Hanon Übungen auf dem Digitalpiano sinnvoll?

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Treble

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Hallo,

ich habe mir gerade angemeldet. Vielleicht schreib ich noch einen Vorstellungsthread über mich. Auf jeden Fall hab ich jetzt eine Frage und zwar hab ich hier das "Hanon - Der Klaviervirtuose" Buch. Ich spiele auf einem Kawai Digitalpiano und noch auf einem richtigen Klavier von Irmler. Nun frage ich mich, ob es Sinn macht, die Hanon Übungen auf dem Digitalpiano zu spielen, um die Nachbarn zu schonen, weil die Übungen ja sehr stupide sind. Oder ist das eher kontraproduktiv, sodass ich besser die Übungen am richtigen Klavier mache? Am Digitalpiano könnte ich die Übungen auch mal am späten Abend machen. Allerdings ist das Spielgefühl ja schon anders als am richtigen Klavier, sodass es vielleicht nicht wirklich viel bringt, wenn ich immer am echten Klavier spiele, aber die Übungen auf einem Digitalpiano mache?

Was könnt ihr mir raten? Spiele übrigens seit ca. 8 Monaten. Danke
 
Hallo, Treble,

erstmal ein Willkommen im Forum.

Meiner Meinung nach kannst Du die Hanon-Übungen überall machen, auf einem
Klavier oder auf dem Küchentisch oder einem Hackbrett. :D

Denn es kommt dabei nicht Musik heraus, sondern eine sog. Fingerfertigkeit. Somit würde ich wirklich das Digi bevorzugen, nicht nur wegen der Nachbarn, sondern auch, um Deine eigenen Ohren zu schonen...


Klavirus
 
Meiner Meinung nach kannst Du die Hanon-Übungen überall machen, auf einem
Klavier oder auf dem Küchentisch oder einem Hackbrett. :D

Meiner Meinung nach nicht. Du kannst diese Übungen auf einem Digitalpiano schon mal vorüben, sodass die Finger den Ablauf lernen. Aber um das richtige Spielgefühl dazu zu haben, würde ich dir raten, die Übungen auf dem Klavier zu üben.


Alles, was man auf dem Klavier spielt, ist Musik. Und auch diese Übungen haben musikalischen Gehalt!
 
Vielleicht wäre es besser, sie gar nicht zu machen.

Zitat von Treble:

Übungen zu spielen, die nichts musikalisches in sich haben (genauso wie Stücke unmusikalisch zu spielen) hat keinen Sinn, weil damit nicht das wichtigste beim Klavierspielen - das Gehirn - stimuliert wird. Da bewegen sich die Finger irgendwie und es kommen Töne - aber es geht doch darum, Musik zu machen.

Ob die Übungen unmusikalisch sind oder ob man sie so spielt - es hat beides keinen Sinn. Sinn hat es nur, wenn man sie musikalich spielt. Wobei es da natürlicher sinnvoller wäre (meiner Meinung nach), Übungen zu spielen, die musikalisch gedacht sind.

Zitat von ubik:
Alles, was man auf dem Klavier spielt, ist Musik. Und auch diese Übungen haben musikalischen Gehalt!

Sag mir nicht, dass du diese Übungen der Musik von Yann Tiersen vorziehen würdest. :D
 
Naja - die Musik von Yann Tiersen hat ungefähr den gleichen musikalischen Gehalt wie die Hanon Übungen oder ein Martinshorn, aber ich denke, die Frage zielt eher darauf ab, ob man bei Fingerübungen einen Nachteil am Digitalpiano hat.

Die Antwort ist Nein.

Warum nicht? Fingerübungen dienen dem motorischen Training des Bewegungsapparates (ob man das nun für sinnvoll hält oder nicht, ist eine andere Sache). Die Klaviatur (Tastenabstände, Gewichtung etc.) ist bei digitalen und aktustischen Instrumenten weitgehend gleich, so dass sich hier kein Nachteil ergibt.

Musikalische Gestaltung steht eindeutig nicht im Vordergrund von Übungen wie Hanon - von daher halte ich es für übertrieben, aufgrund der mangelnden musikalischen Gestaltungsmöglichkeiten davon abzuraten.

