Klavier auf welche Frequenz stimmen?

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Mephisto

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Hallo Mephisto,
hast Du nun schon ein altes Klavier gefunden?
Ein Klavier klingt am besten, wenn es auf die Konstruktionstonhöhe gestimmt wird. Der Klavierstimmer sollte das wissen. Das war früher nicht einheitlich und ist fabrikatsabhängig. Die meisten aus der Zeit waren aber auf 435 Hz konstruiert.

LG
Klaviermacher
 
@Mephisto, bitte bedenke, wenn du mit anderen Instrumenten mal zusammen spielen möchtest, könnte das Probleme geben, wenn es so tief gestimmt ist. Die Bläser würden da vermutlich Stress bekommen. Ich würde schon auf die gängige Stimmung stimmen lassen, wenn das geht.

Auch hättest du Probleme, falls du mal zu einer Playalong CD spielen würdest. Es würde sich ganz schön schräg anhören.
 
Hallo Mephisto,

so viel ich weiß, hat sich die Stimmung des Grundtons a' über die Jahrhunderte immer weiter erhöht. Momentan wird oft schon auf 443 Hz gestimmt. Es gibt Forschungen zu dem Thema. Ich kenne in Wien eine Frau, die bei so einem Forschungsprojekt mitarbeitet. Sie hat mir erzählt, dass die niedrigere Stimmung (die auch mehr der Stimmung z.B. zu Bachs Zeiten entspricht) im Großen und Ganzen eine bessere Wirkung auf den Menschen hat als die hohe Stimmung. Das hat man anscheinend bei Konzertprojekten mit Publikum festgestellt. Sie meinte, die beste Stimmung läge bei 428 Hz. (Am 17. Mai findet dazu übrigens ein Konzert im Wiener Musikverein statt, bei dem die Instrumente auf 428 Hz gestimmt sind: http://www.musikverein.at/konzerte/konzertprogramm.asp?idx=18636) Von den Anthroposophen weiß ich, dass sie auf 432 Hz stimmen. Das ist nach Rudolf Steiner scheinbar die beste und dem Menschen am besten entsprechende Stimmung.

Das kann ich alles hier nur so weitergeben. Ich habe mich noch nicht intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Aber grundsätzlich denke ich schon, dass es im Empfinden und in der Wirkung der Musik einen Unterschied macht, ob man z.B. auf 432 oder auf 442 Hz stimmt. Das ist sicher nicht egal.

Ein Gedanke, der mir in diesem Zusammenhang kam, war folgender: Wenn man sich die Geschwindigkeit anschaut, mit der das Leben heutzutage abläuft (hohe Mobilität, immer alles möglichst schnell und sofort...), dann könnte man die Erhöhung der Stimmung vielleicht auch in diesem Zusammenhang sehen. In früheren Jahrhunderten gab es vergleichsweise wenig Mobilität, man hat sich Zeit gelassen, der ganze Lebensrhythmus war viel langsamer und auch die Stimmung der Instrumente war viel tiefer als heute.

Ich für meinen Teil würde nicht höher als 440 Hz stimmen lassen, eventuell sogar wieder tiefer. Keine Ahnung, was diese hohen Stimmungen für einen Zweck haben sollen. Wenn du aber mit anderen zusammenspielen möchtest, dann könnte eine tiefere Stimung schon problematisch werden, wie Mos bereits angemerkt hat.

Viele Grüße von
Fips
 
Was soll "gut" (bzw. "besser", "beste") in diesem Zusammenhang heißen... ?
 
Hallo Fips7, sehr interessant und zum Nachdenken anregend, was Du da schreibst. Leider kann man Klaviere nicht nach Belieben rauf- oder runterstimmen, da sie i.d. R. für eine bestimmte Stimmung konzipiert sind/waren.

Die Überlegung, das Hochdrehen im Zusammenhang mit Beschleunigung zu sehen, finde ich sehr faszinierend. Hätte ich mehr Platz, würde ich mir glatt noch so ein altes Klavier spendieren, das für ca. 430 Hz gedacht war.

