Klavierhausschliessungen

Wie überall im Handwerk an zu wenig Nachwuchs.
Stimmt, alle Kollegen suchen derzeit händeringend nach Verstärkung. In unserer Branche kann ich also verstehen, dass es Fachkräftemangel gibt. Denn pro Jahr werden bundesweit nur ca. 50-60 Lehrlinge ausgebildet. Viele davon wechseln nach der Lehre die Branche. Es gibt also insgesamt nur wenige Klavierbauer.

Aber insgesamt finde ich das nicht nachvollziehbar mit dem Fachkräftemangel. Momentan gibt es ca. 6 Mio mehr sozialversicherungspflichtige Jobs als noch vor 10 Jahren, auch die Produktivität ist stetig gestiegen. Wo sind die alle? Fahren die alle Taxi?
 
Stimmt, alle Kollegen suchen derzeit händeringend nach Verstärkung. In unserer Branche kann ich also verstehen, dass es Fachkräftemangel gibt. Denn pro Jahr werden bundesweit nur ca. 50-60 Lehrlinge ausgebildet. Viele davon wechseln nach der Lehre die Branche. Es gibt also insgesamt nur wenige Klavierbauer.
Ist das nicht ein Indiz dafür, dass die Bedingungen in der Branche nicht besonders attraktiv sind? Damit will ich keine Schuld zuweisen. Es könnte auch einfach das Dilemma sein, dass man für 100 Euro pro Stimmung einkommensmäßig keine größeren Sprünge tun kann. Bei 200 Euro könnte man das, aber dann hätte man kaum noch Kunden... Oder liege ich da bei meiner Einschätzung des Einkommensniveaus falsch?
Aber insgesamt finde ich das nicht nachvollziehbar mit dem Fachkräftemangel. Momentan gibt es ca. 6 Mio mehr sozialversicherungspflichtige Jobs als noch vor 10 Jahren, auch die Produktivität ist stetig gestiegen. Wo sind die alle? Fahren die alle Taxi?
Ich würde sagen: die studieren alle. Ich fand Goodhart, David. Kopf, Hand, Herz - das neue Ringen um Status, München: Penguin Verlag, 2021. in diesem Kontext ganz erhellend.
 
Ich wohne in einem 600 Seelen Dorf und habe hier im Umkreis von 20 km 6 Klavierläden mit insgesamt 5 Meister und 5 Klavierbauer, die ich kenne. Davon sind einige noch unter 40 Jahre alt. Evtl. gibt es sogar noch mehr. Wahrscheinlich ist das die höchste Dichte auf dieser Welt ;-)
 
Na ja - ne ganz so verlässliche Kalkulationsgrundlage wie Kassensätze und 3,5-Faktor bei Privatabrechnung hat der Klavierbauer mir Klavier-Kleingeschäft natürlich nicht ... Und auch keinen Standesgenossen als Bundesminister oder Weltärztemontgomery ...
Na ja, die Kassenumsätze sind stabil, die privaten aber auch. Und 3,5%-Steigerungssatz ist ein blosser Traum! Viele haben aus Kostengründen 1,0-facher Satz im Privat-Basistarif (fordern aber Premiumleistungen). Die Privatumsätze sind bei mir übrigens väöllig bedeutungslos (unter 5%).
Aber zurück zum Klaviergeschäft: Es ist schon schwer. Wenn man den Markt beobachtet, sind selbst gute Instrumente schwer verkäuflich und stehen monate-(jahre)lang in der Werbung. Eben weil der gemeine Hobbymusiker eben mal nicht 100.000,-€ für einen Bösendorfer übrig hat. Aber ich will nicht klagen - mir geht es anz gut, trotz Corona.
 
In welche Branchen kann man da wechseln? Und warum macht man dann nicht gleich in der Branche eine Lehre?
Ich bin ja auch so einer. Nach der Lehre hab ich noch studiert und bin jetzt promovierter Psychologe. Und arbeite mittlerweile wieder als Klavierbauer. Aber das gibt es ja in jedem Ausbildungsberuf, dass man nach der Lehre noch was anderes macht: studieren, sich selbst verwirklichen, Bier trinken......
 
