Musik zur Odyssee

  • Ersteller des Themas walsroderpianist
  • Erstellungsdatum

Fischer, Johann Caspar Ferdinand -

die Sammlung "Musicalischer Parnassus" besteht aus Suiten, die nach den Musen benannt sind:
Clio, Calliope, Melpomene, Thalia, Erato und Euterpe.

Hört man da rein, bekommt man außer den Titeln nichts griechisches, sondern nur Barocksuiten serviert, wie sie es zu Duzenden gibt. – Oder irre ich da?

Lieber Walter,

das kann ja nun schwerlich anders sein. Eine eigenständige griechische Kultur existiert im 17./18.Jh. ja nicht. Das Land wird politisch und kulturell von den Venezianern (gerade noch - in der Morea und auf den jon. Inseln) und den Türken dominiert, und "griechisch" ist nicht mehr als Bezeichnung für die Zugehörigkeit zum orthodoxen Kult.

Der "Griechenbezug" der Barockzeit ist vielmehr die antike griechische Mythologie und ihre Darstellung in bildender Kunst und Literatur, die sich natürlich stofflich und motivisch reziperen lassen. Für altgriechische Musik kann das nicht gelten, weil die Zeit von ihr gar nichts weiß, wie man ja auch heute noch von ihr nur unzureichende Vorstellungen hat.

Schöne Grüße,

Friedrich
 
Vielen Dank für die Liste. Da wird sich was finden lassen, und ich finde es lohnend und anregend, sich daran abzuarbeiten. Ist mir eine große Hilfe.

Dass es eine Kontinuität zwischen antikem und modernem Griechentum nicht gibt, ist mir klar. Das hast du auch sehr stringent dargestellt. Die Verfälschung der Historie reicht bis Hölderlin ( und weiter), der sich schließlich ganz in der idealisierten Götterwelt verloren hat.
Nun zu Voß: dass seine Übersetzung unzuverlässig und überholt ist, glaube ich dir ohne Weiteres. Ich habe deine Einwände unserem Rezitator vorgetragen. Er sagt ungefähr Folgendes: Die Voßsche Übersetzung hat trotz der von dir angesprochenen Problematik die schönste Sprachmelodie, Rhythmik und Bildhaftigkeit. Die Hampesche Übersetzung ist teilweise scheußlich unlyrisch. ( Unser Sprecher ist Lyriker).
Ich wage das im Moment nicht zu beurteilen wegen Uninformiertheit.
Für uns kommt es darauf an, dass ein unvorbereitetes Publikum ( Landbevölkerung) den Stoff in so bekömmlicher Form präsentiert bekommt, dass es bei aller Fremdheit in die Materie eintauchen kann. (Dafür nehmen wir auch ( horribile dictu) die teilweise Zerstörung eines Rezeptionsdokuments in Kauf).
Deshalb werden wir auch mitunter auf die Nacherzählung von Walter Jens zurückgreifen.
Ich habe die Übersetzung von Anton Weiher gelesen, die mir, rein subjektiv, gefallen hat. Was hältst du von ihr? Die wenigen Brocken Griechisch, die ich nicht vergessen habe, scheinen hier adäquat wiedergegeben. Und was denkst du über die umstrittene Neuübersetzung von Kurt Steinmann?
Es kann natürlich sein, dass diese Argumentation für einen Fachmann, und das scheinst du zu sein, nicht zwingend ist.
Vielleicht ändern wir unser Konzept auch noch. Wir werden berichten.

Grüße
 
Ich habe deine Einwände unserem Rezitator vorgetragen. Er sagt ungefähr Folgendes: Die Voßsche Übersetzung hat trotz der von dir angesprochenen Problematik die schönste Sprachmelodie, Rhythmik und Bildhaftigkeit. Die Hampesche Übersetzung ist teilweise scheußlich unlyrisch.

Nun, ich will Dir natürlich überhaupt nichts hineinreden. Allerdings: Homer war kein Lyriker, und seine Sprache ist auch nicht lyrisch. Hampes Übersetzung ist tatsächlich episch, und sie führt jedenfalls viel näher an das Original heran als Voß, der mit seinen unzähligen Füllwörtern, die er braucht, um den Hexameter voll zu kriegen, den Eindruck erweckt, Homer sei der Meister des antiken Knittelverses. Nun freilich, die meisten deutschen Leser lernen Homer durch Voß kennen, ebenso wie sie das antike Drama durch die Brille der deutschen Klassik sehen ("Furcht und Mitleid"); das rechtfertigt natürlich die Überlegung, ob man diesen Erwartungshorizont destruieren soll, wenn dabei nur ein sprach's und bleiches Entsetzen ergriff die Achäer alle herauskommt.

Allsdann, alles Gute für das Projekt:

Bete zu Vater Zeus und seiner blauäugigen Tochter,
Tu's, und es blas' Dir gewaltigen Mut ein Pallas Athene.


Friedrich
 
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