Gruß,
Sulan
 
Sag mir nicht, dass du diese Übungen der Musik von Yann Tiersen vorziehen würdest. :D

Sorry, diese Übungen haben einen größeren musikalischen Gehalt, als so manches Stück von Tiersen. Aber ich glaub wir sollten mal aufhören, über dieses "Genie" zu reden.

Übungen zu spielen, die nichts musikalisches in sich haben (genauso wie Stücke unmusikalisch zu spielen) hat keinen Sinn, weil damit nicht das wichtigste beim Klavierspielen - das Gehirn - stimuliert wird.

Falsch! Dadurch, dass ich regelmäßig Hanon übe, kann ich mir Sechszehntel im schnellen Tempo vorstellen. Außerdem sind meine Finger viel besser im Spiel einsetzbar, weil sie alle erdenklichen Hindernisse (vor allem vierter und fünfter Finger) überwunden haben. Versuch mal folgende Figur in Sechszehnteln mit Tempo Viertel=120 mit der rechten Hand zu spielen und zwar immer wiederholend:

C E G A G A G E mit dem Fingersatz
1 2 4 5 4 5 4 2

Ich wette du scheiterst daran! Gerade durch Hanon wird die Bewegung der Finger trainiert.

Die Klaviatur (Tastenabstände, Gewichtung etc.) ist bei digitalen und aktustischen Instrumenten weitgehend gleich, so dass sich hier kein Nachteil ergibt.

Ist sie ja eben nicht! Auf einem Digitalpiano findest du ein komplett anderes Spielgefühl.
 
Ist sie ja eben nicht! Auf einem Digitalpiano findest du ein komplett anderes Spielgefühl.

Das sehe ich anders. Da sind die Unterschiede zwischen einzelnen akustischen Instrumenten sehr viel größer. Gerade aus diesem Grund ist ein Digitalpiano für Übungen der motorischen Abläufe gut geeignet. Noch einmal: Wir reden hier nicht über Tongestaltung und musikalische Aspekte. Wer sowas trainieren will ist mit Hanon falsch bedient und sollte besser Schumann, Mozart oder Haydn nehmen.
 
Zitat von Sulan:
Die Klaviatur (Tastenabstände, Gewichtung etc.) ist bei digitalen und aktustischen Instrumenten weitgehend gleich, so dass sich hier kein Nachteil ergibt.
etwas zum nachdenken (pian e forte):
"Die Mechanik digitaler Instrumente – auch wenn sie "gewichtet" und evtl. sogar mit einer Hammermechanik ausgestattet ist – kann das mechanische Spielwerk nicht wirklich nachahmen, weil dieses mit einer ganz anderen Massenbeschleunigung arbeitet, die so ausgelegt ist, daß die kräftiger angeschlagene Taste auch schwergängiger erscheint. [...] Die Digitaltastatur ist deswegen zum Üben nur sehr eingeschränkt brauchbar: Geläufigkeit auf dem Klavier verlangt ganz andere Innervationen, und wirkliches Kraft-, Finger- und Schnelligkeitstraining ist auf dem Digitalpiano nicht möglich."

Zitat von ubik:
Ist sie ja eben nicht! Auf einem Digitalpiano findest du ein komplett anderes Spielgefühl.
spielt eine oktave immer und immer wieder mit verschiedener lautstärke und akzentuierung und achtet darauf, dass jeder anschlag gleich klingt. selbst diese kleine übung verlangt aufmerksamkeit und fingerspitzengefühl, je nachdem ob sie auf einem akustischen klavier oder einem digi durchgeführt wird. Für mich hat eine solche übung auf einem digitalpiano keinen sinn.


ich spiele selbst zur zeit den klaviervirtuosen (auf einem digi)

Lg
Chris
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ja, genau!

Ich verstehe auch nicht, wie man diese Übungen auf einem Küchentisch machen kann... Wo hast du denn das gelesen?
 
