Jugend Musiziert

Stilblüte

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Was haltet ihr von dem Wettbewerb "Jugend Musiziert" ?
Ich möchte (vorerst) gar nichts dazu sagen und warte erst einmal auf Reaktionen. Wer hat Erfahrungen als Teilnehmer, Lehrer, Juror, Konzertbesucher, ... ?
bin schon ganz gespannt!!
 
Frisch und fröhlich, frei heraus: Ich hasse "Jugend musiziert".
Und auch alle anderen Formen von Wettbewerben für Kinder und Jugendliche.
Ich wurde in meiner Kindheit regelrecht gezwungen bei diversen Veranstaltungen mitzuwirken, obwohl es mich sowas von überhaupt nicht interessierte. Und zwar damals schon.
Ich konnte dieses "Kräftemessen" nicht leiden, dieses "Hach, meine Tochter/Sohn spielt schon dieses und jenes" und "Was hab ich doch für ein begabtes Kind."
Dazu kommt noch, dass sich in Wahrheit ja eigentlich der Lehrer dort profiliert, wenn er besonders gute Schüler hinschickt, die sämtliche Preise abräumen.
Mich persönlich konnten auch diverse Preise und Urkunden nicht von der Notwendigkeit solcher Veranstaltungen überzeugen.
 
Ich finde es ganz okay, da es ein Ziel gibt, auf das junge Musiker hinarbeiten können. Ausserdem: wenn man selbst man einen Schüler dort anmeldet und der gut abschneidet, ist man dann doch ganz schön stolz...:oops:

Und noch ein Aspekt, wieder aus Lehrersicht: z.B. für Bläser und Streicher werden bei "Jugend musiziert"" immer Begleiter gesucht, ich frage bei entsprechenden Anfragen auch immer Schüler vom mir, ob sie es machen wollen und wir studieren das dann zusammen ein. Auch ein schönes Ziel....

Aber insgesamt halte ich auch nicht so viel davon, Musik unter Wettbewerbsaspekten zu machen.
 
Aus Lehrersicht hast du bestimmt recht, aber aus ehemaliger (sehr ehemaliger :oops: ) Schülersicht find ich den Leistungsdruck, der bei solchen Wettbewerben dahinter steckt, einfach katastrophal.
Zumal die Ansprüche, die heutzutage speziell bei Jugend musiziert gestellt werden, ja immer haarsträubender und unrealistischer werden.
Wenn ein 10jähriger Moszkowski Etüden und ein 14jähriger Liszt Rhapsodien spielt, dann hat es für mich nichts mehr mit echtem und fairem Wettbewerb zu tun, dann ist es nur mehr ein "sich-übertreffen-wollen".
 
eqwfqwf

In einer Seite stimme ich Toccata zu auf der anderen nicht, denn es ist doch eigentlich schön wenn junge Musikanten mal sehen können was andere in ihrem alter schon können.
Ist doch ganz interessant, wenn sich die Jungen (und Damen) messen können
 
aber nicht so schön ist es, wenn Eltern ihre Kinder schon mit 3-4 Jahren täglich mehrere Stunden ans Klavier zwingen, speziell im asiatischen Raum ist das ja scheinbar öfters der Fall
 
nenn mir mal einen guten asiatischen Pianisten... ich kenne keinen, da klingt einer wie der andere..keine besonderheiten bei denen
 
neeeein Lang Lang ist nichts besonderes, außer Flohwalzer kann der ja nix ;)
 
@ Toccata:

und oft genug sind es wohl die Eltern oder die Klavierlehrer, die da einander übertreffen wollen......:oops:

Du hast recht, es ist auch aus meiner Sicht durchaus verwerflich, Kinder zu drillen um an ihnen eigene Träume verwirklicht zu finden. Der Grat zwischen Förderung einer Begabung und unlauterem Zwang ist wirklich schmal....

Aber die Veranstaltung JM ist nicht an sich "böse", es liegt wohl eher daran, wie man es handhabt.
Ich nehme das jetzt mal als Anregung, immer verantwortungsvoll darüber nachzudenken, wen ich mit welchen Zielen dort hinschicke.
 
