Kosten einer Professorenstunde

  • Ersteller des Themas Pianojayjay
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Es ging doch aber in dem Faden nie darum, was Dir oder einem PJJ etwas wert ist. Dann würde sich ja der ganze Faden erübrigen.
 
Vom Handelsblättchen zum Bilanzchen, ein wahrer Qualitätssprung. Immerhin weiß ich jetzt vermutlich, warum ich mich mit Dürrenmatt "beschäftigen" sollte. Ein Glück, dass ich nicht mehrere Biographien und alle seine Werke zur Klärung deiner Anspielung durchgegangen bin, denn offenbar ging es dir ja um dieses Detailchen seines Schaffens:
"Friedrich Dürrenmatt malte einst ein Porträt mit Nobels Charakterkopf. Der schlichte Titel: Der Wirtschaftsanwalt."

Und den kennst du sogar? Wir sind tief beeindruckt.

Ich konnte deinen Artikelchen noch eine weitere Information entnehmen:
"Sie verstehen sich als die wahre Elite unter den 8175 Rechtsanwälten des Landes. Schätzungsweise zwanzig Prozent sind Wirtschaftsanwälte. Ihre Attribute: bestens vernetzt, mehrsprachig, breit ausgebildet, in der Regel männlich, ihr Arbeitsort ist Zürich. Und sie sind formidabel bezahlt. Bis zu 1,5 Millionen Franken verdienen die besten Wirtschaftsanwälte in erstklassigen Kanzleien. Die Topverdiener tragen auf der Visitenkarte den Zusatz «Partner», den Kanzleimitarbeiter nach vier bis acht Jahren erfolgreicher Betriebszugehörigkeit erhalten. Wer obendrein Verwaltungsratsmandate in Weltkonzernen sammelt, bringt es auf bis zu 2,5 Millionen jährlich."
es hat keinen Sinn mit Dir zu diskutieren, aber die Aussage von dem Pianisten Justus Frantz

Also: Ohne Verwaltungsratsmandat bleiben den "besten Wirtschaftsanwälten" in "erstklassigen" Kanzleien "bis zu" (!) 1,5 Millionen Franken. Da diese Herrschaften in der Regel nicht weniger als 60 Stunden die Woche arbeiten und nicht allzu viel Urlaub machen, dürfen wir wohl von mindestens 2800 Arbeitsstunden pro Jahr ausgehen, sind aber nicht so und machen mal 2500 draus. Damit kommen wir auf einen Stundenlohn von 600 Franken, sind also in den Gefilden, die auch das Handelsblatt angegeben hat. Genau genommen sind wir noch darüber, aber es ging auch um Deutschland, nicht um die Schweiz, und es ging um die "Top 50" statt um - wie viele auch immer - "erstklassige" Kanzleien.

Wovon wir aber ganz, ganz weit entfernt sind, sind die von dir ausgelobten 100000 Franken Stundenlohn. Und auch ganz weit entfernt sind wir mit unseren 1,5 Millionen Franken im Jahr vom Privatjet und großen Kunstsammlungen. Aber, sei es drum, Zahlen im von dir genannten Artikel hin oder her, du wirst bestimmt von einem Bekannten berichten können, bei dem es genau so ist. Und repräsentativ für die Welt ist ja schließlich dein erlauchter Kreis. :lol:

P.S: Bevor du auf die Idee kommst, ich sei neidisch, möchte ich gerne einwerfen, dass ich mit den Herren im Leben nicht tauschen möchte, denn seine Lebenszeit mit der steuerlichen Optimierung von Federers Werbeverträgen - ein Beispiel aus einem deiner Artikel - zu verplempern und das den größten Teil der Wach-Lebenszeit, ist einfach nur bemitleidenswert.

es macht keinen Sinn mit dir zu diskutieren, die Aussage von dem Pianisten Justuz Frantz trifft genau zu,.
"Die einzige ehrliche Form der Anerkennung in Deutschland ist der Neid."
 
Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich in einem öffentlichen Forum meine Anonymität aufgebe?

