Literaturhinweise gesucht

Perseus

Perseus

Dabei seit
6. März 2017
Beiträge
8
Reaktionen
5
Hallo,

ich suche "musikhistorische" Literaturhinweise zur Musik im (früh-mitel-spät)-Mittelalter. Worauf es mir in erster Linie ankommt ist der "sozialhistorische" Kontext. Eine Beispiel-Fragestellung wäre z.B.: Wie können so schöne naturromantische Lieder wie "Geh aus, mein Herz" oder "Kein schöner Land in dieser Zeit" entstehen, wenn es der Mehrheit der Menschen in diesem Kulturraum doch eher dreckig geht. Ich weiß dass das jetzt eher oberflächlich ist, aber deswegen suche ich ja Literaturhinweise :-)

Gruß, Perseus
 
ich suche "musikhistorische" Literaturhinweise zur Musik im (früh-mitel-spät)-Mittelalter.
In welchen Zeitraum verortest du denn das Mittelalter? "Geh aus mein Herz" stammt aus der Barockzeit, "Kein schöner Land" aus der Romantik.
:konfus::konfus::konfus:

Davon abgesehen, verstehe ich diese Fragestellung
Wie können so schöne naturromantische Lieder wie "Geh aus, mein Herz" oder "Kein schöner Land in dieser Zeit" entstehen, wenn es der Mehrheit der Menschen in diesem Kulturraum doch eher dreckig geht.
nicht.
Wenn überhaupt, kommt es doch auf die individuelle Befindlichkeit des Dichters bzw. Komponisten an - und die kann in allen Zeiten positiv oder negativ sein. Selbst, wenn es einem Komponisten schlecht geht, muss er deswegen nicht zwangsläufig trübe Musik komponieren. Ganz im Gegenteil - aus den meisten großen Werken kann man überhaupt keine Rückschlüsse auf die Lebensumstände des Komponisten zur Entstehungszeit ziehen.
 
Zuletzt bearbeitet:
In welchen Zeitraum verortest du denn das Mittelalter? "Geh aus mein Herz" stammt aus der Barockzeit, "Kein schöner Land in dieser Zeit" aus der Romantik.

:konfus::konfus::konfus:
Hallo, ich will das jetzt nicht zu "wissentschaftlich" auffassen. Vielleicht ist Barock bis Romantik ja auch eher Neuzeit, aber darauf kommt es mir nicht an. Der Punkt, auf den ich hinaus will ist, dass es zahlreiche aus der Geschichte überlieferte Lieder gibt, deren Texte auf ein "sonniges" Leben hindeuten, derweil es Indizien dafür gibt, dass die jeweilige Zeit für viele Leute wohl nicht so dolle war.

Gruß, Perseus
 
Vielleicht ist Barock bis Romantik ja auch eher Neuzeit
Lass das "vielleicht" besser weg. Es ist die Neuzeit. :super:

Der Punkt, auf den ich hinaus will ist, dass es zahlreiche aus der Geschichte überlieferte Lieder gibt, deren Texte auf ein "sonniges" Leben hindeuten, derweil es Indizien dafür gibt, dass die jeweilige Zeit für viele Leute wohl nicht so dolle war.
Um es nochmal deutlicher zu formulieren: Nach einem heißen Bad, einem kühlen Bier und einem guten Fick ist so ziemlich jeder glücklich und kann Unangenehmes - zumindest für eine Weile - problemlos ausblenden:
Zitat von Die Fledermaus:
Glücklich ist,
Wer vergisst,
Was doch nicht zu ändern ist.
;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Um es nochmal deutlicher zu formulieren: Nach einem heißen Bad, einem kühlen Bier und einem guten Fick ist so ziemlich jeder glücklich und kann Unangenehmes - zumindest für eine Weile - problemlos ausblenden:
;-)

Also zu einem solch erfüllten Tag hätte bei mir so im MIttelalter unbedingt gehört, mir von der Angebeteten noch einige Minnelieder am Virginal vorspielen zu lassen, erst dann wäre:-D:-D...egal, jedenfalls:

Hi @Perseus , wir bewegen uns in einem vielfältigen Bereich, über den es manchmal nur grobe Zusammenfassungen gibt, eben weil er so vielfältig ist. Noch dazu kommt, ob jemand überhaupt einige solcher Betrachtungen vorliegen hat ( ich habe keins davon ), es könnte aber sein, dass manche hier solche haben wie etwa:

Mönche, Bürger, Minnesänger : die Musik in der Welt des Mittelalters (1998)

Gülke, Peter 1934-

Laaber : Laaber
Umfang: 332 S. , Ill., Notenbeisp.
Ausgabe: 3., bearb. und erw. Aufl.
ISBN: 3890073956

Darin geht es um: Musik ; Sozialgeschichte 500-1500 ; Europa ; Musik ; Geschichte 500-1500 ; Europa ; Musikleben ; Geschichte 500-1500 ; Musik ; Geschichte 500-1500

Inhaltsverzeichnis:

http://bvbr.bib-bvb.de:8991/exlibris/aleph/a22_1/apache_media/JXEYYRJ6GNEBGCBDDJXJJKDR4PF68E.pdf
________________________________________________

Des Lebens wilder Kreis : Musik im Zivilisationsprozess / Christian Kaden
Person(en) Kaden, Christian
Verlag Kassel ; Basel ; London ; New York ; Prag : Bärenreiter
Zeitliche Einordnung Erscheinungsdatum: 1993
Umfang/Format 248 S. : Ill., Noten ; 21 cm
Andere Ausgabe(n) Online-Ausg.: Kaden, Christian: Des Lebens wilder Kreis
ISBN/Einband/Preis 978-3-7618-1147-4 kart. : DM 38.00
3-7618-1147-0 kart. : DM 38.00
Anmerkungen Literaturverz. S. 228 - 242
Schlagwörter Musik ; Sozialgeschichte

Inhaltsverzeichnis: https://d-nb.info/931296021/04
________________________________________________

Musicus und Cantor : Beiträge zur Gattungs- und Sozialgeschichte der Musik vom Mittelalter bis zur Gegenwart / Erich Reimer.- 1. Aufl.-

Köln : Dohr
228 S. : Noten ; 25 cm, 600 gr.
ISBN: 978-3-936655-53-7 Pp. : EUR 24.80

( Schlagwörter: Musik ; Sozialgeschichte ; Aufsatzsammlung
Musikgattung ; Geschichte ; Aufsatzsammlung )

________________________________________________

Sozialgeschichte der klassischen Musik : bildungsbürgerliche Musikanschauung im 19. und 20. Jahrhundert / Irmgard Jungmann

Stuttgart [u.a.] : Metzler,2008
VI, 261 S. : Ill., Notenbeisp. ; 24 cm
Literaturverz. S. [243] - 255
978-3-476-02297-4 : EUR 39.95 (DE), ca. EUR 41.10 (AT), ca. sfr 62.00 (freier Pr.)

Darin geht es ungefähr um:
*Deutschland / Bildungsbürgertum / Musikanschauung / Geschichte 1800-2000
*Sozialgeschichte / Musiksoziologie

Inhaltsverzeichnis: https://d-nb.info/988787326/04
_________________________________________________

Eine Habilitationsschrift:

Die Anfänge des weltlichen Berufsmusikertums in der mittelalterlichen Stadt : Studie zu e. Berufs- u. Sozialgeschichte des Stadtmusikantentums

Schwab, Heinrich W.

Kiel, Univ., Habil.-Schr., 1977
149 Bl. ; 30 cm

Themen: Musik ; Mittelalter / berufsmäßige Stadtmusikanten ; Sozialgeschichte / berufsmäßige Stadtmusikanten im M. A.
_________________________________________________

Der folgende Titel schaut "über den Tellerrand": Schwerpunkte sind dort: Mus. d. 20. Jhdts, China, Indien und Esoterik

Die geheime Macht der Musik : die Transformation des Selbst und der Gesellschaft durch musikalische Energie ; eine Untersuchung des Einflusses der Musik auf Mensch und Gesellschaft - von den Kulturen des Altertums bis in die Gegenwart / David Tame. Dt. von Karin Vial

(The secret power of music (dt.))

