Können Gefühle minderwertig sein?

Ich sehe ein Gefühl ebenfalls wertneutral. Nehmen wir die Angst: der, der sie hat, empfindet sie als unangenehm, was den Schluss nahelegt, Angst sei ein schlechtes Gefühl, aber die Angst vor einer gefährlichen Situation kann einem das Leben retten - damit war es das bereits mit der schlechten Bewertung!

Um das Beispiel von @rolf aufzugreifen. Auch Eifersucht wird schnell als schlechtes Gefühl abgekanzelt. Für die Mitmenschen ist es auch idR unangenehm, aber ein bisschen Eifersucht kann dem Partner zeigen, dass er geliebt wird und der O hatte die Wahl, ob er sich mehr um die D bemüht, dass sie ihn exklusiv liebt oder ob er die D verlässt und sich eine treuere sucht oder er hätte der D mehr als dem J vertrauen können.

Und wer sagt, Freude kann gut sein, etwa weil man sich mit jemandem freut oder schlecht, weil es Schadenfreude ist, liegt m. E. falsch: das gute ist nicht die Freude an sich, sondern die Empathie im Menschen, die ihn die Freude oder die Trauer oder auch andere Gefühle des Mitmenschen erkennen und nachempfinden lässt. Im makabren Beispiel von Rolf zum Schänder ist die mangelnde Empathie das Problem, die in der Folge Auslöser der nicht angebrachten Freude ist.
 
Ich sehe ein Gefühl ebenfalls wertneutral. Nehmen wir die Angst: der, der sie hat, empfindet sie als unangenehm, was den Schluss nahelegt, Angst sei ein schlechtes Gefühl, aber die Angst vor einer gefährlichen Situation kann einem das Leben retten - damit war es das bereits mit der schlechten Bewertung!

Angst muss sogar nicht immer unangenehm sein. Ich liebe ja Horror-Filme und wenn mir während eines Kinobesuchs nicht bange wurde, verlasse ich den Kinosaal voller Unzufriedenheit und Enttäuschung :-D
 
@Häretiker
CATcerto ist nicht schlecht, ich finde aber die Nora sollte mal mit Emily Bear zusammen auftreten :-D Irgendwie ist es ungerecht, meine beiden Pelznasen haben auf dem Flügel nur gern gepennt, fürs Spielen konnte ich sie leider nicht begeistern, voll die Unmusikalischen eh. :cry2:
 
Zitat von Bassplayer:
Auch Eifersucht wird schnell als schlechtes Gefühl abgekanzelt. Für die Mitmenschen ist es auch idR unangenehm, aber ein bisschen Eifersucht kann dem Partner zeigen, dass er geliebt wird und der O hatte die Wahl, ob er sich mehr um die D bemüht, dass sie ihn exklusiv liebt oder ob er die D verlässt und sich eine treuere sucht oder er hätte der D mehr als dem J vertrauen können.
...ja, die triviale Geschichte von O, D und J muss verbessert werden. Mit Spannung erwarten wir dein die Vorlage verbesserndes und den Trottel O korrigierendes Remake.:-D:drink: Eine Frage noch dazu: warum sollte O sich eine treuere als die D aussuchen? Es ist immer schön, die Früchte kultureller und humanistischer Bildung zu ernten!
 
Eine rhetorische Frage? Ansonsten: denkst du, er lebt gut mit dem Mord an der D oder wäre ein anderer Weg, der Eifersucht zu begegnen, nicht der bessere? Aber dann wäre Othello natürlich langweilig.
 
Ach soooo... ich dachte die ganze Zeit, das O stünde für Oliver (Pocher) und das D für Daniela (Katzenberger)... Othello, ist das nicht so'ne Telefongesellschaft?
 
und der O hatte die Wahl, ob er sich mehr um die D bemüht, dass sie ihn exklusiv liebt oder ob er die D verlässt und sich eine treuere sucht oder er hätte der D mehr als dem J vertrauen können.
Eine Frage noch dazu: warum sollte O sich eine treuere als die D aussuchen?
@Bassplayer eine ganz schlichte Frage war das, nix rhetorisch - wie ist da jetzt deine Antwort?
 