Das hat nun auch niemand von Dir verlangt. Und ich sehe auch nicht, daß jemand hier, um Deine gesprungene Metapher zu zitieren, »den Heiligenschein glaubt«. Du aber fährst schweres Geschütz gegen Deine Kolleg*innen auf, denen Du gesetzeswidrige Handlungen in offenbar erheblichem Umfang vorwirfst. Da wäre schon zu erwarten gewesen, daß Du das wengistens summarisch belegst. Wieviele Berufungen sind betroffen? Wieviele Fälle von Diskriminierung sind belegt?

Und es bleibt die Frage, warum Du nicht dagegen einschreitest. Wenn Du Hochschulehrer*in im Sinne eines Landeshochschulpersonalgesetzes bist, also Professor*in oder wenigstens Laufbahnbeamter/-in mit eigener Fachvertretung (nicht nach Anweisung tätig werdend), kannst Du das. Und daß du dabei keine Mitstreiter*innen fändest, glaube ich nie und nimmer.
 
Zuletzt bearbeitet:
So einfach ist die Welt nur, wenn man "Wert" und "Preis" zu Synonymen erklärt, wodurch sich deine Aussage auf eine einfache Tautologie verkürzte.

Korrekt ist: "Wert" und "Preis" stehen in der realen Ökonomie in enger reziproker Korrelation. Sie werden (theoretisch) permanent ausgehandelt und unterliegen der Hausse und Baisse der gesellschaftlichen Umstände. Somit ist ihre Korrelation volatil im Kontext des historischen, kulturellen, ökonomischen (etc.) Umfelds. Der Preis für eine Dienstleistung reguliert sich daran, was andere für den angenommenen Gegenwert zu bezahlen bereit sind.

Siehe das Beispiel, das @Rheinkultur nannte.


"Die einzige ehrliche Form der Anerkennung in Deutschland ist der Neid."

:cry2: Damit nennst Du pfeilgerade ein besonders abstoßendes Phänomen. Ob es ein originär "deutsches" ist, versehe ich mit einem Fragezeichen (allein schon, weil ich es nicht beurteilen kann). Übrigens würde ich es nicht "Neid" nennen, sondern "Missgunst". Feinheit der dt. Sprache. ;-)Das Zersetzende ist nicht der Neid (der könnte sogar positiv-beflügelnd wirken), sondern die Missgunst.

Beispiel: Ich beneide jemanden um ihren Privatpool, aber ich missgönne ihr die Wellnessoase keineswegs. :super:



Du aber fährst schweres Geschütz gegen Deine Kolleg*innen auf, denen Du gesetzeswidrige Handlungen in offenbar erheblichem Umfang vorwirfst.

Ich hatte/habe nur geringfügigen Einblick in Berufungsverfahren. Meine Beobachtungen entsprechen den Deinen, allerdings mit der vielleicht nicht unerheblichen Einschränkung: Geistes- und Sozialwissenschaften. Die freien (weil?) brotlosen Künste, gewissermaßen. :super::herz:

Können wir ausschließen, dass es im weder brotlosen noch freien Haifischbecken juristischer und medizinischer Fakultäten, insb. der sogenannten "altehrwürdigen", evtl. anders läuft?;-)
 
Sehe ich anders.... Die Leute sind vielleicht zu zahlen bereit, ob es das wert ist? Die Leute zahlen auch 100 Euro aufwärts für lang lang. Ist es das wert? Für einen Klavierabend? Der ihnen - sofern sie lang lang mögen - zwei schöne Stunden beschert aber nachhaltig nichts bringt?

Ich habe durchaus sowohl Klavierstunden als auch Konzerte mit jahrelanger Wirkungsdauer erlebt. Dafuer gibt es aber keine Garantie, weder bei Lang Lang noch irgendjemand anderem. Man vergesse nicht, dasz auch die persoenliche Disposition des Hoerers just an diesem Konzertabend, aber auch die eigene Offenheit in der Klavierstunde eine Rolle spielen.
Normalerweise wird man bei einem "teueren Professor" nicht permanent Privatstunden nehmen, daher wird so ein grundlegendes Aha-Erlebnis mit relativ geringer Wahrscheinlichkeit eintreten. Also ist eine entsprechend teuere Privatstunde den Preis fuer Laien nicht wert.

