Neue Mechanik in alten Flügel?

Äähhhh,
vielen Dank für eure Vorschläge und Ratschläge.
Ich muss jetzt noch mal eine ganz dämliche Anfängerfrage stellen:
wenn ich Hammerköpfe, Stiele, Röllchen UND Hebeglieder ersetzte, UND von gebunden auf Pilot enumbaue....
dann ist sind doch nur noch die Balken übrig ? (Fänger??)
Das ist nach meinem Verständnis doch der (fast) komplette wesentliche aktive Teil der Mechanik. Warum dann nicht gleich eine ganze, neue Mechanik?
Natürlich will ich die alte Klaviatur erhalten....

Übrigens, habe gerade eine schöne Serie von Videos gefunden, in denen gezeigt wird wie eine gebundene (Renner) Mechanik aus einem 1923 Bechstein auf Vordermann gebracht wird. Die Eigentümerin beschreibt detailliert, was sie daran schätzt und warum es so gemacht wurde.


View: https://www.youtube.com/watch?v=Mbi4qmc4glM&list=PLmwlM7tzHkP0ExU4yhCwH99mKyaqZJh59&index=2



View: https://www.youtube.com/watch?v=FsaSzJQrrf0&list=PLmwlM7tzHkP0ExU4yhCwH99mKyaqZJh59
 
Zuletzt bearbeitet:
wenn ich Hammerköpfe, Stiele, Röllchen UND Hebeglieder ersetzte, UND von gebunden auf Piloten umbaue....
kann es sein, daß die Mechanikbacken und vor allem die Lage der Mechanikbalken für die neuen Bauteile nicht in der richtigen Position sind. Auch könnte die Auskehlung bei den Kapseln der Hebeglieder nicht zu dem Mechanikbalken passen.
 
Hab die Links noch mal funktionsfähig eingestellt.
 

Ich habe sowas auch schon gesehen. War ein Flügel, der von der hiesigen Hochschule verkauft worden war. Wahrscheinlich wollten sie den Damen und Herren der Klavierabteilung ordentlich Muckies antrainieren. Das Spielgefühl war jenseits von gut und böse. Spielgewicht war in den hohen Sechzigern. Also nicht ganz so schlimm wie im von @agraffentoni genannten Fall. Besonders ärgerlich war, dass irgend so ein Überzeugungstäter auch die Schnüre abgeschnitten hatte, in die die Tragefedern eingehängt wurden.
 
Wenn das Original substanziell und konstruktiv erhaltungsfähig ist, bitte nicht mit überflüssigen Neuteilen rumfuschen. Stichwort Blüthner Patentmechanik. Es war nicht alles schlecht, auch, wenn es alt ist.
 
Naiv wie ich bin sehe ich den Klangkörper schon als ein individuelles, handwerklich meisterhaftes Einzelstück. An dem muss ja nicht viel gemacht werden.
Die Mechanik kommt von der Stange aus der Fabrik, und von der alten soll ich sowieso die Hälfte wegwerfen.
Wie gesagt, naive Anfängerdenke.
 

Irgendwie schon. Auch wenn auf einer neuen Mechanik Renner draufsteht, darfst Du ruhigen Gewissens davon ausgehen, das Klavierhersteller, die derart beliefert werden, die Mechanik komplett auseinandernehmen und sie dann maßgeschneidert für das jeweilige Instrument anpassen und zusammenbauen.

Ich hatte bereits den Link zum Artikel über den freundlichen Herren aus London gepostet, der zwei Mechaniken in einen Konzertflügel einbaut. Es ist also offensichtlich eben nicht so, dass man mal eben eine Mechanik von der Stange in einen beliebigen Flügel stecken kann.
 
... und was ist mit der Dämpfermechanik ...
... und was ist mit allen Filzen ...
... und was ist mit der Saitenjustage auf gleiche Höhen ...
... und was ist mit Neubesaitung ...

Schön, wenn man die Substanz alter Instrumente achten möchte.

Warum aber sollte das nur für die Klanganlage gelten?

Ich habe hier eine nagelneue Mechanik von WNG als Bausatz liegen. Wollte mir eine zweite Schublade für den Centennial D bauen. Ich habe es letztlich gelassen. Peu a peu hatte mir ein begnadeter Mechanikus die uralte (1877) Mechanik *1* so fit gemacht, dass der Anlass, sich was neues gönnen zu wollen, entschwand.

NB eine der ältesten existierenden Pilotenmechaniken im Übrigen..., es gibt irgendwo auf der Welt vielleicht noch ca. 20 Flügel mit einer älteren Pilotenmechanik.

*1* so uralt, dass die Position des Stößels unter der Hammerrolle noch nicht mit Schraube reguliert wird - Einleimen von Filzstückchen ins Fensterchen war angesagt. Dafür aber leicht, flinkt, unglaublich gutes Material. Theo Steinwegs Meisterwerk.

Das achte ich. Auch eine über 140 Jahre alte Mechanik kann freudenspendend sein.
 