Zürich : Verl. Musikhaus Pan, 1991
260 S. ; 22 cm
ISBN: 978-3-907073-38-4 kart. : sfr 52.00
3-907073-38-X kart. : sfr 52.00

Literaturverz. S. 256 - 260

( Schlagwörter: Musik ; Sozialgeschichte
Musikpsychologie )
________________________________________________

Vielleicht auch sowas hier, als Background:

Lebensalltag im Mittelalter : Übers. Cornelia Fink.
Yapp, Nick, Frohmut Jammers und Dirk Katzschamnn:

ISBN 10: 3870705248 / ISBN 13: 9783870705244
Verlag: Stuttgart ; Zürich ; Wien : Verl. Das Beste, 1994
________________________________________________

So far erstmal, Ergänzungen sind auf jeden Fall willkommen, hab nur grob geschaut. Aber ich denke, in manchen davon könnten einige im Zusammenhang mit den von Dir erwähnten Themen stehende Sachverhalte erörtert werden.

LG, -Rev.-
 
Zuletzt bearbeitet:
Es gibt verschiedene Bücher, die die Entstehung von Kirchenliedern beschreiben und auch Gedanken dazu, wie Dichter mit schwerem persönlichem Schicksal Texte voller Freude, Vertrauen und Hoffnung schreiben konnten.
Die fangen aber frühestens mit Luther an.

Aber selbst wenn das Leben für viele große Schwierigkeiten bereit hielt, wird es Momente von Glück und Zufriedenheit gegeben haben. Nur weil wir uns heute nicht mehr vorstellen können, wie Menschen gelebt haben, heißt das nicht, dass sie stets todtraurig waren.
 
Die Fähigkeit in Lebenskrisen und unter katastrophalen Bedingungen Schönes zu empfinden und Behaglichkeit entstehen zu lassen beruht auf Resilienz.

Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Mit Resilienz verwandt sind Entstehung von Gesundheit (Salutogenese), Widerstandsfähigkeit (Hardiness), Bewältigungsstrategie (Coping) und Selbsterhaltung (Autopoiesis).

Quelle: Wikipedia

Ich bin auch interessiert an mittelalterlichen Liedern oder Stücken, möglichst mit Klaviernoten.
Herbstzauber hat mir gestern erzählt, dass sie im Klavierunterricht das Lied “ Es führt über den Main eine Brücke aus Stein “ bearbeitet. Schön, dass ich es auf diese Weise wiedergefunden habe!

Wenn Interesse besteht, kann ich dazu ein neues Thema starten.
 
Die meisten Lieder die wir als "Volkslieder" kennen, stammen aus der Romantik, oder wurden in der Romantik neu vertont. Viele der ursprünglichen Melodien sind dadurch verloren gegangen. Es gibt aber ein paar Lieder, von denen auch noch alte Melodien existieren. Von dem Lied "Ich hört ein Sichlein rauschen" hat mir ein Bekannter mal drei sehr unterschiedliche Versionen, vorgespielt um zu demonstrieren, wie sich Liedgut verändert.
 
Hallo, meine Hauptintention war die Frage nach Literaturhinweisen. Insofern ein besonderes Danke an Revenge. Weitere Hinweise sind natürlich willkommen.
@Klein wild Vögelein: An dieser Stelle etwas offtopic: Nicht nur von "Es führt über den Main..." sondern auch von anderen Stücken gibt es schöne Aufnahmen von einer Gruppe namens Zebra Sommerwind.
 
Hallo, meine Hauptintention war die Frage nach Literaturhinweisen. Insofern ein besonderes Danke an Revenge. Weitere Hinweise sind natürlich willkommen.
@Klein wild Vögelein: An dieser Stelle etwas offtopic: Nicht nur von "Es führt über den Main..." sondern auch von anderen Stücken gibt es schöne Aufnahmen von einer Gruppe namens Zebra Sommerwind.

Aach, nicht nötig - hingegen : Thx, Perseus! :super:, für die interessante Anfrage!