Bekannte Professoren sind aber auch deshalb teuer, weil es karrierefoerderlich ist, im Lebenslauf sich als sein Schuler bezeichnen zu duerfen. Deswegen: Fuer Profis mag sich das lohnen, fuer den Laien ist wahrscheinlich der engagierte und gute "Normalpreislehrer" besser.
Diesen zu finden, ist allerdings eine Kunst. Nicht alle Lehrenden an Hochschulen sind die begnadeten Didakten fuer Laien, manche Musikschullehrer erscheinen mir durch langjaehrigen Unterricht frustriert und wenig engagiert, viele sind vom Musizieren vor anderen Leuten auch abgeschnitten oder vertreten musikalisch und klaviertechnisch sonderbare Ansichten.
Es gibt auch Privatlehrer, die Mondpreise verlangen (fuer Ihre Verhaeltnisse), andere sind gut und verlangen "normale Preise", es ist und bleibt schwierig, den geeigneten Lehrer zu finden.
Als Laie naehme ich jetzt aber keine teuere Stunde bei einem hochberuehmten Konzertpianisten. Der bringt auch nicht mehr an mich hin als eine guter, engagierter "Normallehrer". Wenn ich jetzt ploetzlich in der Carnegiehall spielen mueszte, dann waere es vielleicht sinnvoll, bei jemandem mit Erfahrung in groszen Saelen Unterricht zu nehmen, aber sonst?
Viele Gruesze
Jannis
 
Das hat nun auch niemand von Dir verlangt.

Du hast von "Beweislast" gesprochen. Ich müsste dafür konkrete Personen und Verfahren benennen. Auch wenn ich dadurch nicht sofort für jeden mühelos identifizierbar wäre, wäre es nicht allzu schwer.

Was übrigens die "Rechtswidrigkeit" angeht: Die Pflicht zur "Bestenauslese" ist sehr vage. Die meisten Berufungskommissionen gewichten das Kriterium der "Passung" sehr hoch, durch das auch weniger gute Forscher auf Listenplätze kommen. Zudem überwiegen bei der Beurteilung der Vorträge und des Gesprächs mit der Kommission die subjektiven Einschätzungen der Kommissionsmitglieder. Es gibt keinerlei Fortbildung von Professoren für Bewerbungs- und Berufungsverfahren; die Schwierigkeiten und kognitiven Verzerrungen, die bei solchen Verfahren auftreten, wurden über Jahrzehnte durch unzählige Studien dokumentiert, so dass Unternehmen sich schon lange dessen bewusst sind und zumindest versuchen, ihre Auswahlprozesse besser zu gestalten. In Berufungsverfahren habe ich schon die absurdesten Beurteilungen gehört. In anderen Fächern ist es nach Aussage von Kollegen teilweise noch krasser.

Selbstverständlich setze ich mich jeweils für das ein, was ich als gerecht ansehe. Ich sitze aber (glücklicherweise) nicht in jeder Kommission meines Fachbereichs und erst recht nicht in jeder Kommission deutschlandweit. Zudem habe auch ich keine Fortbildung in Personalauswahl absolviert. Ich sehe keinen Widerspruch darin, mich selber um Verbesserung zu bemühen, soweit es mir möglich ist, und trotzdem im Forum klarzustellen, dass die vermeintliche Perfektion von Professoren und universitären Abläufen nicht der Realität entspricht.
 
Du hast von "Beweislast" gesprochen. Ich müsste dafür konkrete Personen und Verfahren benennen.

Du weichst aus. Just das mußt du nicht. Man kann die Größe der angeblichen Malaise problemlos auch in nicht-personalisierter Form darstellen. Ohne jede Unterfütterung mit Daten bleibt dein Beitrag nur vages Genöle, tut mir leid.
 
Es ging doch aber in dem Faden nie darum, was Dir oder einem PJJ etwas wert ist. Dann würde sich ja der ganze Faden erübrigen.
im Eingangspost wurde die Frage gestellt: Wieviel ist eine Stunde wert?
Meine Antwort darauf: Genau so viel, wie jeder, der eine Stunde bei einem Professor nehmen will, bezahlen möchte. Es ist eine individuelle Entscheidung. Und wenn PJJ oder ich 100,-€ bezahlen würden, dann ist es uns eben dies wert. Andere werden zu einer anderen Entscheidung kommen und dieses Geld nicht bezahlen. Also muss doch jeder für sich entscheiden, ob die 100,- € angemessen sind oder nicht.

