Neubefilzung und -besaitung oder nur Intonation?

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Karlheinz Klopweisser

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26. Mai 2020
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Hallo zusammen,

bei meinem Yamaha-Flügel C 5 (2 m lang) aus den 1980er Jahren, für 14.500 € gebraucht im Jahr 2011 bei einem Fachhändler gekauft, stellt sich - aufgrund eines inzwischen sehr metallisch-blechernen und auch recht "dünnen" Tons, v. a. ab Mittellage aufwärts, die Frage nach einer kompletten Neubefilzung (Austauch sämtlicher Hammerköpfe) und einer kompletten Neubesaitung. Der Flügel übrigens klang schon im Jahr 2011 nicht viel besser, warum er trotzdem gekauft wurde, ist eine etwas kompliziertere Geschichte, auf die ich jetzt nicht eingehen will, spielt jetzt aber auch keine Rolle. Der Flügel wurde auch mal intoniert, um einzelne Ausreißer an die anderen Töne anzugleichen, aber viel gebracht hat das nicht und es hieß, da könne man intonatorisch nicht mehr viel retten (oder der Klavierbauer war eben lustlos oder unfähig oder beides).

Die Neubefilzung und -besaitung wurde von einer Klavierbauwerkstatt (nicht diejenigen des vorgenannten Klavierbauers) jedenfalls angeraten und mit ca. 7.000 Euro beziffert (!). :015:

Bevor ich allerdings soviel Geld investiere (und auch die Frage ist, wieviel der Flügel, der ansonsten technisch und optisch gut dasteht, überhaupt noch wert ist), wäre mal meine Frage an die in diesem Forum gebündelte Kompetenz und Erfahrung, inwieweit...

1.) das Problem eines "zu" brillanten, harten Klangs eine Yamaha-Krankheit ist;
2.) eine Neubefilzung und -besaitung überhaupt etwas bringt - ob also die jetzigen Filze wirklich nicht mehr zu retten sind und ob sich die Flügelsaiten nach 35 Jahren wirklich klanglich zum Nachteil entwickeln;
3.) man mit einer gründlichen Intonation allein diesem Flügel doch wieder ein ansprechendes Klangbild entlocken kann.

Der Kauf eines anderen Flügels scheidet aus. Es ist mein erster eigener Flügel. Hatte zuvor ein Mietinstrument, und das Klavierstudium hatte ich fast ausschließlich auf den Instrumenten der Überäume bestritten.

Gegenwärtig habe ich zwischen die Fangbacke links des Mechanikapparats im Flügelinnern und die Mechanik selbst ein mehrfach gefaltetes Papier gesteckt; das Papier verschiebt die Mechanik auch ohne linkes Pedal generell etwa 0,5 mm nach rechts, wodurch der Klang etwas weicher ist (allerdings schluckt das auch Obertöne, was manche Töne stumpfer macht). Eine Dauerlösung kann das aber nicht sein, längerfristig würden so die Kerben in den Hammerköpfen künstlich verbreitert.

Über entsprechende Ratschläge, was zu tun wäre, oder auch eigene Erfahrungen etwa mit Neubefilzungen/-besaitungen, aber auch einer gründlichen Intonation, würde ich mich freuen. :001:

Beste Grüße
 
Du wirst sicher noch konkretere Tipps hier bekommen. Aber neue Hammerköpfe sollen Wunder wirken, vorausgesetzt das Instrument ist sonst mechanisch gut in Schuss. Vor dem Kauf meines S3x habe ich auch den einen oder anderen C angespielt, da liegen auch bei Neuinstrumenten klanglich schon Welten zwischen, die man mit guten Hammerköpfen schon müsste annähern können ,,,
 
Wenn die Achsen und Röllchen noch gut sind, wäre eine Neubefilzung der Hämmer mit Intonierung meine Präferenz.
 
An erster Stelle würde ich mich auf die Suche nach jemandem machen, der die rein klangliche Seite des Flügels einmal analysiert, d.h. feststellt, wieviel Filz noch über dem Kern ist, also wie oft er schon abgezogen wurde. Wie tief die Rillen sind, also wieviel Material man abziehen müßte, um wieder eine gleichmäßige Oberfläche zu bekommen. Wieviel Spannung der Filz noch hat, d.h. ob man durch Stechen an bestimmten Stellen die Spannung noch verändern kann, um damit den Klang zu formen.

Ein neuer Satz Hämmer hört sich immer nach einer vernüftigen Lösung an, aber ein Kostenvoranschlag über 7k lediglich für neue Köpfe und Saiten ist schon recht teuer (inkl. Transport?)- und es ist nicht ersichtlich, wieviel von dem tatsächlich notwendigen Zeitaufwand zur Nachbearbeitung darin enthalten ist - und dieser Aufwand ist erheblich.

Bedenke, dass ein neu besaiteter Flügel sicherlich mehrere Monate bis zu einem Jahr braucht, um eine stabile Stimmung zu bekommen. Die Neubesaitung meines Flügels vor drei Monaten hat jetzt einen einigermaßen brauchbaren Stand erreicht, allerdings habe ich ihn innerhalb dieser Zeit auch ca. 20 mal komplett neu gestimmt. Das ist sicherlich etwas Overkill, für mich war es aber eine gute Übung. 5-6 Stimmungen hätten es wohl auch getan in dem Zeitraum, aber dadurch hätte es deutlich länger gedauert, bis der Flügel eine einigermaßen brauchbare Stimmung gehalten hätte.

