Kenntnis Feuchtwanger - Kriterium für guten Unterricht?

Liebe Chiarina,

Meine Skepsis bezog sich ja auf Klavierpädagogen, die angeben, noch nie von Alexandertechnik bzw. Feuchtwanger Übungen gehört zu haben. Ich habe nie gesagt, daß der Lehrer sich unbedingt mit diesen Techniken/Übungen auseinandergesetzt haben muß, um ein guter Lehrer zu sein - wenn das so rübergekommen ist, war das tatsächlich ein Mißverständnis. Wenn ich aber höre, daß einem KL beides kein Begriff ist, dann frag' ich mich unwillkürlich, wie das passieren kann, daß er weder in der Ausbildung, noch bei der Lektüre der Fachliteratur, oder auch bei Internetrecherchen darauf gestossen ist.

Kratzert war für mich ein Beispiel, wo man auf die Alexandertechnik trifft, und ich habe es erwähnt, weil ich das Buch halt selber habe. Da gäbe es noch Pedro de Alcantaras Buch über Alexandertechnik für Musiker, das sich dezidiert mit der Technik befaßt. Alan Fraser (habe nur über das Buch und den Autor gelesen und nicht das Buch selbst) beschäftigt sich mit Feldenkrais. Nun ich beschäftige mich gerade mal ein Jahr in meiner Freizeit mit dem Klavier und zum Teil eben auch mit spezifischer Literatur, und bin wiederholt über diese Begriffe gestolpert und das eben nicht nur hier im Forum. Bei Peter Feuchtwanger bin ich sowieso davon ausgegangen, daß er im deutschprachigen Raum, zumindest in Fachkreisen sehr bekannt ist.

Das die Kenntnis einzelner Methoden nicht alleiniges Kriterium sein kann, um einen KL zu beurteilen, ist mir schon klar. Aber NewOldie hat ja in seinem Beitrag geschrieben, daß keinem der drei KLs mit denen er sprach Alexandertechnik/Feldenkrais oder Feuchtwanger auch nur ein Begriff sind, und mein ursprünglicher Beitrag bezog sich auf diesen Umstand. Mir erscheint das immer noch suspekt, trotz deines Plädoyers :razz:, auch wenn ich deinen Standpunkt verstehe und nachvollziehen kann. Ich würde mich aber auch sehr über einen Wirtschafswissenschafter wundern, wenn er mit den Namen Keynes, Taylor oder Schumpeter nichts anzufangen wüßte. :D

LG, PP
 
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Zwei Sachen muß ich hier mal loswerden.

1) Klavierspiel ist nicht "natürlich" und kann es niemals sein. Klavierspiel ist eine absolut artifizielle Tätigkeit.

Hingegen sind Körperbewegungen immer natürlich, wie könnte es anders sein? Was los ist, ist lediglich: Ein Lebewesen bewegt mehr oder weniger geschickt Gliedmaßen mit Hilfe von Muskeln, peng, aus!
Aaaber: Eine Bewegung kann für eine bestimmte Tätigkeit zweckmäßig oder auch weniger zweckmäßig sein, und eine Bewegung (oder insbesondere Bewegungsgewohnheit) kann für Körper oder Wohlbefinden günstig oder ungünstig sein.

Bitte also den Begriff "natürlich" ein für alle Mal aus der Diskussion verbannen, danke.

Das Nervensystem des Menschen ist so extrem frei programmierbar und in der Entwicklung so extrem von Umwelteinflüssen abhängig, daß es keinen Sinn macht, von "unnatürlichen" menschlichen Bewegungen (also von welchen, die aufgrund der Zivilisation entstanden sind im Gegensatz zu welchen, die bei einem theoretischen, nicht von Umwelteinflüssen fehlprogrammierten Menschen ausgeführt würden) zu sprechen.
Ein Katze bewegt sich nicht natürlicher, aber im Gegensatz zum Menschen ausschließlich zweckmäßig: Bei ihr ist nämlich das Bewegungsprogramm fest im Nervensystem verdrahtet.

