Interpretation von Tänzen in der Klavierliteratur

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classican

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Hallo liebe Forumsgemeinde,
seit dem ich als erstes Bach-Stück eine Guige spielte, was mein erstes Stück war das einen Tanz darstellte, verwundern mich die damit im Zusammenhang stehenden Eigenheiten.
So wurden bei dieser Guige die Noten in ein 3er Modell eingeteilt, die 1. Note mit einem Phrasierungsbogen zur 2. verbunden und diese und die 3. Note darauf abgesetzt gespielt: daa-da da.
Stand natürlich alles nicht in den Noten.
Nun spiele ich zum ersten mal einen Walzer, und auch hier weiß ich erstmal nicht welche Besonderheiten dieser birgt. So las ich in der allgemeinen Musiklehre beim Walzer sei die 3 betonter als in anderen Dreiertakten (Grundrhythmus = halbe + viertel).
Aber wenn das Motiv nun wie folgt aussieht: 4tel Pause, 4 8tel in einer Figur,
was dann? Auch die 3und lauter spielen, ein crescendo oder in gleicher lautstärke? Und wie vom Anschlag?

Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Faden dazu dienen könnte die Besonderheiten bei der Interpretation von Tänzen zu Beschreiben.

(Wobei ich aber auch nicht verschweigen will, dass mir der Walzer gerade am wichtigsten ist, da akut :D)
Liebe Grüße,
classican

@Fips7: Vielen Dank!
 
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Hallo classican,

ein sehr interessanter Aspekt, den du hier ansprichst. Tänze sind ja, wie der Name schon sagt, zum Tanzen da, was man sich viel zu wenig klarmacht. Es wäre daher äußerst interessant, sich erstmal anzusehen, wie sowas getanzt wird. Da gibts ja etliches youtube.

Dann ist es allerdings problematisch, alle gleichbetitelten Tänze unter einen Kamm scheren zu wollen. Da gibt es riesen Unterschiede, sowohl im Tempo als auch in der Rhythmik und in der Akzentuierung.

Ich werde gerne etwas zum konkreten Einzelfall sagen. Aber mit einer allgemeinen Regel alla "so und nicht anders spielt man einen Walzer" kann ich leider nicht dienen.

lg
Haydnspaß

http://www.youtube.com/watch?v=-OdBSrreDC8
 
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Hallo Haydnspaß,
aus diesem Grund habe ich auch einen Tanzkurs gemacht.
Doch mir ist es gedanklich nicht möglich die Bewegungsenergie des Tanzens (ich will mich jetzt erstmal nur auf den Walzer beziehen) mit der musikalischen
Interpretation zu verknüpfen.
Beim Walzer kommt die ganze Energie aus der 1. Bewegung, dem Schritt nach vorne oder hinten, auf 2 wird die Energie zur Drehung genutzt, auf 3 in den Boden geleitet, neutralisiert.Also, so meine Vermutung, müsste bei der Interpretation die Phrase ähnlich wie im Barock, aus einem Bewegungsimpuls gespielt werden.Bisher scheint das dann bei mir aber irgendwie "egal" zu klingen...Aber wie gesagt, wenn die Phrase auf der 2 anfängt, was dann?Dazu kann ich der Akzentuierung wenig aberkennen, denn hier ist es beim Walzer wohl so, dass die Musik den Tanzenden als Hilfe dient.
So könnte man die 3 überdeutlich betonen, um zu sagen: "Steht still!".
Auch muss bedacht werden, ob der Tanz vl. nur rein Instrumental gedacht wurde.So bestehen sicher Unterschiede zwischen einer Sarabande von Händel, einem Walzer von Chopin und einem Tango von Stravinsky
http://www.youtube.com/watch?v=WCz-w8-ipG8

Hallo classican,
Ich werde gerne etwas zum konkreten Einzelfall sagen. Aber mit einer allgemeinen Regel alla "so und nicht anders spielt man einen Walzer" kann ich leider nicht dienen.

lg
Haydnspaß

Und darüber bin ich erstmal erleichtert.Denn meine Angst bezog sich darauf ob es ein Patentrezept hätte geben können ;)

Mein konkretes Beispiel wäre Chopins Opus 70 Nr. 2, wobei bei imslp der Autograph leider nicht zu finden ist.

Noch einen schönen Sonntag,
classican
 
Mein konkretes Beispiel wäre Chopins Opus 70 Nr. 2, wobei bei imslp der Autograph leider nicht zu finden ist.

Also der f-moll Walzer ist wohl eher ein langsamerer und gesanglicherer Walzer, demzufolge sind scharfe Rhythmen und scharfe Akzente hier sicher nicht angebracht. Interessant ist der Beginn: der erste Melodieton setzt synkopisch auf dem 3 Schlag ein. Es handelt sich aber nicht um einen Auftakt, sondern nur um einen "verfrühten" Ton. Die 1-2-3, 1-2-3 Bewegung sollte man sich aber bereits vorstellen bevor dieser erste Ton einsetzt. Ich würde also in Gedanken 1-2-3, 1-2-3 vorauszählen, wobei das c dann auf dem letzten 3 einsetzt.

Dann verstehe ich die Bewegung in diesem Walzer so, daß immer zwei Takte eine Einheit bilden, wobei der erste Takt auf den zweiten hinführt. Ob man das durch ein crescendo/decrescendo verdeutlichen will oder ein leichtes accelerando/ritardando, das kann man ganz nach eigenem Geschmack machen. Auf jeden Fall sollte es einen Schwerpunkt auf dem g (Takt 2) und dem des (Takt 4) geben. Schwerpunkt nicht als harter Akzent sondern als weiche Dehnung. Die Begleitung der linken Hand paßt sich jeweils der melodischen Linie an, ein stures hum-ta-ta wäre absolut kontraindiziert. Man benötigt hier einen sehr freien Umgang mit der musikalischen Zeit.

Okay, es ist sehr schwer in Worten zu erklären. Am Klavier ließe sich das in einigen Varianten sehr einfach zeigen.

Vielleicht konnte ich dir trotzdem ein klein bißchen eine mögliche Richtung aufzeigen, in der du weiterexperimentieren kannst.

lg
Haydnspaß
 
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Erstmal vielen Dank, Haydnspaß (hätte dir lieber eine PN geschrieben).
Am meißten freut man sich ja, wenn man etwas zu hören bekommt, was man eh hören will, aber es sich nicht selber getraut hat, auch durchzusetzen.Hier jetzt zufällig der Fall :D.(Jetzt muss ich aber noch mit mir und meinem Lehrer was ausmachen:Als ich das letzte mal bei ihm Unterricht hatte, spielte ich das Stück kurz an, und er bat mich an ähnlichen Stellen plötzliche Dynamikkontraste einzubauen.Damit kann ich mich einfach nicht anfreunden:()
Ich werde noch ein paar Tage weiter in diese Richtung arbeiten, dann poste ich vl. eine neue Afnahme.
Und was die Aufteilung an vielen Stellen in zwei zueinander gehörenden Takten betrifft, manchmal seh ich den Wald vor lauter Bäumen nicht :geige:
Danke und schönen Abend,
classican
 

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