Künstler <-> Pädagoge?

Ich finde nicht, dass eine vorhandene Zielgruppe (mag sie Interpreten oder Zuhörer beinhalten) ausschließt, dass eine "Komposition" als Kunst bezeichnet werden kann. Wäre dann z.B. Messiaens Quartett für das Ende der Zeit keine Kunst?
 
Zuletzt bearbeitet:
Gibt es KL, die eigentlich gerne konzertierende Pianisten mit Karriere geworden wären - aber sie waren nicht gut genug? Dann bleibt nur noch unterrichten. (Arme Kinder!)
Das ist ein unverdrossen immer wieder hervorgezogenes Cliché.
Ich möchte wirklich mal wissen, welcher gute Klavierlehrer mit 16 oder 18 nicht davon träumte ein großer Virtuose zu werden. Ohne diesen Traum ist es wohl kaum möglich die Energie und das Durchhaltevermögen zu entwickeln, die es braucht, seine Talente zu entfalten. Wer allerdings mit Mitte/Ende 20 noch nicht begriffen hat, dass es allenfalls zu einer (durchaus befriedigenden!) Mischexistenz zwischen Lehrer und 'Künstler ' kommen wird und sich dann nicht mit dem nötigen Knowhow versieht um brauchbar unterrichten zu können, ist möglicherweise mit verantwortlich für dieses negative Cliché vom frustrierten Virtuosen, der kleine Kinder (und Erwachsene ebenso) quält.
 
Ich finde nicht, dass eine vorhandene Zielgruppe (mag sie Interpreten oder Zuhörer beinhalten) ausschließt, dass eine "Komposition" als Kunst bezeichnet werden kann.
das hab ich auch nicht sagen wollen, mir ging es eher darum, dass die ganzen sozialen Aspekte, wie eingebunden sein in ein bestimmtes Umfeld oder auch das Ausrichten auf bestimmte Zielgruppen, von mir aus auch "peer groups" oder auch Geldgeber / Publikum den Künstler Einflüßen aussetzt, die schon mal mit der rein künstlerischen, nennen wir es mal "Motivation" und auch Ehrlichkeit konkurrieren. Wenn man es sich mal heimelig und stabil eingerichtet hat in seiner "Marktlücke" auf dem "Kunstmarkt" nimmt die Entfremdung vom eigentlichen "Sein" als Künstler zu, es gilt dann, den erzielten Status zu sichern, irgendeinen Erfolg fortzusetzen usw., was eben oft nur durch eine letztendlich fremdgesteuerte Anpassung oder von mir aus auch konformistische "Weichspülung" des künstlerischen Schaffens möglich ist.
Führt ja bei vielen Künstlern irgendwann auch zu regelrechten Lebenskrisen, Versuche, da dann wieder auszubrechen, kann man einem Künstler nicht hoch genug anrechnen.

Es geht mir dabei keineswegs um ein "Alles" oder "Nichts" sondern um Schattierungen des Künstlerseins, was sich eben dann auch in der Qualität der entstehenden Kunstwerke niederschlägt. "Reine" Kunst abschattiert in Richtung Gebrauchskunst oder was auch immer.
 
Es gibt durchaus Künstler, die für die Schublade oder "für sich" geschrieben haben!
Werden Sie in dem Moment erst Künstler, wenn man sie entdeckt aufführt, bewundert, ... oder waren sie es auch schon vorher ohne soziale Zielrichtung.
Ein Werk ist ein Werk, ob es in der Schublade liegt oder im Louvre hängt. Es kann entdeckt werden oder unwiderbringlich verloren gehen - letzteres muss aber jemand mitkriegen und beurteilen können. Sozialer Kontext.

Schwierig wird es bei einer flüchtigen Aufführung. Wenn die unaufgezeichnet und ungehört verhallt - war sie jemals „da“?
 
Ich glaube nicht, dass je etwas geradeaus nur für die Schublade geschrieben worden ist (also völlig ohne Hintergedanken wie Übung, Nachwelt, Vergleich mit großen Vorbildern...). Was könnte dafür eine Motivation sein? Zeitvertreib? Dann wird aber wohl nicht wirklich Kunst herausgekommen sein.
Ebenso: was bedeutet es für sich zu schreiben? Um es später selber wieder spielen zu können? Weil man glaubt, es sei eine Aufführung nicht wert? Gibt es Menschen, die nur für sich künstlerisch tätig sind ohne vorher über Gesellschaft und ihre Stellung darin reflektiert zu haben?
 
Idealismus - milde ausgedrückt. Ausdrucksdrang - etwas stärker...

