Sollte man beim Spielen immer zählen?

T

talex

Dabei seit
6. Aug. 2017
Beiträge
37
Reaktionen
7
Ja, die Frage steht ja schon im Titel...

Mein KL meint man müsse immer zählen, beim Spielen bzw. auch wenn ich übe.

Ich tue das eigentlich nie, bin eh schon genug damit beschäftigt mich aufs Spielen zu konzentrieren und
Mit dem Pedal habe ich auch noch so meine Probleme.

Parallel soll ich jetzt auch noch Noten lesen und lernen, obwohl ich bis jetzt immer ohne Noten gespielt habe.

Er meinte das Zählen bewusst oder unbewusst unterscheide einen Profi von einen Laien, und so würden
sich auch meine Stücke anhören, weil ich nicht zähle.

Wie seht ihr das, Ist zählen wirklich so elementar wichtig? Vor allem was soll ich zählen, wenn ich doch aus dem Kopf spiele :konfus:
 
Sofort Lehrer wechseln.

Ist völliger Quatsch, was er Dir da erzählt.

Offenbar, so lässt sich aus dem, was Du schreibst, herauslesen, ist auch die restliche Methodik fragwürdig. Also lass den schleunigst sein.

Was wichtig ist, dass man in der Lage ist, gespielte Töne in Relation zu einem konstanten Puls zu spielen und nicht, wie es leider sehr viele Spieler, die nicht vernünftig unterrichtet wurden, tun, quasi längere und kürzere Töne "irgendwie so nacheinander weg" zu spielen. Dazu ist es de facto erforderlich, mit Klatschen, Fußklopfen und ähnlichen Dingen zu arbeiten, um im Schüler diesen Puls zu etablieren und ihn lernen zu lassen, dass dieser Puls gewissermaßen als eine weitere "Stimme", die man wahrnehmen muss, die ganze Zeit durchlaufen muss.
Zum Metronom spielen ist dafür NICHT der richtige Weg, da der Schüler den Puls SELBER erzeugen und im Körper haben muss, statt ihn nur von außen vorgegeben zu bekommen.
Zudem ist die richtige Sichtweise auf notierte Notenwerte entscheidend: der Fokus darf nicht darauf liegen, "wie lange eine Taste runtergedrückt wird", sondern wann im durch den Puls gegliederten Zeitkontinuum Tonereignisse (Beginn eines Tones oder einer Pause) eintreten. Ob das jemand richtig auffasst, kann ich zuverlässig testen, indem ich ihn frage: "Wann wird diese Note gespielt?", und wenn er gleich sagt "Auf der 1 und", weiß ich, dass er es höchstwahrscheinlich richtig verstanden hat - hingegen können Leute mit Schwierigkeiten die Frage in der Regel erst nach einigem Rumrätseln beantworten bzw. sagen erstmal was Falsches, bei dem klar wird, dass sie z.B. Zählzeiten und Notenlängen (die ja beide in "Schlägen" angegeben werden) durcheinanderwerfen.

Zählen ist nur selten erforderlich bzw. überhaupt zweckmäßig, also wenn man z.B. eine längere Generalpause hat oder einen längeren Ton aushalten muss oder wenn man irgendetwas n-mal wiederholen muss.

Ich gebe zu, dass ich vor vielen Jahren, als ich viele methodisch-didaktische Dinge noch nicht wusste, dies auch nicht vernünftig unterrichtet habe, wodurch ich immer mal wieder zwischendurch Schüler hatte, die scheinbar "Rhythmuslegastheniker" waren bzw. scheinbar ähnlich wie Du mit dem ganzen Kram (richtige Noten spielen und gleichzeitig Rhythmus beachten) überfordert waren.
Heute weiß ich, dass das einfach Scheiß-Methodik war, und meine Schüler können ausnahmslos alle richtig im Rhythmus spielen - so was wie von Dir geschildert war seit vielen Jahren niemals ein Thema.

