Non legato - staccato

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. Aber wahrscheinlich ist das der - vermutlich nie endende - Prozess der Verfeinerung und Oekonomisierung der Bewegungen am Klavier, und sicher entwickelt sich auch die Klangvorstellung eingehend mit dieser motorischen Verfeinerung immer weiter. Naja, ich sollte eigentlich nicht "sicher" schreiben, sondern "ich spekuliere gerade wild und ohne Substanz vor mich hin" :p

Lieber Tobias,

da darfst du mit grosser Zuversicht spekulieren. Und es ist doch interessant, dass hier manches zur Sprache kommt, was ich dir auch schon sagte. Auch die Art des Sitzens.

Sicher hast du auch die Posts von Hasenbein verfolgt, der viel über freie Drehachsen sprach und dass diese Energieübertragung eine lange Kette ist, die sich bis in die Fussspitzen verfolgen lässt.

Der Prozess der Verfeinerung und der damit einhergehenden immer intensiver werdenden Klangvorstellung vollzieht sich oft unmerklich und wird oft erst auf längere Distanz realisiert.

Zu den verschiedenen Klavieren, die oft nicht so wollen möchte ich behaupten, dass man die eben überlisten muss und in gewissen Grenzen dies auch kann.

Fips sprach von dem realen Klang, den das Instrument produziert. Wer aber hört diesen realen Klang? Ich behaupte einfach mal: Niemand! selbst der produzierende Pianist hört fast nie alles, was er da produziert, sondern er bekommt hauptsächlich den Klang mit, den er sich vorher vorstellt. Natürlich ist der Pianist während des spielens auch ein Hörender aber im KLavierspiel ist soviel an Illusion- und der Pianist ist ja ein Klangillusionist, dass vor allem die Zuhörer eher das hören, was der Pianist sie hören machen will.

Und all das nennen wir: die Kunst des Klavierspiels.
 
Fips sprach von dem realen Klang, den das Instrument produziert. Wer aber hört diesen realen Klang? Ich behaupte einfach mal: Niemand! selbst der produzierende Pianist hört fast nie alles, was er da produziert, sondern er bekommt hauptsächlich den Klang mit, den er sich vorher vorstellt. Natürlich ist der Pianist während des spielens auch ein Hörender aber im KLavierspiel ist soviel an Illusion- und der Pianist ist ja ein Klangillusionist, dass vor allem die Zuhörer eher das hören, was der Pianist sie hören machen will.

Und all das nennen wir: die Kunst des Klavierspiels.

Ich widerspreche.

Dieses Nicht-im-realen-Klang-Sein-sondern-Imaginieren ist in der Tat sehr verbreitet. Sieht man schon daran, daß es erschreckend viele Klassikstudenten selbst der Solistenklassen gibt, die auf total heruntergekommenen, verstimmten Mistklavieren üben und nichts dabei finden.

Das ist aber eben nicht die Kunst des Klavierspiels.

Die Kunst des Klavierspiels ist, so mit dem realen Klang zu arbeiten, daß dadurch eine die normale Vorstellung von "Klavierspiel" oder "Klavierklang" transzendierende Wirkung erreicht wird.

Den realen Klang zu ignorieren kann unmöglich zu wirklich hohen Ergebnissen führen. Absolut ausgeschlossen. Höchstens zu sogenanntem "gutem Klavierspiel". Von "guten Klavierspielern" haben wir aber schon zu viele.

Auf jedem anderen Instrument (z.B. Geige, Klarinette) würde die Vorstellung, den tatsächlichen Sound des Instruments nicht hören zu brauchen, als total absurd angesehen.

Diese Ignorierung des wirklichen Klangs ist aber auch mit eine Ursache, daß es so wenige Pianisten mit wirklichem Sound gibt und so viele "Hämmerer".

Z.T. kann diese merkwürdige Haltung vieler Klavierspieler aber auch daran liegen, daß man häufig kein adäquates Instrument zur Verfügung hat (zu teuer etc.) und deswegen sich alles "schöndenkt". (So wie in der Kindheit, als man Latten zusammengenagelt hat und sich dann vorgestellt hat, man hätte jetzt ein Gewehr.) Diese verständliche Reaktion aber gutzuheißen und auch noch eine Philosophie draus zu machen, ist falsch und schädlich.

