Sie mögen mit Ihrer Ansicht teils richtig liegen - " Kundenwünsche" etz .,
ich bin jedoch der Ansicht , daß es einen gewissen Handwerksstolz und eine Handwerksethik geben sollte , speziell im traditionellen Klavierbau , nämlich eine Arbeit so zu verrichten , daß jene "lege artis" ist . Dem Kunden reinen Wein einzuschenken und nicht nur wegen ein paar Groschen jenem "nach
dem Maul" zu reden ! Auf lange Sicht ist dies sicher der bessere und auch erfolgreichere Weg sein Geld zu verdienen ! GRuss
Ich habe ja nun einige Zeit ruhig mitgelesen, jetzt muss aber mal raus:
Wenn ich solche Begriffe wie Handwerksstolz oder Handwerksethik lese, die Rede von "Fachleuten des Klavierbaus" ist und dann im Kundendienst so manches Klavier "aus der Hand eines Fachmanns", meist noch ein regional großes, renommiertes Klavierhaus, sehe, dann empfinde ich solche Aussagen über Handwerksstolz bei sg. Fachleuten als Hohn. Ich möchte hier nicht gegen Kollegen wettern, aber eines im Interesse des Kunden - so traurig das klingt - klarstellen: Mancher Fachmann liefert Arbeit ab, das kriegt jeder Dilletant mit etwas Menschenverstand und Leidenschaft besser hin. Dabei ist mir absolut schleierhaft, wie leichtfertig man seinen guten Ruf aufs Spiel setzt. Da drängt sich der Verdacht auf: Für anspruchsvolle (halbprofessionelle bis professionelle) Kunden liefert man halbwegs gute Arbeit ab, die Ahnungslosen anderen werden mit billiger, aber vom Kunden teuer bezahlter Leistung abgefertigt. Ich kann es mir nur mit dem Kosten- und Zeitdruck erklären, dem die meisten Klavierbauer unterworfen sind. Aber dann sollte man auch keine Loblieder mit Handwerksstolz und Handwerksethik im Namen aller Fachleute anstimmen.
Drei Beispiele aus meiner Praxis:
1.) Ein Kunde rief mich an, eine Taste funktioniere nicht mehr. Vor Ort stellte sich folgendes heraus:
- Neues Klavier aus einem renommierten Klavierhaus mit gutem Ruf und langer Tradition,
- als Fehlerursache der nicht funktionierenden Taste stellte sich heraus:
- Irgendwann war ein Hammerstiel gebrochen (warum auch immer), die Reparatur des Klavierhauses sah folgendermaßen aus: Den Hammerstiel zusammengesetzt, mit Maler-Kreppband (!) umwickelt und einfach von oben Klebetube ausgekippt (lief alles darunter und daneben). Keine Ahnung, wie so ein Schrott einige Monate halten konnte, bis der Hammerstiel wieder eingeknickt war.
- Der Kunde wusste nichts von dem Flickzeug und hat beim Anblick solcher Fuscherei fast Tränen gehabt.
2.) Beim Stimmtermin bei einem Kunden habe ich festgestellt, dass eine Saite im (zweichörigen Chor) fehlte. Diese muss wohl irgendwann (beim Stimmen) gerissen sein und vom Stimmer still und heimlich entfernt worden, ohne dem Eigentümer des Klaviers auch nur einen Hinweis zu geben. Der Kunde fands nicht so lustig.
3.) Stimmtermin bei einem Kunden (". . . einmal stimmen und Tasten bleiben hängen"). Der Kunde hatte nach eigener Aussage nicht viel Ahnung, hat deshalb beim Fachmann (renommiertes Klavierhaus) gekauft. Folgendes Klavier fand ich vor:
- Gehäuse ok.
- Fehlerursache fürs Hängenbleiben der Tasten: die Tastengarnierungen waren abgenutzt, dadurch haben die Tasten wohl gewackelt. Das Klavierhaus hat das Problem gelöst, indem es einfach die Tastenvorderstifte teilweise extrem verdreht hat. Dadurch war das seitliche Spiel der Tasten etwas weniger, aber einige Tasten blieben dadurch hängen.
- dass auf den Stiften zusätzlich Rost war, hat auch keinen Fachmann gestört,
- Resonanzboden mit vielen und großen Rissen (der Kunde wurde nicht einmal drauf hingewiesen).
- einige Wirbel lose im Stimmstock, dadurch kaum Stimmhaltung,
- Klaviermechanik Regulierung total verstellt, ein dynamisch differenzierter Anschlag war gar nicht möglich,
- Diverse Schrauben in der Mechanik lose,
- Einige Achsen herausgerutscht, lose
. . .
Nach solchen Kundenbesuchen ist man einfach nur wütend. Und der Kunde tut einem leid.
Vielleicht ist es ja auch nur ein verschwindend geringer Teil dieser Fuscher-Fachleute, was ich sehr hoffen will, aber in meinem Falle waren es bereits zu viele.
So, das musste jetzt mal raus.
Bitte, liebe Kollegen, im eigenen Interesse: Liefert doch einigermaßen anständige Arbeit ab, unabhängig davon, ob das ein Profipianist ist oder sonstwer. Man muss dem Kunden ja nicht gleich sein ganzes Klavier überholen, aber dann gehört zu einem Begriff "Handwerksethik" meiner Meinung nach eine ausführliche, begründete Information an den Kunden über die Mängel am Klavier und die Reparaturmöglichkeiten.
Andernfalls wird der Kunde verunsichert, der Ruf aller Fachleute wird zerstört.