Falsch! Dadurch, dass ich regelmäßig Hanon übe, kann ich mir Sechszehntel im schnellen Tempo vorstellen. Außerdem sind meine Finger viel besser im Spiel einsetzbar, weil sie alle erdenklichen Hindernisse (vor allem vierter und fünfter Finger) überwunden haben. Versuch mal folgende Figur in Sechszehnteln mit Tempo Viertel=120 mit der rechten Hand zu spielen und zwar immer wiederholend:

C E G A G A G E mit dem Fingersatz
1 2 4 5 4 5 4 2

Ich wette du scheiterst daran! Gerade durch Hanon wird die Bewegung der Finger trainiert.

Ich fand es machbar. Ich habe übrigens nie Hanon gespielt. Auch normale Stücke trainieren die Bewegung der Finger, z.B. Bach, gerade von ihm habe ich glaube ich am meisten Fingerfertigkeit gelernt (wobei ich ja noch relativ am Anfang stehe).

Aber Hanon... die erste Übung... ein Muster, immer wiederholt, 0 Abwechslung, das ganze rauf und runter. Ich weiß nicht, was daran Spaß macht, wieso man sich dazu bringen soll, daraus Musik zu machen... :confused:
 
(pian e forte):
"Die Mechanik digitaler Instrumente – auch wenn sie "gewichtet" und evtl. sogar mit einer Hammermechanik ausgestattet ist – kann das mechanische Spielwerk nicht wirklich nachahmen, weil dieses mit einer ganz anderen Massenbeschleunigung arbeitet, die so ausgelegt ist, daß die kräftiger angeschlagene Taste auch schwergängiger erscheint. [...] Die Digitaltastatur ist deswegen zum Üben nur sehr eingeschränkt brauchbar: Geläufigkeit auf dem Klavier verlangt ganz andere Innervationen, und wirkliches Kraft-, Finger- und Schnelligkeitstraining ist auf dem Digitalpiano nicht möglich."

Das ist in der Tat eine interessante Argumentation - mir ist allerdings der kausale zusammenhang zwischen der "ganz anderen Massenbeschleunigung" und dem "deswegen zum Üben nur sehr eingeschränkt brauchbar" schleierhaft. Vor allem, warum sich dies gerade die Brauchbarkeit von Digitalpianos beschränken soll, verstehe ich nicht; haben doch z.B. Schimmel Klaviere einen ganz anderen Anschlag als z.B. Kawai Klaviere oder Bösendorfer Flügel. Ich habe schon sehr viele akustische Instrumente gespielt und noch nie(!) zwei gefunden, die einen gleichen Anschlag (Gewichtung, Repititionsverhalten etc.) hatten.

Vielleicht verstehe ich diese Zusammenhänge auch einfach nicht, weil ich Übungen wie Hanon per se schon für sinnlos halte.
 

Die Klaviermechanik hat längere Hebel als jede Simulations-Hammermechanik von Digitalpianos (Bösendorfers "Ceus" mal ausgenommen, der eine echte Flügelmechanik verwendet -- aber den hat niemand). Die Gesamtmasse ist nicht unwesentlich, wie man sich klar machen kann, wenn man sich zwei Extreme überlegt:

1. Ein zweiarmiger Hebel (Wippe) von sehr geringer Masse (dünnes Plastik) wird auf einer Seite mit einem bestimmten Gewicht belastet. Sie wird dann abhängig von der Größe des Gewichts mit einer gewissen Geschwindigkeit abwärts bewegt.

2. Ein zweiarmiger Hebel von sehr hoher Masse (massives Blei) wird mit demselben Gewicht belastet. Auch er wird abwärts gehen, aber mit wesentlich geringerer Geschwindigkeit, also äußerst träge.

Der Unterschied ist der zwischen Statik und Dynamik: Abwärts gehen sie beide, weil ein Hebelarm schwerer wird, statisch die Wippe also im Ungleichgewicht ist. Bei großer Masse ist aber die Beschleunigung geringer, weil der Hebel eine größere Massenträgheit hat. Zwischen "zu leicht" und "zu schwer" gibt es ein Idealmaß, das aber vielleicht jeder Spieler anders empfindet. Es hängt auch sehr von der akustischen Reaktion des Instruments ab, die wiederum von der Intonation und der Güte und Tonansprache des Resonanzbodens abhängt und natürlich von der Güte der Gesamtkonstruktion.