@Halmackenreuther:

Ja, das stimmt natürlich!
Ich leide da anscheinend unter einem eigenen "Kindheits-Jugend-musiziert-muss-den ersten-Preis-machen"-Trauma... :D

Ich finde eben nur gerade bei uns in Österreich das Niveau von JM, das hier mittlerweile herrscht (speziell in Klavier) einfach nicht mehr nachvollziehbar.
Es waren vor 25 -20 Jahren, als ich dorthin getrieben wurde, noch überdurchschnittlich gute Schüler, die dort quasi an den Start gingen - heute sind dort nur noch "Wunderkinder" anzutreffen und ein "nur sehr guter bis begabter" Schüler hat keine Chance mehr.
Wenn man mit 14 nicht mindestens einmal schon das Chopin Klavierkonzert oder ähnliches gespielt hat, ist man des ersten Preises sowieso nicht würdig.

Ich bezweifle nur, dass es einem normal guten Schüler etwas bringt, dort mitzumachen - er wird eher den Eindruck bekommen, ein Nichts zu sein und das ist eher frustrierend als motivierend. Ich habe noch nie und ich werde auch nie einen Schüler dorthin schicken.
Vielleicht ist es aber auch nur ein Problem meinerseits mit JM, vielleicht bin ich ja wirklich traumatisiert... :-(
 

hallo an alle

da schaue ich mal einen Tag nicht rein und schon habt ihr einen ganzen Haufen geschrieben ;-)
Einerseits finde ich auch, dass das Niveau bei JM zu hoch ist... es heißt ja "Jugend Musiziert" und nicht "Wunderkind Musiziert", d.h. durchschnittlich bis einigermaßen begabte Jugendliche solten sich angesprochen fühlen. Das hat sich eindeutig schlecht entwickelt...
Andererseits bin ich Wettbewerben nicht so abgeneigt, wie andere. Man muss natürlich richtig an die Sache rangehen- am wichtigsten ist es, dass der Schüler spielen möchte, und nicht Lehrer oder Eltern. Sie können es nur vorschlagen.
Es ist doch eine total gute Übung im Sinne des Vorspielens "unter Druck", dass man z.B. für eine Aufnahmeprüfung trainieren muss...! Man kann ja nichts dabei verieren. Oder?
Aber selbstverständlich muss man mit dem ERgebnis klarkommen, und gegebenen Falls verstehen, dass zu streng bzw. unfair bewertet wurde (manchmal werden "bekannte" Teilnehmer bevorzugt).

Stilblüte
 
..., dass zu streng bzw. unfair bewertet wurde (manchmal werden "bekannte" Teilnehmer bevorzugt).

Das ist sogar sehr oft der Fall. Ich muss zugeben, dass mir das selbst einige Male passiert ist.

Ich war Schülerin einer sehr angesehenen Jurorin, die zwar bei mir nicht mitbewerten durfte, aber sehr wohl ihren Einfuss auf die anderen Juroren indirekt geltend machte. Und ich bin mir heute 100%ig sicher, dass einige 1. Preise, die ich damals abräumte, nicht gerechtfertigt waren.
Als Kind hab ich das natürlich nicht so gesehen - da stand ich immer unter dem Druck, unbedingt Erste zu werden. Alleine schon, weil ich ja die Schülerin von Frau Dir. Prof. Mag. XY war und es sonst ja (in meinen Augen) eine Blamage für SIE gewesen wäre, wenn IHRE Schülerin quasi versagt.
Mir kommt heute noch das Schaudern, wenn ich an diesen Leistungsdruck von damals denke. :-?
 
ja tocc. das stimmt schon, aber wie schlecht die dann die schweren stücen spielen da kann ich vor fehlern nicht hinhören...
 
