Faszinierende Art der Intonation auf amerikanische Art

  • Ersteller des Themas Universaldilettant
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Gern: nicht viel weiss ich über die "Intonation" des Klaviers, hat erst hier meine Aufmerksamkeit erregt.

Es könnte aber durchaus helfen, sich einmal mit dem Thema zu beschäftigen. Wirklich. Die Schönheit eines Klaviertons entsteht durch Intonieren - und weder ist das trivial, noch sind die Meinungen konsistent, insbesondere über Kontinente hinweg.

Ich habe als Chemiker den Interessierten mein Wissen zur Natur der Wechselwirkungen zwischen unpolaren nichtprotischen halogenierten Lösungsmitteln und Proteinen bzw. Fetten geteilt und meine Mutmaßungen bzgl. der Auswirkungen auf die Intonation respektvoll mit einem Fragezeichen versehen.

Schön. Was genau in einem Hammerkopf sind da jetzt die Proteine und was Fette, also fundamental unterschiedliche chemische Bestandteile? Und wie sieht's mit Interaktion mit hinzugefügten Chemikalien aus, insbesondere wenn deren Applikation einigermaßen willkürlich stattfindet?

Nota Bene: Wir sind hier in einem Klavierforum und Dein Wissen als Chemiker hier höchst willkommen, aber es sollte dann doch ein wenig mehr Wissensgewinn ermöglichen als Mutmaßungen und viele Fragezeichen, denen die Realität derer gegenübersteht, die gerne ein wohl intoniertes Klavier hätten, also ein Instrument, das einigermaßen langlebig mit einer Intonation schön klingt und dann in regelmäßigen Abständen gewartet wird, idealerweise nach konsistenten Kriterien, die auch einem anderen Techniker das Fortführen der getätigten Arbeit ermöglichen.

Einfach mal "Grand Obsession" von Perry Knize lesen - und dann weißt Du, warum ich das Wort "Voodoo" im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Klavieren verwende. Selbsternannte Experten mit geheimen Tinkturen, die am Ende nicht mehr machen, als die Substanz eines Hammers derart zu zerstören, dass ein neuer Satz Hammerköpfe unumgänglich ist.

Und genau solche halbgaren Methoden, also mal hier ein bißchen von dem Saft, dort mal ein wenig härten, nachträgliches Ausgleichen der Hammerform mit dem Ergebnis, dass es aussieht wie eine Kartoffel, Intoniernadeln, die man aus dem Kopf zieht, habe ich gesehen. Und geweint. Und gesehen, wie solche Flügel dann mal eben wieder vom Hersteller in diesem Teil der Mechanik komplett erneuert werden mussten. Neue Flügel, wohlgemerkt.

Und seitdem kommt an meine Flügel keiner mit Chemie-Voodoo heran, weil es ihm zu anstrengend ist, den Hammerkopf mit Nadeln auf maximale Elastizität, Geschmeidigkeit und Dynamik zu bringen, sondern lieber $CHEMIE als Abkürzung nutzt.

Und anders als die meisten Experten hier traue ich mich, meine Flügel, trotz miserablestem Klavierspiel, aufzunehmen und zu veröffentlichen. Und guess what: Die klingen gar nicht mal so Scheiße.

PS: https://forum.pianoworld.com/ubbthreads.php/topics/3185786/re-voicing-a-piano.html#Post3185786
 
@OE1FEU interessant ich antworte Dir später

Wenn ein Lösungsmittel Fett löst, an einen anderen Ort transportiert, und dann wieder verdunstet (also das Fett am neuen Ort ablagert), ist das nicht so leicht reversibel. Ich würde sogar irreversibel sagen.
Das ändert zumindest die Physik des Hammers, damit den Klang, und genau darum geht es ja.
Da ich keinen Klavierhammer zur Ansicht habe und auch nicht weiss, woraus sie konkret beschaffen sind, und ebensowenig, was @Henry nun eigentlich genau macht, kann ich auch nur allgemein bleiben:

Ich halte für vernünftige Annahmen, dass nicht sehr viel Fett im Filz ist, und dass dieses, wenn nur eine Sorte Filz im Hammerkopf verwendet wird, homogen verteilt ist. Das Lösungsmittel wird daran nichts ändern, das verteilt auch nur homogen.

Kommt darauf an wie das Klavier gestimmt ist.

Bei Chloroform vernimmst Du erst einmal ein arg baßlastiges Rauschen - und wenn da der Diskant des Klavieres ned so ganz stimmig ist...klingt ned so schön.

Fall das deine Beobachtung ist, dann weisst du schon Mal dass Dichloromethan besser ist. Interessant wäre, wie lange der positive Effekt des DCM wirkt.

