Qualitätsunterschiede in der gleichen Modellreihe

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ibex

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17. Aug. 2015
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Hallo zusammen

Mich würde mal interessieren, wie gross die Qualitätsunterschiede bei Klavieren und Flügeln bei ein- und derselben Modellreihe sein können. Ich komme auf diese Frage, da der Klavierstimmer zu mir gesagt hat, ich hätte mit dem Klavier einen guten Fang gemacht. Daraufhin habe ich ihn gefragt, ob es denn bei ein- und derselben Modellreihe wirklich hörbare Unterschiede gibt. Er hat mir daraufhin erklärt, dass es durchaus ziemliche Unterschiede geben kann, da ein Klavier ja schliesslich zum Grossteil ein Naturprodukt ist.
Nun würde mich mal interessieren, wie gross die Unterschiede wirklich sein können und was der Hauptgrund für diese sind. Einige von euch haben ja viel mir Klavieren zu tun und können dazu sicher einiges berichten. Ich denke mir, dass es solche Unterschiede eher bei der unteren bis mittleren Preisklasse geben wird, oder? Mein Klavier ist ein Kawai K300 ATX2 und kostet um die 7000 Euro. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es bei einem Steinway & Sons Flügel für über 100'000 Euro grosse Unterschiede zwischen den Modellen gibt. Falls doch bitte lasst mich an euren Erfahrungen teilhaben. :-)

LG
ibex
 
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Was heißt bei Dir große Unterschiede? Stell Dir vor ein und dasselbe Klavier wird von zwei verschiedenen Stimmern/ Klavierbauern im Werk intoniert. Es ist das gleiche Klavier aber es wird unterschiedlich klingen.
Pauschal kann man,m.E. nicht sagen, ob bestimmte Hersteller, Baureihen,etc. mehr oder weniger innerhalb des gleichen Typs unterschiedlich klingen.
Das hängt von sovielen Faktoren ab.
Schon die Luftfeuchtigkeit die heute anders ist als morgen lässt ein Klavier in Nuancen anders klingen, da der Filz der Hämmer auf die Luftfeuchtigkeit reagiert..
Desweiteren sind Unterschiede subjektiv wahrzunehmen. Eine Person hört einen Unterschied, eine andere nicht.
Ich glaube auch nicht, dass industriell gefertigte Klaviere weniger Streuung haben als handwerklich gebaute Klaviere.
 
Jedes Klavier ist ein Unikat.
Deshalb kauft man sie auch nicht blind (besser: taub) im Versandhandel.

Sieh dir einfach die Anzahl Bauteile, das Material (Holz = Natur = gewachsen = individuell, selbst totes Holz lebt), die Bearbeitungsschritte und die individuellen Nachbearbeitungs- und Einstellungsschritte für die verschiedenen Bauteile an.

Selbst bei Autos, bei denen wahrscheinlich ein höherer Anteil der Bauteile vollautomatisch in ihrem endgültigen Zustand reproduzierbar gefertigt und eingebaut werden, gibt es eine Serienstreuung.

Ist es da wirklich noch eine Frage, ob es Unterschiede zwischen den einzelnen Exemplaren gibt?

Wie man hier so liest, ist die Streuung bei Premiummarken (bzwl. Modellen) mit ihrem höheren Anteil an Handarbeit sogar noch höher als bei den Massenprodukten.

So ein Klavier ist ein echtes Handwerksprodukt, bei dem hier noch etwas geschnitzt, dort noch etwas Filz gelockert oder verdichtet wird, bis das Gesamtergebnis stimmig ist.
Aber nicht wie bei Lego, alles bestimmte vorgegebene exakte Maße hat, sondern bis das Gesamtergebnis in seiner Unexaktheit (der Maße) stimmig ist und exakt funktioniert.

Was passiert, wenn man sich einfach auf die gefertigten Maße verläßt, kann man wahrscheinlich bei den billigsten Massenprodukten sehen, die ohne nachträgliche Ausarbeitung (die das Instrument rund machen soll) beim Kunden landen.
Bestimmt alle Exemplare exakt gleich von den Maßen der Bauteile her, aber wahrscheinlich kaum eins spielbar.
 
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So ist es! Jedes (neue) Instrument ist ein Unikat, weil es weitgehend in Handarbeit entstanden ist. Und weil ein gebrauchtes Instrument all das, was ihm widerfährt (Transporte, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Fußbodenheizung, Kamin, Wartung, Reparaturen) in sich aufnimmt. Und weil es so ist, sollte man sich meiner Meinung nach nicht auf einen Flügelhersteller festlegen, weil man sich damit bei der Suche allzusehr einengen würde.