Es ist doch mit Konzertkarten auch so: Wenn eine Konzertagentur einen bestimmten Preis aufruft, dann entscheide ich, ob es mir das wert ist oder nicht. Ich habe z.B. für Michael Jackson, Tina Turner, Santana etc. mehrmals Unsummen an Geld ausgegeben. Aber das wars mir wert. Freddy Mercury hab ich ohne was zu bezahlen mehrmals live gehört. In einer Atmosphäre, die mit mir nur eine Hand voll andere Menschen genießen konnten / durften. Das ist aber eine andere Geschichte. So viel Geld hätte ich gar nicht bezahlen können. Andererseits würde ich auch nicht einen einzigen Cent für Lady Gaga oder Justin Bieber ausgeben. Auch dann nicht, wenn sie bei mir im Wohnzimmer "performen" würden. Eine meiner Azubinen würde dagegen in Ohnmacht fallen oder *mod* den Herrn Bieber anschmachten und ihr ganzes Geld für eine Stunde mit ihm ausgeben. Die Wertschätzung liegt also in der persönlichen Wahrnehmung.

n.b. hier im Forum gibt es mehrere Fäden, die sich erübrigen. So what? Wenn Mitglieder des Forums in diesen Fäden posten und dabei die Forenregeln beachten, dann wirst Du als Mod diese Fäden wahrscheinlich auch nicht schließen, oder nicht?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

Können wir ausschließen, dass es im weder brotlosen noch freien Haifischbecken juristischer und medizinischer Fakultäten, insb. der sogenannten "altehrwürdigen", evtl. anders läuft?

Ich kann das auch nicht, weil auch "nur" Geisteswissenschaftler. Und natürlich ist die Situation in "Branchen", wo jederzeit das Ausweichen in einen besser bezahlten Job möglich ist, eine ganz andere. Dennoch finde ich es starken Tobak, seinen Kolleg*innen erhebliches und andauerndes Fehlverhalten anzulasten, sich von der Nachweispflicht aber vornehm frei zu sprechen. So verwandelt sich möglicherweise notwendige Kritik in Denunziation.
 
Man kann die Größe der angeblichen Malaise problemlos auch in nicht-personalisierter Form darstellen.

- Es gibt an bestimmten Universitäten in bestimmten Fächern ganze Fachbereiche, in denen sehr wenig geforscht wird. Dort werden Kandidaten mit Forschungsambitionen von vornherein aussortiert.
- Die "Passung" kann auch bedeuten, dass ein Kollege, der kurz vor der Pensionierung steht, jemanden möchte, der seine Uralt-Methoden verwendet, so dass für die ihm verbleibenden 1,x Jahre noch eine Kooperation laufen kann.
- Vorträge von Bewerbern werden teilweise danach beurteilt, ob die Kollegen (die ja nicht aus der zu besetzenden Disziplin kommen) entsprechende Inhalte vor 20 Jahren in ihrem eigenen Studium schon gehört haben. Dass sich das Fach und die Methoden weiterentwickelt haben, wird ignoriert.
- Bewerber werden danach beurteilt, ob sie exakt die Lehrveranstaltungen schon gegeben haben, die sie auf der neuen Stelle geben sollen. Dass man auf dieser Position erwarten kann, dass jemand eine neue Lehrveranstaltung in seinem Fachbereich ausarbeiten kann, wird nicht berücksichtigt.
- Bei Publikationen werden hochrangige Publikationen nicht gezählt, weil "die Passung nicht stimmt". Bei Drittmitteln wird teilweise die Höhe nicht oder kaum berücksichtigt.
 
@thinman , 100% Zustimmung, aber ich bleibe dabei: Die Frage war nicht "Was ist Dir eine Professorenstunde wert". Entsprechend wurden ja auch abstruse Beispiele von Staranwälten und Fußballspielern genannt.
Als Beispielantwort:
Ein LangLang ist mir keine 100 € wert, auch keinem PJJ und vielen anderen nicht. Aber noch mehr als ausreichend Leuten, um sagen zu können: LangLang ist 100 € wert und eine Lady Gaga auch und ein Professor mit gutem Ruf kann halt auch nehmen was er will.
 
