Kann ich Chopin spielen? Klar....oder?

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Emma

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Hallo,
kennt ihr das auch, ihr spielt ein Stück aus den Büchern von der Terzibaschitsch, in meinem Fall die "Regentropfen-Prelude" von Chopin, man ist ganz stolz dass man endlich das Stück einigermassen vorspielen kann, war anstrengend, und dann hat man die Lehrerin bei sich zu Hause und die sagt: "Och, ist ja auch schön, im Original hat Chopin 4 B's!
Okay, mit 4 "B'S", das kann man natürlich im Leben noch nicht. Also bei mir hinterlassen die Stücke irgendwie das Gefühl "da kannste mal reinhören" , so hört es sich so ähnlich an, und trotzdem hat man nicht das Gefühl, "es" richtig spielen zu können. Andererseits kann ich die Stücke natürlich nicht im Original spielen, man kennt ja auch nicht die Noten (zum Glück, sonst wär man noch mehr frustriert).
Geht es jemand von euch ähnlich, wieso kann ich nicht zufrieden sein. Ich bin im Moment echt etwas frustriert. Habe immer das Gefühl, nicht genug zu tun bzw. was ich tun möchte ist zu schwer, und was ich schon kann ist zu einfach, was soll ich tun?
Gruß von Cati
 
Über Dein "Problem" hat schon der alte Geheimrat aus Weimar ein ganzes Theaterstück geschrieben - in zwei Teilen.

Das Streben des Menschen nach dem, was er nicht kann / hat, muß man wohl als "Schicksal" bezeichnen. Aber ohne dieses Schicksal gäbe es auch keinen Fortschritt. (Ob das immer positiv zu bewerten ist, steht auf einem anderen Blatt.)

Klavierspielen ist (im Idealfall) immer auch das Streben, Schwierigkeiten zu überwinden. Und Du denkst: "Wenn ich diese Hürde geschafft habe, steht mir die pianistische Welt offen." Um dann festzustellen, daß sich hinter dieser Hürde neue Hürden auftun. - Frustrierend? Ich finde nicht. Im Gegenteil! Die Herausforderung ist es, die mich jeden Tag von Neuem ans Instrument treibt. Das Glücksgefühl, wenn die Passage, die gestern partout nicht in meinen Kopf wollte, anfängt zu fließen.

Also laß den Kopf nicht hängen! Besorg Dir - im Gegenteil - die Originalnoten von den Stücken, die Dir gefallen. Probiere einfach aus, was du zu leisten in der Lage bist. Sei neugierig, laß Dich von Verboten nicht abschrecken. Aber sei auch immer kritisch gegenüber Deinem Tun. Den Stücken tut es nicht weh, wenn du Dich an ihnen "vergreifst" - allenfalls Deiner Umwelt.

Vielleicht eine Anekdote am Rande:
Ich war elf oder zwölf Jahre alt, als ich den ersten Satz der "Mondscheinsonate" zum ersten Mal hörte. Mein pianistisches Niveau war irgendwo bei Clementi- und Kuhlau-Sonatinen angesiedelt - mein Arbeitseifer lag in der Nähe des Gefrierpunkts. Und dann habe ich mir die Noten besorgt und geübt wie ein Besessener. Vier Kreuze, drei Hilfslinien, Oktavgriffe, Triolen gegen punktierte Achtel und Sechzehntel. Es war der Beginn einer großen Leidenschaft. Ich möchte nicht wissen, wie es damals geklungen hat. Aber ich habe an dieser Herausforderung mehr gelernt als an sämtlichen Fingerübungen und Czerny-Etüden.

Also: Nicht verzagen!
 