Gibt es irgendwo Einpielungen mit niedrigem Kammerton?
 
Ein Klavier klingt am besten, wenn es auf die Konstruktionstonhöhe gestimmt wird. Der Klavierstimmer sollte das wissen. Das war früher nicht einheitlich und ist fabrikatsabhängig.
Hallo Klaviermacher,

wie findet man denn die Konstruktionshöhe heraus, z.B. bei meinem Flügel? Würdest Du empfehlen, ihn im nächsten Sommer auf 440 Hz herunterstimmen zu lassen? Seit der ersten Stimmung im letzten Sommer ist die Stimmhaltung wirklich gut.

Hans
 
Hallo Klaviermacher,

wie findet man denn die Konstruktionshöhe heraus, z.B. bei meinem Flügel? Würdest Du empfehlen, ihn im nächsten Sommer auf 440 Hz herunterstimmen zu lassen? Seit der ersten Stimmung im letzten Sommer ist die Stimmhaltung wirklich gut.

Hans
Um die Konstruktionstonhöhe genau zu ermitteln muss man verschiedene Parameter zusammen zählen...
Vor allem sind das: die Dicke und Form des Gussrahmens, die Dicke des Resonanzbodens und die der Saiten.

Kleine Schwankungen von ein paar Hertz zerstören das Instrument nicht gleich, aber wenn die Kräfte steigen, ändert sich natürlich etwas. Wenn die Konstruktion auf 440 Hertz ausgelegt ist, und das ist sie meistens - zumindest bei Flügeln und Klavieren ab 1939;), dann kann man sie auch höher stimmen bis 445 Hz. Runter gehts duchwegs von alleine. Extra runterstimmen würde ich nur auf Kundenwunsch, oder es ist extrem hoch - aber normalerweise halten Stimmungen, die man nach unten korrigieren muss, nicht auf Anhieb so besonders gut.

Wenn ein Klavier eine Konstruktionstonhöhe von 435 Hz (so etwa Bj. 1900) hat, dann kann man es normalerweise auch bis 440 Hz hochstimmen, ohne dass etwas passiert. Daher lassen sich sehr viel alte Klaviere, die sonst keine technische Macken, wie angerostete Saiten, offene Leimstellen oder Risse im Guss haben, gemeinhin recht leicht hochstimmen.

Instrumente, welche bei Reparaturen falsch besaitet wurden - leider findet man das, kann man wirklich nur ganz tief (z.b. 1/2ton tiefer) stimmen oder neu besaiten. Der Trugschluss beim Besaiten, dem weniger helle Kollegen mitunter aufgesessen sind: "Wenn die alten Saiten beim Stimmen gerissen sind, dann waren sie zu dünn":confused: Stärkere Saiten haben eine höhere Bruchgrenze, das stimmt. Wenn sie aber dicker sind, muss man sie noch höher spannen, um die gleiche Tonhöhe zu erzielen.:idea: Ob das die Konstruktion dann lange aushält ist die Gretchenfrage.

Im Zweifel nehme ich meinen Rechenschieber zur Hand und vermesse ein paar Saiten. Die Bruchgrenze bei Saitendurchmesser x beträgt 115kg. Mit der Länge y soll sie bei 70-75kg am Normalton 440Hz als Referenz, an ihrem angestammten Platz z.B. ein cis, erklingen und damit ausgelastet sein. Ist das der Fall? Wenn nicht, dann findet man unter Einbeziehung der restlichen Konstruktion und Zustand einen vernünftigen Weg.

Zu tief gestimmt (im Vergleich zur Auslastung) hält nicht gut auf der Stimmhöhe, da sich die Saite schon durch stärkeres Anschlagen wie ein Gummiband hin und her zieht. Außerdem erklingt sie dann auch nicht schön und bekommt einen blechernen, eiernden Hintergund. Zudem wird der Ton schwächer, was vor allem bei Konzertflügeln gar nicht gewünscht ist.