Walter Pfeiffer ("Vom Hammer", 1948/1962), Sohn des Firmengründers Carl Pfeiffer, hat versucht, den Zusammenhang zwischen Gewichtsbelastung und Lautstärke zu untersuchen und ließ dazu Gewichte aus einer bestimmten Fallhöhe mit Hilfe einer präzisen Vorrichtung auf die Tasten fallen. Er kam auf folgende Werte (Flügel bei getretenem Pedal):
pp: 66-95 g
p: 78-100 g
f: 450-800 g
ff: 1000-2000 g
fff: 3000-4000 g

Wie ungenau auch immer das sein mag (Lautstärken rein subjektiv beurteilt statt durch präzise dB-Messung ermittelt), zeigt es doch, daß die Werte nicht linear sind, also doppeltes Gewicht nicht doppelte Lautstärke bedeutet.
Wer gewohnt ist, auf einem Klavier zu üben, kann bestätigen, daß er mit kontrollierter Klanggestaltung auch auf dem besten Digitalpianos Probleme hat. Den meisten laufen darauf die Finger davon, wenn es um wirklich schnelle Geläufigkeit geht, und die dynamische Reaktion ist nur schwer in den Griff zu kriegen, wenn man genügend Erfahrung mit Klavieren und ein höheres Niveau erreicht hat.

Mit Hanon hat das eigentlich wenig zu tun. Natürlich muß man die Finger trainieren und Bewegungsabläufe üben. Aber dafür gibt es intelligentere Methoden, ob auf dem Digitalpiano oder auf dem Klavier. Hanon ist weder als berühmter Pianist in die Klaviergeschichte eingegangen, noch hat er irgendeine Komposition von irgendeinem Wert hinterlassen, sein Klavierspiel ist Klavierspiel aus dritter Hand. Ich will jedoch niemandem absprechen, daß er auch mit dem Hanon etwas erreichen kann; mir aber kommt Hanon vor wie jemand, der postuliert, daß man ein guter Klavierspieler würde dadurch, daß man mindestens zwei Stunden täglich den eigenen musikalischen Geist tötet.
Ich hörte -- ist noch gar nicht so lange her -- eine Dozentin in einer Fortbildungsveranstaltung sagen, Hanon hätte "wunderbare Sachen geschrieben". Ich dachte zuerst verwundert, sie meinte unbekannte Kompositionen, aber sie meinte tatsächlich die Fingerübungen und spielte zumindest eine davon, zugegeben, durchaus virtuos. Dieselbe Dozentin jedoch hatte den Klangsinn einer Hochseekuh, sobald sie richtige Musik anspielte (war nicht nur mein Urteil, sondern auch das vieler Kollegen).
 
Walter Pfeiffer ("Vom Hammer", 1948/1962), Sohn des Firmengründers Carl Pfeiffer, hat versucht, den Zusammenhang zwischen Gewichtsbelastung und Lautstärke zu untersuchen und ließ dazu Gewichte aus einer bestimmten Fallhöhe mit Hilfe einer präzisen Vorrichtung auf die Tasten fallen. Er kam auf folgende Werte (Flügel bei getretenem Pedal):
pp: 66-95 g
p: 78-100 g
f: 450-800 g
ff: 1000-2000 g
fff: 3000-4000 g


Der Sinn einer solchen "Gewichtsmessung" will mir aber auch nicht recht einleuchten. Beim Klavierspielen werden die Tasten in der Regel doch nicht durch ein fallendes Gewicht angeschlagen sondern durch eine sich beschleunigende (!) Finger- oder Handbewegung. Ich vermute (bzw. bin überzeugt), daß der tatsächliche Kraftaufwand beim Klavierspielen ums 100 bis 1000-fache kleiner ist als die gemessenen Fallgewichte.

Mit Hanon hat das aber vielleicht sogar etwas zu tun: Hanon glaubte ja, daß man fürs Klavierspielen die Fingermuskeln trainieren müsse. Und solche Messungen würden das ja bestätigen - wenn man sie denn tatsächlich auf die Vorgänge beim wirklichen Klavierspielen übertragen könnte.
 
Hallo Jörg,

vielen Dank für diesen sehr detaillierten und verständlichen Beitrag. Was die klangliche Gestaltung angeht, war mir der Unterschied von einem digitalen zu einem akustischen Instrument durchaus bewußt, wenngleich mir die physikalischen Zusammenhänge nicht so klar waren.