@Bassplayer eine ganz schlichte Frage war das, nix rhetorisch - wie ist da jetzt deine Antwort?
? Ich habe doch eine Antwort geliefert: um auf andere Weise der Eifersucht zu entgehen. Ich denke aber du willst auf etwas anderes hinaus und hätte vielleicht schreiben sollen: eine die er für treuer hält, weil D ja tatsächlich gar nicht untreu ist, was O aber nicht weiß und ich hatte aus seiner Perspektive Handlunsmöglichkeiten aufgezeigt.
 
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Gefühle sind animalischer Natur. Jedes mir bekannte Wirbeltier "erleidet" sie. Erleiden nicht im Sinne von "darunter leiden" sondern im Sinne von Passivität. Sie kommen eben einfach über das Lebewesen.

Somit kann man das Gefühl eo ipso nicht werten. Wertungen sind ein aktiver Vorgang und bedürfen der abstrahierenden Reflexion = Vernunft.

Da O. ein vernunftBEGABTES (nicht aber vernunftbezwungenes) Wesen ist, lässt er sich von seinem schwachsinnigen "Gefühl" übermannen (schickt seine Vernunft, über die er theoretisch [und in den meisten anderen Situationen tatsächlich] gebeut, so lange in den Keller) und meuchelt. Er wertet allenfalls ex post (boah, hab ich Sch*** gebaut). Oder aber, wird heutzutage gern genommen, redet sich erfolgreich ein,
- nicht ER SELBST trage Schuld, sondern in Wahrheit die doofe Schnalle, die nicht alles unternommen hat, damit er nicht dieses schwachsinnige Gefühl erleidet, das ihn wie von Dämonenhand zu verwerflichem HANDELN treibt
- oder der böse J.
- oder die Gesellschaft
- der Kapitalismus
- oder die üble Kindheit, das Mobbing, die dominante Mutter, der fehlende Vater.
Die heutige Versteheritis wird ihn darin unterstützen. Vermutlich wird auch ein "Experte" öffentlich aussagen, O.s Wille sei sowieso nicht frei, niemandes Wille sei frei - und wird als Beleg einige Studien zweifelhaften Designs anführen. :blöd:

Nicht das blöde "Gefühl" ist verwerflich (das kommt über einen, auch über vernunftbegabte Wesen), aber evtl. die Handlung, die daraus entsteht, weil das vernunftbegabte Wesen die Vernunft ausblendet. O. könnte sich ja zum Beispiel innerlich zurufen: "Stopp mal! Es ist unter gar keinen Umständen in Ordnung, jemanden umzubringen! Wenn Du so rasend vor Eifersucht bist, such Dir ne neue Braut. Oder nimm ne eiskalte Dusche. Oder versuchs mal mit einem ruhigen Vieraugengespräch und kläre ab, was überhaupt Sachstand ist" und von seinem meuchelnden Affekt absehen. Wie man es verdammt noch mal von einem vernunftbegabten Wesen erwarten darf.*

Umgekehrt ist auch ein Gefühl, das zu positiven Handlungen führt, nicht zu moralisch bewerten - solange es ZUFÄLLIG über denjenigen kommt, der es "erleidet". Auch wenn die evtl. daraus erfolgenden Handlungen extrem moralisch wirken. Es sind "gute" Handlungen, aber keine im engeren Sinn moralischen. Man kann "Gefühle" allenfalls entsprechend der Mutmaßung bewerten, welche Handlungen daraus resultieren könnten bzw. welche Haltungen, die wiederum zu Handlungen führen können.

Ich weiß nicht, ob es wissenschaftlich geklärt ist, warum jemand beim Hören von Mozarts Jupitersinfonie Erhabenheit** und jemand Anderes Langweile empfindet ("zu viele Noten"). Warum jemand Anderes beim "Gangsta-Rap" Ekel/Verachtung empfindet und Andere irgendetwas, das zu benennen ich mir nicht zutraue. Am Einfachsten wäre es, wenn man mit irgendetwas Göttlichem "argumentieren" könnte - nicht sehr glaubwürdig für eine Nichtgläubige. :lol:

TEY weckt in mir gar nichts (Einschränkung: ich kenne nicht viel davon, aber das Wenige hat mich nicht neugierig gemacht). Nichts Positives, nichts Negatives, einfach: Nichts.




* Ist übrigens der Grund, warum dieses KUNSTwerk m. E. nicht wirklich gelungen ist.
** Obwohl er/sie keinerlei Ahnung von Harmonielehre & Co. hat!
 
