Klavierakkorde

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Hi,

bin gerade früh wach geworden. ;-)

Respekt, der Faden hat sich ja wirklich super entwickelt.
Besonders die Quelle von Honshuku auf scribd ist klasse.

Zur Sache trag ich lieber nichts bei, da ich ja nach Fred's Meinung nichts verstehe und er sich bei meinen Posts, hab' ich das Gefühl sehr schnell aufregt.

@Fred:
Bitte nicht wieder aufregen, weil dieser Post keine Frage/Substanz hat. Es sollten auch solche Posts erlaubt sein. Ignorier ihn einfach oder schicke mir eine PN.

Ich hab' extra noch mal nachgeschaut. In der "deutschen" Jazz Literatur, nach der ich gelernt habe, wird diese Funktions Schreibweise (z. B. V7/V7/V7) wirklich nicht benützt, stattdessen wird in der Analyse halt die neue (Zwischen) Tonart angegeben auf die sich die Funktion bezieht. Daher hatte ich am Anfang ein kleines Verständnisproblem (als Slash-Akkord interpretiert) bzgl. der Schreibweise.

Gruß
 
1) Es ist h-moll mit tiefalterierter Quinte und kleiner Septime gemeint.
2) Wie soll man es sonst aufschreiben? Man will ja den Akkord unabhängig von dem tonalen Kontext, in dem er vorkommt, bezeichnen, man kann also nicht auf Stufen referieren.

Alle Stufen können in Form von Septakkorden auftreten.
Wird die in Dur Tonart sich auf der VII Stufen bildende verminderte Triade durch eine kleine Septime zum Septakkord erweitert, so bezeichnet man dies als Mollseptakkord mit verminderter Quinte.
Das macht vor allem dann auch Sinn, wenn man in die parallele Molltonart schaut, wo dieser Akkord dann auf der II Stufen zu stehen kommt.
In Dur Tonart behält der VII-7b5 zunächst seine Dominantqualität, da er ja schlußendlich einen großen verkürzten Dominantseptnonakkord darstellt.
In dem von mir oben zitierten Beispiel tritt der VII-7b5 jedoch als dual function chord auf, d.h. er hat in dieser Position 2 Funktionen.
Zunächst hören wir ihn dominantisch, vorausgesetzt natürlich wir haben zuvor ein C tonisches Umfeld.
Im Nachhinein hören wir ihn aber mit subdominantischer Qualität, da er Sp der Zwischenkadenz nach A Moll bildet.
Solche dual function chords behalten, wie schon erwähnt ihre original Chordscale, in diesem Falle Lokrisch, bei.

Dieser Akkord wird auch als Halbverminderter Septakkord bezeichnet, im Gegensatz zum Ganzverminderten Septakkord, der dann zusätzlich noch eine verminderte Septime hat.
Der Suffix Ø7 will das "Halbverminderte" zum Ausdruck bringen. (o7 bedeutet ganz vermindert)
Die Suffixe Ø7 und -7b5 sind kongruent und haben absolut die gleiche Bedeutung.
Berkleesystem bevorzugt -7b5, wahrscheinlich deswegen, weil der Akkord eher als rel II-7 von X auftaucht, denn als großer verkürzter Dominantseptnonakkord.

In der Analyse wird dieser Akkord in Dur Tonart als VII-7b5 notiert. In Molltonart natürlich als II-7b5. Der Suffix b5 ist dabei unverzichtbar!


3) Anscheinend gibt es auch in der Stufen-Notation im Jazz keine - sozusagen - diatonischen Defaults. Alle Abweichungen vom Durakkord müssen notiert werden. Das heißt auch VII7 ginge nicht, sondern man müsste VII-7b5 schreiben. Oder?

Genau! Natürlich gibt es auch einen VII7. Das ist aber, wie schon erwähnt, ein ganz anderes Kapitel.
Alles was vom Dur Dreiklang abweicht wird als Suffix notiert.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
-7b5

Der Akkord X-7b5 kann durch den in ihm enthaltenen Tritonus natürlich Mehrdeutigkeit auslösen. Es wurde bereits das Thema "Tristan Akkord" eingeworfen.