Zu den Literatur-Dingen:

Ich hatte vorhin noch einige gesehen, aber man muss aufpassen mit den Schlagwortketten, bin da vorsichtig, zumal wenn ich die Dinger nicht selbst vorliegen habe..

kurz noch zum Offtopic: äh, da fällt mir auch noch ein ganz schönes Lied ein, und zwar von der Gruppe FAUN, auf YT, den TEASER zum Lied "Tanz mit mir". Das Lied selbst könnte einen sehr alten Ursprung haben ( genauso wie das alte "was wollen wir trinken, 7 Tage lang", ) aber beim Faun-Ding bin ich mir nicht sicher: Die Melodie wurde in jedem Fall vor zig Jahren, bereits in der Computerspielreihe ( Fantasy-Rollenspiele, DSA ) "Nordlandtrilogie" als Kneipenmusik verwendet.

LG, -Rev.-
 

[...] Weitere Hinweise sind natürlich willkommen.
[...]

Hi Perseus, ok. , hier noch ein oder zwei, die sich evtl. mit solchen Themenbereichen beschäftigen,

Dieser Titel ist aber möglicherweise nicht mehr ganz up to date, wie ich las:

Titel:
Der fahrende Musiker im europäischen Mittelalter

Salmen, Walter, 1926-2013
Kassel : Hinnenthal, 1960
244 S. : graph. Darst., Notenbeisp.
(Die Musik im alten und neuen Europa ; 4)

Spielmann ; Sozialgeschichte 500-1500;
Deutschland ; Spielmann ; Sozialgeschichte 1100-1500;
Europa ; Musik ; Mittelalter ; Spielmann

Format: 23 cm
Enthalten: Literaturverz. S. [238] - 244
Zugl.: Saarbrücken, Univ., Habil.-Schr., 1959 :


https://www.amazon.de/fahrende-Musiker-europäischen-Mittelalter-Broschiert/dp/B00SZGXF2G

___________________________________

Musikleben im 15. Jahrhundert
Verfasser/Beitragende: Edmund A. Bowles
Ort, Verlag, Jahr: Leipzig : Deutscher Verl. für Musik, 1977
Beschreibung: 189 S ; zahlr. Ill ; 35 cm
Format: Buch

https://www.amazon.de/Musikleben-im...sr=1-2&keywords=Musikleben+im+15.+Jahrhundert

___________________________________

Musiker und Mächtige
Verfasser/Beitragende: Veronika Beci
Ort, Verlag, Jahr: Düsseldorf : Artemis & Winkler, 2001
Beschreibung: 383 S ; Ill ; 21 cm
Format: Buch

https://www.amazon.de/Musiker-Mächtige-Veronika-Beci/dp/3538071268/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1508741645&sr=1-1&keywords=Musiker+und+Mächtige
____________________________________

Autor/in: Wolfgang Hartung

Titel: Die Spielleute : e. Randgruppe in d. Gesellschaft d. Mittelalters. (=Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte / Beihefte ; Nr. 72).

ISBN: 3515036903
(ISBN-13: 9783515036900)

Gewicht:390 g

Verlag: Wiesbaden : Steiner
Erschienen: 1982.
108 S. : Ill. ; 22 cm Paperback
Bibl.-Ex., Guter Zustand. Stempel auf Seitenschnitt.

Stichwörter:
Spielmann, Mittelalter / Gesellschaft, Wirtschaft, Soziale Randgruppen, Randgruppen (Soziologie), Mittelalter / Soziale Verhältnisse, Sozialgeschichte, Musik

https://www.amazon.de/Spielleute-Ei...1&keywords=Spielleute+Randgruppe+Gesellschaft

Aber, wie gesagt: Besser natürlich, wenn jemand diese ( oder natürlich andere, die für Deinen Themenbereich evtl. passen würden ) selbst hätte.

So far von mir - weitere Checks würden eine Ausweitung oder Änderung der Begriffe erfordern hier bei mir, das möchte ich nur im Notfall. Ergänzungen weiterer Leser / Clavios daher erbeten, da ich nicht alles abdecken konnte, und:
Viele Grüße, von -Rev.-! :-)
 
Der Punkt, auf den ich hinaus will ist, dass es zahlreiche aus der Geschichte überlieferte Lieder gibt, deren Texte auf ein "sonniges" Leben hindeuten, derweil es Indizien dafür gibt, dass die jeweilige Zeit für viele Leute wohl nicht so dolle war.