@thinman , 100% Zustimmung, aber ich bleibe dabei: Die Frage war nicht "Was ist Dir eine Professorenstunde wert". Entsprechend wurden ja auch abstruse Beispiele von Staranwälten und Fußballspielern genannt.
Als Beispielantwort:
Ein LangLang ist mir keine 100 € wert, auch keinem PJJ und vielen anderen nicht. Aber noch mehr als ausreichend Leuten, um sagen zu können: LangLang ist 100 € wert und eine Lady Gaga auch und ein Professor mit gutem Ruf kann halt auch nehmen was er will.

ich glaube, wir meinen beide dasselbe, drehen uns aber im Kreis.
Ein Professor wird bei der Festsetzung seiner Stundenpreise erst mal abchecken, wie der Markt allgemein beschaffen ist. Wie jedes Unternehmen auch. Quasi interne due diligence. Und dann wird er entsprechend seine Preise gestalten. Dabei wird er aber nicht unbedingt nehmen können, was er will. Es sei denn, er besitzt ein Alleinstellungsmerkmal, das Mondpreise rechtfertigt. Dies wird jedoch beim Gros der Profs nicht der Fall sein. Sie werden sich auch nach Angebot und Nachfrage richten. Du hast ja in Deinem Beitrag bereits eine Einschränkung erwähnt: "....Professor mit gutem Ruf....." Und mehrere solche Kriterien werden dann eben zusammengetragen, bis irgendwann einmal die Preisfindung steht. Wenn dies 100,- € sind, dann muss die Nachfrage zeigen, ob man richtig gerechnet hat oder nicht.

Diese Nachfrage (potenzielle Schüler) wird nun ihrerseits eine due diligence durchführen und abchecken, ob der Prof. den aufgerufenen Preis wert ist. Entsprechend kommt dann ein Vertrag zustande oder nicht.
 
- Es gibt an bestimmten Universitäten in bestimmten Fächern ganze Fachbereiche, in denen sehr wenig geforscht wird. Dort werden Kandidaten mit Forschungsambitionen von vornherein aussortiert.
- Die "Passung" kann auch bedeuten, dass ein Kollege, der kurz vor der Pensionierung steht, jemanden möchte, der seine Uralt-Methoden verwendet, so dass für die ihm verbleibenden 1,x Jahre noch eine Kooperation laufen kann.
- Vorträge von Bewerbern werden teilweise danach beurteilt, ob die Kollegen (die ja nicht aus der zu besetzenden Disziplin kommen) entsprechende Inhalte vor 20 Jahren in ihrem eigenen Studium schon gehört haben. Dass sich das Fach und die Methoden weiterentwickelt haben, wird ignoriert.
- Bewerber werden danach beurteilt, ob sie exakt die Lehrveranstaltungen schon gegeben haben, die sie auf der neuen Stelle geben sollen. Dass man auf dieser Position erwarten kann, dass jemand eine neue Lehrveranstaltung in seinem Fachbereich ausarbeiten kann, wird nicht berücksichtigt.
- Bei Publikationen werden hochrangige Publikationen nicht gezählt, weil "die Passung nicht stimmt". Bei Drittmitteln wird teilweise die Höhe nicht oder kaum berücksichtigt.

Hallo @ahc
Du beschreibst in Deinem Beitrag Dinge, die ziemlich, ich sag mal vorsichtig "traditionell geprägt" erscheinen. Falls Du in einer solchen Kommission sitzt, dann beneide ich Dich nicht.
Gestatte bitte meinen Senf zu den von Dir angegebenen Punkten:

