Musik und psychische Störungen

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Cheval blanc

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In der FAZ ist ein Artikel erschienen über den Zusammenhang von Musikalität und Depression. Also: Finger weg vom Klavier?
 
Aus dem Artikel geht nicht hervor, dass man nicht mehr spielen soll:

"Die Untersuchung belegt hingegen nicht, dass Musizieren seelische Krankheiten verursacht oder eine Depression die Musikalität erhöht, wie die Wissenschaftler betonen.
[....]
Selbstverständlich schlössen die Ergebnisse günstige Einflüsse von Musik auf die psychische Gesundheit nicht aus, heben die Autoren der Studie hervor."
 
In der FAZ ist ein Artikel erschienen über den Zusammenhang von Musikalität und Depression. Also: Finger weg vom Klavier?

Ich sag mal so - Menschen welche sich für die absoluten Genies halten und nicht die nötige Bewunderung und Applaus einheimsen den sie gerne hätten, können durchaus in Depressionen verfallen.

Hatten wir hier im Forum schon oft genug gehabt :rauchen:
 
...und wenn sowas populär wird, dann heißt es irgendwann: ohoh, der macht Musik, d.h. er ist depressiv.

Gerade bei Depressionen gibt es mMn. eine hohe Dunkelziffer. Wie viele Menschen holen sich keine Hilfe?!
 
Nun, es gibt durchaus Depressive welche Musik machen - F.Chopin war da so ein Beispiel.

Ich sehe allerdings keinen Zusammenhang zwischen Depressionen und Musikalität.
 
Es gibt eine These von einem Autor, dessen Name mir gerade nicht einfällt. Er sagt sinngemäß, produzierende, also komponierende Künstler würden sich beim Kompositionsprozess so stark mit ihren Emotionen auseinandersetzen, dass die Türen auch zu negativen Gefühlen schneller geöffnet würden als bei anderen, zu denen auch reproduzierende Künstler gehören. Er geht so weit zu sagen, dass Drogenkonsum und Depressionen im Pop- und Jazzbereich viel weiter verbreitet waren und sind als im klassischen, weil es dort keine so ausgeprägte personale Trennung zwischen Komponist und Interpret gibt wie im klassischen Musikbetrieb.
 
In der FAZ ist ein Artikel erschienen über den Zusammenhang von Musikalität und Depression. Also: Finger weg vom Klavier?
Anscheinend hast Du nur die Überschrift gelesen?
Im Artikel steht doch laut und deutlich:
"Die Untersuchung belegt hingegen nicht, dass Musizieren seelische Krankheiten verursacht oder eine Depression die Musikalität erhöht, wie die Wissenschaftler betonen."
Es wäre interessant zu wissen, ob das fürs Musizieren im Allgemeinen gilt.

Eigentlich lässt sich das sehr logische Fazit ziehen:
Die meisten Menschen, die etwas "künstlerisches" mit Herzblut tun, sind emotional tiefer empfindend. In allen Bereichen.

Depression gibt es bei Künstlern aller Art, auch bei Komikern oder Autoren "leichter" Literatur.
 
Er sagt sinngemäß, produzierende, also komponierende Künstler würden sich beim Kompositionsprozess so stark mit ihren Emotionen auseinandersetzen, dass die Türen auch zu negativen Gefühlen schneller geöffnet würden als bei anderen, zu denen auch reproduzierende Künstler gehören.

Propagieren hier nicht einige Profis - meiner Erinnerung nach u.a. @rolf und @hasenbein, dass es unprofessionell sei, Emotionen in die Komposition einfließen zu lassen? Als Beispiel wurde meinen grauen Zellen zufolge Bach genannt, der eigentlich nur tief traurig hätte komponieren müssen.
 
Mir fällt dazu sofort der alte Hit ein:
"Die Wissenschaft hat festgestellt, festgestellt, festgestellt,
dass der Arsch die Beine hält - und das ist ganz enorm!!" :015:

Womit ich keinesfalls die Wissenschaft diskreditieren will :010:, aber die unkritische Wissenschaftsgläubigkeit :027:.
 