Ich glaube nicht, dass Du mit Deiner Fragestellung über Allgemeinplätze hinauskommst. Die beiden nächstliegende unter ihnen sind, dass es zum einen keine direkte Wirkungsmechanik zwischen den aktuellen Lebensbedingungen und künstlerischer, musikalischer oder literarischer Produktion gibt. Im Gegenteil, diese hat oft kompensatorische Funktion und ermöglicht die Flucht in die Utopie. Das früheste Beispiel, das ich kenne, sind die Acharner des Aristophanes, eine, naja, Musikkomödie aus dem Jahr 425 v. Chr., mitten im Krieg, wo es den Athenern schon richtig dreckig ging; darin schließt ein Kleinbauer, nach ausführlicher Verhöhnung der politischen Elite, einfach seinen Privatfrieden mit dem Feind und führt danach ein Schlaraffenleben. Die Zuschauer haben sich keineswegs veralbert gefühlt, sondern ihm den Siegespreis zuerkannt. Zum andern darf man nicht vergessen, dass das - verpflichtende - Christentum die obwaltenden sozialen Zustände ohnehin als vernachlässigbar gegenüber der Auferstehungshoffnung erklärte und die Welt als - bestenfalls - unvollkommenes Abbild der Ewigkeit sah. Deswegen konnte eben ein Dichter wie Paul Gerhardt in der äußersten Agonie des Landes am Ende des Dreißigjährigen Krieges ein »optimistisches« Lied wie »Geh aus mein Herz und suche Freud« verfassen, wo diese Vorstellung klar zum Ausdruck kommt: die Welt, sofern sie schön ist, ist doch nur eine Vorahnung des Paradieses. Und wenn sie nicht schön ist, dann ist das auch nicht so schlimm, denn am Ende wird alles und auf ewig gut.

Aber ich denke, Du gehst von noch einer anderen Voraussetzung aus, die jedenfalls für die Zeit vor der Klassik einfach nicht so gilt: dass musikalisches Schaffen der Reflex individueller Gestimmtheit und psychischer Disposition ist. Das wird im Absolutismus weitgehend dadurch verhindert, dass die Produktion von Musik von zahlreichen sozialen und politischen Parametern beschränkt ist. Kehrt etwa der bairische Herzog 1714 nach München zurück, nachdem ihm die Österreicher gründlich das Arschleder versohlt hatten, sein Land verwüstet und die Finanzen zerrüttet sind, veranstaltet er dennoch ein »Churbairisches Freudenfest« mit Feuerwerk und fröhlicher Musik, auch wenn der Rest der Staatskasse dabei draufgeht - denn er ist es seiner Herrscherwürde schuldig. Hat derselbe Kerl dann Geburtstag, ist es Pflicht des Untertans, sich zu freuen. Pflicht der Komponisten ist es bei all dem, dieser Freude Ausdruck zu verleihen. Und weil man sich nicht nur über des Fürsten Geburtstag zu freuen hat, sondern auch über den des Herrn, wird die Musik auch schon mal »parodiert« und passt dann für Weihnachten genauso (wer merkt das heute etwa, wenn er es nicht vorher im Programmheft gelesen hat?). Für Karfreitag liefert der Musiker den Ausdruck tiefster Depression, zwei Tage später dagegen den allerhöchsten Jubels. Derlei Stimmungen werden sozusagen handwerklich am Schreibtisch hergestellt; das ganze wird eingehegt von einer aus der Antike ererbten pedantischen Rhetorik, die ebenso lehrt, wie man einen Seufzer zu komponieren hat wie die Techniken, mit denen man die Zuhörer einer Leichenpredigt zum Heulen bringt. Die Befindlichkeit des Lieferanten ist dabei völlig gleichgültig und deren Äußerung gälte beim Besteller als anmaßend. Also wollen wir lieber nicht post mortem ihm einen unangemessenen psychischen Exhibitionismus abnötigen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo, meine Hauptintention war die Frage nach Literaturhinweisen. Insofern ein besonderes Danke an Revenge. Weitere Hinweise sind natürlich willkommen.

Bitte entschuldige, aber wie kannst Du ernsthaft um Hinweise zu etwas bitten, wenn Dir die Fragestellung noch nicht einmal annähernd klar zu sein scheint?

1.
zur Musik im (früh-mitel-spät)-Mittelalter
Vielleicht ist Barock bis Romantik ja auch eher Neuzeit, aber darauf kommt es mir nicht an.

