I.Wunder mit Liszt und Schubert in Raiding

kreisleriana

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Raiding 2016, am Wochenende spielte Ingolf Wunder in Liszts österreichischem Geburtsort Liszts Sonate,
das Puritaner Hexameron und Schuberts B Dur Sonate.

von hinten nach vorn ( mit Grund !):

letzte Zugabe also: Chopins Fantasie Improptu: die seltener gespielte Fontana Fassung, Wunder ist da wirklich souverän, dieses zu oft runter geklimperte posthume Stück gestaltet er mit viel Grazie, in pp und wunderbar durchgezeichnet lauft das Passagenwerk durch seine Hände, der Mittelteil könnte besser gelingen, schmerzlich kommen die Erinnerungen an die Schubert Katastrophe von vorhin wieder, Wunder findet einfach nicht wirklich das ruhige gesangliche Tempo für diesen Gesang in der Oberstimme, trotz bemühter und gelungener Stimmführung und einem ( trotz der schlechten Akustik des Saales) schön klingenden Flügel kommt wenig Stimmung auf, die Wiederholung der Passagen ist erleichternd, hier kann Wunder dank technischer Überlegenheit wieder Musik aus den oft so achtlos gespielten Läufen machen.

erste Zugabe: wenn Liszt DAS wüßte :-) in seinem Geburtsort klingt ausgerechnet Musik seines Erzrivalen Thalberg! Wunderschön noch dazu- und diesmal wirklich exzellent gespielt, Thalbergs Casta Diva Transkription !

Liszts Hexameron über den Marsch aus den Puritanern als letztes Werk des offiziellen Programmes, naja... da muss einem wohl dank technisch grenzenloser Möglichkeiten etwas langweilig sein, um dieses grausam schwierige und musikalisch so wenig gelungene Werk aufzuführen, aber oK , grandios gespielt, technisch verblüffend, Wunder hat am Flügel definitiv technisch gar nichts mehr zu fürchten. Ein Bravourstück eben, es nieder zu schreiben hätte der Raidinger Großmeister vielleicht besser bleiben lassen sollen.

Die Liszt Sonate: der Anfang etwas distanziert, aber alles sehr sauber, überzeugend, mit Schwung und furchterregender Technik vorgetragen, das A Dur Thema nicht immer, aber doch meist mit viel Emphase herausgearbeitet. Die Fuge, eine filigrane Jagd in halsbrecherischer Tempowahl, das Finale mit der gefürchteten Oktavenpassage beeindruckend, schneller hat's nicht einmal Richter live gespielt. Auch dass irgendwo in den Rängen durch Kreislaufprobleme im Zuschauerraum Lärm ausbrach, konnte Wunder nicht aus der Ruhe bringen, ein paar besorgte Blicke nach oben, sehr professionell spielt er ruhig - und das erste mal am Abend (!) wirklich innig- weiter. Eine durchaus denkwürdige Wiedergabe der großen Sonate.
Dass nach dem ergreifenden, von Wunder jedoch eher unverbindlich gestalteten, Schluss dann das banale Bravourstück des Puritaner-Marsches kommen musste, ist nicht verständlich.

erster Teil: Schuberts B Dur Sonate: ich schreibe sehr ungern negative Rezensionen, da Wunder 10000 mal besser spielt als ich, also was soll's. Warum ein Pianist ein Werk spielt, das er offenbar nicht verstanden hat, ist mir nicht nachvollziehbar. Warum er mit diesem Werk nicht zu einem Lehrer geht, der es ihm erklärt, ist noch unverständlicher.
Wunder versucht aus Schuberts mächtiger letzten Sonate ein Beethoven Plagiat zu machen, was es natürlich nicht ist, ein wenig hübsche Melodie in der Oberstimme, dazu eine achtlos runtergespielte "Begleitung", statt Gestaltung der Abgründe, absolut nichts bewegt in dieser dahin gehudelten Darbietung.
Dass man Schubert im Vergleich zu Lists Brachialwerken im selben Konzertprogramm nicht zu üben braucht, wurde schon etlichen guten Pianisten zum Verhängnis, Wunder musste dies auch erfahren, aber normalerweise sind falsche Töne im Konzert irrelevant, auch so grobe Gedächtnisfehler wie in der Durchführung des letzten Satzes sind jederzeit verzeihlich, wenn eben die Musik da ist, wenn aber auch die fehlt, wird es etwas störend, professionell improvisiert Wunder über die fehlenden Takte hinweg, dem Zuschauer kann er aber seinen Zugang zu der Sonate in keiner Weise vermittlen, nach 30 Minuten ist der schlimme Spuk vorbei und man kann sich auf Liszt freuen, der Wunder defnitiv besser liegt.
 
Danke für deinen Bericht, @kreisleriana.
Hab mir gerade mal dieses Hexameron-Ding mit Horowitz angehört. So einen extrem virtuosen Budenzauber höre ich mir eigentlich nicht länger als 30 Sekunden an, aber hier habe ich es mir ganz angehört, da ich es einfach nicht glauben kann, wie Horowitz das runterreißt. Wie ist so etwas möglich?! Wie können menschliche Finger so etwas leisten?! Da muss man staunen, völlig wurscht, ob man das Stück mag oder nicht. (Ich wette, Horowitz steckt Wunder mehrfach in die Tasche...)
:angst:
 
Lieber @kreisleriana streng genommen gibt es so was nicht... Nach dem andante sostenuto folgt ein "quasi adagio" und dort findet sich dann in A-Dur die augmentierte Variante des "Hammerschlag-Motivs" (diese Bezeichnung ist von Liszt) im ppp --- ich nehme an, dass du diese irgendwie nocturne-mässige Stelle meinst. (die rechte spielt die Melodie oktaviert, die linke hat Bass und Achelsexten)
 

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