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Propagieren hier nicht einige Profis - meiner Erinnerung nach u.a. @rolf und @hasenbein, dass es unprofessionell sei, Emotionen in die Komposition einfließen zu lassen?
Ich glaube, du verwechselst die Komposition mit dem Vortrag eines Stücks.
Ein Musiker muss demnach auch nur auf der Bühne professionell sein. Wenn er privat spielt, darf er emotional sein, wie er will.
 
Propagieren hier nicht einige Profis - meiner Erinnerung nach u.a. @rolf und @hasenbein, dass es unprofessionell sei, Emotionen in die Komposition einfließen zu lassen? Als Beispiel wurde meinen grauen Zellen zufolge Bach genannt, der eigentlich nur tief traurig hätte komponieren müssen.
Bis zur Musik von Mozart wurden keine subjektiv empfundenen Emotionen in die Kompositionen eingebracht, sondern Affekte, also schablonenhafte, modellartige Gefühle, die nichts mit der emotionalen Welt des Komponisten zu tun hatten. Während der Romantik trat dann das subjektiv empfundene Gefühl in den Mittelpunkt der Musik. Der eine Standpunkt ist nicht professioneller als der andere.

Was du vermutlich meinst, ist die Emotionalität des Interpreten, die die gespielte Musik nicht zu sehr vereinnahmen sollte. Jeder Künstler sollte im Moment der Aufführung emotional noch eine gewisse Distanz zur Musik haben, also „mit einem Bein auf dem Boden“ bleiben, damit das Publikum emotional ergriffen werden kann. Am Beispiel des Schauspielers wird das vielleicht besonders deutlich: Wenn hier jemand Trauer spielen soll, dabei aber wirkliche, subjektiv empfundene Trauer empfindet, weil z.B. gerade ein naher Verwandter gestorben ist, fehlt die Kontrolle und damit die künstlerische Gestaltungskraft.
 
Ich glaube, du verwechselst die Komposition mit dem Vortrag eines Stücks.

Ich meine die Komposition. Wenn diese melancholisch oder traurig klingt, hat es angeblich - laut Aussage der Vorgenannten und meiner Erinnerung an diese Erläuterung zufolge - nichts damit zu tun, dass der Komponist zum Zeitpunkt des Schaffens traurig oder depressiv war.
 
Ich meine die Komposition. Wenn diese melancholisch oder traurig klingt, hat es angeblich - laut Aussage der Vorgenannten und meiner Erinnerung an diese Erläuterung zufolge - nichts damit zu tun, dass der Komponist zum Zeitpunkt des Schaffens traurig oder depressiv war.
Nicht unbedingt, aber, wie gesagt, in der Romantik trift das nicht mehr uneingeschränkt zu. Da gibt es etliche Beispiele: von Schumanns op. 11 über Chopins melancholische Mazurken bis hin zu Janaczeks "Im Nebel".
 
Jeder Künstler sollte im Moment der Aufführung emotional noch eine gewisse Distanz zur Musik haben, also „mit einem Bein auf dem Boden“ bleiben, damit das Publikum emotional ergriffen werden kann.

Meiner Ansicht nach auch, damit das Publikum nicht von der Musik abgelenkt wird.

Spontan fallen mir Buniatishvili und Volodos ein, die bei Rachmaninovs zweitem Satz des zweiten Klavierkonzerts mit beiden Beinen die Bodenhaftung verloren haben. Erstgenannte hat meinen Sitznachbarn durch ihren Habitus emotional derart ergriffen, dass er unruhig auf dem Stuhl herumgerutscht ist (was mich leider auch von der Musik abgelenkt hat, Augen schließen hat da nicht wirklich geholfen). Und Kissin ist meiner Erinnerung auch einer, der bei seinem Vortrag auffällig mitleidet.
 