Und neue Hammerköpfe sind zunächst einmal Rohmaterial, das erheblich bearbeitet werden muß, bis da eine gewisse Geschmeidigkeit im Klang drin ist. Dazu braucht man jemanden, der zielgerichtet mit Herz, Hirn, Ohren und Erfahrung sehr tief nadelt, um eine tatsächlich nachhaltige Intonation zu erreichen. Kurzfristiges Korrigieren von 'Ausreißern ist etwas anderes. Da kommen also etliche Stunden an harter Nadelarbeit dazu.

Die Frage nach dem 'Warum neue Saiten' sehe ich auch nicht beantwortet. Hat Dein jetziger Stimmer schon angefangen zu fluchen, weil kein einziger Chor mehr wirklich sauber zu stimmen war - oder war es dann doch die Pi mal Daumen Aussage, dass man Saiten nach 40 Jahren einfach neu macht? Und wenn schon Saiten austauschen, dann sollte man auch die Agraffen neu machen, da freut sich der Stimmer und das Material selbst ist so teuer nicht.

Wenn der Steg und der Resonanzboden nicht gerade Risse wie blöd haben, dann kann man aus dem Instrument sicherlich wieder etwas schönes machen. Aber dazu sollte man sich vorher genau überlegen, was man mit welchem Aufwand erreichen will.

Vor einer Neubesaitung würde ich mich zunächst ausschließlich auf die Mechanik konzentrieren, d.h. sämtliche Verschleißteile überprüfen (Was muß ausgetauscht werden, was kann durch Reinigen/Polieren verbessert werden). Yamaha baut exzellente Mechaniken, da kann man schon wahnsinnig viel durch solche Arbeiten erreichen. Danach den Flügel einmal komplett durch einen Fachmann mit Konzerterfahrung neu regulieren lassen und wie schon vorher geschrieben, Hammerköpfe erst einmal überprüfen lassen.

Das hat den Vorteil, dass der Flügel nicht in die Werkstatt muß, sondern lediglich die Mechanik und die restlichen Anpassungen vor Ort vorgenommen werden können.

So oder so, ich würde mir in jedem Fall eine Zweitmeinung durch einen erfahrenen Konzerttechniker einholen, bevor ich den Flügel in eine Werkstatt geben würde.
 
Die Yamaha-Flügel sind doch für einen gewisse Härte im Klang bekannt und im Jazz auch beliebt.
Da musste halt überlegen, ob Dir das grundsätzlich noch taugt.

Die Neubefilzung und -besaitung klingt für mich nach Übertreibung.
Ich bin aber auch nur ein Hobbyist, der einen älteren Feurich-Flügel für wenig Geld kaufte und der durch einen Klavierbauer ganz prima intoniert und reguliert wurde.

Die Argumente von OE1FEU finde ich richtig.

Eine Region wäre interessant, dann könnte man eine Empfehlung für eine zweite Begutachtung aussprechen.
 
Toni: Das glaube ich sofort. Ein Kawai klang aber für mich vom Charakter her nie so hart wie ein Yamaha.
Aber ich frage mich, warum es 10 Jahre nicht besser versucht wurde - der Flügel wurde doch in der Zeit bestimmt 10x gestimmt.
Da kann man sich doch verschiedene Klavierbauer empfehlen lassen und entsprechend Meinungen einholen.
 
Vielen Dank mal für die Antworten, vieles davon ist sehr hilfreich und mit den genannten Ratschlägen werde ich mich genauer befassen. Eine Begutachtung durch einen Techniker wird der erste Schritt sein.
--> Tomtempest:
der Flügel steht im Landkreis Karlsruhe. Daß 10 Jahre lang kaum etwas gemacht wurde (außer eben mal eine Intonation so 2012/13 irgendwann) hat auch damit zu tun, daß ich in der Zeit zwei Umzüge und die Einrichtung eines Einfamilienhauses mit dem ganzen Gedöns, was da alles dran hängt, zu bewältigen hatte, auch beruflich phasenweise arg viel zu tun hatte (ich unterrichte nicht allein, bin auch Dirigent in musiktreibenden Vereinen, sowie Kulturjournalist für die Presse) und deshalb phasenweise weniger Klavier spielen konnte. Deshalb wurde das aufgeschoben, und der Flügel wurde in der Zeit etwa alle zwei Jahre gestimmt. Bzgl. Stimmbarkeit ist der Flügel noch gut (hält auch die Stimmung gut), lediglich ein paar Chöre sind schwer stimmbar, und darüber hinaus haben manche Töne einen Wolf (solche Dröhngeräusche bei hartem Anschlag, aber das kann auch außerhalb der akustichen Anlage liegen).
 
Ich kann aus meiner Erfahrung heraus nur da zu raten den Flügel neu zu besaiten und zu befilzen.

Jedoch sollte man Obacht geben, daß der Flügel auch mit Abel befilzt und mit Heller Baß besaitet wird.

Der Klangunterschied ist enorm.
 
Ok, die Meister haben gesprochen. Ich schweige. ;-)
Mein Klavierbauer-Held kommt aus Fürth.

Viel Glück und Erfolg!
 
Ich kann aus meiner Erfahrung heraus nur da zu raten den Flügel neu zu besaiten und zu befilzen.

Jedoch sollte man Obacht geben, daß der Flügel auch mit Abel befilzt und mit Heller Baß besaitet wird.

Der Klangunterschied ist enorm.

Man könnte aber auch Hammerköpfe von Bechstein und Saiten von Röslau nehmen. Auch da wäre der Klangunterschied enorm.
 

Der wird inzwischen wohl in Frieden seine Rente verzehren.
 
Auch wenn die polnischen Kollegen sicherlich billiger sind, was besseres als Hellerbaß ist uns bisher noch nicht untergekommen:
 

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