Lieber Wolfgang!
Du bist fuer mich immer eine Quelle der Inspiration und eine grosse Hilfe. Nein, das ist keine Lobhudelei, sondern Deine Einstellung als Mensch und Klavierlehrer. Wuerde ich irgendwann in den Koelner Raum ziehen, so waerest Du der Erste, dessen Hilfe ich mich versichern wuerde. ich sag Dir auch warum. mein Klavierlehrer hier, er denkt aehnlich. ich bin ja ein "Altneuling" und da hat man ganz andere Ziele und Ansprueche an seinen Lehrer , als wenn man im "zarten Alter" anfaengt. Eigenwillig , darf ich mir den Stoff zum Erlernen selbst heraussuchen und oh Wunder, er unterstuetzt mich .So suche ich mir die zu uebenden Stuecke immer nach meinem Gusto aus, nach einer bestimmten und notwendigen Grundlage, die er mir vermittelt hat. So bin ich bei dem leichten Walzer von Chopin, ich glaube 150 gelandet, danach hab ich mich, weil ich Defizite in der Handhabung gespuert habe, bei der 1.Invention von Bach gelandet. hat alles viel Arbeit gekostet, staerkt aber gleichzeitig fortlaufend meine Motivation. er hat dann die Kinderlieder von Schumann eingestreut, von fremden...., danach hab ich mit der 8.Invention angefangen und gleichzeitig verzweifle ich an der Nocturne 9/1 .all dies erhaelt und steigert meine Motivation und ich kann nur sagen, dass mich dieser , mein, unser Weg zu taeglichem Ueben bringt und der Fortschritt fuer mich eklatant ist. Es muss halt fuer einen aelteren Menschen ein wenig mehr Freiheit geben , dabei weiss ich natuerlich auch, dass die Begrenzung meiner Zeit , dem Endergebnis die Grenze setzt.Aber die neue Dimension, Musik so zu erleben, oeffnet neue Welten fuer mich. Dieses Gefuehl hab ich hier bei den anderen Cracks nicht so oft. Bei Dir aber hab ich das Gefuehl, dass die Musik und die Freude daran im Vordergrund steht, technische Perfektion wird individuell vermittelt.
Fuer all das, was Du mir geschrieben und gesagt hast, danke ich. und wie gesagt, sollte ich in Deine Naehe kommen, werde die schoene Provençe wohl aus gesundheitlichen Gruenden aufgeben muesse, dann wuerde ich es gerne bei Dir versuchen....
ich habe jetzt sehr gefuehlsmaessig und aus meinem Inneren gepostet und ich hoffe, dass ich da nicht wieder allzu vielen eine Laus auf die Leber gesetzt habe...
mit freundliche Gruessen Sigurd
 
Hallo Wolfgang
ich danke dir für die Gedankenhilfe, das hast du echt toll formuliert. Du hast absolut Recht, im Grunde bin ich nie zufrieden weil ich immer sofort weiter und noch besser spielen will. Und so die wirklichen Momente verpasse, in denen ich mein Gelerntes einfach nur geniesse. Und dabei sollte ich mich freuen, dass ich Fortschritte mache (jedenfalls meine Lehrerin baut mich immer sehr auf). Chopin gefällt mir übrigens immer besser, und ich freue mich auf alles was ich noch schaffen werde.
Übrigens ist es auch bei mir die "Mondscheinsonate", die mich immer schon begeistert hat (mein erster Freund hat sie damals immer gespielt, es war sooo romantisch), aber die finde ich in allen leichteren Bearbeitungen nicht sehr schön, also spiele ich sie nicht. Vielleicht kann man gerade die nur im Original spielen, irgendwann hole ich mir die Noten.
Mit nicht mehr verzagten Grüßen
Cati
 
Klavierspielen ist (im Idealfall) immer auch das Streben, Schwierigkeiten zu überwinden. Und Du denkst: "Wenn ich diese Hürde geschafft habe, steht mir die pianistische Welt offen."

Wolfgang, da hast du das ganze Dilemma in einem Satz gut zusammengefaßt :p

Ist es nicht zum Verzweifeln... :rolleyes:


a=1

while a < a*1000

a=a*1000

wend


"Ich will mal so ein richtig schweres Stück spielen, wenn ich das dann richtig gut kann, bin ich am Ziel meiner Träume."

