weiterklingen der höchsten "Glocke" hinzunehmen. Im Folgetakt bleibt die Bassoktave enharmonisch verwechselt alleine liegen. Wenn man auf ein abgrenzbares Hören der nunmehr drei statt zwei "Glocken" im vierten Takt des Beispiels wirklich Wert legen sollte, möge man die Ecktöne des auf dem ersten Schlag gespielten Akkordes außen vor lassen und die Töne zwischen c' und d'' stumm nachfassen. Debussy geht es ja ganz offensichtlich um die klangliche Abbildung eines imaginären Glockengeläuts, dessen Nachhall bekanntlich nicht schlagartig hundertprozentig zu verschwinden pflegt.

Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden, das erwähnte dritte Pedal an einer solchen Stelle bei Vorhandensein auch zu benutzen. Mitunter lohnt es sich, bei impressionistischer Literatur historische Aufnahmen aus der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts heranzuziehen, die zumeist an Instrumenten ohne Sostenuto-Pedal eingespielt wurden, beispielsweise von Ricardo Viñes oder Alfred Cortot. In diesem Falle bedarf es der Abwägung zwischen einem transparenten Klangbild einerseits und dem exakten Aushalten langer Tondauern andererseits. Kein überzeugend agierender Interpret klebt dann sklavisch am Notenbild, sondern nuanciert die notierten Vorgaben mit Sinn und Verstand. Das entspricht auch dem, was Liszt mit seinem "verständigen Pedalgebrauch" gemeint hat.

LG von Rheinkultur
 
Kein Interpret hängt sklavisch am Notenbild, wenn er an technische Grenzen seines Instruments stößt.
Komponisten haben auch früher schon über die technischen Grenzen ihres Instruments hinausgedacht und gelegentlich etwas utopisch notiert.
Wäre das mittlere Pedal bei allen heutigen Instrumenten standardmäßig vorhanden wie das rechte, gäbe es hier keine Abhandlungen über verschwimmen lassen, was nicht dem Notenbild entspricht, oder Tricks wie stummes Nachfassen.
Die Vermeidungsdiskussion kommt doch daher, dass die Mehrheit der häuslichen Klavierspieler dieses Pedal nicht hat und trotzdem diese Literatur spielen will - auf dem Pianino. Versteh ich ja.
Aber wer es hat - Flügeler und Digispieler - der möge es freudig benutzen, wo es Sinn macht! Und das macht es öfter, als man zunächst so denkt!

Grüße
Manfred
 
Zuletzt bearbeitet:
Dem stimm ich schon zu, es geht aber darum, ob speziell Debussys Musik mit sostenuto-Pedal ueberhaupt adaequat wiedergegeben wird. Anders ausgedrueckt, hat der Komponist mit der Wirkung des sostenuto-Pedals gerechnet und bedauert es nicht zu haben oder hat er ohne diese Klangwirkung konzipiert? Bei der oben genannten Stelle aus der cathedrale engloutie


glaube ich nicht an das sostenuto-Pedal: Die Viertelpausen deuten fuer mich sanftes Verklingen an, im Diskant sowieso kein Problem, beim Basz schwieriger. Die uebergebundene As-Oktave im Basz deutet eine neue Entwicklung an, also ist sie trotz piu pp als Anfang einer Entwicklung anzuschlagen. So zumindest habe ich es gelernt. Wenn man mit Hilfe des sostenuto-Pedals die Viertelpausen genau darstellte, klaenge es zu abgehackt. Diese Akkorde mit Viertelpausen sind eine andere Ebene als die Akkorde "in der Mitte" und quasi "ins Nichts zu spielen", so aehnlich hat es mein Lehrer ausgedrueckt. Mich wuerde interessieren, ob z.B. @rolf oder @mick oder andere Pianisten in der Konzertpraxis dort das sostenuto-Pedal auch tatsaechlich benuetzen (jetzt nicht in der Theorie, sondern tatsaechlich in einem Konzert so durchgefuehrt.)
Viele Gruesze
Jannis
Jannis
 
@jannis es wird alles eingesetzt, was das Instrument an "Bordmitteln" zur Verfügung hat. Funktioniert das mittlere Pedal zuverlässig, wird es selbstverständlich verwendet; ist es unzuverlässig oder ist keins vorhanden, dann geht es meistens auch ohne (ausgenommen spezielle Sachen wie Strauß/Grainger usw.)
In der versunkenen Kathedrale bewährt es sich bestens an der ff Stelle (der wuchtige Choral mit dem Orgelpunkt C) - diese Stelle lässt sich ohne mittleres Pedal nicht wie notiert realisieren: ohne muss man inkauf nehmen, dass das Bass-C nicht wie notiert durchklingt.
Wenn du Details zu Debussy und Tonhaltepedal nachlesen willst, dann empfiehlt sich Karl Betz (10. Kapitel)
 
Vielen Dank, @rolf , fuer Deine Antwort, genau mit der Basz-C-Stelle hatte ich immer ein Problem ohne sostenuto-Pedal. Wenn man es sehr wuchtig anschlaegt, und hinterher das Pedal sehr schnell wechselt, wird die Basznote zwar nicht voellig gedaempft, aber verschwindet doch ziemlich. Da ich zuhause das sostenuto-Pedal habe, habe ich es dort auch verwendet, allerdings habe ich es in einem Konzert auf einem alten Fluegel gespielt, wo es das nicht gab, also muszte ich "tricksen". Allerdings wurde mir von meinem Lehrer damals gesagt, dasz dies durchaus in Debussys Sinne war. Deshalb vielen Dank fuer das Zitat von Karl Betz, das werde ich mir anschauen.
Viele Gruesze,
Jannis
 
Mich wuerde interessieren, ob z.B. @rolf oder @mick oder andere Pianisten in der Konzertpraxis dort das sostenuto-Pedal auch tatsaechlich benuetzen (jetzt nicht in der Theorie, sondern tatsaechlich in einem Konzert so durchgefuehrt.)

Ich habe bisher wenig Debussy gespielt, im Konzert nur die 2. Arabesque, die Reflets dans l'eau und 2 der Etüden. Da habe ich es nicht benötigt.

Ich habe aber einiges von Ravel gespielt - der hatte auch selbst kein Sostenuto-Pedal. Ich benutze es trotzdem - z.B. am Ende des 2. Satzes der Sonatine oder (sehr intensiv) im Épilogue der Valses nobles et sentimentales. Die Valses würde ich an einem Instrument ohne dieses Pedal gar nicht mehr spielen. Insofern stimme ich mit @rolf überein. Wenn das Pedal vorhanden ist, sollte man es benutzen, sofern es dem Klang dient oder zumindest die Ausführung erleichtert.
 
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