LG,
Hasenbein
 
Zuletzt bearbeitet:
da der Schüler den Puls SELBER erzeugen und im Körper haben muss, statt ihn nur von außen vorgegeben zu bekommen.
Hast du eine Tipp, wie ich das üben kann? Ich arbeite gerade am Rondo von Beethovens Pathétique und meine KL sagt auch immer, mir würde der Puls fehlen. Bei Chopin-Stücken habe ich das Problem eigentlich nie, aber bei dem Rondo verliere ich den Puls, wenn es in der rechten Hand mit den Triolen losgeht. Ich soll dann im Unterricht den Puls klopfen und das funktioniert schon auch, aber es bleibt nicht so richtig hängen ...
 
Den Puls mit dem Fuß klopfen.
Ein (richtig ausgeführt) sehr effektives Mittel - leider aber, weil man natürlich beim SPIELEN (im Gegensatz zum Üben) nicht mit dem Fuß klopfen soll, weil das störend und anfängerhaft ist, zu Unrecht irgendwie verpönt.
 
@ hasenbein, ist ja witzig: ich habe grade vor ein paar Wochen damit angefangen, bei meinen Schülern mehr zählen zu fordern. Die meisten möchten nach Gefühl spielen, aber das haben sie ja noch nicht. Ich arbeite eigentlich, nach meinem Empfinden, sehr viel mit Fußklopfen und klatschen und merke bei vielen nicht, dass sie den Puls in sich etablieren. Deswegen bin ich nach Jahren jetzt wieder auf das Zählen im Kopf zurück gekommen. Hm, vielleicht bin ich bei der Klatschmethode einfach zu ungeduldig.
 
Na, Du musst ja auch mit denen ganz allgemein die "Rhythmus-Legobausteine" öfter üben, damit die die auch parat haben, wenn die im Stück dran kommen.

Und man muss auch ganz unnachgiebig in Sachen Rhythmus sein und den Schülern kein Irgendwie-so-die-Noten-nacheinander-Gespiele durchgehen lassen. Die müssen selber spüren lernen, dass ein Stück ohne vernünftigen Puls und Rhythmus einfach nix ist.

"Zählen im Kopf" ist Blödsinn.

Es gibt auch keine "Klatschmethode". Sondern es gibt nur den Puls und das Bezogen-auf-den-Puls-Spielen. Und das hat der Lehrer gefälligst, unter Einbeziehung verschiedener methodischer Tools, zu vermitteln, sonst wurde ein zentrales musikpädagogisches Ziel verfehlt und kann der erfolgte Klavierunterricht nicht als "gut" gelten.

Rhythmisch-Spielen hängt auch mit technischen Grund-Ansätzen zusammen; sind Letztere unzweckmäßig, wird auch das rhythmische Spiel erschwert sein. Ich vermute, da liegt in deinem Unterricht auch so einiges im Argen.
 
@hasenbein: Ja klar, es gibt nicht DIE Klatschmethode. Übrigens gebe ich keinen Klavierunterricht, sondern Querflöte.
Was für Tools verwendest Du denn ?
 
Er meinte das Zählen bewusst oder unbewusst unterscheide einen Profi von einen Laien,
Ich würde nicht per se zu einem Lehrerwechsel raten. Der Lehrer hat nämlich Recht, wenn man den Satz korrekt deutet: Was notwendig und zum Glück bei den meisten Profis auch [mehr oder weniger stark ausgeprägt...] vorhanden ist, ist ein inneres Gefühl für Metrum, auch Puls oder Grundschlag genannt. Oder noch allgemeiner - ein ausgeprägtes Gefühl für Zeit. "Unbewusst Zählen" ist schlecht formuliert. Unbewusst ist ungenau, richtiger wäre unterbewusst, aber auch das trifft nicht wirklich zu. Man könnte es mit dem Atemreflex oder Schluckreflex vergleichen - die funktionieren sowohl automatisch / unbewusst als auch ansteuerbar. Auch Zählen tut man nicht ständig, sondern hat ein inneres Gefühl für den Spannungsgehalt einer Note, die ja auf eine gewichtigere oder weniger gewichtige Zählzeit fällt.