Übrigens ist gerade die Alexandertechnik ein überaus artifizieller Ansatz, Bewegungsgewohnheiten zu verändern (zentrales Dogma ist ja, den Kopf nach hinten und oben zu ziehen), so daß die Vorstellung überaus lustig wäre, ausgerechnet über Alexandertechnik "natürlichere" Bewegungen zu erreichen... das ist ja, als würde man versuchen, durch Zusatz von Chemikalien natürlichere Lebensmittel herzustellen...

2) Fisherman hat insofern selbstverständlich Recht, als daß man als Musiker ja normalerweise automatisch im Studium und auch danach mit verschiedensten Leuten in Kontakt kommt und man zumindest die Begriffe "Feldenkrais" und "Alexandertechnik" spätestens seit den 80er Jahren irgendwann mal hört. Jemand, dem sogar diese Begriffe unbekannt sind (bzw. daß das besondere Körpertechniken sind), lebt einfach zu "abgeschlossen". Das ist ungefähr so, als hätte man als Jazzdozenten einen Pianostudenten, und der hätte z.B. die Namen Chick Corea und Oscar Peterson noch nicht gehört. Es geht ja gar nicht darum, ob der Student irgendwas Näheres über die beiden weiß oder gar was von ihnen spielen kann; es geht nur darum, daß man schon ganz schöne Scheuklappen haben bzw. ganz schön schnarchnasig sein muß, um in jahrelanger Beschäftigung nicht über diese Namen zumindest mal gestolpert zu sein.

Seit es das Internet gibt (und man sich nicht mehr auf das "Ich komm aus der Provinz"-Argument zurückziehen kann), gilt das umso mehr!

LG,
Hasenbein
 
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Meine These war ja nur: die intensive Beschäftigung mit Lehrmethoden und philosophischen Ansätzen ist weder notwendige, noch hinreichende Bedingung für einen guten Klavierunterricht.

Ich habe es schon richtig verstanden, nur, nach deinem kleinen Seitenhieb mit den fehlenden innermusikalischen Perspektiven, konnt ich aber nicht widerstehen, ein paar Musiker zu nennen, die sich mit Didaktik/Methodik auseinandersetzten und denen es gewiss nicht an irgendwelchen Perspektiven mangelte. ;)

Ich rede nur (mit der zugegebenermaßen eingeschränkten Argumentationskraft eines Laien) gegen die angebliche Notwendigkeit von Methoden, gegen den Glauben an die Existenz einer einzigen universalen Klaviermethodik, und gegen die Annahme, dass didaktisches Interesse und Erfolg im Klavierunterricht immer mit der Beschäftigung mit Methoden einhergehen muss!

Meine Beiträge, abgesehen natürlich von meiner Replik auf deinen, bezogen sich ja eigentlich auf Klavierpädagogen. Es ist mir schon klar, daß auch Pianisten ohne pädagogische/didaktische Ausbildung hervorragenden Unterricht geben - und zu denen pilgert man ja nicht wegen der Methoden, die sie sich lesend angeeignet haben, sondern eben wegen ihrer ganz speziellen, eigenen Fähigkeiten und Methoden (ganz ohne werden die wohl auch nicht unterrichten). Dennoch denke ich, daß sehr viele Pianisten, die Meisterklassen geben, sehr wohl über gängige Methoden und Praktiken Bescheid wissen - aber ich mag mich hierin täuschen.

An eine einzige allgemeingültige Methodik glaube ich sowieso nicht, deswegen denke ich auch, daß Klavierpädagogen ein möglichst gute Übersicht über bestehende Methoden haben sollten, auf die sie eben, neben dem was sie selbst schon ausprobiert haben, bei Bedarf zurückgreifen können. Ich nehme ja an, daß allgemeine und spezielle Didaktik Bestandteil des Stumdiums sind, wie bei anderen pädagogischen Fächern auch, da sollte es doch wirklich drin sein, sich einen Überblick zu verschaffen.

LG, PP
 
1) Klavierspiel ist nicht "natürlich" und kann es niemals sein. Klavierspiel ist eine absolut artifizielle Tätigkeit.