Vielen Dank für viele detaillierte Antworten. Ich habe wieder einiges über die Komplexität des Themas gelernt. Die Antwort ist für mich überraschend:
es ist anscheinend nicht unüblich, 70% Neuteile auf 30% Altteile zu schrauben. Obwohl der führende Hersteller von Mechaniken anbietet, 100% massgeschneiderte Neuteile für Altinstrumente zu liefern, scheint diese Strategie sehr unüblich zu sein.
Plausibel erscheint mir das nur über den Preis, aber der ist mir leider immer noch unbekannt.
Die erforderlichen Anpassungen an Saiten, von Dämpfern etc sollten nicht primär relevant sein, da sie in beiden Fällen nötig sind.

Was ich allerdings klar heraushöre ist: die alte Mechanik ist wahrscheinlich gar nicht schlecht, selbst wenn sie nicht im modernen Design konzipiert ist. Also behutsam nur das nötigste machen. Und das werd ich erst mal tun und sehen was herauskommt.
 
Obwohl der führende Hersteller von Mechaniken anbietet, 100% massgeschneiderte Neuteile für Altinstrumente zu liefern, scheint diese Strategie sehr unüblich zu sein.

Soso, "der führende Hersteller von Mechaniken" hätte mir also 100% passende Hammerköpfe zu meiner ollen Gurke liefern können, also schmaler als heute, mit anders geformten Hammerkopfschwänzchen, die zu den alten Fängern gepasst hätten. Oder anders herum, der Hersteller hätte mir alte Fänger zu damals üblichen Schwänzchen liefern können. Und Hebegliedern mit dem passenden Sattel für eine alte Mechanik von Anno Tobak.

Die haben bestimmt auch 130 Jahre alte Schafe im Hinterhof, um 100% originale Filze herzustellen und sicherlich ebenso alte Kühe für Hammerröllchen und Fänger. Und wahrscheinlich halten die im Keller noch einen 160 Jahre alten Klavierbaumeister unter strenger Diät, damit er die sorgsam gehüteten Appalachenfichten noch ordnungsgemäß für den Mechanikbalken zuschneiden kann.
 
Tut mir leid, ich kann Dir nicht folgen.
Ich habe mit grossem Interesse die Geschichte Deines Projekts gelesen und gute Anregungen mitgenommen, aber ich glaube Du hast eben das Thema verfehlt. Setzen ;-)
 
Ich glaube, Du hast das "100% massgeschneidert" falsch verstanden. Um es noch mal zu sagen: museale Erhaltung der Originalsubstanz ist mir egal, ich will ein Instrument zum Spielen. Renner sagt: gib mir die Geometrie Deiner alten Mechanik, und wir bauen Dir eine neue mit den gleichen Parametern. Massgeschneidert ist nicht gleich originalgetreu, ist nicht gefragt.

Hat Steinway denn 130 Jahre alten Filz auf Deine Hämmer getackert? ;-)
 
Du verhedderst Dich in Deiner Argumentation, aber wurscht; ich wünsche Dir, dass Du endlich einen Klavierbauer findest, der Dir Klarheit bringt und Dich vom recht sinnfreien Googlen wegbringt.

100% massgeschneiderte Neuteile für Altinstrumente

ist etwas komplett anderes als

Renner sagt: gib mir die Geometrie Deiner alten Mechanik, und wir bauen Dir eine neue mit den gleichen Parametern.

Ersteres bedeutet 1:1 Ersetzen von einzelnen Altteilen mit neu Hergestellten und exakt den gleichen Materialien und Maßen. Mehr nicht. Bauteil != Baugruppe.

Zweiteres ist das Liefern einer Mechanik, die eventuell grob in Deinen Flügel passen könnte. Abgesehen davon, dass Renner Dich direkt nicht beliefern wird, wirst Du es Dir nicht leisten können und wollen, das tatsächlich durchzuziehen, denn mindestens genauso teuer wie die Mechanik wird der Aufwand des Klaviertechnikers sein, der das anpassen darf, wenn er denn überhaupt will. [1]

Und wenn Du mit großem Interesse meinen Bericht gelesen hast, dann dürfte Dir nicht entgangen sein, dass ich mich nicht auf mein Google-Fu (das sehr gut ist) verlassen habe, sondern zu 98% auf die Beurteilung, Vorschläge und Meinungen von Leuten, die erwiesenermaßen etwas von der Materie verstehen und sich das Instrument angeschaut haben. Das wäre die Haupt-Message, die Du aus meinem Bericht ziehen solltest.

[1] Mein aktueller Techniker hat auf meine Anregung, dass ich einen Satz passende Hebeglieder aus einer baugleichen und zeitlich vergleichbaren Mechanik gefunden habe und die doch verbaut werden könnten, gesagt "Jo, machen's des, oba denn suchen's sich halt auch an anderen Techniker". Ich habe daraufhin die Bestellung der Hebeglieder storniert.
 
Ich finde den oberstehenden Beitrag unhöflich, herablassend und nicht zielführend. Ich habe mit PM geantwortet, um den anderen Teilnehmern den Quatsch zu ersparen....
 
Man möge mir einen Sachfehler zeigen und ich werde glücklich sein, ihn zu korrigieren und mein Wissen zu erweitern.

