Sollte man beim Spielen immer zählen?

Das stimmt, oft ist es einfach geistige Trägheit bzw. Nichtwissenwollen, weil man diese Aspekte des Musiklernens als störend empfindet und sich am liebsten ausschließlich mit dem "Angenehmen" beschäftigen will.
 
Bei Dir hapert es am grundsätzlichen Durchschauen der Funktionsweise der rhythmischen Notation.

Solche pauschalen Urteile solltest Du auf die Entfernung nicht treffen. Durchschauen, ist ein rein kognitiver Vorgang und in diesem Fall ist der nicht schwer.

Nach meinem Wissen fehlt mir das innere Metrum und zwar auf einem recht grundsätzlichen Level, eine angeborene Wahrnehmungsschwäche. Damit habe ich immer wieder zu kämpfen, auch beim Tanzen und immer wenn es darum geht, eine Bewegungen gleichmäßig auszuführen. Also kein Wunder, dass ich hier auf das Thema anspringe und auch kein Wunder, dass ich dazu neige, das Thema beim Üben auch gerne mal zu vernachlässigen. Dinge üben die andere nicht üben müssen, macht einfach keinen Spass ;-)
 
Auch bin ich der Meinung, dass jeder, der zwei Beine hat, auch einen inneren Puls hat, den er nicht antrainieren muss
Genauso gut könntest du sagen Peter, dass jeder, der 10 gesunde Finger hat auch alle Chopinetüden spielen kann. Theoretisch sind die Voraussetzungen zwar gegeben, aber man kommt nicht immer an alles heran.
Als ich mal kurz Cellounterricht hatte, war mir in der Theorie eine bestimmte, von Anspannung und Loslassen geprägte Bewegung und ihr Sinn völlig klar, weil ich sie equivalent am Klavier tausendfach ausgeführt hatte. Am Cello musste ich sie trotzdem neu üben.
Und nur weil ich den deutschen Duden in etwa im Kopf habe, werde ich noch lange nicht zum Goethe :-D
Ich gebe zu, das ist nun etwas weithergeholt, aber ein bisschen Wahrheit steckt schon drin.

Das darfst Du als Frau vielleicht. Männer dürfen das nicht bei Kindern und nicht bei Frauen. Also bitte hier keine riskanten Unterrichtsmethoden propagieren.
Das halte ich für übertrieben. Natürlich kommt es wie immer auf die Situation an, aber ich sehe keinen Grund, warum ein männlicher Lehrer keine weiblichen Schüler grundsätzlich an sittlichen Stellen wie Schulter oder Arm berühren darf. Voraussetzung: Grundsätzlich klären ob das OK ist und jedes Mal vorher fragen, damit der Schüler vorbereitet ist. Und selbst bei einem "Ja, klar" kann man erspüren, ob es dem Schüler recht ist oder nicht und ggf. kontaktfreie Methoden finden.
Davon abgesehen habe ich nichts propagiert, sondern lediglich ein paar Möglichkeiten aufgezählt, die ich schon ausprobiert habe :-)
 
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Das halte ich für übertrieben. Natürlich kommt es wie immer auf die Situation an, aber ich sehe keinen Grund, warum ein männlicher Lehrer keine weiblichen Schüler grundsätzlich an sittlichen Stellen wie Schulter oder Arm berühren darf. Voraussetzung: Grundsätzlich klären ob das OK ist und jedes Mal vorher fragen, damit der Schüler vorbereitet ist. Und selbst bei einem "Ja, klar" kann man erspüren, ob es dem Schüler recht ist oder nicht und ggf. kontaktfreie Methoden finden.
Vor allem hilft es, kein creepy, sonderbarer oder unappetitlicher Typ zu sein und mit selbstverständlicher, selbstbewusster Art zu unterrichten - dann ist das alles auch kein Problem :party:
 
Genauso gut könntest du sagen Peter, dass jeder, der 10 gesunde Finger hat auch alle Chopinetüden spielen kann.
Also ich finde Peters Zwei-Beine-Theorem recht plausibel. Ich weiß zwar nicht, ob es vielleicht so was wie eine "Dysrhythmie" gibt. Aber mir sind eigentlich noch kaum Leute aufgefallen, die nicht gleichmäßig gehen können, die also nicht einen gleichmäßigen Puls links-rechts-links-rechts-... halten können. So lange sie nicht zu viel drüber nachdenken.