LG,
Hasenbein
 
Hallo, hasenbein,
dreimal habe ich jetzt gelesen, was Du geschrieben hast.:confused:

Meinst Du nicht, dass es sich bei den beschriebenen Situationen und Personen um Menschen handelt, die sich mit Tatsachen, mit denen sie konfrontiert sind, arrangieren (müssen)?

Jeder Student der Solistenklasse würde sicher lieber einen Steinway B spielen :) als ein schlechtes Klavier.

Schlechte Instrumente sind sicher jedem Pianisten schon untergekommen- sofern sie nicht ihr eigenes Instrument mitnehmen. Ich habe klavigen so verstanden, dass er sagen will, die Kraft der Imagination hilft dem Pianisten über vieles hinweg, und die Kunst ist, auch schon mal mit widrigen Umständen umzugehen.

LG
violapiano
 
Natürlich muß man mit widrigen Umständen umgehen können, Violapiano.

Geht ja gar nicht anders, völlig klar.

Aber wenn ich Klavigen nicht völlig falsch verstanden habe, sagt er: Es ist völlig o.k., daß die allermeisten nicht den realen Klang des Instruments mitbekommen, sondern nur ein bißchen was davon und zusätzlich einen vorgestellten Phantasieklang.

Und dagegen wende ich mich. "Kunst des Klavierspiels" kann ich nur machen, wenn ich mit dem realen Klang arbeite, der hier und jetzt zu hören ist. Alles andere ist im Grunde Selbstbetrug, denn das, was ich mir einbilde, daß es erklingt, wird immer was anderes sein als das, was tatsächlich von außen zu hören ist.

Arbeit am Klang und an der Technik muß beinhalten, immer mehr und immer detaillierter die hier und jetzt zu hörende Schallwelle wahrzunehmen und diese - wie ein Bildhauer es mit seinem Material tut - zu formen.

Und das ist unabhängig vom Instrument. Für Klavier gelten da keine Sonderregeln, bloß weil es unter den Händen eines guten Pianisten "wie andere Instrumente klingen kann".

Das Beispiel mit den Studenten mit den unzulänglichen Instrumenten erwähne ich deshalb, weil nicht wenige von ihnen ganz offensichtlich so weit in ihrer "Klang-Traumwelt" drin sind, daß sie nicht mal der jämmerliche Zustand ihres Übungsinstrumentes mehr stört.
Kein Oboist würde die ganze Zeit auf einer Billigoboe mit Schrottblättchen und hakenden Klappen üben.
Das heißt ja nicht, daß jeder einen Steinway haben muß, sondern nur, daß man aufmerksam gegenüber dem realen Klang und den realen Klangmöglichkeiten des Instruments ist und es so weit pflegt, daß das Optimale rauszuholen ist, statt sich einfach resignierend oder abgestumpft in eine Traumwelt zu begeben.

LG,
Hasenbein
 
Aber wenn ich Klavigen nicht völlig falsch verstanden habe, sagt er: Es ist völlig o.k., daß die allermeisten nicht den realen Klang des Instruments mitbekommen, sondern nur ein bißchen was davon und zusätzlich einen vorgestellten Phantasieklang.

Und dagegen wende ich mich. "Kunst des Klavierspiels" kann ich nur machen, wenn ich mit dem realen Klang arbeite, der hier und jetzt zu hören ist. Alles andere ist im Grunde Selbstbetrug, denn das, was ich mir einbilde, daß es erklingt, wird immer was anderes sein als das, was tatsächlich von außen zu hören ist.

Arbeit am Klang und an der Technik muß beinhalten, immer mehr und immer detaillierter die hier und jetzt zu hörende Schallwelle wahrzunehmen und diese - wie ein Bildhauer es mit seinem Material tut - zu formen.

Und das ist unabhängig vom Instrument. Für Klavier gelten da keine Sonderregeln, bloß weil es unter den Händen eines guten Pianisten "wie andere Instrumente klingen kann".

Das Beispiel mit den Studenten mit den unzulänglichen Instrumenten erwähne ich deshalb, weil nicht wenige von ihnen ganz offensichtlich so weit in ihrer "Klang-Traumwelt" drin sind, daß sie nicht mal der jämmerliche Zustand ihres Übungsinstrumentes mehr stört.
Kein Oboist würde die ganze Zeit auf einer Billigoboe mit Schrottblättchen und hakenden Klappen üben.
Das heißt ja nicht, daß jeder einen Steinway haben muß, sondern nur, daß man aufmerksam gegenüber dem realen Klang und den realen Klangmöglichkeiten des Instruments ist und es so weit pflegt, daß das Optimale rauszuholen ist, statt sich einfach resignierend oder abgestumpft in eine Traumwelt zu begeben.