LG
Klaviermacher
 
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Wie kann man die optimale Höhe berechnen, für die das Klavier gebaut wurde? In der Mailingliste der amerikanischen Kollegen wurde das mal diskutiert, aber ich kann es nicht mehr wieder finden. Im Prinzip ging es darum, dass man die klingende Länge und den Durchmesser des eingestrichenen A´s messen muss und daraus dann die Tonhöhe berechnet. Aber wie? Dazu braucht man ja auch noch die optimale Auslastung. Hat jemand Mensurix? Geht das damit? Ich meine mich nämlich zu Erinnern, dass bei besagter Diskussion Bernhard Stopper eine Anleitung gegeben hat, wie man das berechnet. Und wenn ich mich nicht täusche, hat er ja Mensurix auf den Markt gebracht.
 
Sie hat mir erzählt, dass die niedrigere Stimmung (die auch mehr der Stimmung z.B. zu Bachs Zeiten entspricht) im Großen und Ganzen eine bessere Wirkung auf den Menschen hat als die hohe Stimmung.

Das ist aber eine äußerst gewagte Behauptung :)

Die Stimmung legt ja nur die Frequenz des Kammertons fest. Nun gibt es aber Stücke in unterschiedlichen Tonarten. Würde das jetzt bedeuten, daß ein Stück in As-dur eine bessere Wirkung auf den Menschen hat als ein Stück in A-dur oder gar B-dur (geschweige denn H-dur 8) )?
 
Das ist aber eine äußerst gewagte Behauptung

Die Stimmung legt ja nur die Frequenz des Kammertons fest. Nun gibt es aber Stücke in unterschiedlichen Tonarten. Würde das jetzt bedeuten, daß ein Stück in As-dur eine bessere Wirkung auf den Menschen hat als ein Stück in A-dur oder gar B-dur (geschweige denn H-dur )

Haydnspass, ich glaube Du bringst da was durcheinander. Die Charakteristika der einzelnen Tonarten werden dadurch ja nicht berührt, lediglich die gesamte Stimmung sinkt um einige Herz, was möglicherweise insgesamt als angenehmer empfunden wird. Bei "atonalen" Störgeräuschen (z.B.Staubsauger / Bohrmaschine / Keifen der Nachbarin:D) genügt manchmal eine geringfügige Drehzahlveränderung (und somit Tonhöhenänderung), um aus Lärm ein "erträgliches" Geräusch zu machen. So habe ich Fips7 verstanden.

Wäre interessant, ob sich hier mehr Wissen im Netz findet ...
 

Blüthner 1870 408 Hz

Hallo,

mein altes Blüthner (ca. 1870) war laut Klavierstimmer nur noch auf 408 Hz zu stimmen. Es kann aber sein, dass das damit zusammenhängt, dass es eine umfangreiche Reparatur in den 80er hinter sich hat.

Klavierameise
 
Haydnspass, ich glaube Du bringst da was durcheinander. Die Charakteristika der einzelnen Tonarten werden dadurch ja nicht berührt,

Die Tonarten-Charakteristika werden durch eine Veränderung der Stimmhöhe nicht berührt? Das kann ich mir aber überhaupt nicht vorstellen.

Wenn man das Klavier um einen Halbton tiefer stimmt, dann wird C-dur zu H-dur (bzw. Ces-dur). Historisch gesehen spielen wir ja die ganze Musik des Barock und der Klassik einen Halbton zu hoch. Und eventuell auch um 100 Prozent zu schnell. Und das soll sich nicht auf die Tonartcharakteristik auswirken?

Ich glaube, wir wären sehr, sehr enttäuscht, wenn wir die Möglichkeit hätten, eine originale Tonaufnahme aus dem 17. oder 18. Jahrundert zu hören.

Die heutigen, "hippen" Einspielungen sind ja eher futuristische Laborerzeugnisse, die mehr über unsere heutige Zeit aussagen als über die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts.