Zur Klarstellung noch ergänzend: Ich unterscheide zwischen dem Gefühl an sich losgelöst von einem Kontext, über das man nicht werten kann i. S. von "Freude ist immer gut" und dem Gefühlserlebnis, das eine bestimmte Person aufgrund eines bestimmten Auslösers hat, das man aus einer bestimmten Perspektive (z. B. Ethik) und von mir aus nach einem bestimmten Maßstab bewerten kann.
 
Da aber diese Abstraktion nur wenig hilfreich ist, mache ich mal eine Bewertung:
Ich fände es schade, wenn @rolf Glücksgefühle erleidet, wenn er zu Musik von TEY horcht, denn vermutlich wäre er uns dann viele seiner Beiträge schuldig geblieben. :-D
 
Etwas dümmlicheres als die Libretti zum Ring der Nibelungen kann man sich z.B. ja fast nicht vorstellen,

Diese Urteil, fürchte ich, ist ungerechtfertigt. Zunächst einmal sind das ja im Grunde narrative Texte, die per definitionem wahr oder falsch, aber, im Gegensatz zu argumentativen, nicht »dumm« sein können. Sodann hat Wagner hier ja ein Epos aus verstreuten Bezeugungen der germanischen und altnordischen Literatur gleichsam nachgeschaffen und in diesem Kontext ist die oft verspottete »Stabung« (»woge Du Welle, walle zur Wiege«) völlig an ihrem Platz, denn die Verwendung historischer Sprach- und Stilmittel entspricht dem damaligen Geist des Historismus genauso wie etwa der neugotische Kirchenbau (oder der Rathausbau z'Minga). Nun ist wie der romantisch-historistische Bau, so auch die entsprechende Oper ein Gegenstand, der ästhetisch und mental weit weg von uns heute ist. Der Anspruch, daß sich diese Objekte unseren Vorstellungen anbequemen, oder daß wir sie vom Referenzpunkt unserer Vorstellung aus kritisieren könnten, wäre unhistorische Überheblichkeit. Es gibt eigentlich nur zwei mögliche Einstellung ihnen gegenüber: entweder Desinteresse, das aber ihrer historischen Bedingtheit Respekt zollt, oder, wenn wir denen glauben wollen, die die Beschäftigung mit ihnen für lohnend halten, eine gewisse Anstrengung zur Überwindung der historischen Kluft zwischen uns und ihnen, eine Selbstverpflichtung, uns die notwendigen Informationen zu ihrem Verständnis zu verschaffen. Und schließlich: diese Texte sind keineswegs als Lektüre- oder Rezitationstexte gedacht (auch wenn der stets klamme Wagner sie zwecks Geldbeschaffung selbst rezitiert hat), sondern entfalten ihre Wirkung nur im Zusammenspiel mit der Musik. Und dabei erhalten dann vermeintliche Kuriosa wie das oben zitierte Woge/Welle/walle/Wiege eine wohlbegründete Funktion, denn die Onomatopoetik des Textes bildet mit der zugehörigen Musik eine durchaus nicht lächerliche Einheit.
 
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Emotionen und Verknüpfungen können so derart unterschiedlich sein....ich versuch des mal an dem Beispiel fest zumachen:


View: https://www.youtube.com/watch?v=bsw75s9kEEQ


1. Original = ja, passt scho, grüß zurück.
2. Bach = Vom Katzerl gejagt worden?
3. Mozart = Käfig hab ich noch n leeren
4.Strauß = gehn wir zu Dir oder zu mir?
5. Verdi = Rettungsschirm für Italien
6. Wagner = Nun sei bedankt mein lieber Schwan, aber jetzt schleich Dich!
7. Meyerbeer = ein Vogel? Zwei Krähen aus Walhall !
8. Militärmarsch = Mit der Maschine nach Syrien???.....ach was, wir schaffen das!