- Fachbereiche, die nicht forschen, könnte man durchaus mit einem Kollegen neu besetzen, der die Forschung wieder vorantreibt und damit die Reputation des Fachbereichs verbessert. Es kommt halt darauf an, welches Ziel man mit der Neubesetzung verfolgen möchte.
- ein kurz vor der Pension stehender Kollege kann zwar einen Wunsch-Nachfolger benennen, aber dies muss nicht unbedingt bedeuten, dass die Kommission diesem Wunsch Folge leistet. Oftmals tritt genau das Gegenteil ein, um den Anschein etwaiger Vitamin B- Berufung schon im Keim zu ersticken. Falls sich die Kommission jedoch ebenfalls aus Uralt-Kollegen zusammensetzt, dann spricht das nicht unbedingt für die Kommission und für die Uni. Meiner Meinung nach stirbt dieses "Modell des Wanderpokals" gottseidank immer mehr aus.
- Vorträge mit Inhalten von vor 20 Jahren sind ein k.o.-Kriterium für jeden Bewerber. Man verlangt aktuelle Inhalte (mit möglichst neuen Erkenntnissen).
- Die Ausarbeitung von Lehrveranstaltungen wird anhand der Zielsetzung besprochen und mit dem Bewerber abgestimmt. Es kommt durchaus vor, dass vom Bewerber verlangt wird, eine Neuausrichtung vorzunehmen und alte Pfade zu verlassen.
- mit den Publikationen ist das so eine Sache. Der Impact-Factor gerät immer mehr in die Kritik und eine modern ausgerichtete Kommission wird z.B. auch nach einer (z.B. extern zu vergebenden) Begutachtung der Publikationen des Bewerbers eine Entscheidung treffen und nicht nur den Impact-Factor heranziehen.
- Drittmittel als Kriterium zu verwenden halte ich für sehr dünnes Eis. Denn es kann gut sein, dass diese Drittmittel von jetzt auf gleich gegen Null gehen. Die Tendenz dazu ist zumindest nicht mehr weg zu diskutieren.
 
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Danke, @thinman, dass Du bestätigst, dass es solche Kommissionen und Fachbereiche gibt. Ich sage ja nicht, dass alle Verfahren so laufen, sondern nur, dass eben nicht alle Professoren Spitzenforscher sind, die sich in objektiven Verfahren als Beste ihres Fachs durchgesetzt haben.

Mit "hochrangiger Publikation" meinte ich übrigens nicht (nur) den Impact Factor, sondern tatsächlich sehr innovative und gute Publikationen. Bei Drittmitteln mag man sich streiten (sie sind eben der Versuch, ein objektives Kriterium einzuführen, um den Missständen entgegenzuwirken) - aber wenn dieses Kriterium angewendet wird, dann bitte auch richtig.

Was ich oben noch gar nicht angesprochen hatte, sind die "ad personam" ausgeschriebenen Professuren. Der Wissenschaftsrat hat schon 2005 (!) dazu aufgefordert, solche Ausschreibungen zu unterlassen. Sie sind zumindest in meinem Fach immer noch üblich.

Eine Reihe von Problemen kann man übrigens auch in einem Ratgeber für Bewerber ("Black Box Berufung") nachlesen, der teilweise frei im Netz verfügbar ist, so z.B. die auf bestimmte Personen ausgerichtete Ausschreibung, die fehlende Information abgelehnter Bewerber (anscheinend gibt es da sogar gesetzliche Vorgaben, die nicht beachtet werden), und die Festlegung von Kriterien während des laufenden Verfahrens, die auf bestimmte Bewerber angepasst werden.
 
- Es gibt an bestimmten Universitäten in bestimmten Fächern ganze Fachbereiche, in denen sehr wenig geforscht wird. Dort werden Kandidaten mit Forschungsambitionen von vornherein aussortiert.
- Die "Passung" kann auch bedeuten, dass ein Kollege, der kurz vor der Pensionierung steht, jemanden möchte, der seine Uralt-Methoden verwendet, so dass für die ihm verbleibenden 1,x Jahre noch eine Kooperation laufen kann.
- Vorträge von Bewerbern werden teilweise danach beurteilt, ob die Kollegen (die ja nicht aus der zu besetzenden Disziplin kommen) entsprechende Inhalte vor 20 Jahren in ihrem eigenen Studium schon gehört haben. Dass sich das Fach und die Methoden weiterentwickelt haben, wird ignoriert.
- Bewerber werden danach beurteilt, ob sie exakt die Lehrveranstaltungen schon gegeben haben, die sie auf der neuen Stelle geben sollen. Dass man auf dieser Position erwarten kann, dass jemand eine neue Lehrveranstaltung in seinem Fachbereich ausarbeiten kann, wird nicht berücksichtigt.
- Bei Publikationen werden hochrangige Publikationen nicht gezählt, weil "die Passung nicht stimmt". Bei Drittmitteln wird teilweise die Höhe nicht oder kaum berücksichtigt.