Ein wenig Satire wird man mir nachsehen dürfen, wenn man eh ins Nichts spricht bei relevanten Informationen - und wenn nicht, dann tut es mir leid, Empfindlichkeiten getroffen zu haben, die ich als solche nicht wahrgenommen habe. Mea maxima culpa; wird dank moderner Software von Foren nicht mehr vorkommen. Versprochen.
 
apruss, höre bitte auf oe1feu.

Der weiß, wovon er spricht.

Ihm fehlt die Geduld mit Beginnern... ;-)

Und lasst das wechselseitige Bekabbeln. Oe1feu hat recht, ist vom Fach insofern, als er wirklich weiß, was mit alten Flügeln los ist, und du, apruss, bist noch neu in dem Gewerbe, aber sicherlich lernfähig.

Tatsache ist, dass recht viele Leute, und auch sehr befähigte Leute, behaupten, sie machten angemessenen Umgang mit alter Flügeltechnik.

Und was da rauskommt, ist auch Flügel.., aber ist uU. nicht mehr wirklich alt.

Allein am Thema Hämmerchen kann man massiv ans Staunen kommen. Ich bin Laie, allerdings Technikus aus anderer Berufsrichtung.., und ich habe gestaunt. Noch mehr aber hatte der SEHR erfahrene Klaviermacher gestaunt, als er nach ungemein hartnäckigem Nörgeln meinerseits über anderthalb Jahre..., starker Abwehr seinerseits, dann letztlich doch mal einwilligte, die nagelneuen Hämmer bei meinem D gegen vier bearbeitete, uralte Hämmer (ca. 80-110 Jahre alt) auszuwechseln.

Der war BASS ERSTAUNT, weich ein Unterschied da kam. Wie doll die alten Hämmer klangen. Nein klingen.

Und ich war mega erstaunt, dass er davon so ungemein überrascht war.

Und der Macher war ein guter, nein, einer der allerbesten. Tatsache war wohl, dass er alte Hämmer an sich kannte, auch neue Hämmer, na klar, sein Tagesgeschäft.., aber noch nie wirklich einen alten Flügel mit neuen Hämmern auf alte Hämmer parallelverglichen hatte, weil das aus seiner Vorstellungswelt fiel, dass so etwas AUCH sinnvoll sein könne - und ich aber nie nachließ zu quengeln, und auch alle Spielzeuge besorgt hatte, und er nur machen brauchte.

Dann machte er.

Tatsache ist auch, dass du heutzutage bestimmte Filz- und Lederqualitäten nicht mehr bekommst, teils sind die Chemikalien mittlerweile verboten, weil umweltschädlich oder menschenschädlich, dann gibt es alte Drähte, die nicht mehr so ohne weiteres ersetzt werden können. Und man sollte wohl die ganzen Paulello-Drähte, die behaupten, sie könnten das "Alte", erstmal vorsichtig ausprobieren ...

Dann, wenn es schief geht, hättest du hinterher einen Hybriden..., ein Klavier, das weder richtig und korrekt neu ist, noch richtig alt... (NB OT Das ist übrigens das, was wohl paar Kunden der edlen Fa. Steinway dann uU. in New York erleben können... Ich hab da paar Geschichten gehört... betreffs behaupteter Originalität und Hybriden. Ich könnte sie - die Geschichten - en detail wiedergeben, kann aber leider nicht verbürgen, dass sie sich 1A genauso zutrugen, darum mit Vorbehalt...)

Und mit noch etwas mehr Pech kommst du niemals auf den Alten Stand zurück...

DAS ist das, vor dem dich Oe1feu warnt, und ich warne da auch.

Alte Substanz kann kostbar sein. Muss nicht, kann....
 
Vielen Dank für Deinen Beitrag. Ich hatte mir ja sowieso vorgenommen, erst mal in Ruhe zu schauen was die alte Substanz kann. Wenn Du mir jetzt Hoffnung machst dass die alten Hämmer Potential haben (und nicht Schrott sind, was der erste Reflex des Klavierbauers war, den ich mitgenommen hatte), dann um so besser. Ich hab ja Zeit und einen freien Platz in der Werkstatt.
(hatte ich übrigens oben schon gesagt, bevor der Umgangston ohne Not rustikal wurde).

Verrätst Du mir noch, warum die alten Hämmer erst erneuert und dann wieder gegen alte getauscht wurden, oder gibt es dazu schon einen Faden?

In diesem Faden hier wollte ich eigentlich gar nicht über den Erhalt von historischem Material sprechen, sondern schlicht und einfach nur wissen ob es Erfahrungen mit dem kompletten Tausch gegen Neuteile gibt. Ich verstehe, dass es anscheinend in diesem Kreis hier keine repräsentative Erfahrung damit, aber sehr starke Gefühle dagegen gibt. Auch gut. Ist angekommen. Die Frage bleibt für mich weiter offen, weil anscheinend keine Daten existieren. Das ist doch jetzt einfach ein Fakt, und keine Weltanschauung um die man sich streiten kann.

Und zur Stilfrage: echte Könner sind immer souverän, die Möchtegerne leider oftmals nicht.....
 

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