Ich denke, so ein Wettbewerb muss eine Bereicherung für jeden Schüler sein. Dass das so ist, dafür sind natürlich die Eltern und Lehrer verantwortlich. Der Schüler selbst kann doch bei entsprechender (mentaler) Vorbereitung nur gewinnen, selbst wenn er den letzten Platz macht.
Zu Ostzeiten hieß das immer "Junge Talente", war übergreifend (es ging nicht nur um Musik) und ich machte gerne mit. Ich wurde aber auch so vorbereitet, dass ich völlig druckfrei teilnehmen konnte. Das Ergebnis gegenüber anderen Teilnehmern war belanglos. Es hat einfach zum Unterricht gehört, genauso wie die Teilnahme an Schülerkonzerten, aber ohne Zwang und immer freiwillig.
 
@pp:
teilweise ja, aber zum Großteil spielen die Kids diese schweren Stücke wirklich fehlerfrei.
Das, was ihnen noch fehlt ist die gewisse Musikalität, die mit 10, 12 oder oft auch mit 14 einfach noch nicht so da sein kann wie bei einem Erwachsenen.
Diese gewisse Etwas wenn man Romantik oder Impressionismus spielt - es ist sehr oft noch zu emotionslos. Vielleicht auch, weil sie bei diesen Schwierigkeitsgraden der Stücke zu sehr auf die Technik konzentriert sein müssen.

@Peter:
Es sollte natürlich so sein, wie du schreibst und es wäre schön, wenn es denn auch so wäre.

Es ist bei uns in Österreich aber auch sehr Bundesländer-verschieden.
In Bezug auf das Niveau und dem daraus resultierenden Leistungsdruck ist es ein wesentlicher Unterschied, ob man in Wien, Salzburg, Niederösterreich oder z.B. im Burgenland antritt.
Im Burgenland ist das Niveau zwar niedriger, aber dafür wesentlich entspannter, kinderfreundlicher - mit einem Wort sogar richtig nett.... :)
 
tocc. nennst du etwa ein fehlerfrei gespieltes stück musikwerk?
Ich nicht, ohne Ausdruck und Emotion laufen auch die dinge bei mir nicht drüber, deshalb spiele ich auch nicht zu schwere sachen...
wenn man schwer überhaupt definieren kann.
 
tocc. nennst du etwa ein fehlerfrei gespieltes stück musikwerk?

Nein, natürlich nicht.
Darum hab ich auch von "Stück" gesprochen und nicht von "Musik". Denn Musik ist es erst, wenn man die Emotionen, die in einem Werk stecken, rüberbringen kann.
Ich meinte, dass viele der Kinder auf Technik und Perfektion für solche Wettbewerbe gedrillt werden - nach dem Motto, je schwerer, desto besser.
Die Musikalität bleibt dabei auf der Strecke.
 
ohne Ausdruck und Emotion laufen auch die dinge bei mir nicht drüber, deshalb spiele ich auch nicht zu schwere sachen...
Sehe das auch so. Was bringt es ein Stück zu lernen, für das man noch nicht reif ist?
Aber so was kommt einfach dabei heraus, wenn man versucht, etwas hohes, geistvolles wie Kunst einem primitiven "ich will der Beste sein"-Instinkt zu unterwerfen.
Kunst - Wettbewerb..... eigentlich völlig absurd. Man stelle sich nur mal Maler vor die um die Wette malen. Musik oder allgemein Kunst ist was viel zu intimes zu hohes....
Deswegen stehe ich Jugend-Musiziert auch sehr skeptisch gegenüber, wobei noch der "Dichterfürst" zu zitieren wär:

"Alles Vorliebnehmen zerstört die Kunst."
Johann Wolfgang von Goethe
 
Das was ihr schreibt, finde ich alles gut und richtig. LIeber ein leichteres Stück spielen als ein zu schweres schlecht- was es nicht wert ist schlecht gespielt zu werden!
Aber ist es nicht wichtig, das Vorspielen (auch ein bisschen unter Druck!) zu üben? Zumindest wenn man die Musik zum Beruf machen will ist es nötig, mit sowas umzugehen zu wissen, z.B. für Aufnahmeprüfugen. Und viele der JM Teilnehmer sind ja gut genug, um genau dies zu machen...
Man kann ja nichts dabei verliern?

liebe Grüße

Stilblüte
 

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