... Mögt ihr Lang Lang...?

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Magst Du Lang Lang...?


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Da hat Bach nicht "Largo Adagio" geschrieben, sondern "Grave adagio"
Sorry, war ein Schreibfehler von mir. Grave ist die typische Bezeichnung für den langsamen Teil der französischen Ouvertüre, und diesen Charakter (mit scharfen Punktierungen) hat die Sinfonia ja ohne Zweifel. Ein Largo ergäbe hier kaum einen Sinn, es kommt im Barock ohnehin fast nur in Verbindung mit ungeraden Takten (meist 3/2) vor.

Die alleinige Vorschrift "Adagio" habe ich noch in keiner französischen Ouvertüre gesehen - die meisten Komponisten (inkl.) Bach schreiben üblicherweise gar nichts, wenn ein Satz die Überschrift "Ouvertüre" trägt, Händel schreibt meistens Grave (z.B. im Messias). Die Frage ist deshalb, inwieweit die Adagio-Vorschrift hier eine Tempobezeichnung ist - ursprünglich meint Adagio ja nur eine bestimmte Art des Vortrags, die rhythmisch etwas freier als gewöhnlich ist und lebhafte Auszierungen verlangt. Quantz kann - was das angeht - nicht der verbindliche Maßstab sein, weil er nicht mehr über den aus der Mode gekommenen Stil des alten Bach schreibt, sondern über den neuen, "empfindsamen" Stil.
 
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Quantz kann - was das angeht - nicht der verbindliche Maßstab sein, weil er nicht mehr über den aus der Mode gekommenen Stil des alten Bach schreibt, sondern über den neuen, "empfindsamen" Stil.
Wer schreibt denn verbindlich über den Stil des alten Bach?

Bei Brossard (Dictionnaire de musique, 1702) ist Grave eine Vortragsart - schwer, ruhig, majestätisch -, aus der "konsequenterweise fast immer" ein langsames Tempo resultiert. Adagio heißt dagegen schlicht "sehr langsam" (peng, aus).

Grave: "Veut dire, qu'il faut battre la mesure & chanter ou joüer gravement, posément, avec majesté, & par consequent presque toûjours lentement"
Adagio: "veut dire TRES-LENTEMENT."
 
Ist nicht ganz richtig: "Très Lentement" bzw. "Très Lento" bzw. "Très lent" ist das französische Analogon zu Largo.
Das schreibt Rousseau zwar so ähnlich, aber für die Barockmusik trifft das in weiten Teilen sicher nicht zu. Schon aus dem Grund, weil Largo typisch für einen 3/2 ist und Lent vorzugsweise über geraden Takten steht. Die Begriffe können nicht so ohne weiteres ausgetauscht werden. Allerdings hat Bach das Largo auch schon als Synonym für das französische Lent verwendet - z.B. im Praeludium g-Moll aus dem WTK II. Die Frage ist - wie immer - ab wann sich diese Auffassung durchgesetzt hat.

Was Brossard angeht - ich kann mir nicht vorstellen, dass er Bachs Musik gekannt hat. Seine eigenen kompositorischen Möglichkeiten waren - um es mal milde auszudrücken - begrenzt. Er kam kaum über einen sehr einfachen frühbarocken Stil hinaus, bereits von Rameau und Couperin trennten ihn stilistisch Welten. Umso mehr von Bach. Ich halte ihn deshalb nicht für maßgeblich, was Bach angeht.

Wen man da als Maßstab nehmen kann, ist kaum zu beantworten. Bach hat alle damals bekannten Stile verwendet und auf einzigartige Weise zusammengeführt. Ein Adagio kann bei ihm bedeuten, dass man rhythmisch freier spielen darf (im Sinne der norddeutschen Tradition), dass man reichhaltig verzieren soll (im italienischen Sinne) oder eben auch, dass einfach nur ein langsames Tempo gemeint ist.