Ich habe es selber erlebt: Vier neue Flügel der gleichen Modellreihe (einen hatte ich am Vortag angespielt, die drei anderen direkt hintereinander) waren so unterschiedlich, dass ich es kaum glauben konnte. Diese Unterschiede habe ich besonders am Spielgefühl wahrgenommen, der Klang war nicht so unterschiedlich. Es war als hätten die Flügel mit mir kommuniziert von "Du bist ja ganz nett" (der erste), bis "lass mich in Ruhe, das wird nichts mit uns!" (der zweite), über "jooou, das könnte was werden mit uns beiden, aber..." (der dritte), bis zum resignierten Gesicht des Verkaufsleiters (der vierte). Resigniert, weil ich am vierten schon nach wenigen Minuten aufgehört habe zu spielen. Er war dann verwundert, als ich spontan gesagt habe: "Der ist es!!". Und er daraufhin: "Wie können Sie das wissen, Sie haben doch gerade mal zwei Notenzeilen gespielt?". Ich wusste es einfach, es war der Klang, es war das Spielgefühl und es war das Gefühl in mit auf das jeder bei der Suche nach "seinem" Instrument wartet: Eine unglaubliche emotionale Welle ging durch mich hindurch, Gänsehaut von Kopf bis Fuß und ein Gefühl, dass ich nie vergessen werde. Ich habe den Kauf keine Nanosekunde bereut und erfreue mich jede Minute des Tages an dem Instrument (und besonders, wenn meine Besucher die Freude an diesem Flügel mit mir teilen).
 
Diese Unterschiede habe ich besonders am Spielgefühl wahrgenommen, der Klang war nicht so unterschiedlich.

Bei meiner Flügel-Auswahl war es genau umgekehrt;-). Vom Spielgefühl her fast identisch, vom Klang extrem unterschiedlich. Daher: Immer nur das Instrument erwerben, das man auch ausgesucht hat und nicht einfach irgendein Model der entsprechenden Modellreihe:idee:.
 
Deswegen verstehe ich nicht wie Online-Versender ein Geschäft mit Klavieren machen können. Anscheinend gibt es genügend Käufer die nach Katalog bestellen.
 
Ich kann die Erfahrungen, die hier geschildert werden, nur bestätigen. Mein Eindruck ist auch, dass die Streuung*** nach oben hin (!!!) zunimmt. Umgekehrt finde ich immer noch, dass die Japaner die geringste Streuung aufweisen - ich denke, dass dort das Q-Management kulturell (?) viel mehr verinnerlicht ist (siehe auch Autos).

Streuung heißt erst mal: unterschiedlich! Nicht qualitativ minderwertiger! Und im Grunde ist das auch gut so, da die Vorlieben ja ganz individiduell sind. Die vier baugleichen Klaviere, die z.b. neben meinem Traumklavier standen, und die ich nicht "geschenkt haben wollte", werden auch ihre glücklichen Käufer finden.
 
Deswegen verstehe ich nicht wie Online-Versender ein Geschäft mit Klavieren machen können. Anscheinend gibt es genügend Käufer die nach Katalog bestellen.

Die meisten Leute haben doch keine Ahnung von Klavieren. Sie wissen zwar wie so ein Instrument aussieht und wie es sich anhört, aber das war's dann auch schon. Viele werden sich zum ersten Mal etwas näher mit einem Klavier beschäftigen, wenn das Kind den Wunsch äussert, Klavier zu lernen. Und Schwupps, wird das erstbeste Klavier bestellt/gekauft. Da man bei dem Kind ja nicht weiss, wie lange es dranbleiben wird, soll das Instrument auch nicht teuer sein. Erst wenn das Kind dann wirklich dran bleibt, und vielleicht sogar noch Vater und/oder Mutter vom Klaviervirus infiziert sind, und man auch mal auf unterschiedlichen Instrumenten in der Musikschule oder beim KL gespielt hat, wird festgestellt, dass es bei Klavieren riesige Unterschiede gibt. Jetzt ist der Moment gekommen, an ein upgrade zu denken und man befasst sich intensiver mit der Materie. Und dieses Instrument wird dann sicherlich (oder hoffentlich) nicht über das Internet bestellt.
 
Deswegen verstehe ich nicht wie Online-Versender ein Geschäft mit Klavieren machen können. Anscheinend gibt es genügend Käufer die nach Katalog bestellen.

Ja, die gibt es zur genüge. Das sind dann oft die Pfennigfuchser und für uns Stimmer auch nicht immer die angenehmsten Kunden. Neulich hatte ich so einen Fall: China Klavier online gekauft. Nach dem Kauf und Lieferung noch von einem lokalen Klavierbauer begutachten lassen, ob alles in Ordnung ist. Dann nach Jahren den Stimmer (mich) gerufen. Klavier stand ca. 50 Cent zu tief, musste also hochgestimmt werden und weil das natürlich nicht hält nach einigen Wochen nochmal gestimmt werden. Als ich das den Kunden erklärte, schauten die mich an, als ob ich die über den Tisch ziehen wollte und denen nur einen Folgeauftrag aus dem Kreuz leiern wollte....
 