Hingegen sind Körperbewegungen immer natürlich, wie könnte es anders sein? Was los ist, ist lediglich: Ein Lebewesen bewegt mehr oder weniger geschickt Gliedmaßen mit Hilfe von Muskeln, peng, aus!
Aaaber: Eine Bewegung kann für eine bestimmte Tätigkeit zweckmäßig oder auch weniger zweckmäßig sein, und eine Bewegung (oder insbesondere Bewegungsgewohnheit) kann für Körper oder Wohlbefinden günstig oder ungünstig sein.

Bitte also den Begriff "natürlich" ein für alle Mal aus der Diskussion verbannen, danke.


Lieber hasenbein,

vielleicht hast du Recht - es wird ja auch zwischen Kunst und Natur unterschieden.

Allerdings sagt mir mein Empfinden etwas ganz anderes. Wie würdest du denn Singen einordnen? Für mich ist Singen erst einmal etwas völlig Natürliches. Doch wird auch dort wiederum unterschieden zwischen Kunstlied und Volkslied, zwischen einer ausgebildeten und natürlichen Stimme.

Also hat dein Statement absolut seine Berechtigung. Und dennoch ist Singen, egal was, für mich völlig natürlich und Klavier spielen ist nichts anderes, nur dass man als Instrument nicht den eigenen Körper nutzt.

Zudem sind die natürlichen Bewegungen (hier bezeichne ich mit diesem Ausdruck Bewegungen aus dem Alltag) für mich eben nicht zu trennen vom Klang. Es ist alles eine Einheit und das Instrument verschmilzt mit dem eigenen Denken und Fühlen, mit der Klangvorstellung und den dazu gehörenden Bewegungen. Ich habe das Instrument immer als Verlängerung meiner selbst gesehen, nicht als Fremdkörper, auf dem ich spiele. Und da ich natürliche Bewegungen mache, empfinde ich eben auch das Klavier spielen als natürlich. Musik machen ist für mich das allernatürlichste auf der Welt, ganz gleich welcher Richtung. Daher kann ich mit dem Begriff "künstlich" hier gar nichts anfangen, auch wenn "Kunst" mit im Spiel ist.

Was meinst du?

Liebe Grüße

chiarina
 
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Ich denke, "natürlich" meint in diesem Kontext, dass Bewegungsmuster angewendet werden sollten, die im normalen Bewegungsrepertoire vorkommen. Oder?

Chiarina gebraucht den Ausdruck "natürlich" noch ganz anders. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann bedeutet für sie "natürlich" hier "zu mir gehörig" und "in Einklang mit mir und meinen Gefühlen", "aus mir selbst heraus entstehend".

hasenbein, du meinst, dass es als solches nicht natürlich ist, Klavier zu spielen?
 
hasenbein, du meinst, dass es als solches nicht natürlich ist, Klavier zu spielen?

Richtig.

Natürlich sind Stehen (Gehen, Laufen...), Sitzen, Liegen, Essen, Schlafen, Poppen. (Hab ich noch was vergessen?)

Alles andere sind Kulturtechniken der menschlichen Zivilisation.

Wenn jemand den Ausdruck "natürliche Bewegung" in dem Sinne gebraucht, daß es eine Bewegung ist, die nicht aufgesetzt-eintrainiert ist, dann gehe ich ja durchaus damit konform.

Statt dieses unsäglichen "natürlich" ist es viiiiiel besser, mit Ausdrücken wie "zweckmäßig" oder auch "spontan" zu operieren. (Letzteres erkläre ich mal kurz: "Unspontan" wäre es, wenn ich eine Taste drücke, indem ich erstmal die Hand in "Bällchen-Halte-Form" auf eine Fünffingerposition lege und dann, Armbewegung vermeidend, "nur mit dem Finger" die Taste runterdrücke. Niemand würde von sich aus spontan sowas Beklopptes machen, nur um über ein sehr leichtgängiges Hebelsystem ein Hämmerchen gegen eine Saite schnellen zu lassen.)