Ja wie denn nu? Je nach Periodisierungskonvention kann man das, was man "Mittelalter" nennt, irgendwann im 3./4. nachzeitenwendischen Jh. beginnen und in einer Bandbreite von nicht weniger als 2 Jahrhunderten "enden" lassen. Allerspätestes anerkanntes Ende ist - nota bene: für Mitteleuropa - das Jahr 1517 (Luthers "Thesenanschlag").

2.
Literaturhinweise unter besonderer Berücksichtigung:
Worauf es mir in erster Linie ankommt ist der "sozialhistorische" Kontext.

Offenbar nicht. Du möchtest offenbar kulturelles Schaffen in einen Wirkbezug zur "Sozialgeschichte" setzen. Ein Grundlagenwerk hierzu (zur Sozialgeschichte) ist z. B. "Bauern im Mittelalter" von Werner Rösener. Ich nenne auch "Frauen im Mittelalter" von Edith Ennen. Da aber Sozial- und Mentalitätenforschung nicht so der Deutschen Ding ist, kommst Du um die Franzosen sowieso nicht herum. Ein Standardwerk ist "Mourir autrefois" von Michel Vovelle (nicht Mittelalter, aber Frühneuzeit).
es der Mehrheit der Menschen in diesem Kulturraum doch eher dreckig geht
Durchgehend wirst Du feststellen, dass man keinen einheitlichen Zusammenhang zwischen Sozial- und Musikgeschichte findet. Dem Einzelnen ging es objektiv sowieso schlecht - allen, unabhängig von ihrem Stand - , der überwältigenden Mehrheit ging es objektiv "dreckig", und wie der oder gar die individuelle Einzelne sich fühlt, war die längste Zeit der tradierten Geschichte sowieso vollkommen irrelevant.

Stichwort "Heute ist es so schlimm, früher war es besser" - nein, war es definitiv nicht. Es war anders, vollkommen anders. Man erinnert sich halt nicht mehr daran, u. a. weil es mehrere historische Zäsuren gab, die bei verschiedenen kulturellen Kollektiven erinnerungskulturelle Auslöschungen verursachten.
 
Hi @Barratt, Entschuldigung vielmals, dass ich mich nochmal melde, Bücher kenn ich ja nur vom Hörensagen, ich denke meist, es ist Brennmaterial und hab noch kaum welche gesehen, wisst Ihr ja, :super::super: - aber:

Einige Bücher machen mir DOCH den Eindruck, entgegen Deiner Aussage, dass sie Sozial- und Musikgeschichte in einen Zusammenhang setzen, und sei er noch so vielfältig gefärbt und beeinflusst ( Siehe Sachgebiete der o.a. Literatur-Beispiele ).

Rösener klingt zwar gut, aber Du vergisst einen Punkt: Hier ist das Inhaltsverzeichnis von Rösener:

Sehr Bauern-bezogen, viele landwirtsch. Aspekte, und ...ohne ( m.E. wesentliche ) erörterte Musik-Aspekte.

https://d-nb.info/880454318/04

Ferner erwähnst Du "Frauen im Mittelalter" : Dies dürfte wiederum recht breit gefächert sein, vielleicht zu breit.

Hättest Du jetzt gesagt:

"Walter Salmen: SPIELFRAUEN im Mittelalter, Hildesheim [u.a.] ; Olms ; 2000 ; 124 S. : zahlr. Ill. : 24 cm ", dann käme man der Sache eingrenzend viel näher.

Da gehts nämlich ( zum Beispiel ) um:

Geschichte ; Geschichte 0900-1500 ; Künstler ; Musik <Motiv> ; Sozialgeschichte ; Spielfrau ; Tanz <Motiv>
Weitere Inhaltsbeschreibung: History ; To 1500 ; Women musicians
ISBN: 3-487-11234-5

LG, -Revenge.-
 
Nachtrag: Aber, was solls. Sind ja nur Bücher, :-D:-D- angenehmen Tag noch wünscht:

Olli!
 