Ist das nicht ein Indiz dafür, dass die Bedingungen in der Branche nicht besonders attraktiv sind?
Ich glaube, das kann man nicht so sagen. Der Beruf ist wirklich spannend und interessant. Und mindestens 80 % der Azubis sind Leute, die viel getan haben, um an eine Lehrstelle zu kommen. Die sind hoch motiviert, weil sie richtig Bock darauf haben. Bei mir in der Berufschulklasse war lediglich eine Handvoll, die den Job gewählt haben, weil schon der Vater in derselben Fabrik arbeitet und die Lehrstelle besorgt hat. Und auch später im Beruf sind die meisten Kollegen, die ich kenne, immer noch sehr interessiert und machen Fortbildungen, besuchen Tagungen und besichtigen Fabriken und sind untereinander gut vernetzt.

Die Bezahlung nachher ist aber tatsächlich nicht die Beste. Vergleichbar mit einem Tischler, da haben wir den gleichen Tarifvertrag. Die Frage ist, ob das der Markt auf Dauer regelt? Entweder, man bezahlt Klavierbauer deutlich besser und dann kostet die Wartung halt deutlich mehr. Oder aber das wird den Kunden alles zu teuer und sie greifen zu Digitalpianos.

In anderen Branchen wird das womöglich auch der Markt regeln: irgendwann (bald) sind Handwerker so gefragt, dass sie so richtig gut verdienen, damit der Betrieb sie halten kann. Und dann können sich die Akademiker mit ihrem noch viel höherem Gehalt kaum noch Handwerker leisten.

Dass so viele Leute heute studieren war ja politisch gewollt. Das haben wir uns von der OECD einreden lassen, dass wir zu niedrige Studierendenzahlen haben. Und das geht ja immer noch so weiter: um eine Akademisierung voran zu treiben werden Berufskollegs einfach umbenannt. Das ist dann plötzlich eine Akademie, wo Erzieher oder was weiß ich ausgebildet werden.
 
@Tastenscherge Ist das nicht auch eine gesellschaftliche Entwicklung? Viele Eltern wollen doch gar nicht, dass das Kind eine Lehre macht. Hier im Umkreis wird in allen Bereichen händeringend nach Auszubildenden gesucht. Das fliegt uns noch um die Ohren, wenn man eben keinen Handwerker mehr bekommt, oder monatelang warten muss, bis jemand etwas repariert. Irgendwann wird es wieder so kommen, dass man selber Hand anlegen muss, weil man kein Fachpersonal bekommt. Besonders kritisch wird es im Pflege-/medizinischen Bereich, wenn da kein Personal nachkommt...
 
muss man eigentlich als Klavierbauer auch Klavier spielen können?
Ich meine jetzt natürlich nicht auf höchstem Niveau, aber schon relativ gut?
 
Ich werde mein digitales Klavier bei meinem Händler in der Nähe kaufen. Der kleine Aufpreis ist es wert, persönlich beraten zu werden und an mehreren Klavieren auszuprobieren, bevor man sich dann endgültig entscheidet. So ein Klavier soll ja auch lange Freude machen, deswegen sollte es schon das Richtige sein.

Nur wenn es etwas ist, das es dort nicht gibt, hat man natürlich keine andere Wahl als online zu bestellen.

Das bei kleinen Digitalpianos. Bei einem großen, teuren, akustischen Klavier würde ich natürlich umso mehr immer persönlich einkaufen.
 

Auch nicht zu vergessen, dass man im Reklamationsfall gleich einen Ansprechpartner hat und auch noch den Service von Abholung Umtausch und Neulieferung mit dazu bekommt. Bei mir war es sogar so, dass das MusikFachgeschäft den Internetpreis noch unterboten hat , plus ein Keyboard in Zahlung nahm. Unglücklicherweise musste ich dann die gesamte Kulanz in Anspruch nehmen.
 

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