LG,
Hasenbein

LG,
Hasenbein
 
@Hasi: Achtung! Humor!:D:trompete:
 
Genau, Du hast nämlich bei Deiner Aufzählung, die Tätigkeit vergessen, die zu Humus führt ... ;-)
 

@ Hasenbein:

Hm eins muss ich noch anfügen, ich habe immer wieder mal Alexandertechnik in der Hochschule und hab auch manches (weniges) darüber gelesen, und dass der Kopf nach hinten oben soll, hab ich da noch nie gehört. Ich sollte auch noch nie unnatürliche Bewegungen machen, eigentlich soll ich überhaupt keine Bewerungen machen. Sondern in der "Behandlungszeit" (wie nennt man das korrekt? Bin ich Kunde, Patient, Auftraggeber...?) besteht ein Teil der Zeit nur daraus, dass ich stehe oder sitze und die Frau, die Alexandertechnik lehrt, mich leicht bis mormal an bestimmten Körperstellen berührt (Schulter, Rücken, Kopf). Danach führe ich die gleiche Haltung wie vorher aus, spanne aber weniger Muskeln an als vorher, also nicht Benötigtes wird weggelassen, außerdem geht es immer um das Gleichgewicht / Schwerpunktfindung und dadurch Entlastung der Muskeln.
Das kann ich zum einen spüren, wurde mir aber auch von einer Freundin, die mal dabei war, optisch bestätigt.

Wie kommst du auf das "hinten-oben"?
 
Wenn jemand den Ausdruck "natürliche Bewegung" in dem Sinne gebraucht, daß es eine Bewegung ist, die nicht aufgesetzt-eintrainiert ist, dann gehe ich ja durchaus damit konform.

Statt dieses unsäglichen "natürlich" ist es viiiiiel besser, mit Ausdrücken wie "zweckmäßig" oder auch "spontan" zu operieren.

Wir können uns doch darauf einigen, dass die Formulierung "natürliche Bewegungen" solche umfasst, die zweckmäßig und ggf. auch spontan oder - weil sie eigentlich schon im Bewegungsrepertoire vorhanden sind - automatisch sind. Trotzdem hab ich ein wenig Bedenken bei spontanem rummachen: bei vielen gibt es den spontanen Impuls, feste auf die Tasten zu drücken oder gar zu hauen - das kann zwar spontan sein, ist aber sehr suboptimal.

Abgesehen davon erfordert das Klavierspielen gar nicht mal selten auch Bewegungen, die ganz sicher nicht "angeboren" oder "im Alltag erworben" sind, z.B. Doppeltriller in einer Hand oder Doppelgriffketten - nun ja, damit wird man aber am Anfang auch nicht beginnen...

Ansonsten: sicher ist ganz allgemein die Pädagogik jeglicher Sorte irgendwie fortgeschritten in den letzten 200 Jahren - ebenso sicher aber ist auch, dass man immer wieder in diesem Zeitraum fantastisch Klavier gespielt hat: gottlob haben wir, seit es akkustische Tonaufzeichnungen gibt, eine große Menge von Aufnahmen, die das belegen. Daraus folgt logischerweise, dass Aufnahmen, die vor moderneren Lehrmeinungen gemacht wurden, ohne diese zustande kamen. Hierzu kann man sich ja jederzeit anhören, was und wie Goldenweiser oder Feinberg (beide Virtuosen und Klavierpädagogen) gespielt haben, ebenso kann man sich anhören, was und wie Artur Rubinstein und Horowitz gespielt haben (beide kamen ohne seinerzeit aktuelle Leimer-Gieseking oder Deppe Lehrmeinungen zurecht).

Was die Übungen von Feuchtwanger betrifft: ich halte c-d-e-f-g-f-e-d-c rechts mit 5-4-3-2-1-2-3-4-5 für eine sehr pointierte Übung, denn sie macht bewußt, dass selbst in einem Fünftonraum der Arm nicht starr sein darf, sondern immer führen muss - prinzipiell findet man das auch in den Übungen von Brahms und Liszt (nur sind diese nicht mit Erläuterungen versehen, und obendrein sind sie allesamt schwieriger, d.h. setzen weiter oben an)

Muss ein Klavierpädagoge nun sämtliche alten und neuen Publikationen gelesen haben? Es wird nichts schaden, außer dass es u.U. Zeit verbaucht hat - spielen sollte er können, und das möglichst gut, und dies auch vermitteln können. Ginge man an verschiedene in- und ausländische Klavierklassen und fragte man dort sämtliche Professoren, würden sehr viele beim "kennen Sie X und Y und Z" Test durchfallen - ginge man dann mit der Meinung, die taugen nix, hätte man sehr oft sehr viel versäumt.
 