Ich komme hier aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Da gibt es also irgendwo eine Fakultät, wo (1) Bewerber nach »Passung« (Stallgeruch?) ausgewählt werden, (2) fachfremde Kollegen sich anmaßen, eine Berufung mit Fachargumenten zu unterstützen, über die sie tatsächlich gar nicht verfügen, wo (3) der abtretene Amtsinhaber ein Quasi-Mitbestimmungsrecht hinsichtlich seines Nachfolgers hat, und zudem (4) auch noch wenig Forschung betrieben wird.

(4) ist, zwar kein Rechtsverstoß, aber einer gegen den Auftrag der Fakultät und, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, das mittelfristige Todesurteil für so eine Fakultät. Denn wenn sie nicht in der Lage ist, einen nachprüfbaren Forschungsbericht vorzulegen, beginnt unweigerlich der Abbau von Mitarbeiterstellen sowie von Sach- und Bibliotheksmitteln. Dann ist man irgendwann tatsächlich an dem Punkt angelangt, wo man nicht mehr forschen kann. Daß es den einen oder anderen Altmeister gibt, der sich vorzeitig zur Ruhe setzt, ist ja bekannt; daß ganze Fakultäten von diesem Trägheitsvirus betroffen sein sollen, wäre mir neu. Und auch bei den Alten Häusern ist der Regelfall eher die wissenschaftliche »Torschlußpanik«, die zu erhöhter Aktivität führt, weil man ja seine Vorhaben noch fertig haben will, bevor es einen vom Stangerl haut; ich gebe freimütig zu, daß in mir auch ab und zu solche Empfindungen emporsteigen. Wenn der Übelstand aber tatsächlich endemisch ist, fragt sich, warum die Hochschulleitung nicht einschreitet; das liegt ja schon deswegen in ihrem eigenen Interesse, weil sie dann bei der Verteilung der faktisch immer knapper werdenden Haushaltsmittel ein Vergabekriterium frei Haus geliefert bekommt. Punkt (3) ist in den meisten Hochschulpersonalgesetzen bzw. den nachgeordneten Bestimmungen für Berufungskommissionen schlicht verboten. Das hindert manchen Emeritus natürlich nicht, fleißig herumzutelefonieren, aber in aller Regel wird das schnell bekannt und ist völlig kontrarproduktiv. Wirkliche Extremfälle selten, und das sind die, die ihren Weg in die Presse finden, was in der Öffentlichkeit dann ein verzerrtes Bild der Gesamtlage ergibt. Ich habe tatsächlich einmal einen solchen miterlebt. Wir hatten vor 15 Jahren mal so einen Herrn, der meinte, weil er noch Ordinarius alter Machart sei, also emeritiert und nicht pensioniert, er könne sich zum Vorsitzenden der Berufungskommission für seine Nachfolgerin ausrufen und außerdem Büro und Personal einfach weiternutzen. Das ganze endete nach zwei Jahren mit einem Hausverbot, gegen das er erfolglos klagte. Der Regelfall sind solche Leute aber nicht, zumal Ordinarien alten Rechts (Ernennung vor dem 1.10.1978) inzwischen ausgestorben sind. Ansonsten, wenn es sich nicht um den seltenen Fall eines ausgemachten Superstars handelt, werden derlei Agitationen eher belächelt als beachtet. Punkt (2) müßte, in aufsteigender Reihenfolge, vom/von der Vorsitzenden der Berufungskommission, Dekan(in) oder Rektor(in) abgestellt werden. Wie ich schon sagte, kann auch die Frauenbeauftragte hier viel tun, weil sie als einzige Berichtsrecht aus dem laufenden Verfahren hat. (1) ist natürlich das allerärgste. Eine Fakultät, die Bewerber nicht nach fachlicher und didaktischer Qualifikation auswählt, sondern die Kumpelei zum Kriterium erhebt, schafft sich den Sumpf selber, in dem sie untergehen muß. In meinem Fach gibt es ganz bestimmt nicht ein Institut oder Seminar, dem man derlei nachsagen könnte; aber die »Fachkulturen« sind ja, wie wir aus dem berufenen Munde einer weiland Bundesbildungsministerin wissen, durchaus verschieden.