Besser ist das natürlich, ein Klavier anzuspielen. Aber:
Das Klavier klingt zu Hause anders als beim Händler.
Das Klavier, das ich mal hatte, klang je nach Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Abstand zur letzten Stimmung unterschiedlich.
Wenn ein Klavier von mehreren Personen genutzt wird, womöglich mit völlig unterschiedlichen Musikrichtungen, wird es kaum beide gleichermaßen zufrieden stellen.
Der Geschmack verändert sich. Während ich vor fünf Jahren auch bechstein Klaviere möchte, gefällt mir der Klang heute nicht mehr. Trotzdem könnte ich natürlich darauf problemlos üben.
Man kann ein Klavier durch Intonation und Regulierung individuell anpassen.
Man kann dich an klang und Spielgefühl auch gewöhnen.
Je nach verfügbarem Platz und Budget oder der Notwendigkeit eines guten silentsystems kann die Anschaffung ein Kompromiss sein. Nachdem ich einige Flügel gespielt habe bzw. einen Flügel regelmäßig spielen kann ist für mich jedes Pianino ein Kompromiss. Von da her kann ich mir vorstellen, dass man zB ein Yamaha U1 SH auch online bestellen kann, selbst wenn dort auch Streuung besteht, die sich aber sicher mehr auf Klangfarbe als auf Qualität bezieht, wenn ein solches Instrument als Arbeitsmittel zum üben betrachtet wird. Ich wäre als Kind/Jugendlicher mit jedem neuen u1 überglücklich gewesen.
 

Beim Jazzbass hätte ich kein Problem. Ist es ne Gurke würde ich ihn umtauschen. Gitarre: kann ich nichts zu sagen. Ich habe schon mal 2x einen gebrauchten Bass ohne anzuspielen gekauft, ohne es zu Breien. Wenn ein Laden in der Nähe ein solches Modell hätte, würde ich natürlich anspielen, wenn nicht, aber auch bestellen.
Ich kann aber genauso jemanden verstehen, der in möglicherweise aufwändiger und langer Suche das für ihn optimale Instrument sucht. Notwendig ist das zum üben und spielen meiner Meinung nach nicht. Der Flügel an dem ich in den letzten Monaten regelmäßig gespielt habe, wäre absolut kein Traum für mich, aber er erfüllt sehr ordentlich seinen Zweck!
Wenn ein Händler ein U1 Sh in schwarz im Laden hätte, was mir sehr zusagt und das ich nehmen würde, und die Partnerin besteht auf ein weißes Klavier, damit es ins Wohnzimmer passt, würde ich ein weißes U1 SH bestellen.
Mir ging es aber auch im wesentlichen darum aufzuzeigen, dass man nach dem Test im Laden nie Jahrzehnte lang zu Hause genau denselben Eindruck hat. Das fängt schon mit der Verstimmung beim Transport an und jeder Raum klingt anders.
 
Wenn ein Händler ein U1 Sh in schwarz im Laden hätte, was mir sehr zusagt und das ich nehmen würde, und die Partnerin besteht auf ein weißes Klavier, damit es ins Wohnzimmer passt, würde ich ein weißes U1 SH bestellen.
Ich auch. Ich würde das aber keinesfalls bei deutschen Marken machen.
 
Ich kann mir kaum vorstellen, dass es bei einem Steinway & Sons Flügel für über 100'000 Euro grosse Unterschiede zwischen den Modellen gibt. Falls doch bitte lasst mich an euren Erfahrungen teilhaben. :-)

LG
ibex

Ich meine mich zu erinnern, dass es bei Steinway Hamburg einen Mitarbeiter gab, der am Klang jedes einzelne Modell, das während seiner Zeit gebaut wurde, erkennen konnte. Und das waren Tausende!

Steinway schreibt das auch auf seiner Homepage (http://eu.steinway.com/de/pianos/steinway/fluegel-pianos/d-274/)
"Ein Steinway Flügel besteht aus mehr als 12.000 Einzelteilen. Kein Steinway gleicht dem anderen. Dieses liegt zum einen an dem hohen Anteil an Handarbeit, dem Know-how unserer Mitarbeiter und dem Einsatz bester Materialien, zum anderen aber auch an der Arbeit des Intoneurs, der jedem Instrument seinen ganz eigenen klanglichen Charakter verleiht."
 
Was Steinway da schreibt ist bei hochwertigen Herstellern normal und daher nichts was zur Unterscheidung von der Konkurrenz taugt.
 
Wieso wohl gibt es sogar bei den Flügeln, die für Konzertgebrauch vorgesehen sind (also den besten der Besten), Auswahlsäle?
 

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