Lieber PV, bitte sei so lieb und bezichtige mich nicht der Polemik und der Kraftausdruckverwendung. Ich weiß, man kann das so lesen, es ist aber nicht so gemeint. Ich habs gerne etwas flappsiger, ok?
Ich eier hier so rum, weil ich die Wendung dieses Faden fasziniernd finde: Ist die Beschäftigung mit Lehrmethoden/philosophischen Ansätzen notwendig, um guten Unterricht zu machen? Hier bringst Du nun etwas durcheinander: Ich fordere nicht die Beschäftigung damit, ich sage, man sollte davon gehört haben und zumindest ansatzweise wissen, was sich dahinter verbirgt. Und zwar schon alleine deshalb, um Fragen von Schülern beantworten zu können.
Musikalität, Klang- und Stilgefühl, alles was hierzu gehört, wachsen durch die Beschäftigung mit Musik selbst. Das ist eine zeitfüllende Aufgabe fürs ganze Leben.
Zustimmung.
dass die (über)eifrige Beschäftigung mit Philosophien und Methoden Zeichen einer innermusikalischen Perspektivlosigkeit ist (wenn man die Möglichkeit zur Veränderung und Weiterentwicklung in außermusikalischen Impulsen sucht). Im schlimmsten Fall würde so ein Lehrer vorrangig auf Bewegungsabläufe achten, ohne noch die Feinheiten der Interpretation wahrzunehmen.
Ebenfalls Zustimmung.
Du wirst keinen Lehrer finden, der alle Beethoven-Konzerte spielt und bis ins Detail kennt, sich mit deren Interpretationsgeschichte beschäftigt hat.... und der Dir dann sagt, er unterrichtet Dich nach Alexandertechnik
Und nochmals. Zustimmung. Abgesehen davon, dass ich ja nur möchte, dass er zuminfdest schon mal von der Alexandertechnik gehört/gelesen hat.
Ich denke, ich komme dank Violapiano der Sache (für mich) näher.
Auf (Deinem) fortgeschrittenen Level suchst Du Dir den Lehrer, der Dir bestimmte Dinge beibringt, auf die Du Wert legst. Wenn ich als fortgeschrittener Zeichner z.B. Privatunterricht bei Horst Janssen (RIP), dann lebe ich mit seinem Suff, seinen Wutausbrüchen und mit seiner Weltfremdheit sowie auch möglicherweise mangelnder Didaktik. Seine Genialität wiegt alles auf und ich kann lernen, denn ich weiß genau, was ich bei ihm "abgucken" kann, weiß genau, welche Sinne ich öffnen muss, um bestmöglich zu profitieren.
Ich würde aber niemals einen Anfänger dort sehen. Der würde nur verwirrt werden. Weil ihm Zugänge fehlen, weil er Fragen hat, die Horst Janssen nicht beantworten konnte un schon gar nicht wollte
Ein Laie/Anfänger braucht weltoffene, didaktisch geschulte Lehrer, die auf dem neuesten Stand sind, was Methodik, Alternativen und den Umgang mit Problemfällen angeht. Ein erfahrener Schüler kann sich selbst nach Feldenkrais umtun, wenn er das braucht. Ein Novize aber weiß nix davon. Von wem soll er davon hören (wenn er nicht bei Clavio surft)?
Schau mal: Die heutigen Klavierlehrer lehren anders als die vor 100 Jahren. Haben die sich das alles im stillen Kämmerlein, jeder für sich, ausgedacht? Nein, Sie haben gelesen, gelernt und sich fortgebildet. Und das fordere ich (zumindest das Lesen) von allen Klavierlehrern, die Anfänger unterrichten. Hier rudere ich gerne mit meinem Anspruch zurück und klammere die Lehrer für Meister aus.
Können wir folgenden Konsens finden: Je weiter die Schüler am Anfang stehen, desto gebildeter muss der Lehrende hinsichtlich Lehrmethodik und Problemlösung sein. Je mehr die Schüler zur Meisterschaft tendieren, desto mehr muss das reine (spezialisierte) Fachwissen des Lehrers anwachsen. So läuft das im übrigen in der schulischen und beruflichen Ausbildung seit langem. Grundschullehrer haben eine weitaus höhere pädagogische und didaktische Ausbildung (und mehr Fortbildungs"zwang" in DIESER Hinsicht) als Universitätsprofessoren - für diese besteht nur Fortbildungszwang hinsichtlich der Fachmaterie.