Haltepedal - Kontroverse

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Es ist offensichtlich, daß in bezug auf die Benutzung des Haltepedals sehr unterschiedliche Auffassungen bestehen. Ich gehöre zu den Leuten, die im Unterricht (das ist jetzt eine Weile her) für eine lange Zeit überhaupt kein Pedal verwenden durften, wenn es nicht vom Komponisten vorgeschrieben wurde. Das hat seine Vorteile in mancher Hinsicht, es wurde halt viel Wert auf Tonlängen, Bindungen und Melodiebögen gelegt.

Ich glaube, es gibt zwei unterschiedliche Sichtweisen:

- Pedalspiel als Klavierschüler
- Pedalspiel als Interpret

Und hier meine zwei Meinungen:

Wenn man lernt, finde ich es sehr gut, auf das Pedal erstmal zu verzichten, um den Notentext zu lernen. Man muß wesentlich gleichmäßiger spielen, Fehler treten offener zutage und je nach Leistungsstand kann es auch mal recht schwer sein, Pedal gleich mit einzubauen. Ab einem bestimmten Stadium im Stück sollte aber da, wo es zweckmäßig ist, das Pedal verwendet werden. Der Lehrer sollte das möglichst genau erläutern: An welchen Stellen, zu welchem Zweck und wie.

Pedalspiel als Interpret entscheide ich nach zwei Gesichtspunkten: Pedalbindung da, wo erforderlich, auf jeden Fall. Pedal für die Klangfülle nur da, wo es mir gefällt. Albertiformen grundsätzlich mit Pedal zu verschmelzen halte ich für unsinnig. Barok spiele ich eher ohne Pedal, Romantik eher mit. Im Übrigen entscheide ich nach Gefühl. Wenn ein Komponist Angaben zur Pedalbenutzung macht, hat das natürlich Vorrang.

Es wäre schön, wenn wir alle uns mit Provokationen zurückhalten würden und auch vermeiden, darauf zu reagieren - für letzteres gibt es immer noch private Nachrichten.
 
Es wäre schön, wenn wir alle uns mit Provokationen zurückhalten würden

Ich muß ehrlich sagen, daß ich mich hier ständig provoziert fühle. Ständig wird hier der Anschein erweckt, als ob Pedalspiel etwas Unanständiges sei. Mit den abstrusesten Begründungen. Mal weil Barockmusik angeblichg völlig steril und klinisch rein zu klingen habe, dann wieder, weil "man" bei Mozart eh kein Pedal nehmen darf, dann wieder aus pädagogischen Gründen, dann dieses dann jenes.

Das Klavier hat ein Pedal damit man es benutzt!

Und um es richtig benutzen zu können, muß man auch lernen, es richtig zu benutzen. Durch nicht-Pedal-benutzen lernt man das richtige Pedalspiel nicht.

Alberti-Bässe spielt man üblicherweise mit Finger-Pedal, das heißt, die Baßnoten der Alberti-Akkordbrechungen werden mit den Fingern gehalten, auch wenn dies nicht extra vom Komponisten so notiert ist. Das ist gängige Aufführungspraxis und in den zeitgenössischen Unterrichtswerken der Mozartzeit auch so beschrieben. Nicht derjenige, der das macht, ist auf dem Holzweg, sondern derjenige, der nichts davon weiß und meint, wenn es exakt so gespielt wird, wie es in den Noten steht, dann ist es auch absolut richtig.

Und die Spielweise, wo der Finger vom Anfang der Note bis zu ihrem Ende an der Taste klebt mag ja für Organisten ihre Berechtigung haben - für's Klavierspiel führt diese Spielweise aufs Abstellgleis. Töne werden mit den Fingern angeschlagen und mit dem Pedal gehalten (und natürlich auch mit dem Pedal zum richtigen Zeitpunkt wieder losgelassen!). Es gibt genug Klaviervideos bei Youtube - Leute schaut euch an, wie die berühmten Pianisten spielen - da klebt keiner mit den Fingern an den Tasten!
 
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Pedalfrage

Durch nicht-Pedal-benutzen lernt man das richtige Pedalspiel nicht.

diese zentrale aussage von Haydnspaß und eigentlich alles was er auch zu Albertibässen schreibt ist richtig.