Auch hier würde ich bitten diese Thematik nicht allzu groß hier an dieser Stelle aufzureissen.

Als Anregung zur Mehrdeutigkeit dieses Akkordes, hier mal zum selber testen, einige Klangvarianten.
Wir spielen in der Rechten immer das gleiche Voicing und zwar:

a'
f'
d'
b

In der Linken legen wir jetzt der Reihe nach darunter verschiedene Basstöne und zwar Folgende: B, Db (jawohl! Db), D, E, F und G.

Hier die Auflösung in Form von Akkordsymbolen

B-7b5, Db7/b9/b13, D-6, E7sus4/b9, FMA7/#11/13 und G9.
 
Auch hier würde ich bitten diese Thematik nicht allzu groß hier an dieser Stelle aufzureissen.

hallo Fred,

das leuchtet mir ein - übrigens ist Deine Auflistung zur Vieldeutigkeit des VII 7 (bzw. von Moll aus II 7) völlig richtig (wobei es noch mehr möglichkeiten gibt, aber klar - das würde zu weit weg führen)

wenn als Einstieg/Anfang - also als tonales Zentrum erst mal C gewählt wird - dann hat h-d-f-a dominantische Wirkung, aber dank seiner Vieldeutigkeit kann er ja in verschiedene Richtungen geführt werden.

weil zunächst kein fis aufgelöst werden muss, fällt es mir nicht leicht (mit C und allem was dazu gehört) hier h-Moll mit tiefalterierter Quinte zu hören - natürlich führt h-d-f-a ganz prima nach h-d-e-gis (E 7), aber das würde ich eher als normalen Vorhalt zu E 7 hören bzw jetzt bezogen auf Am als quasi s-D7 (wie eine winzige Modulation), wobei die Überraschung dann nach E 7 A 7 ist, weil man (von der C Skale denkend) Am erwarten würde.

nebenbei: Septimakkordketten mit Quintfall im Bass sind in Beethovens Klavierkonzert III c-Moll 1. Satz Seitenthema in einem schönen (freilich geradlienigem klassischen) Beispiel zu finden (und natürlich wird dort, was 1804 noch nötig war, eine bestätigende Kadenz angehängt, damit man von den vielen Septakkorden nicht verwirrt ist -- waren halt andere Zeiten vor 200 Jahren :) )

-- vieldeutige Akkorde, Bereicherung/Färbung derselben mit 7, 9, ggf b5 usw einerseits // andererseits Quintschritte mit prinzipiell dominantischen Wirkungen (also ein einfaches harmonisches Gerüst statt komplizierter Modulationen): ist das eine Art Prinzip, also kompliziertere Akkordik durch einen sehr geradlinigen harmonischen Hintergrund "praktikabel" zu machen, wenn man so sagen kann? (Vorsicht, das enthält keine Kritik!!)

Gruß, Rolf
 
weil zunächst kein fis aufgelöst werden muss, fällt es mir nicht leicht (mit C und allem was dazu gehört) hier h-Moll mit tiefalterierter Quinte zu hören - natürlich führt h-d-f-a ganz prima nach h-d-e-gis (E 7), aber das würde ich eher als normalen Vorhalt zu E 7 hören bzw jetzt bezogen auf Am als quasi s-D7 (wie eine winzige Modulation), wobei die Überraschung dann nach E 7 A 7 ist, weil man (von der C Skale denkend) Am erwarten würde.

Das Hörverhalten mag doch etwas unterschiedlich sein in den beiden Metiers.
Wenn ich in Tonart A Moll die Töne

a'
f'
d'
b

spiele, hört der Klassiker auf jeden Fall eine Umkehrung der Mollsubdominante mit sixte ajoutée, also D-6 in der Jazz-Sprache.
Auch dies ist im Jazz üblich eine | IV-6 V7/I- | I- Verbindung. Allerdings wird die Kombinantion mit II-7b5 als diatonischer Stellvertreter der Mollsubdominante vorgezogen, wegen der stärkeren Grundtonfortschreitung.
nebenbei: Septimakkordketten mit Quintfall im Bass sind in Beethovens Klavierkonzert III c-Moll 1. Satz Seitenthema in einem schönen (freilich geradlienigem klassischen) Beispiel zu finden (und natürlich wird dort, was 1804 noch nötig war, eine bestätigende Kadenz angehängt, damit man von den vielen Septakkorden nicht verwirrt ist -- waren halt andere Zeiten vor 200 Jahren :) )