LG,
Hasenbein

Es liegt wohl an der Sprache oder daran, dass ich mich nicht völlig verständlich ausgedrückt habe.

Musik und Bildhauerei sind aber so verschieden, dass hier Vergleiche sehr hinken.

Also zuerst mal die Zuhörer. Was die wirklich hören ist so unterschiedlich und hängt von ihrer Vorbildung ab, sodass darüber kaum verlässliche Aussagen zu bekommen sind. Da müsste man einen richtigen Versuchsaufbau machen und den einzeln befragen.
die Kunst des Pianisten sehe ich tatsächlich darin, dass er eine Klangillusion bei den Zuhörern bewerkstelligt.

Nehme wir die ersten Takte der Ondine. Der Pianist hört natürlich die genaue Struktur aber die meisten Zuhörer hören diese schon mal nicht und befragt, würden sie auch nicht angeben können, wie diese Struktur aussieht. Ich möchte angesichts eines vorgetragenen Klavierstücks auch ungern von Tatsachen sprechen, sondernn eher von erzielten Wirkungen.
Bei der gemeisselten Statue kann der Mensch herangehen und den einzelnen Faltenwurf eines Gewandes genau erkennen. Bei einem Musikstück ist es, kaum dass es erklungen ist, bereits wieder verschwunden. Da ist nichts mehr , wo man nachsehen könnte oder auch nachhören.

Und wie der Magier auf der Bühne, der ja auch sein Publikum täuscht sehe auch auch den Pianisten der dem Zuhörerkreis eine Klangillusion verschafft. Das hat mit #Selbst oder anderem Betrug nichts zu tun.

Und mit den Schallwellen sehe ich das auch kritisch. Es sind einfach zu viele Daten, die wir einzeln garnicht so schnell aufnehmen können.
Und mit den alten schlechten KLavieren müssen wir eben besondere "Täuschungstechniken" beherrschen. so kann ich zum Beispiel Tonrepetitionen schneller spielen, als sie die Repetitionsmechanik des alten Kasten eigentlich zulässt und der zuhörer hört nicht den realen Klang, sondern das von mir gewollte Tempo- naturgemäss fehlen wegen der trägen Mechanik des Klaviers einige Töne in dieser Repetition aber das Publikum wird nichts merken, weil es die fehlenden Töne einfach mental ergänzt.

Und die armen Studenten an ihren schlechten Übeklavieren leiden schon am schlechten Zustand ihrer Instrumente und bekommen genau mit,, worauf sie üben und geben sich meist redlich Mühe, da das Optimum herauszuholen. Und auch hier ist der Vergleich mit Billigflöten und Oboen nicht ganz passend, weil bei schlecht sitzenden Klappen die Töne teilweise garnicht mehr ansprechen,, während sie beim schlechten Klavier eben nur schlechter klingen.
Und zu letzt noch mal der Konzertpianist, der natürlich den realen Klang seines Instruments genau durchhört. Aber selbst er hört tatsächlich nicht alles sondern eine Art vorher in mehreren Schichten erarbeitete Compilationm ähnlich dem Dirigenten, der auch keinesfalls alle Stimmen imemr zugleich hört sondern sich eine Art Dirigentenspur erarbeitet hat, an Hand der er die Aufführung leitet.
 
Den realen Klang zu ignorieren kann unmöglich zu wirklich hohen Ergebnissen führen. Absolut ausgeschlossen. Höchstens zu sogenanntem "gutem Klavierspiel". Von "guten Klavierspielern" haben wir aber schon zu viele.
(...)
Diese Ignorierung des wirklichen Klangs ist aber auch mit eine Ursache, daß es so wenige Pianisten mit wirklichem Sound gibt und so viele "Hämmerer".

hallo,

wenn ich klavigen richtig verstanden habe, dann denkt er gar nicht daran, dass man auf den realen Klang verzichten und allein in der Illusion schweben solle - er ergänzt lediglich, dass zum realen und natürlich genau durchzuhöreneden Klang eben gelegentlich auch ein paar suggestive (u.U. sogar autosuggestive) Momente hinzukommen - - z.B. das crescendo auf einem lang angehaltenem Akkord, was real unmöglich, aber suggerierbar ist (am Ende der Sonate von Liszt)

...ob die wie in Deinem Sinn gemeinten "guten Klavierspieler" sowie die "Hämmerer" wirklich epidemisch auftreten? Da habe ich so meine Zweifel. Insgesamt gibt es durchaus recht viel Klavierspiel auf sehr hohem Niveau. genau deswegen ist die Luft ja auch verdammt dünn für diejenigen, die das auch gerne im Konzertsaal und obendrein lukrativ betreiben möchten...