Ansonsten gilt wieder: Der hobbyspieler kann Pedal benutzen wie er möchte, auch wenn alles verschwimmt. Der Puritaner kann ganz darauf verzichten.

Jedoch die Klavierlehrer haben ja die Pflicht, ihren Schülern den verständigen Pedalgebrauch beizubringen und dazu gehört weit mehr als nur Treten oder Loslassen. Das Pedal gehört unmittelbar zur Klangbildung, ist Teil des Klaviers uind macht seine Möglichkeiten erst komplett. Das Verschiebepedal lasse ich jetzt mal weg.

Pedal spielt man mit den Ohren. die Füsse sind nur Überträger der Mechanik.

Um jetzt mal den ersten praktischen tip zu geben;

Bei jedem Instrument muss man herausfinden, wo der Wirkungsbereich des Pedals beginnt. Gerade bei Klavieren ist das vollständige Treten und Loslassen nicht nötig. Der eigentliche wirkungsbereich ist ca. 1-2 cm. Da spielt sich alles ab zwischen totaler dämpfung und Aufhebung der Dämpfung. Dazwischen gibt es zahlreiche abstufungen, die man hörend ertasten muss.
Stichwort: Viertel- Halb - Ganzpedal. Meist reicht also ein leichter Druck mit den Zehen in den Schuhen, um bereits eine Wirkung zu hören. Deshalb empfiehlt sich auch das Tragen von Schuhen mit nicht zu harter Sohle.

Es ist wie beim Gaspedal eines Porsche: grösste Sensibilität ist gefordert.

1cm gedrückt ? ca. 100 km/h - 1,5 schon 180 km/h

Pardon für den Trivialvergleich aber irgendwie kapiert es sich so leichter
 
...Mal weil Barockmusik angeblichg völlig steril und klinisch rein zu klingen habe
Es wäre interessant, wenn in diesem Thread mal jemand diese Meinung vertreten würde :)

Das Klavier hat ein Pedal damit man es benutzt!
Sehe ich genauso! Man muß es nur nicht immer benutzen, nur weil es da ist.

Und um es richtig benutzen zu können, muß man auch lernen, es richtig zu benutzen.
Schade, daß das damals meine Klavierlehrerin anders gesehen hat. Von Pedalbindung zum Beispiel habe ich erst vor rund drei Monaten gehört, als ich das erste Mal nach Jahrzehnten wieder Klavierunterricht hatte.

Alberti-Bässe spielt man üblicherweise mit Finger-Pedal
Ich hoffe, das weiß heutzutage jeder Lehrer und gibt es auch weiter.

Ich habe ein bischen den Eindruck, daß ich seit meiner Einspielung von Mussorgskys Träne der Antipedalistenfraktion zugerechnet werde. Die Version der Träne war aber ein Experiment, daß leider noch nicht ganz rübergekommen ist obwohl ich davon überzeugt bin, daß ich es noch besser hinbekomme - früher oder später. Und zwar so, daß es rund und tränig klingt, nicht steril. Ich war mir halt ziemlich sicher, daß die meisten es mit Pedal spielen würden und wollte mal was anderes versuchen.
 
Von Pedalbindung zum Beispiel habe ich erst vor rund drei Monaten gehört, als ich das erste Mal nach Jahrzehnten wieder Klavierunterricht hatte.

Da bist du leider kein Einzelfall. Vielleicht ist es einfach Bequemlichkeit vieler Klavierlehrer, daß sie die richtige Benutzung des Pedals überhaupt nicht lehren und stattdessen ein pedalloses Spiel propagieren. Wir wollen ja nicht unterstellen, daß sie es selber nicht können... :rolleyes:

Pedal braucht man auch nicht nur zum Binden bzw. Aushalten von Tönen. Auch der Klang eines einzelnen Ton verändert sich wenn man ihn mit oder ohne Pedal spielt. Und dann muß man sich überlegen, ob man das Pedal vor, während oder nach dem Anschlag der Taste drückt.

Mit "Romantik" hat Pedal übrigens überhaupt nichts zu tun Oder ist Beethoven ein romantischer Komponist?