(Meine eigenen Einspielungen will ich da garnicht ausnehmen ^_^ )
 
Zitat von Kleines Cis:
Was soll "gut" (bzw. "besser", "beste") in diesem Zusammenhang heißen... ?
"Besser" heißt, dass man sich dabei leichter entspannen kann, sich insgesamt wohler fühlt, eine größere Befriedigung und ein runderes Gesamtgefühl empfindet. Immer im Vergleich zur selben Musik, die mit höher gestimmten Instrumenten gespielt wird. Eventuell gibt es auch körperliche Parameter, z.B. eine bessere Durchblutung des Körpers, positive vegetative Reaktionen usw., aber ich weiß nicht, ob die in den Forschungen berücksichtigt wurden.
Zitat von fisherman:
Gibt es irgendwo Einpielungen mit niedrigem Kammerton?
Keine Ahnung. Ich kenne nur die Konzertankündigung für den 17. Mai in Wien. Ansonsten ist mir das mit den 428 Hz noch nie untergekommen, weder im Konzert noch als Einspielung.
Zitat von fisherman:
Die Charakteristika der einzelnen Tonarten werden dadurch ja nicht berührt, lediglich die gesamte Stimmung sinkt um einige Herz, was möglicherweise insgesamt als angenehmer empfunden wird. Bei "atonalen" Störgeräuschen (z.B.Staubsauger / Bohrmaschine / Keifen der Nachbarin) genügt manchmal eine geringfügige Drehzahlveränderung (und somit Tonhöhenänderung), um aus Lärm ein "erträgliches" Geräusch zu machen. So habe ich Fips7 verstanden.
So ähnlich stelle ich es mir auch vor. Die im Vordergrund stehenden Frequenzen in allen Tonarten sind insgesamt etwas niedriger, wodurch die gesamte Musik langsamer schwingt.
Ich kann die positive Wirkung, die von der niedrigeren Frequenz ausgehen soll, nicht aus eigener Erfahrung bestätigen, weil ich mich, wie gesagt, nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt habe. Aber insgesamt finde ich den Gedanken, die heutige hohe Stimmung mit der Beschleunigung der Welt in Verbindung zu setzen, nicht unplausibel. Wenn man sich bewusst macht, wie viel mehr wir heute durch die gesamte moderne Lebensweise Stress ausgesetzt sind, dann haben die hoch gestimmen Instrumente daran vielleicht auch einen Anteil. Das ist jetzt erst mal nur ein Gedanke. Aber wenn das stimmt, dann ist es durchaus nachvollziehbar, dass die niedrigere Stimmung der Instrumente eine positive, d.h. entspannende und das "Wohl-sein" fördernde Wirkung haben kann. Insbesondere, wenn man berücksichtigt, wie sehr gerade die Musik unsere Gefühle ansprechen und beeinflussen kann.
 
Hallo Haydnspass; wir reden von einer niedrigeren Stimmung, nicht von einer Reduzierung um einen Halbtonschritt.

a' = 440
reduziert = 428 - 435
gis' = 415

Das nur zur Richtigstellung. Letztendlich bist Du der Fachmann, nicht ich. Ich "philosophier" hier nur so ein wenig rum...
 
Die unterschiedliche Klangfärbung der Tonleitern kommt denk ich mal zum einen aus der Tonlage (Grundtonfrequenz, Stimmtonhöhe) und insbesondere aus den relativen Tonabtänden (Stimmung).

Beim Umstimmen wird denk ich der Punkt noch wichtig, dass das Instrument selbst ja nicht nur die Stammtöne erzeugt sondern ein Obertonspektrum, das ebenfalls den Klang beeinflusst/erst bildet.

Wie fisherman schreibt sind die Frequenzunterschiede gar nicht mal so groß dass die Lage an sich groß etwas zu ändern scheint (natürlich hört man es als relativen Unterschied wenn die Instrumente unterschiedlich gestimmt sind, aber ich denke wenn man sich an ein Klavier mit 430 Hz setzt und relativhörer ist fällt der Lagenunterschied nicht auf).

Die Farbe der Tonart sollte auch die selbe bleiben, also das neue D-Moll hat eine ähnliche Farbe wie das alte D-Moll.