Ich schätze, manche Menschen haben so einen starken Impuls, ihre Kreativität auszudrücken, dass sie gar nicht anders können als dem zu folgen. Ich kann das sehr gut nachempfinden, aber bisher hat bei es immer genug "Kanäle" gegeben, so dass kein "Stau" entstanden ist. Wenn das Auszudrückende schneller entsteht, als man hinterher kommt, schreibt man vielleicht auch Werke "für die Schublade".
 
Noch ein überaus prägnantes Beispiel für "Schubladenkünstler": Vivian Maier!

Sie war Kindermädchen und Haushälterin. In der Freizeit streifte sie alleine durch die Gegend und fotografierte. Nur für sich. Niemand bekam je eines ihrer Fotos zu sehen.

Nach ihrem Tod entdeckte man die Massen von Fotos, die sich über die Jahrzehnte angesammelt hatten, und stellte fest, dass man es hier mit einer sehr bedeutenden Fotografie-Künstlerin zu tun hatte!

Es ist gänzlich unbekannt, ob Vivian Maier bewusst versucht hatte, "Kunst" zu schaffen, und wenn ja, was ihre Kriterien waren. Es sind keinerlei Aussagen überliefert. Dennoch sieht man, dass es Kunst ist.
 

Es ist gänzlich unbekannt, ob Vivian Maier bewusst versucht hatte, "Kunst" zu schaffen
In meinen Augen ist jemand, der sich hinsetzt und denkt: "Ich schaffe jetzt Kunst", kein Künstler.
Ich kenne manche Maler - die sich unbedingt "Künstler" nennen - , die bei jedem Strich, den sie von sich geben, denken, dass sie die begnadeten Genies sind.
Man merkt es an hochtrabenden Titeln, an exorbitanten Preisen und völlig verklausulierten Erklärungen, wenn man sie fragt, bei Betrachtung zufällig wirkender Farbtupfer auf grundierter Leinwand, was sie denn da so gemalt haben. Von denen würde ich nicht nur wegen des Preises kein einziges Bild kaufen.
 
In meinen Augen ist jemand, der sich hinsetzt und denkt: "Ich schaffe jetzt Kunst", kein Künstler.
Ich kenne manche Maler - die sich unbedingt "Künstler" nennen - , ...
Ja, je mehr man sich selbst zum Künstler ausruft, desto weniger ist man meist wirklich einer.

Man merkt es an hochtrabenden Titeln, an exorbitanten Preisen ...
Wenn der Preis auch gezahlt wird, ist die Sache allerdings entschieden. Kunst ist, wie Felix bemerkt hat, ein soziales Konstrukt. Für die eine setzt der Jazzpianist nur Kadenzen zusammen, für den anderen spielt der klassische Pianist nur Partituren runter.

Cee.
 
Es entwickelt sich hier eine Tendenz, Kunst nur als das gelten zu lassen, was als "große" oder exzellente Kunst verstanden wird. Also kann nur ein "großer" Künstler überhaupt ein Künstler sein. Das ist aus meiner Sicht eine unproduktive Tendenz. Kunst als Begriff kann tatsächlich sinnvoll diskutiert werden: welche Prozesse und Eigenschaften führen zu einem Werk? "Große" Kunst wird immer einen subjektiven Faktor haben und in unendliches Hin und Her aufgehen. Es gibt auch schlecht gemachte Kunstwerke. Sie sind trotzdem Kunst.
 
Es entwickelt sich hier eine Tendenz, Kunst nur als das gelten zu lassen, was als "große" oder exzellente Kunst verstanden wird. Also kann nur ein "großer" Künstler überhaupt ein Künstler sein. Das ist aus meiner Sicht eine unproduktive Tendenz.
Immerhin liegt da nicht die subjektive Wertschätzung des Martin49 ("Buchbinder ist ein größerer Künstler als Einaudi") zugrunde, sondern ein durch den gesamten Kunstbetrieb verobjektiviertes Urteil (Danto, Dickie lassen grüßen).

Cee
 
Wer legitimiert die Experten etwas in den Rang eines Kunstwerks zu heben?
Dumme Frage.

Natürlich die Experten.

Denn die Leute, die sich viele Jahre mit einem Gegenstand beschäftigt haben und gelernt und geübt haben, sind nun mal die einzigen, die darüber wirklich substantiell Auskunft geben können.

Es gibt also keine "Meta-Experten", die nicht Teil der Experten selbst wären und "von außen" die Experten beurteilen könnten.
 
Dumme Antwort.
Der Klavierlehrer aus Deinem anderen Thread zB würde dann nämlich dazu gehören.
 

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