Dass es trotzdem Leute gibt, die beim Tanzen (oder beim Marschieren) durcheinanderkommen, liegt vielleicht daran, dass sie es nicht schaffen, dem inneren Puls zu folgen. Mit folgen meine ich dabei nicht ein zeitliches "nach"-folgen, sondern dass man sich vom Puls steuern lässt statt ihn bewusst selbst steuern zu wollen. Man muss sich auf den Puls einlassen und den nächsten Schlag antizipieren statt ihn irgendwann bewusst auszuführen. Weniger Kopf!

Man kann das Desaster sehr schön beobachten, wenn man z. B. im Kreis "Laurentia" singt bzw. spielt. Gefühlte 20 Prozent der Mitmacher antizipieren nicht, sondern schauen, was die anderen tun, und versuchen dann, schnell dasselbe zu machen. Das geht natürlich schief. Ich bestreite aber, dass die fraglichen Leute deshalb nicht gleichmäßig laufen können.

Drum schrieb ich auch von meinem Percussion-Workshop. Man sollte zur Übung wirklich erstmal eine Weile einfach laufen. Im Kreis. Meine Tochter musste auch schon zu Hause mit ihrer Geige im Kreis laufen und dabei spielen. Das lenkt natürlich vom Geigen ab, aber es hilft beim Rhythmus.

Nun kann man am Klavier schlecht Kreise laufen, das ist mir auch klar. Aber um sich die rhythmische Struktur eines Stückes klarzumachen, kann man z. B. laufen und den Takt dazu klatschen oder die Melodie dazu singen. Es geht ja nicht um den Puls allein, sondern wie der Rhytmus des Stücks auf den Puls passt.
 
Jep - manche Leute denken zu viel bzw. versuchen, etwas durch Nachmachen auf optischem Wege zu bewerkstelligen. Einzig zweckmäßig ist jedoch Audiomotorik, d.h. Gehörtes oder im inneren Gehör Vorgestelltes bewirkt die klangauslösende Körperbewegung.
 
Aber mir sind eigentlich noch kaum Leute aufgefallen, die nicht gleichmäßig gehen können, die also nicht einen gleichmäßigen Puls links-rechts-links-rechts-... halten können.

Das hat viel damit zu tun, dass beim Gehen ein physikalischer Impuls dazu kommt. Man hat einfach eine gewisse Geschwindigkeit, die die Bewegung voran treibt. Sobald Richtungswechsel hinzu kommen sieht das schon anders aus. Natürlich laufe auch ich gleichmäßig wenn ich mich vorwärts bewege. Sobald ich aber auf der Stelle treten soll, kann ich das nicht mehr so einfach.
 
Ja, weil Du nicht auf die gleichmäßigen Auftret-Geräusche hörst und fokussiert bist (und der Körper dadurch automatisch die angemessenen Bewegungen für eine gleichmäßige Fortführung macht), sondern eine Bewegung "machst" und anschließend hörend (oder fühlend) nachprüfst, ob das Ergebnis einigermaßen gleichmäßig geworden ist.

Kann nichts werden.

Musizieren darf keine "Bewegungschoreographie" sein, die dann zum Ergebnis Schallereignisse hat, sondern das Hören bzw. der "Klangwille" steuert die Bewegungsaktion.
 
ich wüsste auch nicht zu sagen, was daran problematisch sein soll, wenn männliche KL Kinder und Frauen an Händen, Armen und Schultern berühren. Das sind doch nun wahrlich nicht die intimsten Körperregionen.
Habe da passend zum Thema gestern auf YT zufällig ein paar Masterclass-Videos von Alan Fraser gesehen.
Der berührt seine Schülerinnen völlig unbekümmert an den genannten Körperstellen und da ist überhaupt nichts Anrüchiges dabei.
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich mit dem passenden Körperkontakt Fehler und richtige Bewegungsabläufe einfacher und nachhaltiger vermitteln lassen.
Es ist doch wie bei der Physiotherapie: eine (komplizierte) Übung lässt sich besser verinnerlichen, wenn der Therapeut die Übung nicht einfach nur vorexerziert, sondern bei Bedarf auch mal beherzt zugreift, um vorhandene Haltungsfehler bei der Übung zu verdeutlichen.
 