Ich denke also dass der Hauptklangunterschied im Schwingverhalten des Klavieres liegen müsste. Da gabs mal einen Link auf ein englisches Forum wo das für Bösendorfer Flügel diskutiert wurde (440 vs 443).

Ich würde in den Anstieg des Kammertones nicht zuviel reininterpretieren :-) Ist sicher einfach Mode und Bautechnische Notwendigkeit für neuere Instrumente seit dem Barock. Wichtig ist denke ich, dass die Frequenz dem Instrument gerecht wird und seinen besonderen Klang zur Geltung bringt.

Aber mein Digitalpiano kann ich ja auch auf andere Frequenzen stimmen. Werd ich mal ausprobieren und berichten ob ich die Tonlagenänderung raushören kann.

Ich überlege mir wie das vor der Stimmgabel war, da konnte man ja feste Tonhöhen fast nur über absolutes Gehör oder Flöten fixieren und festhalten.
 
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Hallo Haydnspass; wir reden von einer niedrigeren Stimmung, nicht von einer Reduzierung um einen Halbtonschritt.

a' = 440
reduziert = 428 - 435
gis' = 415

Das nur zur Richtigstellung. Letztendlich bist Du der Fachmann, nicht ich. Ich "philosophier" hier nur so ein wenig rum...

Also Fachmann für historische Stimmungen bin ich sicher auch keiner. :D

Aber daß eine bestimmte Frequenz des Kammertons quasi "natürlicher" oder "dem Menschen zuträglicher" sei als eine andere, halte ich doch für pure Esoterik.

Man kann Stücke transponieren, dadurch werden sie dann zum Beispiel für Sänger angenehmer zu singen, weil sie besser zur Stimmlage passen. Dabei gehts dann teilweise um die Transposition um eine Terz oder Quart.
Da reißen es dann 10 oder 20 Hz, die der Kammerton höher oder tiefer liegt auch nicht mehr raus. Für den Klang macht es trotzdem einen Riesenunterschied, ob man "Im schönen Monat Mai" in fis-moll oder in cis-moll singt und spielt. cis-moll mit einem Kammerton von 444 Hz ist immer noch viel tiefer als fis-moll mit einem Kammerton von 415 Hz. ^_^

Ich denke, wir meinen ja dasselbe. Die Höhe der Stimmung macht realistisch betrachtet keinen großen Unterschied. Außer man hat ein absolutes Gehör.
 
Die charakteristischen Eigenheiten der Tonarten ergeben sich doch in erster Linie daraus, daß die einzelnen Töne in Bezug auf den jeweiligen Grundton eben bei allen Tonarten leicht unterschiedliche Frequenzverhältnisse haben, was man am modern temperiert gestimmten Klavier allerdings nicht mehr nachvollziehen kann.

Daß es DIE optimale Stimmfrequenz gibt, glaube ich übrigens nicht, denn dann müßten ja alle Ohren exakt die gleichen akkustischen Eigenschaften haben und das kann eigentlich nicht sein.

Im Prinzip müßte jedes Instrument entsprechend der gerade üblichen Stimmfrequenz angepaßt werden, bei Klavieren also Rahmengröße, Resonanzboden und Saitenlängen, bei Blasinstrumenten eher die Länge etc, damit die Klangkörper optimal mitschwingen können.

So gesehen wäre die passende Antwort auf die ursprüngliche Frage tasächlich die Frequenz, an der sich der Klavierbauer orientiert hat, als er das Instrument geplant hat, denn das Klavier zu ändern wäre ja ein ziemlicher Aufwand ;)

Was die besonders unangenehmen Frequenzen aus Nachbarwohnungen betrifft, so handelt es sich vermutlich immer um Frequenzen, die am gut übertragen werden. Bei Musik vom Nachbarn ist ja oft das Problem, daß man eben nur einen Teil hört und dadurch nur ein gräßlicher Kauderwelsch bei einem ankommt. Man kann sich das verdeutlichen, indem man im Badezimmer (da ist es besonders deutlich) die Tonhöhe sucht, die am lautesten klingt. Das ist dann ein Oberton des Badezimmers, der sich eigentlich auch ändern sollte, wenn man Wasser in die Badewanne läßt, jedenfalls bei kleineren Badezimmern.