Bei den rein motorischen Übungen von Hanon, dem ich eine wesentliche musikalische Gestaltungsfähigkeit nach wie vor abspreche, scheint der Unterschied aber auch nach Deiner Schilderung nicht so nennenswert zu sein, dass man dringend davon abraten sollte, auf einem Digitalpiano solche Übungen durchzuführen (unabhängig davon, ob man generell von solchen Übungen abraten sollte). Obwohl ich diese Meinung teile, ist sie im Vergleich zu der zitierten Textstelle von Deiner Homepage für mich nicht ganz nachvollziehbar, da diese gerade Kraft-, Finger- und Schnelligkeitstraining erwähnt - die Schlüsselkomponenten, um die sich die Hanon Übungen drehen.

Die eigentliche Fragestellung ist, ob Hanon Übungen auf dem Digitalpiano sinnvoll sind. Nimmt man an, dass Hanon Übungen per se sinnvoll sind, würde ich nach den bisherigen Aussagen meinen, dass sie auch auf einem Digitalpiano sinnvoll sind. Neben den rein technischen Aspekten zählt aber vor allem der gesunde Menschenverstand: Wenn man nicht gerade alleine in einem Einfamilienhaus auf einer einsamen Hallig wohnt, riskiert man bei zwei Stunden täglichen Übens ohne Kopfhörer nachbarliche Verstimmungen und gegebenenfalls gesundheitliche Schäden...
 
Zitat von J. Gedan:
Natürlich muß man die Finger trainieren und Bewegungsabläufe üben. Aber dafür gibt es intelligentere Methoden
die sinnhaftigkeit der hanon-übungen beschäftigt mich ohnehin schon lange; solange ich aber keine auf den ersten blick angemessene alternative gefunden habe...; mir fehlt ganz einfach die erfahrung, das wissen und das verständnis.
nun gut, ich schweife vom ursprünglichen thema ab

ich halte sie nicht für sinnlos, nur haben sie keinen musikalischen wert. zudem habe ich hanon nie länger als 30min ausgehalten...
 
Vielleicht wäre es besser, sie gar nicht zu machen.
Hier gebe ich Dir Recht. Die Hanonübugen sind gerade nicht die besten Fingerübungen, wie z.B. für Außenfingerübungen. Um den vierten und fünften Finger zu trainieren empfehle ich sie immer mit der Stützfingertechnik zu üben. Das macht Hanon nicht.

Übungen zu spielen, die nichts musikalisches in sich haben (genauso wie Stücke unmusikalisch zu spielen) hat keinen Sinn.

Nein, das stimmt nicht immer! Es kommt darauf an, welche Übungen:

Die meisten solcher Übungen dienen der Fingerfertigkeit. Diese müssen nicht immer musikalisch sein:

z. B.: Daumenübungen für Tonleiter:

zweiter und dritter Finger haben "D" und "E" runtergedrückt und nur der Daumen spielt "C" und "F".
Diese Übung dient dazu, bei Tonleitern das Handgelenk nicht zu drehen und trainiert die Schnelligkeit und Geschicktheit des Daumens.

Hat diese Übung jetzt etwas musikalisches in sich? Nein! Macht sie Sinn? Ja.

Oder auch Außenfingerübungen mit Stützfinger, wo man nur den vierten und fünften Finger laufen läßt für die Gleichmäßigkeit.
Hier kannst Du vieleicht die Stützfinger musikalisch gestalten. :D

Ein versierter Pianist wird das auch machen, sobald er eine musikalische Linie in den Übungen sieht. Aber ich würde es jetzt nicht unbedingt von meinen Schülern verlangen Trockenübungen noch musikalisch zu gestalten.

Allerdings möchte ich erwähnen, daß man bei Hanon jetzt diskutieren könnte, ob es hier auch zutrifft. Hier schreit es gerade dazu auch eine dynamische Gestaltung in den Übugnen zu machen, wie z. B. ein cresc beim nach oben spielen und gewiße Höhepunkte herausholen.

Liebe Grüße, Mario
 
Hanon ist kein Vertreter der Spaßgesellschaft!