Was Klavigen über den "Wirkungsbereich" des Pedals geschrieben hat, hat mir sehr gut gefallen. Es ist mir erst kürzlich aufgefallen, daß ich das Pedal garnicht mit dem Fuß sondern mit den Zehen drücke! :)
 
Ein Pedal ist, wie klavigen schon gesagt hat, nicht dazu da, um in den Boden gestampft zu werden. Perfektes Pedalspiel ist mindestens genauso wichtig und schwierig wie die perfekte Interpretation eines Stückes, denn ohne Pedal sind die meisten Interperationen ziemlich ... . Allerdings sollte man vor allem bei Stücken, bei denen viel Pedal benutzt wird, genau darauf achten, dass es nicht ZU viel wird. Als Beispiel die Monscheinsonate, 1.Satz: Immer, wenn etwas neues kommt, soll man das Pedal auch neu treten, allerdings nicht voll runtergehen und dann den Fuß drauf dreschen, seondern leise und behutlich. Denn wenn man, vor alelm in leisen Stücken, das Pedal die ganze Zeit hört, ist das für die Hörer sehr unangenehm.
 
Denn wenn man, vor alelm in leisen Stücken, das Pedal die ganze Zeit hört, ist das für die Hörer sehr unangenehm.

Das hörbare Pedalgeräusch ist aber meistens Folge des unkontrollierten Loslassens, so daß es jedesmal einen Schnapper macht. So weit sollte man das Pedal nie loslassen, sondern immer nur so viel, daß die klingenden Noten verstummen. Da ist aber das Pedal immer noch ca in halber Höhe gedrückt.

Ich hab jetzt nochmal genau beaobachtet, was mein Fuß und meine Zehen beim Pedalspiel machen :p

Also die Kraft zum Runterdrücken des Pedals kommt schon vom Fußgelenk, es liegen aber nur die Zehen (hauptsächlich der große Zeh) auf dem Pedal auf. Der Fersen steht selbstverständlich auf dem Boden.
 
Meine Klavierlehrerin bis 1982 hatte eine adequate Hochschulausbildung. Ich vermute, daß es damals tatsächlich aus didaktischen Gründen so gemacht wurde - das hat sie mir auch so gesagt. Ich habe auch nur ein einziges Stück bis zur Auftrittsreife gebracht (naja...), denn das Stück mußte tatsächlich aufgeführt werden, es war also ansonsten alles reines Lernen und ich wundere mich heute, daß ich fast 8 Jahre durchgehalten habe.

@Haydnspaß, ich erliege manchmal noch den Allgemeinplätzen wie "Romantik muß mit und Barock ohne Pedal gespielt werden", wobei ich allerdings das "muß" sowieso ignoriere, ich will ja nicht bei Kerzenschein spielen und ein Cembalo habe ich auch nicht :D

Mich würde interessieren, noch mehr Meinungen zu dazu zu hören, wann und zu welchem Zweck das Haltepedal eingesetzt werden sollte.
 
Haltepedal

@guendola,

weitere funktionen des Haltepedals

Akkorde aneinanderkleben, die sonst schwer mit den Fingern zu binden sind.

Das Pedal hebt die dämpfer erst dann auf, wenn die Finger den akkord schon verlassen, also erwischen quasi den letzten Klang und sobald der neue Akkord im Ansatz erklingt, ist das Pedal schon wieder oben. Dies wird von Zuhörern kaum registriert, ist aber ein wichtiges Werkzeug zur Vermeidung von Klanglöchern.


Dann das Aufkockerungs- oder Durchlüftepedal - ich kenne auch die Bezeichnung Flatterpedal, die mir aber nicht gefällt.

Man nimmt dies in einer geschwinden längeren Passage , wie z.b. die letzten g-moll Läufe in der Ballade op. 23 Chopin g-moll

Ganz ohne Pedal wirken diese Läufe auch klanglich nicht so befriedigend.
Mit vollen Pedal wirkt es verschwommen.

Der Kompromiss heisst, ungefähr in jeder Oktave mal das Pedal kurz treten und wieder aufheben oder noch häufiger. so kommt mehr Klang raus abver es verschwimmt nicht. das muss aber genau geübt werden und auch der Raumakustik angepasst sein.
 

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