Ich kenne das Stück nicht, habe aber kurz reingehört und bei 5:29 eine echte Dominantkette gefunden. Er befindet sich in Eb Dur und spielt einen dominantisierten Turnaround, will sagen er spielt die Akkordfolge C7 F7 Bb7 Eb. Dominantisiert desshalb, weil die VI und II Stufe in ihrer diatonischen Form natürlich -7 Akkorde sind.

-- vieldeutige Akkorde, Bereicherung/Färbung derselben mit 7, 9, ggf b5 usw einerseits // andererseits Quintschritte mit prinzipiell dominantischen Wirkungen (also ein einfaches harmonisches Gerüst statt komplizierter Modulationen): ist das eine Art Prinzip, also kompliziertere Akkordik durch einen sehr geradlinigen harmonischen Hintergrund "praktikabel" zu machen, wenn man so sagen kann?

Es liegt in der Natur der Sache. Wenn ich eine Akkordprogression über Medianten, oder generell gesagt, wenn ich meine Harmonik zum Beispiel auf dem Distanzprinzip aufbaue (Debussy, Ravel), werde ich meine Akkorde dementsprechend weniger alterieren, um damit die Wirkung der Grundtonfortschreitung zu unterstreichen.
Aber das ist auch sehr individuell von Fall zu Fall verschieden.

Die Möglichkeiten der Alterationen (T9, T11 und T13) einer Dominante im Jazz sind eigentlich durch die Art ihrer Position innerhalb der Akkordfortschreitung vorgeschrieben.
Die b5 im -7b5 auf der VII Stufe in Dur und auf der II Stufe in Moll ist ja diatonischer Natur und somit eigentlich keine Alteration.
 
Das Hörverhalten mag doch etwas unterschiedlich sein in den beiden Metiers.
Wenn ich in Tonart A Moll die Töne

a'
f'
d'
b

spiele, hört der Klassiker auf jeden Fall eine Umkehrung der Mollsubdominante mit sixte ajoutée, also D-6 in der Jazz-Sprache.
Auch dies ist im Jazz üblich eine | IV-6 V7/I- | I- Verbindung.

hallo,

das ist verwirrend: eine Mollsubdominante mit sixte ajoutee wird als D-6 bezeichnet - ich hätte da jetzt eher S -6 erwartet (und natürlich wäre hier von Moll aus gedacht IV bzw S ein Mollakkord) - oder ists ein Tippfehler? ich weiss es ja nicht, deshalb frage ich.

Gruß, Rolf

(es führt zu weit weg, deshalb nur in Klammern: bei Debussy, Ravel etc werden die Akkorde oft arg erweitert und alteriert - aber das ist hier nicht Thema)
 
hallo,

das ist verwirrend: eine Mollsubdominante mit sixte ajoutee wird als D-6 bezeichnet - ich hätte da jetzt eher S -6 erwartet (und natürlich wäre hier von Moll aus gedacht IV bzw S ein Mollakkord) - oder ists ein Tippfehler? ich weiss es ja nicht, deshalb frage ich.

Ein von mir iniziiertes Missverständnis. Sorry.

Der Großbuchstabe D sollte in diesem Falle nicht als Abkürzung für das Wort "Dominante" stehen, sondern als Großbuchstabe D für den Ton D.
 
off topic

Auch hier würde ich bitten diese Thematik nicht allzu groß hier an dieser Stelle aufzureissen.

hallo Fred,

ich stelle meine Frage oder vielmehr Bitte extra als off topic (ich weiss schlicht nicht, wie man Notenbeispiele in eine "PN" reinbringt)

ich hab mir die Mühe gemacht, eine Akkordfolge zu extrahieren (das Original fuhrwerkt mit furchtbar vielen Arpeggien in dieser Akkordfolge) und stelle einfach eine Frage aus Neugier: wie findest Du diese Akkordkette? ist das sehr weit von Deiner Praxis enfernt?