Wie ich schon schrieb - ich weiß nicht, ob es so was wie eine Rhythmus-Schwäche gibt. Ich will also nicht etwa behaupten, dass Du Dich einfach nur ungeschickt "anstellst". Vielleicht hast Du ja wirklich so ein Problem. Allerdings wird Dich ein möglicherweise vorschnelles Zurückziehen auf eine solche Erklärung bei der Überwindung der Schwierigkeiten unnötig blockieren ("ich kann das ja gar nicht hinkriegen, weil ich doch unrhythmisch bin ...")
Das hat viel damit zu tun, dass beim Gehen ein physikalischer Impuls dazu kommt. Man hat einfach eine gewisse Geschwindigkeit, die die Bewegung voran treibt.
Ich bezweifle, dass Du einen Fuß erst dann vor den anderen setzt, wenn Du spürst, dass Du sonst umfällst. Das wäre auch etwas spät. Du antizipierst eben doch, wann der nächste Schritt dran ist.

Sicher hilft Dir hier irgendwie die Biomechanik - Arme und Beine sind ja Pendel einer bestimmten Länge und stabilisieren als solche den Rhythmus beim Gehen.

Hast Du ein mechanisches Metronom? Mach das doch mal an, schau auf das Pendel und versuche mitzuklatschen. Nicht warten, bis das Metronom klackt und dann schnell klatschen, sondern vorweghören/-schauen. Kannst Du das?

@hasenbein: Darfst gerne sagen, wenn Du meinen Metronom-Vorschlag für kontraproduktiv hältst. Ich improvisiere hier gerade etwas. Ich bin ja selbst kein Klavierlehrer.
 
Irgendwas von "Zählen" hab ich auch bei Leimer / Gieseking gelesen...was war es bloß...? :-D

@hasenbein : Kannst Du mir da helfen, das Zitat zu finden? ( Und nat. nicht so ein wischiwaschi-Zitat, das MAL Zählen "gestattet" und "mal nicht"...????? :-):-) )
 

ich wüsste auch nicht zu sagen, was daran problematisch sein soll,
Ich wüsste auch nicht, wie man ohne das z. B. eine falsche Haltung korrigieren soll. Ich meine aber, wir hatten hier schon mal diese Fragestellung. Was ist, wenn eine Schülerin das doch problematisch findet? Ich habe keine Ahnung, welche Verhaltensregeln für KL gelten, zum Glück bin ich keiner und die Frage stellt sich für mich nicht. Gehört aber auch gar nicht in diesen Faden, sorry, dass ich das Thema angesprochen habe.
 
Hast Du ein mechanisches Metronom? Mach das doch mal an, schau auf das Pendel und versuche mitzuklatschen. Nicht warten, bis das Metronom klackt und dann schnell klatschen, sondern vorweghören/-schauen. Kannst Du das?

Nein, das kann ich tatsächlich nicht. Wenn ich das versuche, höre ich eine Zeit lang zu und komme dann auch recht gut rein. Wenn ich dann weiter auf das Metronom achte, geht das natürlich schief, dann mach ich den Tausendfüssler der über seine Füsse fällt sobald er versucht bewusst zu gehen. Versuche ich es aber über entspannd gleichmäßig bleiben, läuft das nach kurzer Zeit auseinander. In meiner Wahrnehmung bleibe ich im Takt, das Metronom beweist aber das Gegenteil.
 
Hm. Das ist schade, und dann weiß ich als Laie auch nicht weiter.