Natürlich sind Stehen (Gehen, Laufen...), Sitzen, Liegen, Essen, Schlafen, Poppen. (Hab ich noch was vergessen?)

Lieber hasenbein,

ich find schon. :D Musik machen nämlich. :D Menschen haben zu jeder Zeit Musik gemacht, es ist ein Urbedürfnis. Daher sehe ich das und eben auch das Klavier spielen als völlig natürlich an, akzeptiere aber, dass der Begriff missverständlich ist.

Ich habe eher ein Problem mir "zweckmäßig", obwohl ich weiß, was du meinst und dieser Ausdruck differenzierter ist als natürlich. Leider sehe ich immer im Urlaub "zweckmäßig eingerichtete Ferienwohnung" ..........*würg*. :D Zweckmäßig = ohne Wohlfühlfaktor *doppelwürg* (was das Klavier spielen betrifft). :D

Mit spontan habe ich ein bisschen meine Probleme, weil ich spontan gern mal alles Mögliche anstelle und spontan eher nicht zielgerichtet ist. Aber auch hier verstehe ich, was du meinst - ganz besonders bei deiner anschaulichen Beschreibung von "unspontan"!

Was die Alexandertechnik angeht, bin ich ziemlich sicher, dass das freie Ausbalancieren des Kopfes sehr wichtig ist. Kleinkinder können das sehr gut und erst später kommen dann Fehlhaltungen etc. dazu. Ich meine, dass dort gerade nicht der Kopf nach hinten soll, sondern dass eher wie bei meinem Beispiel einer Marionette der Kopf von einem imaginären Faden "gehalten" wird und "schwebt".

Liebe Grüße

chiarina
 
"Muss ein Klavierpädagoge nun sämtliche alten und neuen Publikationen gelesen haben? Es wird nichts schaden, außer dass es u.U. Zeit verbaucht hat - spielen sollte er können, und das möglichst gut, und dies auch vermitteln können. Ginge man an verschiedene in- und ausländische Klavierklassen und fragte man dort sämtliche Professoren, würden sehr viele beim "kennen Sie X und Y und Z" Test durchfallen - ginge man dann mit der Meinung, die taugen nix, hätte man sehr oft sehr viel versäumt."

Ich bin froh, das aus deinem Munde zu hören- äh, aus deiner Tastatur zu lesen.:):kuss:

Oft frage ich mich, was es nun bringt, viel Literatur studiert zu haben. Und wenn ich lese, was die anderen hier alles geschmökert haben, komm ich mir vor wie eine Dumpfbacke.:p

Ich habe dafür gar keine Zeit, das Üben ist eh schon zeitlich einigermaßen begrenzt, und die Zeit, die ich fürs Lesen bräuchte, investiere ich lieber ins praktische Üben und probieren.

Das Hinfühlen, wo es beim Spielen nicht homogen läuft, nimmt einem niemand ab. Aus der Analyse dessen ergeben sich viele Dinge von allein.
 
Oft frage ich mich, was es nun bringt, viel Literatur studiert zu haben.
das bringt auf jeden Fall, dass man viele unterschiedliche Perspektiven und auch Formulierungsweisen wahrnimmt (und natürlich gibt es da auch manchen Quatsch, wie überall) - - - für Klavierstudenten freilich ist relevant, dass der Prof. sein Fach wirklich beherrscht und in der Praxis (im Unterricht) vermitteln kann, technisch wie musikalisch; ob er dazu 100 Bücher gelesen hat, ist zweitrangig.
 
verschiedene Perspektiven, ja,

aber ist da nicht die Gefahr, mit dem Kopf abwickeln zu wollen, was man spüren muss?
 
Das Hinfühlen, wo es beim Spielen nicht homogen läuft, nimmt einem niemand ab. Aus der Analyse dessen ergeben sich viele Dinge von allein.