Ich bin auch interessiert an mittelalterlichen Liedern oder Stücken, möglichst mit Klaviernoten. ...dazu ein neues Thema starten.
Ja bitte tu das doch. Wir müssen uns dabei ja nicht unnötig einengen und das "mittelalterlich" nicht all zu genau nehmen,
Zur Renaissance haben wir bereits einen Thread: https://www.clavio.de/threads/renaissancestucke.23457/
 
Hallo,

@ Ambros_Langleb: Ich habe nur von einer Beispielfragestellung gesprochen, nicht von der
Fragestellung. Danke für Deine Ausführungen, wirklich sehr interessant. Unter dem bekannten Strich kann es dann irgendwann gut sein, dass ich nicht über Allgemeinplätze hinauskomme. Aber davor steht erst das Bemühen, was auch immer dabei raus kommt. Vielleicht also nix...

@ Barratt: Fragestellungen implizieren a priori Unklarheiten - und zwar sowohl was die Fragen selber angeht, als auch was die ersten und vielleicht auch die dann folgenden Antworten angeht. Wenn ich vorher schon wüßte, was hinterher raus kommt, dann könnte ich mir ja die Frage ja schenken.
Was (nicht nur) Deine Hinweise auf meine "schlampige" zeitliche Einordnung angeht, so bitte ich das zu entschuldigen. Wie oben schon erwähnt, wollte ich keine "wissenschaftliche" Debatte, sondern Literaturhinweise. Danke für die Deinen.
Ansonsten auch Danke für die anderen Anregungen.
 
Rösener klingt zwar gut, aber Du vergisst einen Punkt: Hier ist das Inhaltsverzeichnis von Rösener:

Sehr Bauern-bezogen, viele landwirtsch. Aspekte, und ...ohne ( m.E. wesentliche ) erörterte Musik-Aspekte.

Dem TE ging es um Lebensbedingungen im Mittelalter als Wirkhorizont musikalischen Schaffens (falls ich seinen Forschungsansatz richtig verstanden habe). Die Massen waren nun mal die Bauern und nicht die Künstler. Den Bauern ging es im Hochmittelalter (vergleichsweise!!!) gut. Damals war ein klimatisches Optimum. Die (vergleichsweise) guten Lebensbedingungen der Bauernschaft lassen sich sogar an hochmittelalterlicher (bildender) Kunst ablesen ("wie" führt hier zu weit ins OT).

Im Spätmittelalter begann die letzte "Kleine Eiszeit" und all das Elend, das heutzutage oberflächlich mit dem Begriff "Mittelalter" assoziiert wird, obwohl es eigentlich die Frühe Neuzeit betrifft (abhängig von der präferierten Periodisierungsvariante). Das änderte sich erst im späten 18. Jh., zunächst "künstlich" verschleppt durch Vulkanische Winter in Folge hoher seismischer Aktivität ab Mitte der 50er Jahre des 18. Jh. (noch 1815 setzte quasi als Nachzügler Tambora einen spektakulären Schlusspunkt mit Ausrufezeichen unter diese Periode). Zum Beispiel war 1794 nach meinen Recherchen seit buchstäblich Menschengedenken der erste wirklich heiße Sommer in Mitteleuropa mit einem Peak, der sogar vergleichbar ist mit Mitteleuropa 2003 - nur, im Unterschied zu 2003, wo man heiße Sommer längst gewöhnt war, hämmerte die Hitze im Hochsommer 1794 die Europäer geradezu nieder nach "seit Menschengedenken" durchschnittlich lausigen Sommern.

Parallelen zur "Erderwärmung ab dem industriellen Zeitalter" erspare ich uns an dieser Stelle.



P.S. Bücher liebe ich sicher mit gleicher Leidenschaft wie Du ;-), wenngleich gerade Klimadaten im Internet besser zugänglich sind. Von digitalisierten Archiven ganz zu schweigen. Dabei hinkt Deutschland meilenweit hinterher im Vergleich zu z. B. Frankreich. Die Franzosen haben sogar die verbliebenen Pariser Personenstandsregister digitalisiert, so angekokelt wie man sie 1871 aus den qualmenden Überresten des abgefackelten Hôtel de Ville herausgefischt hat. :super:
Glücklicherweise sind Bücher KEIN gutes
Vernichtet werden Bücher weniger durch Feuer als durch den mit Löscharbeiten einhergehenden Wasserschaden - aber wem sag ich das. :love:

 

Zurück
Top Bottom