Das Ethanol im Chloroform und DCM ist ein Stabilisator, den es braucht, da Lösungsmittel oft lange gelagert werden. Die Zersetzung in Phosgen braucht Sonnenlicht und Zeit, darum auch braune Flaschen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Lösungsmittel wird daran nichts ändern, das verteilt auch nur homogen.
Ich stelle mir das so vor: Lösungsmittel wird an einer Stelle aufgetragen, injiziert. An dieser Stelle löst es das Fett als erstes / am stärksten. Dann verteilt sich das Lösungsmittel gleichmäßig im Hammer und transportiert dabei das Fett. Dann verflüchtigt es sich wieder.
Wie stark dieser Effekt ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Wo/wie das Mittel appliziert wird. Wie schnell es Fett löst. Wie schnell es sich im Filz verteilt. ...
 
Einfach mal "Grand Obsession" von Perry Knize lesen - und dann weißt Du, warum ich das Wort "Voodoo" im Zusammenhang mit der Bearbeitung von Klavieren verwende. Selbsternannte Experten mit geheimen Tinkturen, die am Ende nicht mehr machen, als die Substanz eines Hammers derart zu zerstören, dass ein neuer Satz Hammerköpfe unumgänglich ist.

Ja, fürchterliches Buch. Und ich staune über Leute, die dort glauben, einen fabrikneuen Grotrian Flügel mit anderen Hammerköpfen auszustatten sei eine gute Idee.
Und genau solche halbgaren Methoden, also mal hier ein bißchen von dem Saft, dort mal ein wenig härten, nachträgliches Ausgleichen der Hammerform mit dem Ergebnis, dass es aussieht wie eine Kartoffel, Intoniernadeln, die man aus dem Kopf zieht, habe ich gesehen. Und geweint. Und gesehen, wie solche Flügel dann mal eben wieder vom Hersteller in diesem Teil der Mechanik komplett erneuert werden mussten. Neue Flügel, wohlgemerkt.

Und seitdem kommt an meine Flügel keiner mit Chemie-Voodoo heran, weil es ihm zu anstrengend ist, den Hammerkopf mit Nadeln auf maximale Elastizität, Geschmeidigkeit und Dynamik zu bringen, sondern lieber $CHEMIE als Abkürzung nutzt.
Na ja, Chemie, also Tränke, nutzen eigentlich auch alle Hersteller, vor allem im Diskant. Aber alle sagen: wir tun es nicht! :020:
 
Ich stelle mir das so vor: Lösungsmittel wird an einer Stelle aufgetragen, injiziert. An dieser Stelle löst es das Fett als erstes / am stärksten. Dann verteilt sich das Lösungsmittel gleichmäßig im Hammer und transportiert dabei das Fett. Dann verflüchtigt es sich wieder.
Wie stark dieser Effekt ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Wo/wie das Mittel appliziert wird. Wie schnell es Fett löst. Wie schnell es sich im Filz verteilt. ...
Was ungleichmäßig verteilt ist, wird durch das Lösungsmittel gleichmäßiger verteilt. Nicht umgekehrt.
 
Wenn du genug Lösungsmittel reinkippst, dass der Hammer darin schwimmt, stimmt das definitiv.
Bei ganz kleinen Mengen und wenn das Mittel gesättigt ist, bin ich mir da nicht so sicher.
 
Wenn du genug Lösungsmittel reinkippst, dass der Hammer darin schwimmt, stimmt das definitiv.
Bei ganz kleinen Mengen und wenn das Mittel gesättigt ist, bin ich mir da nicht so sicher.

Ich verstehe was du meinst und das ist zutreffend, wenn das Lösungsmittel schnell genug verdunstet. Das könnte sogar bei DCM der Fall sein, da es leicht verdunstet. Es könnte, wenn man tief in den Hammer hineinsticht und ein paar Milliliter DCM injiziert, und dieses die Fettkomponente gut und schnell genug löst, diese gelöst nach aussen drängen durch das nachströmende reine DCM, so dass innen dann weniger Fett bleibt und aussen mehr. Aber nur wenn DCM auch schnell genug verdunstet, denn ansonsten diffundiert das gelöste Fett mit der Zeit wieder zurück und verteilt sich so gleichmässig. Also ein komplexer Prozess mit einigen Unbekannten.

Man könnte ja noch den feuchten Hammer mit Papiertüchern abtupfen. Da könnte man Fett aus dem Hammer saugen, ganz ähnlich wie man mit Fettfleckentferner Fett entfernt. An Henrys Stelle würde ich einfach ein Betriebsgeheimnis daraus machen.
 
Warum gibt es Hämmerköpfe, die vom Hersteller schon getränkt sind?
(Man sieht das an der grauen Verfärbung)
 

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