Hallo VP,

da sprichst du etwas nach meinem Empfinden sehr Wichtiges und Richtiges an. Unabhängig von allen Methoden und Fähigkeiten des Lehrers verbringt man als Schüler und Lernender die meiste Zeit doch alleine vor dem Klavier und seinen Noten. Sicher werden auch da alle (viele) Hinweise aus dem Unterricht möglichst umgesetzt, aber der Kopf muss ganz auf sich gestellt denken und das Körpergefühl ohne Korrekturen des Lehrers "funktionieren".

Die Entwicklung kreativen, fruchtbaren, aber auch analysierenden Denkens und die Entwicklung eines hochsensiblen Gespürs für die "passende" Bewegung sind durch keine Lektüre der Welt zu erreichen. Das bringt m. E. die Praxis des konzentrierten Übens mit sich. Sozusagen als conditio sine qua non.

Faulen und wenig Übenden ist auch nicht mit den tollsten Methoden oder Lehrern zu helfen. Ebensowenig lässt sich der Prozess des Lernens über die Maßen beschleunigen. Spätberufen und erwachsen ist man vielleicht ein wenig ungeduldig und hält verständlicherweise Ausschau nach den modernsten und potentesten Ansätzen in der Klavierpädagogik, man will ja voran kommen und gut werden. Aber auch hier fürchte ich kürzen Feuchtwanger, Alexander, Feldenkrais and friends nicht den jahrelangen Lernprozess wesentlich ab.

Ein bißchen erinnert mich das Ganze an so manche seltsamen Marketinggags der Lebensmittelindustrie. Was einem da alles an gesundheitsfördernden Ergänzungsmitteln aufgetischt wird, wo doch jedes kleine Kind wissen sollte, was eine ausgewogene Ernährung ist und dass diese alleine schon als gesund genug ausreicht. Aber das ist unattraktiv und langweilig, ein besseres Gefühl verschaffen einem die explizit mit Gesundheit (äh Sägemehl) angereicherten Joghurts etc.. Naja, wenn man ein schlechtes Gewissen hat, weil man sich sonst nicht so recht um das körperliche Wohl sorgt, dann verschafft der Aufdruck "probiotisch" Erleichterung. Schon klar. Analog: wer nur wenig übt, kann die Beziehung zum Instrument natürlich durch viel Lesen drum herum intensivieren oder indem er gar Kurse zur Kinästhetik besucht. Ich finde halt, die Zeit ins Üben investieren wäre besser. Da löst sich so mache Bewegungsstörung von selbst in Wohlgefallen auf.

Ich möchte nicht missverstanden werden: selbstverständlich können Ansätze wie Feldenkrais & Co. ergänzend hilfreich sein und sich sogar nachhaltig auf den Klang auswirken. Aber nur, wenn man viel übt und einen guten Lehrer hat, der das Üben am Klavier auch einfordert. Nicht das Bücherwälzen. Zumindest nicht in Sachen Klavierdidaktik :D

LG, Sesam
 
Analog: wer nur wenig übt, kann die Beziehung zum Instrument natürlich durch viel Lesen drum herum intensivieren oder indem er gar Kurse zur Kinästhetik besucht. Ich finde halt, die Zeit ins Üben investieren wäre besser. Da löst sich so mache Bewegungsstörung von selbst in Wohlgefallen auf.

Ich erkenne mich selbst sehr gut ;) Man ist faul und hat kein Bock zu üben aber dadurch, dass man z.B. das Forum hier liest oder sich irgendwelche Youtube-Videos anschaut, fühlt man sich als hätte man seine Portion Musik am Tag bekommen und üben muss man heute dann nicht mehr. Aj Aj Aj
 
Faulen und wenig Übenden ist auch nicht mit den tollsten Methoden oder Lehrern zu helfen.
das ist unwiderlegbar :):)

Ebensowenig lässt sich der Prozess des Lernens über die Maßen beschleunigen.
je mehr man schon kann, umso schneller wird man lernen (vorausgesetzt man tut auch viel)

Ich möchte nicht missverstanden werden: selbstverständlich können Ansätze wie Feldenkrais & Co. ergänzend hilfreich sein und sich sogar nachhaltig auf den Klang auswirken. Aber nur, wenn man viel übt und einen guten Lehrer hat, der das Üben am Klavier auch einfordert.
...und der aufpasst, dass man sich nix hinderliches angewöhnt... :):)
 

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