Denken wir nicht alle so...?

Leider stellt sich dann entweder heraus, daß das "richtig schwere Stück" doch ein paar Nummern zu groß für uns ist - oder es stellt sich heraus, daß das Stück eigentlich total einfach ist, jedenfalls viel zu einfach, um am Ziel aller Träume zu sein.

Da gibt's kein Entrinnen...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Dein letzter Satz könnte von mir sein, mir geht es auch immer so! Aber warum willst du leichtere Bearbeitungen spielen, die sind nichts Ganzes und nichts Halbes, es gibt von Chopin auch leichtere Preludes- Op 28 Nr.7,4,6, und Walzer.Auch Schumann und Grieg haben schöne leichtere Stücke, und wir können das Original spielen.
Liebe Grüsse Tini
 
Hehe, irgendwie finde ich mich da wieder,
seit einiger Zeit plage ich mit mit Scriabin, op.8.nr.12 und
das sieht nach einem langen Weg aus... diese Art von
zu hoch gesteckten Zielen gehört eben zu meinem Naturell, und
Spaß macht es trotz Misserfolgen.

a:=1;

while a < a + 1

a = a+1

end;
 
Dein letzter Satz könnte von mir sein, mir geht es auch immer so! Aber warum willst du leichtere Bearbeitungen spielen, die sind nichts Ganzes und nichts Halbes, es gibt von Chopin auch leichtere Preludes- Op 28 Nr.7,4,6, und Walzer.Auch Schumann und Grieg haben schöne leichtere Stücke, und wir können das Original spielen.
Liebe Grüsse Tini

Hallo Tini,
das habe ich mittlerweile auch so erlebt, habe zufällig den "Sonatinenband" von
Günter Heumann in die Finger bekommen - und ich bin begeistert! Clementi, Beethoven, Diabelli, Scarlatti, und wie sie alle heißen, auch was von Kabalwski und Kuhlau, ganz tolle und originale Stücke, für mich zur Zeit genau das Richtige. Was teilweise einfach aussieht, ist allerdings gar nicht so einfach, aber das finde ich auch gut, so werden die Stücke nie langweilig! Gut gefällt mir die Metronom-Angabe bei jedem Stück, so kann man sich an dem Tempo orientieren, und das ist schon recht heftig schnell! Ist bisher mein bester Notenband, dabei hab ich schon ganz schön viel!
LG von
Cati
 
Ist das regentropfen-prelude nicht in Des, also mit 5 Be's ? :D
 
Ich habe mir immer Ziele gesetzt, aber eher in der Art "wenn ich das schaffe, suche ich mir ein neues Ziel und arbeite darauf hin".
Früher wollte ich unbedingt die Mondscheinsonate spielen (1. Satz),
als ich dann soweit war, dann die Chopin Nocturne op. 9 no. 2 etc
Aber jetzt bin ich an einem Punkt, wo einem die vielfalt klar wird.
Es gibt viele, sehr schöne Stücke und wenn der Zeitpunkt da ist, freue ich mich die zu spielen.
Ich war vor einigen Wochen total besessen, die Rhapsodie nr. 2 von Liszt zu spielen. Noten habe ich mir irgendwo runtergeladen und habe angefangen die zu üben. Aber die Realität sollte man doch im Auge behalten :P

Hol dir die Original Noten von der Regentropfen-Prelude und üb.
Falls du daran verzweifelst, leg die Noten weg und versuchs nach 1-2 Monaten wieder. Manchmal ist man ziemlich erstaunt, was man doch so kann bzw wie man sich verbessert.
 

@Tomita3:
Wenn du die Rhapsodie Nr.2 von Liszt spielen willst, würd ich dir zuerst empfehlen, eine der anderen zu lernen, damit du das Gefühl für Liszt bekommst (sofern du es nicht schon aus einer seiner Etüden hast). Die Nr.2 ist schon ne ganz schöne Hausnummer. Ich für meinen Teil habe gerade mit der Nr.10 begonnen.
 

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