Und zur Ausgangsfrage: Nein, du sollst nicht immer mitzählen, denn wenn du genug gezählt hast musst du auch mal alles vergessen dürfen und mit dem Musizieren anfangen. Wenn du übst, solltest du allerdings so lange zählen bis du den Rhythmus kapiert und durchdrungen hast, und auch zwischendurch immer wieder zählen (oder auch das verteufelte Metronom einschalten) um zu testen, ob dein Gefühl noch / schon richtig ist, oder du dich vertust. Meine Meinung.
 

Hier ist jetzt mal ganz offensichtlich dringend eine Begriffsklärung vonnöten.

"Zählen" bedeutet: Man sagt oder denkt "1,2,3..." oder meinetwegen "1 und 2 und 3 und..." oder irgend so einen Kram.

Wenn irgendjemand hingegen den Ausdruck "Zählen" dafür verwendet, dass man den Puls eines Stückes entweder explizit-körperlich realisiert oder sich deutlich vorstellt (ohne dass Zahlen involviert sind), dann ist "Zählen" ein gänzlich falscher und irreführender Begriff dafür und gehört unbedingt durch etwas anderes ersetzt.

"Zählen" in Bedeutung 1 ist, wie ich oben bereits erläutert habe, außer in Ausnahmefällen abzulehnen. "Zählen" in der 2. Bedeutung hingegen ist unabdingbar! Und zwar NICHT nur, wie Stilblüte postuliert, als Zwischenschritt beim Üben bzw. im musikalischen Werdegang, sondern die Anwesenheit des Pulses als bewusster Bezugspunkt im Spieler ist immer äußerst wichtig.

Leider gibt es diesbezüglich selbst bei ansonsten guten klassischen Musikern ziemlich verkorkste Vorstellungen. Das kann ich so sagen, weil ich schon diverse professionelle klassische Musiker, auch Dozenten, unterrichtet habe (die wollten bei mir was über Jazz lernen) und ich über deren Lücken im Rhythmusbewusstsein erschreckend oft die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen habe. (Spitzen-Klassikmusiker haben selbstverständlich ein sehr gutes Puls- und Rhythmusbewusstsein.)
 
Puh, das habe ich jetzt zweimal lesen müssen um zu verstehen, welches Zählen 1. und welches 2. ist. Aber ich werden den Hinweis aufgreifen. Danke.
 
Hasenbein, lies nochmal meinen Beitrag genau bevor du mich irgendetwas postulieren lässt, was ich nicht postuliere.
Wie kannst du eigentlich auf die Idee kommen, ich könnte Zählen in der "2. Bedeutung" nur als Zwischenschritt beim Üben oder gar im Musikalischen Werdegang sehen? Für so unweitsichtig hätte ich deine Gedankengänge nicht gehalten :-D
 
  • Like
Reaktionen: Joh
OK, Stilblüte, also, wenn Du nicht Bedeutung Nr.2 gemeint hast, dann hast Du Bedeutung 1 gemeint? Auch nicht besser, denn implizit rätst Du also einem Schüler, erstmal oft mitzuzählen und das dann irgendwann sein zu lassen. Nein, sage ich - natürlich soll ein Schüler sofort sagen können, auf welcher Zählzeit etwas ist, und wenn nach einer Pause ein Einsatz kommt, soll er natürlich in der Lage sein, kurzzeitig zu zählen, um genau den richtigen Zeitpunkt zu erwischen; aber Mitzählen beim Spielen als "Mittel, um die Time zu halten" ist abzulehnen.
 
@hasenbein, und mit welchen Tools bringst du den Puls den Schülern bei ? Nicht falsch verstehen, ich habe auch einige, die ich bei Schülern anwende, um dieses Ziel zu erreichen. Mich interessiert nur, ob du noch ein paar andere Ideen hast.
 