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Ich meine die Komposition. Wenn diese melancholisch oder traurig klingt, hat es angeblich - laut Aussage der Vorgenannten und meiner Erinnerung an diese Erläuterung zufolge - nichts damit zu tun, dass der Komponist zum Zeitpunkt des Schaffens traurig oder depressiv war.
Ah, ok. In dem Fall würde ich sagen, dass man nicht traurig sein muss, um ein trauriges Werk zu schaffen. Aber eventuell liefert es Inspiration und oft verarbeiten Künstler in ihren Werken, was in ihnen so vorgeht.
Wie Demian schon gesagt hat, ist das nicht komplett unabhängig.

Ich weiß jetzt nicht, auf welche Postings von rolf und Co du dich beziehst, aber in denen, die ich gelesen habe und an die ich mich erinnern kann, geht es um den Vortrag vor Publikum.
 
Ich weiß jetzt nicht, auf welche Postings von rolf und Co du dich beziehst, aber in denen, die ich gelesen habe und an die ich mich erinnern kann, geht es um den Vortrag vor Publikum.

Sie haben beides genannt, aber ich beziehe mich tatsächlich auf die Komposition.

Vor vielen Jahren hatte ich gemutmaßt, dass der Komponist tieftraurig gewesen sein muss, wenn tieftraurige Musik entstanden ist. Irgendwann hatte ich mal gehört, dass dies auf Mahler zuträfe. Meiner Erinnerung nach haben Rolf und hasenbein mich darüber informiert, dass es keinen Zusammenhang zwischen der Stimmung des Komponisten und der dabei geschaffenen Musik gibt. Demnach hätte Bach nur tieftraurig komponieren müssen, nachdem mal wieder eines seiner 20 Kinder verstorben ist (so in etwa hat es jemand - Rolf? - kundgetan). Leider habe ich diese Beiträge nicht gefunden.
 
Um ein trauriges Stück vorzutragen, muß man nicht in den "Flenntütchenmodus" verfallen.

Im Gegenteil - dies wäre dem Stück sogar hinderlich.

Es langt völlig aus zu wissen, wie es entsprechend interpretiert werden muß - gibt aber durchaus Pianisten welche ihre mangelnde Interpretationsfähigkeit durch häßliche Grimmassen und theatralischen Bewegungen kompensieren.
 
Und wie sieht die Burnout-Rate bei Lehrern aus? Der Kokainkonsum im deutschen Bundestag oder bei der deutschen Bank?
Gibt viele "Berufsrisiken"...aber letztlich liegt das Problem eher selten im Beruf/ der Tätigkeit an sich.

Er geht so weit zu sagen, dass Drogenkonsum und Depressionen im Pop- und Jazzbereich viel weiter verbreitet waren und sind als im klassischen, weil es dort keine so ausgeprägte personale Trennung zwischen Komponist und Interpret gibt wie im klassischen Musikbetrieb.

Könnte auch daran liegen dass in der Szene im Rock/Pop/Jazz-Bereich manche Drogen einfach verbreiteter sind bzw. eine gewisse Drogen-Kultur besteht/ bestand die nichts mit der Musik zu tun hat. Und da gehen dann manchmal Drogenkonsum und Depression eben auch Hand in Hand.

Und allgemein dass man sich in irgendwelche depressiven oder hallizunosen Welten begeben muss um in die Kunstform einzutauchen, ist auch eher ein Mythos. Ganz im Gegenteil sollte ein Künstler doch immer trennen können. Klar gibts bspw. Schauspieler die durchdrehen in ihrer Rolle, aber es gibt auch genug Schauspieler die ganz nüchtern und trotzdem authentisch einen Freak spielen können, und das sind die wirklich guten.


Die Depression bei Künstlern entsteht typischerweise schlicht durch den Blick auf den aktuellen Kontostand.

So manchen der im Büro versauert schützt der Kontostand auch nicht vor einer Depression.
 
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