Das ist schon in Ordnung, es ist eine Störung die mit allen was da noch dran hängt (und das ist erstaunlich viel) mein gesamtes Leben geprägt hat. Ich habe viele Baustellen, an denen ich mehr Fleiss investieren muss als andere, dass hier ist eine davon. Dann kann ich es so weit im Griff halten, dass es zumindest Lainen nicht auffällt.

Was ich aber gar nicht mag, ist wenn man mir sagt: "Ich müsste nur..."
 
Laut Oliver Sacks gibt es so etwas wie Disrhythmie tatächlich, wenn ich mich richtig erinnere [an sein Buch "der einarmige Pianist"]. Es gibt ja Amusikalität, aber ich glaube auch "A-teil-Musikalität", wobei Rhythmus sicher so ein Teilbereich ist. Umgekehrt wäre es auch möglich, Rhythmusgefühl zu haben und ein prima Trommler zu sein, aber keine Melodien zu erkennen.

Mein Tipp mit dem Metronom vorhin bezog sich übrigens nicht darauf, mit dem Metronom das Im-Takt-Sein zu üben (obwohl ich auch das nicht grundsätzlich ablehne, solange es nicht die einzige Art dieses Übens ist), sondern auf die Kontrolle, ob die innere Wahrnehmung noch mit der äußeren Wahrheit übereinstimmt (siehe beo).
Dafür muss man nicht mal rhythmisch bzw. metrisch "ungebildet" sein - manchmal hat man sich an eine bestimmte Agogik oder Tempoveränderung so sehr gewöhnt, dass sie einem viel schwächer vorkommt, als sie tatsächlich ist. Einmal mit Metronom spielen kann die Ohren öffnen.
 
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Das ist schon in Ordnung, es ist eine Störung die mit allen was da noch dran hängt (und das ist erstaunlich viel) mein gesamtes Leben geprägt hat. Ich habe viele Baustellen, an denen ich mehr Fleiss investieren muss als andere, dass hier ist eine davon. "

Vielleicht hilft dir dieses Lernprogramm weiter:

https://www.amazon.de/Praktische-Mu...1&keywords=ziegenrücker+praktische+musiklehre

Es wird sehr viel Gewicht auf Gehörbildung und Rhythmik gelegt, unter anderem gibt es sehr viele Melodie- und Rhythmusdiktate.
 
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[...] Es gibt ja Amusikalität, aber ich glaube auch "A-teil-Musikalität",[...]

Uff, @Stilblüte , ich hab erst falsch gelesen, ich dachte, jemand der das hat, der kommt mit den ersten Teilen der Scarlattisonaten nicht klar, :-D ( Nachtrag: Das wär ja A-Teil-Amusikalität ) :-) - aber dann hab ich es gesehen, das klein Geschriebene!

Okay, LG, Olli upload_2017-10-30_10-44-53.png upload_2017-10-30_10-43-55.png
 
Auch ich übe jede problematische Stelle mindestens einmal mit Metronom - und merke dabei oft, dass ich nicht ganz so spiele, wie ich denke. Danach korrigiert sich auch mein innerer Puls und ich fühle mich dann sicherer. Ich gebe zu, dass es mir nach wie vor schwer fällt, den Puls ansonsten wirklich immer zuverlässig zu spüren.

Mir hilft auch, wenn ich mitklopfe, mitzähle (1,2,3,1,2,3,... Und ja, ich bin ein bin der Meinung, dass das richtig ist, weil man im Gegensatz zum Fuß auch mal einen anderen, sprachlichen Reiz im Gehirn setzt), um das Verständnis für den Rhythmus nochmals zu festigen.

Das habe ich auch bereits in der Vergangenheit an zahlreichen "Schülern" oder Freunden ausprobiert und deren Spiel hat sich dadurch enorm stabilisiert - seltsam...
:konfus:

LG
 
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Jerome Rose hat auch mal von mir verlangt, dass ich in der Lage bin, beim Spielen laut mitzuzählen. Wer schonmal beim Klavierspielen versucht hat zu reden, weiß, wie schwierig das je nach Stück sein kann. Aber: Es war sinnvoll und hat etwas Positives bewirkt. Weiß leider nicht mehr, welches Stück das war.
 

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