:-D

LG
Henry
 
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Um wieder auf die Ausgangsfragestellung zurückzukommen: Ich würde Alekos Frage eindeutig mit Ja beantworten. Woran liegt es, dass man häufig der Ansicht ist, Gefühle seien eine Art "wertfreier" Bereich? Das hat wohl mit zwei gängigen Irrtümern über das Thema "Gefühle" zu tun, die ich hier einmal ansprechen will (vieles wurde schon gesagt, aber vielleicht kann eine erneute Bündelung nochmal weiterhelfen): 1. Gefühle sind rein subjektiv und finden in einem "privaten" Innenraum statt. Falsch, denn Gefühle sind leiblich erfahrbar, jedem anderen sichtbar (Zorn und Scham etwa durchbeben den gesamten Körper) und können sich auch als Atmosphären über eine ganze Menschengruppe oder über Landschaften, Räume etc. aubreiten. "Es ist kein Zufall, daß die erste überlieferte, systematisch ausgeführte Interpretation der Affekte nicht im Rahmen der 'Psychologie' abgehandelt ist. Aristoteles untersucht die páthe im zweiten Buch seiner 'Rhetorik'." (Heidegger: Sein und Zeit, S. 138.) Eng mit dem ersten hängt der zweite Irrtum zusammen: 2. Gefühle sind (da rein privat) nicht der ethischen Bewertung und keiner Verfeinerung oder Erziehung zugänglich. Nicht umsonst waren "Gefühle" (oder besser Grundhaltungen) wie Zorn, Hochmut und Neid in der Tradition immer wieder Teil von Lasterkatalogen und gehören für den Katholiken sogar unter die Todsünden. .


Ich würde mich dem gerne anschließen. Die prämoderne »Psychologie« hat die psychischen Funktionen bekanntlich seit Platon dreigeteilt, nämlich in intellektuelle (der »dianoetische«) Fähigkeiten, in Einstellungen (oder »ethische« Fähigkeiten, d.h. alles von Tapferkeit bis Freundschaft oder dem, was man heute »Empathie« nennen würde) und in Affekte. Philosophenschulen, die dem Apathieprinzip huldigen, verwerfen letztere ganz (also sogar etwa Freude), solche die dem Metriopathieprinzip folgen, verwerfen sie zum Teil, und zwar eben die, die nach sozialen und anthropologischen Kriterien unter die unstrittig »minderwertigen« zählten, wie Habsucht, Haß, Neid etc (seit dem Hellenismus entstehen die von @Charis schon genannten Kataloge solcher Laster wie auch die Kardinaltugenden in Listen von Sekundär- und Tertiärtugenden aufgespalten werden). Die Grenze zwischen »akzeptabel« und »verwerflich« verschiebt sich dabei im Laufe der Entwicklung mit dem Wandel sozialer Vorstellungen und dem des Menschenbilds. So ist etwa in archaischen Gesellschaften der Haß auf den Feind ein »gutes« Gefühl, und daran hat wohl auch das christliche Gebot der Feindesliebe später nicht viel geändert. Aber wir können uns sicher mühelos darauf verständigen, daß nach denselben Kriterien wie schon in der Antike, nämlich die soziale Schädlichkeit bestimmter Affekte und ihre Unverträglichkeit mit einem weithin akzeptierten Begriff von Menschenwürde, eine ganze Reihe von Affekten zu »minderwertigen« macht.--

Das Heidegger-Zitat trägt im übrigen weniger zur Sache bei, als man glauben möchte. Zum einen ist die relative Chronologie der Aristotelischen Ethiken gegenüber seiner Rhetorik alles andere als klar (es handelt sich ja um immer wieder überarbeitete Vorlesungsmitschriften), zum anderen sind Ethik und Rhetorik für A. ohnehin Teildisziplinen der Politik und der übergeordnete Frage »wie muß ein Staat organisiert sein, daß er gerechte Partizipation und maximales Glück für seine (Voll!)bürger gewährleistet?«, und insofern wäre eine Priorität der Pathos-Frage in der Rhetorik wenig aussagekräftig. Zudem ist die Fragestellung im Rahmen der Rhetorik eine ganz andere, die die Affekte keinen ethischen Kriterien unterwirft, im Gegenteil: die Frage ist hier, welche Mittel des Pathos wie verwendet werden können, um den Zuhörer (also faktisch den Richter und die Mitglieder der Volksversammlung) auf seine Seite zu ziehen; darunter können durchaus ethisch verwerfliche sein (der Redner darf auch lügen, es muß es nur glaubhaft tun): nachdem das jeweilige Publikum nicht aus Fachleuten besteht, ist das Schüren von Emotionen immer eine aussichtsreiche Sache. Aber das nur nebenbei und mit Dank für die interessanten Beiträge.
 
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