Ich muss meine Meinung über hasenbein revidieren. Bei diesem Thema finde ich sogar seine - eher überzogene - Art angebracht. Hat jemand ein gigantisch gutes Rhythmusgefühlt, dann kann er auch mit den Ohren zur Musik wackeln, wenn das gefordert wird. Es geht eher um Leute, die ihr eingebautes Metronom noch nicht gefunden / vollends erspürt haben.

Zum Metronom spielen ist dafür NICHT der richtige Weg, da der Schüler den Puls SELBER erzeugen und im Körper haben muss, statt ihn nur von außen vorgegeben zu bekommen.
Völlig richtig. Die Schläge des Metronoms sind schlicht und einfach Folter.

Zählen ist nur selten erforderlich bzw. überhaupt zweckmäßig, also wenn man z.B. eine längere Generalpause hat oder einen längeren Ton aushalten muss oder wenn man irgendetwas n-mal wiederholen muss.
Genau so mache ich das auch. Ansonsten inneres Feeling.

Und man muss auch ganz unnachgiebig in Sachen Rhythmus sein und den Schülern kein Irgendwie-so-die-Noten-nacheinander-Gespiele durchgehen lassen. Die müssen selber spüren lernen, dass ein Stück ohne vernünftigen Puls und Rhythmus einfach nix ist.
Stimmt. Man sollte nicht zu lange mit falschen Werten laborieren.

Das ist typabhängig. Nicht jeder zählt 1-2-3 o.ä., manche innerlich so etwas wie di-da-da o.ä.

Es gibt auch keine "Klatschmethode". Sondern es gibt nur den Puls und das Bezogen-auf-den-Puls-Spielen. Und das hat der Lehrer gefälligst, unter Einbeziehung verschiedener methodischer Tools, zu vermitteln, sonst wurde ein zentrales musikpädagogisches Ziel verfehlt und kann der erfolgte Klavierunterricht nicht als "gut" gelten.
Klatschen finde ich nervig.

inneres Gefühl für Metrum, auch Puls oder Grundschlag genannt.
Wie kann man das gerade bei schnellen Abfolgen vernünftig gestalten/trainieren?

Mitzählen beim Spielen als "Mittel, um die Time zu halten" ist abzulehnen.
Sehe ich auch so. Verhindert den Flow und den Spaß an der Musik.
 
Ein Metrum ist völlig unabhängig davon, ob gerade schnelle oder langsame Notenwerte gespielt werden. Trotzdem ist es nicht so unflexibel wie z.B. das Ticken einer Uhr, sondern beweglich. Man kann es sich wie ein Gummiband vorstellen, auf das in regelmäßigem Abstand ein Strich gemalt ist: Jeder Strich ist ein Schlag des Pulses in einem Stück, meistens orientiert am Takt.
Ein Gummiband kann gedehnt werden, indem man an beiden Enden zieht oder auch an einzelnen Stellen zwischendrin. Die Abstände zwischen den Strichen befinden sich trotzdem immer in einem sinnvollen und regelmäßigen Verhältnis, da die Dehnung den Abstand der Schläge zur Grundlage hat.
Würde man dagegen Freihand irgendwelche Striche auf ein Papier malen, würde es ganz anders klingen.

Wie man ein Gespür für Metrum entwickeln und lehren kann, weiß ich auch noch nicht so genau, das ist für mich bisher eine der großen Fragen des Unterrichtens. Mir scheint nämlich, dass ein Mangel an Rhythmusgefühl eine viel umfassendere und tieferliegende Ursache hat als mit der reinen Musikalität zu begründen wäre. Aber da hole ich jetzt nicht aus. Grundsätzlich gibt es mehrere Ansätze: Hören (Vorspielen, vorsprechen, vorklatschen), Sehen (Dirigieren, koordinierte Klatschbewegung...), Selber (Nach-)machen und fühlen bzw. spüren (körperlich, entweder passiv, z.B. durch Antippen, oder aktiv, z.B. durch selbst sprechen, gehen usw. - das ist noch etwas anderes als das reine Nachmachen oder Ausprobieren).
 

Zurück
Top Bottom