bitte: das soll nicht analysiert oder bestimmt werden (das kann ich) und soll auch nicht gewertet werden - und ich will das auch nicht irgendwie mit irgndwas vergleichen!!! einfach nur Deinen Eindruck, wenn Du die piano und arpeggiert ganz langsam durchspielst (das Notenbild ist mies, ich habs mit der Finale demo zusammengepfuscht)

Gruß, Rolf
 

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Da ist allerdings ein Fehler in Takt 7. Statt as muß es b, also B flat (im Original ais) heißen.

da kann man sehen, wie schwer mir der Umgang mit "mouse" (Maus), Notendruckzeugs usw fällt - - übrigens verstehe ich nicht, was daran nun "sehr schlau" sein soll... mich interessiert, wie Fred die Akkorde gefallen, so wie ichs off topic gefragt hab.

auf das Tonartengetue der Vorlage hab ich verzichtet, weil ich das mit dem Notendruckzeugs schlicht nicht hinkriege, ganz harmlos, deshalb alles in C
 

Hi,

ich habe diesen Post mit Fred vorab abgesprochen (na ja, sagen wir angekündigt).

Im Anhang seht ihr eine Seite aus dem Buch "The Jazz Language von Dan Haerle". Es zeigt ziemlich exemplarisch, wie ich bisher die Darstellung der Analyse von Jazz Progressions gelernt habe, bzw. wie es auch in vielen Büchern dargestellt wird.

Es geht um die Example 1 bis 3. Man sieht es werden die Stufen der Akkorde erstmal in der Anfangstonart aufgeschrieben. Bei einem Wechsel (Modulation) der Tonart wird jetzt die neue Tonart hingeschrieben und danach die Akkorde von den Stufen auf die neue Tonart bezogen. Die Akkorde bei denen der Wechsel stattfindet haben jeweils 2 Funktionen (Stufen), einmal in der Ursprungs- und in der neuen Tonart. In dem Buch werden sie Dual Function Chords genannt.

Hier die Schreibweise nach Fred des Akkords beim jeweils ersten Tonart-Wechsel:

Ex1 Tonart Es:
Gm7 = IVm7/VII (neue Tonart Dm = VII von Es )

Ex2 Tonart Es:
Gm7 = IIm7/II (neue Tonart F = II von Es )

Ex3 Tonart Dm:
Dm7 = IVm7/V (neue Tonart A = V von Dm )

@Fred: Wäre schön, wenn du das kurz überprüfen könntest, vielleicht hat sich ja doch noch ein Verständnis- oder anderer Fehler eingeschlichen. (Aber bitte mit netten Worten)

Das Ex1 ist allerdings etwas "seltsam", vielleicht habt ihr sowas auch schon besprochen. Auf der VII Stufe ist ja gar keine "normale" Moll Tonleiter, sondern der lokrische Mode mit einer erniedrigten (oder verminderten?, oh Gott ich hab's schon wieder vergessen) Quinte.

Falls das jetzt stimmt, beantrage ich von Fred ein Diplom. Wenn nicht, dann ziehe ich mich zurück und versuche das ganze nochmal zu verstehen.

Ich finde die Fred'sche Notation sehr präzise und kompakt, allerdings ist eine Darstellung wie in dem Buch auch sehr anschaulich und trägt vielleicht zum Verständnis bei.

Die Fred'sche Schreibweise hab' ich bisher nicht gekannt, daher gab es am Anfang das "Missverständnis", dass ich das mit der Akkord Slash Schreibweise bei Leadsheets gleichgesetzt hatte. Nochmal Entschuldigung für meine Wortwahl in verschiedenen Posts.

Gruß
 

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ich hab mir die Mühe gemacht, eine Akkordfolge zu extrahieren (das Original fuhrwerkt mit furchtbar vielen Arpeggien in dieser Akkordfolge) und stelle einfach eine Frage aus Neugier: wie findest Du diese Akkordkette? ist das sehr weit von Deiner Praxis enfernt?

