Hausaufgaben

  • Ersteller des Themas Ralph_hh
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Bei mir ist es eher so, dass ich den KL ab den 70% brauche.

Ja, das stimmt, wobei ich das eher als 70% des (derzeitigen) persönlichen Potentials sehe, welches sich langfristig verschiebt. D.h. man braucht zu jeder Zeit ein KL um seine persönlichen 100% zu erreichen.
Ich bin allerdings ziemlich faul und begnüge mich mit meinen persönlichen 70%. Selbst mit KL tue ich mich sehr schwer 90-100% bei einem Stück zu erreichen. Permanente motorische Wiederholungen sind mir ein Graus. Für die Entwicklung der Musikalität ist ein i.a. KL SEEHR hilfreich. Ich fühle mich als schlamperndes Nicht-Genie. ;-)
 
Ich kann einfach nichts weg legen, wenn ich das Gefühl habe, es nicht zu können. Ich höre immer etwas, was ich noch verbessern kann und ich werde dabei immer Anspruchsvoller. Deswegen krebse ich immer bei den Anfängerstückchen herum. Allerdings fühle ich mich da wirklich wohl und bin derzeit mit meinen Fortschritten auch zufrieden. Wenn mir ein schlichtest Stück gut gelingt, habe ich nach eigener Wahrnehmung Musik gemacht.
 
Muss das jedes sein? "Vorspielreife" habe ich wohl nur bei dem einen Stück erreicht, das ich dann auch tatsächlich vorgespielt habe. Ich bin unsicher, ob es wirklich hilfreich wäre, bei jeden Stück so weit zu gehen. Und ich denke auch nicht, dass ich das wollen würde. Ich befürchte, Aufwand und Ertrag stünden da für mich nicht in einem vernünftigen Verhältnis.

Wie sehen die KL hier im Forum das?

Lieber DonMias,

das ist von Person zu Person unterschiedlich. Es kommt auf die Verhältnisse und die Bedürfnisse an.

Grundsätzlich finde ich es schlecht, wenn nie ein Stück zur Vorspielreife kommt, ob man es nun vorspielt oder nicht. Man kann viel lernen, wenn man ein Stück wirklich mal durchdringt und so gut kennt, dass man es vorspielen könnte. Wenn man versucht, bis an seine momentanen Grenzen zu gelangen und diese vielleicht sogar zu erweitern.

Ein Stück bis zur Vorspielreife zu bringen, bedeutet also, in die Tiefe zu gehen. Es lohnt sich aber auch, in die Breite zu gehen und so viel Musik wie möglich kennen zu lernen. Dabei muss man nicht jedes Stück bis zur Vorspielreife bringen! Es lohnt sich aber, jedes Stück so anzugehen, dass man es problemlos bis zur Vorspielreife bringen könnte!

Das bedeutet, dass in der ersten Herangehensweise an ein Stück schon die 100% stecken, ob sie nun ausgenutzt werden oder nicht. Diese Herangehensweise ist gleichbedeutend mit einem Üben, das von Anfang an das Stück in seinen musikalischen Strukturen, Entwicklungen, Charakteren und Emotionen erforscht. Bei dem Hören, Fühlen, Reflektieren eine Synthese eingehen und möglichst ohne Fehler geübt wird. Das schafft eine solide Basis, auf dem der Spieler selbst entscheiden kann, wie weit er geht.

Liebe Grüße

chiarina
 
Ich empfinde tiefe Befriedigung, wenn ein Stück irgendwann mal richtig schön klingt, einfach über die Finger geht und man sein Spiel genießen kann. da verzichte ich ungern drauf. Das muß aber nicht bei jedem Stück so weit gehen.

Ich werde das mal bei meiner Sonatine versuchen, denn die ist durchaus hörenswert.

Mein Unterricht war lange geprägt von der "Fehlentscheidung", mit meiner Tochter zu zweit Unterricht zu nehmen. Da kamen wir im Prinzip beide zu kurz. Inzwischen bin ich allein. Danach kam ein viel zu schweres Stück, was wir nun aufgegeben haben, nun also mal die Nagelprobe mit dem Clementi.
 
Hausbau ist ein unpassender Vergleich. Ich muss nicht 10 Häuser bauen, um Spass zu haben, das Ziel ist ein anderes.

Ich kann im Monat ein Stück perfektionieren oder 10 Stücke anspielen und weglegen. Je mehr man sich an jedem einzelnen Stück verbeisst, desto mehr leidet die Vielfalt und es gibt so unendlich viele schöne Stücke und das Leben kann so kurz sein, die Zeit so knapp...

Als Anfänger, der nicht alles Prima Vista spielt, braucht es auch mitunter ein bisschen, um zu merken, dass ein Stück die Mühe nicht wert ist. (oder zu schwer. Ja, kommt vor, gerade als Anfänger...)
 

Bei mir schon, wenn ich da nicht hin komme, dann brauche ich gar nicht anfangen. Das ist wie ein Haus bauen und das Dach weg lassen.

Wenn es bei mir nur ein "Übungsstück zum erlernen des Blattspiels" ist lasse ich auch das Dach weg. Will da ja nur das "Mauerbauen" üben. Das "Dach" bindet dann nur unnötig Kapazitäten.

Bei meinen "Lieblingsstücken" ist das etwas anders: Da kann es schon mal vorkommen das ich das Dach während des Mauerbaus decke.:-D
 
Ganz schön hitzige Diskussion hier in Folge.

Klar würde ich auch wollen, dass jeder Musik- oder Klavierinteressierte den (beziehungsweise einen) für sich perfekten Lehrer finden kann. Kunst und Musik sind etwas wunderschönes, kreativ, herausfordernd, und so weiter.

Aber ob man dieses "Problem" jemals in der Praxis lösen kann - ich glaube es nicht.

Eine Sache darf halt niemand vergessen, der sich für den Beruf Klavierlehrer entscheidet, oder damit seine Brötchen verdienen möchte:

Er wird damit aller Voraussicht nach erstens nicht reich werden, und sich zweitens in einem breiten und schwierigen Markt bewegen müssen.

Auch diejenigen, die sich bemühen, in diesem Job wirklich gut zu sein und zu werden.

Im Nachhinein strampeln und lamentieren, bringt da nicht viel (!). Ich glaube, jeder von uns hat eine ungefähre Vorstellung davon, in welchen Jobs man gut, und in welchen Jobs man weniger gut verdienen kann.

Wie man seine Weichen stellt, so fährt man. Auch natürlich die eigenen Kinder später.

Klingt ein bisschen herzlos vermutlich, aber Idealismus hat noch niemanden satt oder reich gemacht.

Sozusagen das Wort zum Sonntag
Dreiklang
 
Hat man dann nicht das Stück schlecht gewählt? Zu schwer und so?

Wenn zum Vergleich die bis zum Abwinken zitierten "Referenzeinspielungen hochberühmter Tastengottheiten" herangezogen werden, reicht sowieso (fast) niemand da heran.

Ergo gibt es Abstriche. Oder andersherum: Es bleibt immer etwas zu perfektionieren.

Anzustreben wäre m. E. das Stück so gut einzustudieren, wie es zum aktuellen Zeitpunkt der pianistischen Entwicklung nur irgend möglich ist. Es sollte m. E. einen "offiziellen Abschluss" geben. Der besteht in einem Vorspiel, mit dem der oder die KL zufrieden ist (mit Hinblick auf den aktuellen Leistungsstand).

Wenn man nur Stücke auswählt, die von vornherein mit dem aktuellen Leistungsstand machbar sind, tritt man auf der Stelle.
 

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