Gruß, Rolf


@ klavigen:
bei sehr schnellen chromatischen Skalen ergänzt das Ohr die fehlenden Töne, ein Umstand, auf welchen Horowitz schon hingewiesen hatte; ich bezweifele, dass ich fehlende Töne bei schnellen Repetitionen nicht bemerke: dazu kenne ich die Stücke, in denen sowas vorkommt, zu gut.
für Zuhörer, die weder die Klaviermusiktricks bzw. -effekte noch die Ondine kennen, wird der wunderschöne Anfang vermutlich "irrisierend" klingen - sie hören etwas wohlklingendes bewegtes, hören, wie sich dieser bewegliche "rieselnde" Klang in verschiedenen Harmonien bewegt und hören natürlich die unvergeßliche Melodie - - ich bin davon überzeugt, dass der Anfang der Ondine beinahe jedem (der Musik mag) schon nach dem ersten Hören im Gedächtnis bleibt und wiedererkannt wird.
 
Sieht man schon daran, daß es erschreckend viele Klassikstudenten selbst der Solistenklassen gibt, die auf total heruntergekommenen, verstimmten Mistklavieren üben und nichts dabei finden.
Das Beispiel mit den Studenten mit den unzulänglichen Instrumenten erwähne ich deshalb, weil nicht wenige von ihnen ganz offensichtlich so weit in ihrer "Klang-Traumwelt" drin sind, daß sie nicht mal der jämmerliche Zustand ihres Übungsinstrumentes mehr stört.

Kann ich überhaupt nicht bestätigen.
 
@ klavigen:
bei sehr schnellen chromatischen Skalen ergänzt das Ohr die fehlenden Töne, ein Umstand, auf welchen Horowitz schon hingewiesen hatte; ich bezweifele, dass ich fehlende Töne bei schnellen Repetitionen nicht bemerke: dazu kenne ich die Stücke, in denen sowas vorkommt, zu gut.
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Hi rolf,

das mit den chromatischen Skalen stimm so und bei den Repetitionen meine ich nicht Oktavrepetitionen, denn mit diesem Tempo kommt die Mechanik auch eines Klaviers mit.

ICh meine die Repetition von Einzeltönen oder sehr schnelle Triller. Nun haben wir, weil wir fast all Stück kennen, natürlich die Ohren dazu fast alles zu erkennen, aber der gemeine Zuhörer wird es nicht bemerken- das wollte ich eigentlich sagen.

Unser Gehirn ergänzt ganz einfach die fehlenden tatsächlichen Anschläge.

Und ich vermute,, obwohl ich da kein Fachmann bin, dass bei Trommelwirbeln ähnliches passiert. Der Wirbel wird dichter wahrgenommen und auch schneller als er real gespielt wird. Diese Aussage aber kann ich nur unter Vorbehalt machen.

Ansonsten scheinst du meinen Beitrag richtig verstanden zu haben.
 
wahrnehmen beim repetieren

bei den Repetitionen meine ich nicht Oktavrepetitionen, denn mit diesem Tempo kommt die Mechanik auch eines Klaviers mit.

ICh meine die Repetition von Einzeltönen oder sehr schnelle Triller.

es gibt nicht nur Klaviere, sondern auch Flügel, welche in raschem Tempo leider nicht schnell genug die Oktaven der 6. ungar. Rhapsodie oder der Erlkönigtranskription bringen, zu schweigen vom Akkordvibrato im Liebestod.

klar, bei noch schnelleren Einzeltonrepetitionen bleibt ganz gerne was weg, auf Klavieren fehlt dann mehr als auf Flügeln - aber auch hier hört man das, weil diese Repetitionen meist doch rhythmisch organisiert sind - - bei einem freien Triller ist die Wirkung anders, weil die nachvollziehbare rhythmische Organisation fehlt: da ergänzt das Ohr gerne.

Gruß, Rolf
 

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