Nun, ich kenne das Original nicht. Beim Durchspielen fällt auf, das manche Voicings wirklich typisch sind, andere hingegen wiederum nicht.
Aber ich weiß ja nicht ob Du Dir beim Niederschreiben Gedanken um die Voicingsform gemacht hast, denn manche sind technisch als Akkord nicht spielbar wegen zu weiter Distanz.
Auch fällt auf, dass einige der Akkorde unausgeglichen gesetzt sind. Im Takt Nummer 7 ist eine Halbtonbildung ziwschen 1. und 2. Stimme. Das ist normalerweise zu vermeiden.
Bei Sekunden innerhalb von einem Voicing sollten die angrenzenden Intervalle von der Größe her eine Quinte nicht überschreiten.

Ich gehe nun mal Akkord für Akkord durch und kommentiere.

1. B-add9. Eine Verdopplung.

2. D13. Die Quinte in der Linken wird normalerweise nicht gesetzt.

3. G-add9 siehe 1.

4. Bb13 siehe 2.

5. Eb-add9 Eine Verdopplung.

6. Gb13 Eine Verdopplung. Nicht spielbar.

7. Gb7b9 2 Stimmverdopplungen. Ich gehe davon aus dass Haydnspass recht hat und die 1. Stimme ein bb ist.

8. B-ma7/13 Eine Verdopplung.

9. G#-7b5/9(omit3)

10. A-9 Eine Stimmverdopplung.

11. Gb13

usw.


Die Stimmführungen von Akkord zu Akord sind leider nicht beachtet worden. Stimmverdopplungen sollten für gewöhnlich vermieden werden um die Voicing transparenter wirken zu lassen.

Zur Funktionalität der Fortschreitung:

die ersten 6 Takte führen jeweils über die Mediante ähnlich wie in "Giant Steps" von John Coltrane. Also, es geht hier um die Unterteilung der Oktave in 3 gleiche Teile. Man nennt so etwas Distanzharmonik. Tonale Zentren sind jeweils B-, G-, Eb- und wiederum B-

Solche Sequenzen wurden im Jazz ab den Sechzigern auch üblich.

Kann man das Original irgendwo hören?
 
Man sieht es werden die Stufen der Akkorde erstmal in der Anfangstonart aufgeschrieben. Bei einem Wechsel (Modulation) der Tonart wird jetzt die neue Tonart hingeschrieben und danach die Akkorde von den Stufen auf die neue Tonart bezogen. Die Akkorde bei denen der Wechsel stattfindet haben jeweils 2 Funktionen (Stufen), einmal in der Ursprungs- und in der neuen Tonart. In dem Buch werden sie Dual Function Chords genannt.

Hi,

Haerle spricht hier ausschließlich über Modulation. Die Akkorde um die es hier geht haben natürlich dual Funktion und heißen in diesem Kontext Drehpunkt akkorde (pivot chords) und bilden den modulatorischen Kern.

Auf das was ich mich in meiner voraus gegangenen Rede bezog, handelt es sich NICHT um Modulation, sondern um Ausweichung. Eine Ausweichung grenzt sich dadurch von der Modulation ab, indem sie sofort zur Ausgangstonart zurückgeführt wird.
Spiele ich z.B. | E-7 A7 | D-7 G7 | C | in C Dur, bekommen die diatonischen Akkorde natürlich ihre original Scale, also E Phrygisch und D Dorisch. Hingegen wäre es eine Modulation nach D Moll würde man eher E Lokrisch und D Melodisch Moll nehmen.

Also muß man unterscheiden zwischen Modulation und Ausweichung.

Weiterhin benutzt er die sogenannten Brackets überhaupt nicht im Sinn vom Berklee System. Er deutet damit lediglich den jeweiligen Wirkungsbereich einer Tonart an.
Ich sagte, dass Brackets Analysesymbole sind, die einen II-7 V/X Bezug kennzeichnen.

Hier die Schreibweise nach Fred des Akkords beim jeweils ersten Tonart-Wechsel:

Ex1 Tonart Es:
Gm7 = IVm7/VII (neue Tonart Dm = VII von Es )

Ex2 Tonart Es:
Gm7 = IIm7/II (neue Tonart F = II von Es )

Ex3 Tonart Dm:
Dm7 = IVm7/V (neue Tonart A = II von dM )

Mit der Bezeichnung "Gm7 = IVm7/VII" willst Du wohl sagen:
Gm7 ist auf die kommende Tonart bezogen die IV Stufe. Die Tonika der kommenden Tonart wiederum auf die Ausgangstonart bezogen wäre auf deren VII Stufe. Das schreibt man auf KEINEN Fall so.