...

Aber Hanon... die erste Übung... ein Muster, immer wiederholt, 0 Abwechslung, das ganze rauf und runter. Ich weiß nicht, was daran Spaß macht, wieso man sich dazu bringen soll, daraus Musik zu machen... :confused:

Du hast ein gesundes Empfinden, wenn die Frage nach dem Spaß stellst. Wohl kaum einer dürfte "Spaß" beim Hanon haben. Und ich glaube kaum, dass hier irgendjemand "Musik" daraus machen will oder kann.

Hanon ist der Weg, nicht das Ziel. Spaß macht nicht das Üben, sondern das sich-verbessern. Und das gelingt mit einer solch beinharten monotonen Übung vielen leichter als wenn sie gleich ein schweres Stück üben.

Hanon übt systematisch die einzelnen Schwachstellen und Schwächen weg. Unser Ohr, ob über Kopfhörer des Digis oder über Flügel kann ganz genau erkennen, ob uns die Läufe so richtig monoton, perlenartig gelingen, wie sie in Noten notiert sind.

Viele hudeln über schwierige Stellen in Stücken einfach weg - ich auch weil ich eben auch nicht perfekt spielen kann. Sinnvoll ist es herauszufinden WARUM eine Stelle schwierig ist. Und dann kommt heraus: es ist das Untersetzen, oder die Unabhängigkeit von 4. und 5. Finger oder sonst etwas. Erst wenn man das herausgefunden hat, kann man daran arbeiten und sich gezielt dieser Stelle zuwenden.

Hanon trainiert sozusagen die geläufigsten Schwachstellen gleich mal vorweg. Bei mir klappt das auf dem Digi genauso gut. Auch hier kann ich auf gleich Lautstärke und die korrekte Geschwindigkeit achten.
 
...und noch etwas!

Als Physiker lese ich mit Grauen, wie mit Gewichten, Statik und Dynamik herumgeworfen wird.

Zur Klarstellung: Was wir mit unseren Fingern auf die Tasten ausüben ist eine KRAFT.

Und die ist gleich dem Produkt aus MASSE mal BESCHLEUNIGUNG.

Dies bedeutet, dass ich mit einer bestimmten Kraft entweder eine große Masse weniger stark oder eine kleine Masse deutlich stärker beschleunigen kann.

Wenn jemand "Gewichte auf die Tasten" fallen lässt, dann handelt es sich um Massen, die der Erdbeschleunigung ausgesetzt sind. Massen sind überall im Weltall gleich, erst durch die Anziehungkraft eines Planeten oder Mondes ergibt sich überhaupt eine Kraft. Insofern ist es Unsinn, von Gewichten zu sprechen.

Was sich verändert, wenn unterschiedliche Massen aus einer immer gleichen Höhe herabfallen, ist der IMPULS der sich als Produkt aus MASSE mal GESCHWINDIGKEIT berechnet.

(Ein Auto mit 15 km/h und einer Masse von 1000 kg hat also den gleichen Impuls wie ein Auto mit 30 km/h und einer Mase von 500 kg.)

Ebenso änder sich mit der Höhe die BEWEGUNGSENERGIE.

Der Impuls wird also auf die Taste übertragen, da unser Finger nicht wie eine Billiard-Kugel zurückprallt, haben wir es mit einem unelastischen Stoß zu tun.

Ebenso wird die Bewegunsenergie genutzt um BESCHLEUNIGUNGSARBEIT zu leisten, die sich wiederum als Produkt aus einer Kraft mal einem Weg (Tastenhub, im einfachsten Falle) zusammensetzt.

Hinter der Taste folgen diverse Hebel etc. Es kommt also auf die detaillierten Verhältnisse in der Taste und dahinter an, was mit unserem Impuls und unserer Bewegungsenergie geschieht.

Wird sie zur Beschleunigung einer großen Tastenmasse "vergeudet"? Oder werden Energie (die beim unelastischen Stoß z. T. verlorengeht) und Impuls höchst effizient und feinfühlig und steuerbar auf den Hammer übertragen?

Dies als Gedankenanregung und "Wort zum Sonntag".
 
Oder kurzum:

"Du drücken, Du hören Ton"
 

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