"Mir scheint, da will uns jemand den Spaß verderben." (Haydnspaß)
Aber nein, er hat nur erklärt, warum nur ihm Satie keinen Spaß macht. Wer das anders sieht, lasse sich nicht beirren. Außerdem ist bei allem, was man an Urteilen von sich gibt, immer "dies ist meine Meinung" zu ergänzen, denn die "Meinung" heißt ja so, weil sie meine ist... (Ich muß das also auch im folgenden nicht hinter jedem Satz explizit angeben.)
Es würde mir auch nie einfallen, Satie zu beschimpfen, erstens weil ich ihn nicht kennen kann, da er lange tot ist, zweitens weil man Tote nicht beschimpft, drittens weil ich zu der Person Satie nur das sagen kann, was ich aus Büchern weiß. Daß man über Tote nichts Schlechtes sagen soll, impliziert aber nicht, daß man zu ihrem Werk keine Meinung haben darf:
Satie war jemand, der in der Musikgeschichte in einer marginalen Rolle Unterschlupf fand. Bestimmt war er im wirklichen Leben ein augenzwinkernder Witzbold. Das war Debussy allerdings auch, der voller Ironie und Satire ist. Der Unterschied ist allerdings, daß Debussy ein Werk hinterlassen hat, Satie nur ein paar Gags, Debussy eine Sprache, Satie nur einen Jargon.
Im übrigen kenne ich auch andere Kollegen, die über Satie den Humor verlieren. Mag sein, Satie sprühte im wirklichen Leben über vor Satire. In seiner Musik hat er dies nicht auszudrücken vermocht, sonst hieße die Satire seitdem doch besser Satiere...
"Deine Erörterung, das Stück erlange letztlich erst durch die Textelemente seine vollständige Prägung verleitet doch zu der Annahme, man habe hier eben doch auf die Bewertung der Arbeitsmethoden Wert gelegt." (Rosenspieß)
Nö. Das scheint mir ein falscher Gedankengang. Ich habe ja nicht gesagt, Satie habe das genauso gesehen. Ich betrachte nur ein "Werk" und komme zu dem Ergebnis, daß es nur in Verbindung mit dem Text zur Satire wird. Wie das zustande kam, und ob Text oder Musik zuerst da waren, finde ich völlig unerheblich.
"Möchte hier niemanden zu irgendwas bekehren. Ausser vielleicht zu der Sichtweise, dass Musik sich weder für Ideologie noch für Dogmatik besonders gut eignet." (Rosenspieß)
Rosenspieß, man muß ein dezidiertes Urteil nicht gleich als Dogmatik bezeichnen. Ich proklamiere keine Dogmen, schon gar nicht irgendwelche Ideologien. Beides bestände nämlich darin zu sagen: "Du sollst keine andere Meinung haben neben meiner, schon gar nicht deine Deinung". Außerdem gibt es in künstlerischen Urteilen keine Wahrheiten, es gibt nur eine Wahrheit, und die heißt Pustekuchen... Kontere einfach mit ebenso dezidierter Deinung..
"dass Ironie mit musikalischen Mitteln schlecht möglich sei ... Allerdings kann ich nicht recht verstehen, woran das wohl liegen möge." (Wu Wei)
Ich glaube, das ist schwer zu erklären, weil man musikalische Wirkungen schwer erklären kann, obendrein jeder aus der Musik immer nur gerade das heraushört, was er in sie hineinhört. Frohsinn ist nur mit einfachsten musikalischen Mitteln möglich, harmonische Verkomplizierung und Subtilität innerhalb tonalen Hörens zerstört jeden Frohsinn, es sei denn, sie ist so plakativ falsch wie die Hornstelle in Mozarts Dorfmusikanten-Sextett.
Außerdem ist Musik denkbar ungeeignet, Inhalte zu transportieren, sie kann nur Stimmungen wiedergeben und/oder ein geistreiches abstraktes Spiel sein, dessen Bedeutung schwer zu erschließen ist. Um bei Debussy zu bleiben: "Doctor Gradus ad parnassum" ist ein sehr ironischer Titel, dessen Anspielung man allerdings verstehen muß, um zu verstehen, daß hier eine Clementi-Persiflage gemeint ist. Die Anspielung ist aber nicht hörbar, es ist einfach nur meisterlich gesetzte schöne Musik, die alles andere als ironische Stimmung verbreitet.
Eines der wenigen Werke, wo Ironie auch hörbar ist, ist das eines anderen Franzosen, nämlich Saint-Saens' Karneval der Tiere. Bei den "Pianisten", die Saint-Saens zu den Tieren im Zoo rechnet, muß man vielleicht den Titel gar nicht kennen, da das plakativ "doof" ist. Ich fürchte aber, selbst das hört nur jemand, der selber schon einmal Fünffinger-Übungen absolviert hat und bei Terzgriffen dann langsamer werden mußte.