Ich wiederhole mich: ich kann nur staunen über die Zustände, die hier geschildert werden. Und über die Leidensbereitschaft, mit denen die Berichterstatterin sie erträgt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur drei kurze Anmerkungen:

- ein kurz vor der Pension stehender Kollege kann zwar einen Wunsch-Nachfolger benennen,

Kann er vielleicht in der Konzertpause, aber hochschulrechtlich ist eine Mitwirkung des Vorgängers zumindest in em Bundesland, in dem wir beiden unserem segensreichen Wirken nachgehen, verboten.

Die Ausarbeitung von Lehrveranstaltungen wird anhand der Zielsetzung besprochen und mit dem Bewerber abgestimmt. Es kommt durchaus vor, dass vom Bewerber verlangt wird, eine Neuausrichtung vorzunehmen und alte Pfade zu verlassen.

Das ist ein Scheinproblem, denn Lehrinhalte sind durch Studien- und Prüfungsordnungen ohnehin determiniert. Richtige Lehrfreiheit gibt es nur im Zusatzangebot, und das darf nur gemacht werden, wenn das Grundlehrangebot abgedeckt ist. Zu meinen Studienzeiten war das anders, da gab es Leute, die ein exotisches Thema anboten, um möglichst wenig Seminarteilnehmer zu haben. Heute muß der/die Studiendekan/-in gegen derlei Machenschaften einschreiten. Wir sind da schon so weit, daß Studies versuchen, mit seiner/ihrer Hilfe gefürchtete Lehrveranstaltungen zu torpedieren, und zwar mit dem Argument, die Inhalte entsprächen nicht der jewieligen Modulbeschreibung.

nach einer (z.B. extern zu vergebenden) Begutachtung der Publikationen des Bewerbers

Ich kenne keine Berufungsordnung, die nicht zwei externe Gutachten verlangte, im Zweifelsfall, der gar nicht so selten ist, auch drei. Und der Versuch, sich über die sich aus "Passungs"-Gründen hinwegzusetzen, sollte eigentlich an der Hürde des Senats scheitern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur drei kurze Anmkerungen:



Kann er vielleicht in der Konzertpause, aber hochschulrechtlich ist eine Mitwirkung des Vorgängers zumindest in Bayern verboten.



Das ist ein Scheinproblem, denn Lehrinhalte sind durch Studien- und Prüfungsordnungen ohnehin determiniert. Richtige Lehrfreiheit gibt es nur im Zusatzangebot, und das darf nur gemacht werden, wenn das Grundlehrangebot abgedeckt ist. Zu meinen Studienzeiten war das anders, da gab es Leute, die ein exotisches Thema anboten, um möglichst wenig Seminarteilnehmer zu haben. Heute muß der/die Studiendekan/-in gegen derlei Machenschaften einschreiten.



Ich kenne keine Berufungsordnung, die nicht zwei externe Gutachten verlangte, im Zweifelsfall, der gar nicht so selten ist, auch drei. Und der Versuch, sich über die sich aus "Passungs"-Gründen hinwegzusetzen, sollte eigentlich an der Hürde des Senats scheitern.

ad 1)
natürlich spielt sich das inoffiziell ab. Jeder Amtsinhaber kann durchblicken lassen, wen er sich als Nachfolger wünschen würde, ohne aktiv mitzuwirken. Aber er kann ja, wie Du schon erwähnt hast, telefonieren. Das können jedoch andere auch.;-)

ad 2)
Die Lehrinhalte sind vorgeschrieben. Die Vorlesungen könnten jedoch gewichtet werden, wobei die Ambitionen des Lehrstuhlinhabers durchaus Eingang finden könnten.
Beispiel: in unserem Fach (Zahnmedizin) könnten Inhalte der klinischen Werkstoffkunde ziemlich schnell abgehandelt werden, wohingegen Themen der Parodontologie / Endodontologie einen breiteren Raum einnehmen könnten. Ich betone ausdrücklich den Konditional!

ad 3)
so kenne ich dies auch. Bei @ahc scheint jedoch einiges anders zu laufen. :denken:
 

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