Bei einer Modulation wird am Drehpunkt die neue Tonart in Klammer angegeben, also z.B. über dem G-7 Akkord einfach (D Moll) schreiben.

Das Ex1 ist allerdings etwas "seltsam", vielleicht habt ihr sowas auch schon besprochen. Auf der VII Stufe ist ja gar keine "normale" Moll Tonleiter, sondern der lokrische Mode mit einer erniedrigten (oder verminderten?
Die Bezeichnung VII Stufe will hier nur den Bezug anzeigen. D ist auf Eb Dur bezogen die VII Stufe. Von Eb Dur aus gesehen bildet sich das neue tonale Zentrum auf dessen VII Stufe.

Also, diese Seite aus Dan Haerles Buch hat mit unserer Sache hier im Moment nicht viel zu tun. Bei uns ging es um die Dual Funktion der rel. II-7 von Sekundär Dominanten. Bei Haerle geht es um Dual Funktion als Modulationsmittel.
 
Nun, ich kenne das Original nicht. Beim Durchspielen fällt auf, das manche Voicings wirklich typisch sind, andere hingegen wiederum nicht.

[...]

die ersten 6 Takte führen jeweils über die Mediante ähnlich wie in "Giant Steps" von John Coltrane. Also, es geht hier um die Unterteilung der Oktave in 3 gleiche Teile. Man nennt so etwas Distanzharmonik. Tonale Zentren sind jeweils B-, G-, Eb- und wiederum B-

Solche Sequenzen wurden im Jazz ab den Sechzigern auch üblich.

Kann man das Original irgendwo hören?

hallo Fred,

erst mal Danke für Deine Reaktion und Mühe!

natürlich kann man sich das Original anhören, es ist das letzte Drittel des Klavierstücks "Ondine" von Ravel - ich habe dort die letzten Seiten einfach nur reduziert und ohne Rücksicht auf Stimmführung (sowie unter Verzicht auf die Melodie) die "Harmonien" notiert.

aber mir ging es ja nicht darum, irgendwelche Klavierspezialitäten zu zeigen, sondern um die Harmonien bzw Akkorde aus diesem Stück (welches ich sehr mag).

dass Dir manche fremdartig, manche sozusagen bestens bekannt vorkommen, wundert mich nicht - vielleicht, um hier nicht vom Thema wegzudriften (ich habs ja extra off topic bezeichnet), könnte man einen anderen Thread aufmachen, wo es um ungewöhnliche / unverständlich erscheinende / "verrückte" Akkordverbindungen geht? ich würde das interessant finden, ausdrücklich ganz egal woher Beispiele stammen.

Gruß, Rolf

(bei IMSLP Ravel "Gaspard de la Nuit" runterladen, in Nr. 1 "Ondine" die letzten Seiten ab "un peu plus lent" bis zum Schluss)
 
http://www.youtube.com/watch?v=2kotK9FNEYU
natürlich kann man sich das Original anhören, es ist das letzte Drittel des Klavierstücks "Ondine" von Ravel - ich habe dort die letzten Seiten einfach nur reduziert und ohne Rücksicht auf Stimmführung (sowie unter Verzicht auf die Melodie) die "Harmonien" notiert.
Danke für den Quellenhinweis.
Ich habe mir nun das Stück angehört. Es ist wunderbar.
Ravel hat hier wirklich ein Meisterwerk geschaffen.