Was mich mal interessieren würde: Wie kommt man bei absolutem Gehör mit unterschiedlichen Stimmfrequenzen zurecht?
 
Die Behauptung, eine bestimmte Kammertonhöhe sei dem Menschen gemäßer, ist Esoterik, die zu den üblichen Schmarren der Waldorf-Ecke gehört. Fehlt nur noch, daß man auch bestimmte Tonarten dem Menschen gemäßer findet oder Tonarten mit Sternzeichen in Beziehung setzt (letzteres hat tatsächlich schon einmal jemand gemacht). Vielleicht sollte man mal an folgendes erinnern:
Die Stimmtonhöhe war keineswegs überall tiefer als heute, man kennt Stimmgabeln des 18. Jahrhunderts, die höher waren. Steinway stimmte seine Instrumente um 1880 noch auf 458 Hz.
Man hat sich in langen Diskussionen international auf eine Kammertonhöhe geeinigt, und das bereits vor vielen, vielen Jahren (zuletzt 1939 auf der Londoner Konferenz der ISA). Diese Einigung geschah aus der Not heraus, daß das Durcheinander verschiedener Stimmungshöhen viele pragmatische Probleme aufwirft, z.B. daß eine Klarinette, die man tiefer oder höher stimmen muß, weil das Klavier zu hoch, zu tief ist, in sich nicht mehr stimmt, wenn die Abweichung zu groß ist. Da man sich nun endlich geeinigt hat, sollte man sich an diesen vereinbarten Standard halten, denn das erleichtert das Leben.

Wer sich allerdings zurücksehnt nach jenen Zeiten, als man sorgfältigst noch Muttern und Schrauben numerieren mußte, wenn man etwas auseinanderschraubte, weil nur diese eine Mutter zu dieser eínen Schraube paßte, weil es noch keine DIN-Norm dafür gab, der möge denn weiterhin darüber spintisieren, ob nicht eine andere Stimmfrequenz seiner Befindlichkeit genehmer sei. Womöglich ist dann auch eine andere Gewindesteigung seiner Befindlichkeit genehmer, falls er mal eine Schraube eindreht...

Klar ist aber auch, daß eine zu sehr oder zu schwach gespannte Saite ein anderes Schwingungsverhalten hat -- die Steifigkeit erhöht sich, die Inharmonizität ändert sich, die Kopplung an den Resonanzboden ändert sich. Das ist aber eher eine Frage, wie man Saitenmensuren berechnet, und hat mit der Frage, wie hoch der Kammerton a' sein sollte, nichts zu tun. Und wer ein altes Klavier hat, das für die Standardtonhöhe nicht ausgelegt oder dafür zu altersschwach ist, der muß eben damit leben, daß er darauf nie eine Klarinette wird begleiten können, die für eine andere Tonhöhe ausgelegt ist.

Daß tiefere Stimmung eine "das Wohlsein fördernde Wirkung haben kann", kann man also nicht bestätigen, denn wo keins zum anderen paßt, hebt das kaum das Wohlsein, sondern vermehrt den Ärger und die alltäglichen Widrigkeiten. Da die meisten Orchester heute auf 442-445 Hz stimmen, wird auch heute der längst vereinbarte Standard von 440 Hz nicht eingehalten. Immerhin aber ist die Abweichung davon entschieden geringer als Steinway's Stimmtonhöhe von 458 Hz im Jahr 1880. Besser ist, wir rollen die ganze alte Diskussion um die Stimmtonhöhe nicht erneut auf, sondern akzeptieren einfach den Standard, denn sonst brauchen wir neuerlich hundert Jahre, um in endlosen Auseinandersetzungen zwischen Sängern, Instrumentenbauern, Orchesterleitern und nun auch noch Esoterikern uns endlich auf eine neue Stimmtonhöhe zu einigen, die dann auch wieder niemand einhält.
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Jörg Gedan
http://www.pian-e-forte.de
 

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