Interessant ist für mich die Frage, warum er hier überhaupt eine Vortragsangabe macht - weder in seinen Orchestersuiten noch in der Französischen Ouvertüre stehen solche Angaben. Auch nicht im Es-Dur-Praeludium aus dem dritten Teil der Clavierübung. In all diesen Werken ergibt sich das von allein aus dem französischen Duktus der Stücke, so wie in dieser Sinfonia eigentlich auch - trotzdem schreibt er "Grave. Adagio.".

Vielleicht sollten wir - um auf's Thema zurückzukommen - Lang Lang danach fragen? :zunge:
 
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Zitat: Lento(Musik)
Lento (ital. langsam, locker; frz. lent, lentement) ist eine musikalische Vortragsbezeichnung und als Tempovorschrift seit dem frühen 17. Jahrhundert nachweisbar (Michael Praetorius, Polyhymnia caduceatrix, 1619). Die Abgrenzung des eher selten verwendeten Lento zu Largo und Adagio ist unsicher; doch scheint im 18. Jahrhundert, als sich die Norm durchsetzte, dass ein Largo langsamer als ein Adagio sei, mit Lento ein Vortrag gemeint zu sein, der so langsam, wenn auch nicht so gewichtig wie der eines Largo ist. Nach Rousseau (1767) ist Lent das französische Analogon zu Largo. Haydns Vorschrift Adagio non lento (Hob. III Nr 4) setzt voraus, dass ein Lento langsamer als ein Adagio ist. Das Lento assai im 3. Satz von BeethovensStreichquartett op. 135 bedeutet Sehr langsam. In dem Walzer op. 69,1 von Chopin kennzeichnet Lento ein langsames Walzertempo.

@Pedall, und wenn du schon das Adjektiv "Très" verwendest, dann deutet es nicht mehr auf Adagio sondern eher nach Rousseau zu Largo.
Ja nu, da sollen sich die Musikwissenschaftler darüber streiten .... weder das eine oder das andere ist für Barock-Epoche sehr wahrscheinlich richtig.

Aber das ganze ist sowie so OT.
 
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Btw. wie kamen wir von Lang Lang jetzt darauf, wie man die Goldberg's spielt...?
Will er die nicht bei seinem Comeback spielen?
ähm, ja richtig... man darf gespannt sein.

Kann mir aber nicht vorstellen, dass er Gould's Leistung in musikalischer Hinsicht übertreffen wird - soweit es mein eigenes Urteil (und meinen eigenen Geschmack) anbelangt.
 
Kann mir aber nicht vorstellen, dass er Gould's Leistung in musikalischer Hinsicht übertreffen wird

Goulds Leistung besteht vor allem darin, dass er die Goldberg-Variationen überhaupt gespielt hat und sie damit ins allgemeine Konzertrepertoire geholt hat.

Inzwischen gibt es ziemlich viele Einspielungen der Variationen, und auch eine ganze Menge sehr guter, die man durchaus mehr mögen darf als Goulds. Ob die Aufnahmen von Sokolov, Schiff, Hewitt, Perahia, Levit etc. heute existieren würden ohne Goulds Pionierarbeit, das ist die Frage. Goulds Aufnahme wurde millionenfach verkauft und hat die Variationen einem breiten Publikum überhaupt erst bekannt gemacht.
 
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Was man (am liebsten) mag, ist ja letztlich immer ein Geschmacksurteil (deswegen schrieb ich das auch so).
 

Die Angabe "Grave. Adagio" gibt es noch bei einer anderen Komposition, die ebenfalls nicht als "Ouverture" bezeichnet ist...
Das ist allerdings auch eine ganz andere Musik, die nicht dem Typus der festlichen Ouvertüre entspricht. Schon die Instrumentierung mit Blockflöten und pizzicato-Streichern spricht ja eine ganz andere Sprache. Diese Sinfonia könnte man sich auch als Allegro vorstellen, insofern ist dort die Tempobezeichnung unverzichtbar.

Interessant ist die Oboe in dem verlinkten Manuskript - ich kenne nur eine Fassung mit Solovioline (BWV 182).
 

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