Impressionistisches funktional zu analysieren dürfte schwierig werden. Die angewandten Kompositionstechniken sind mir nur teilweise bekannt, so ist mein Wissen diesbezüglich eingeschränkt. Wenn ich das Stück höre, kann ich sehr viel gehörmäßig nachvollziehen. Die Einbeziehung von Ganztonleiter, Bitonalität und Distanzharmonik ist für mich durchaus gehörmäßig nachvollziehbar.
Ich sehe solche "Sachen" immer unter dem Aspekt an "was nutzt es für mein persönliches Spiel?" In Ravels Fall steht natürlich das Harmonische im Vordergrund, ganz klar. Aber ich weiß nicht genau wieviel von der Komposition noch nach Regeln nachvollziehbar ist und wieviel einfach nur stimmungserzeugende Klangebilde ist.
Wichtig sind für mich nämlich immer Regeln, nachvollziehbare Funktionsweisen die auch auf Anderes anwendbar sind. Wird es zu abstrakt, höre ich es zwar unter Umständen gerne an, beschäftige mich aber theoretisch nicht damit, den frei Spielen kann ich selbst. Das sage ich jetzt ohne Werturteil! Also ich vergleiche mein freies Spiel hier keinesfalls mit dem von Ravel!!!

Ein neuer Strang wäre sicherlich sinnvoll. Abzuwarten wäre dann natürlich die Beteiligung anderer, denn die Meßlatte ist von meinem Stand der Dinge ausgesehen sehr hoch.

PS
Für Dich zum Vergleich. Hier Coltranes Verarbeitung des Gorßterz-Zirkels.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
[Ein neuer Strang wäre sicherlich sinnvoll. Abzuwarten wäre dann natürlich die Beteiligung anderer, denn die Meßlatte ist von meinem Stand der Dinge ausgesehen sehr hoch.

hallo,

ja das sehe ich auch so - zu fragen wäre, wo der hingehört: unter Klavierspielen/üben oder Theorie? ...ja, die Messlatte wäre da sicher ziemlich hoch... was aber kein Nachteil sein muss

ohne das jetzt ausufern zu lassen: so ganz "impressionistisch" ist die Ondine nicht, im Gegenteil ist sie erstaunlich "theoretisch" und Regeln aufstellend - - aber eben etwas abweichend von den gewohnten, auf die sie sich aber bezieht (das würde noch weiter wegführen). wie auch immer: dass sie ein Meisterwerk ist finde ich auch!

ok, ich stoppe jetzt mal meine Seitenfragen hier - es sollte hier ja darum gehen, sich ins improvisieren über (leider nie ganz leichte) Akkordketten hineinzufinden.

Gruß, Rolf
 
hallo,

ja das sehe ich auch so - zu fragen wäre, wo der hingehört: unter Klavierspielen/üben oder Theorie? ...ja, die Messlatte wäre da sicher ziemlich hoch... was aber kein Nachteil sein muss
Gruß, Rolf

hallo,
ich hab sowas jetzt mal unter "Theorie etc" angeboten - mal sehen ob es interessiert.

@ Fred:
danke für Coltranes Verarbeitung! - - mein erster Höreindruck: es hört sich gar nicht so kompliziert an, wie es die mitlaufenden Akkordymbole darstellen (ok, nur mein erster Eindruck - das liegt sicher auch daran, dass die Akkorde nicht einfach plump angeschlagen werden, sondern eben in irgendeiner Weise "figuriert" werden -- ist ja in der Ondine auch nicht anders!)

Gruß, Rolf
 
Hi,

da es hier ein bischen ruhig geworden ist, stell ich mal 3 Aufnahmen zur Jazz Akkordik rein.

Es ist jeweils das gleiche Melodie-Fragment (aus Takt5 von Rolfs Beispiel weiter oben) mit verschiedenen Akkorden unterlegt.

f g a h (ja, das deutsche h) c

Akkord Schema: Dm G7 C (IIm V7 I)

Erstmal die klassische Version:

[mp3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1250669426.mp3"]a[/mp3]


Na ja klingt sehr langweilig. .... nicht diese Töne, laßt uns angenehmere Töne anstimmen ....


Unterlegt mit Standard Jazz Akkorden:

[mp3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1250641095.mp3"]b[/mp3]

Klingt zumindestens ein bischen jazzig.

Jetzt noch ein bischen freieres Beispiel (Quart Voicings):

[mp3="https://www.clavio.de/forum/upload/mp3/1250625130.mp3"]c[/mp3]

Bitte nicht zu Ernst nehmen. Mir hat's jedenfalls Spass gemacht das einzuspielen

Wer kann die Akkorde angeben?

Gruß
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:

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