Gebrauchtklavierkauf bei den extrem großen Gebrauchthändlern empfehlenswert?

Alle aus derselben Fabrik, die seit langen Jahren eine Steinway-Tochter ist. Die einzige freie Gießerei (abseits Yamaha, Kawai, einiger Chinesen), die nicht mit Sandguss, sondern mit Vakuumguss arbeitet. Alle anderen Plattengießereien sind seit langen Jahren vom Markt verschwunden.

Umgekehrt: Kelly gießt mit Sandgussverfahren, nicht mit Vakuumguss. Sandguss wird auch im allgemeinen als besser im Klavierbau angesehen.

Es gibt wahrscheinlich mehrere deutsche Gießereien, die das auch noch machen. Z.b. glaube ich mich daran zu erinnern, dass die Platten von Steingraeber auch mit Sandguss hier in Deutschland gefertigt werden. Ob das die gleiche Gießerei ist, die für Bechstein gießt? Würde mich nicht wundern, wenn das für Steingraeber irgend eine kleine lokale Gießerei macht. Und zwar schon lange für die.
 
Leute.... ich bin Fertigungstechniker.

Ich weiß, wovon ich rede.

Ich weiß nicht, was Yamaha kann, was einige Chinesen vielleicht zwischenzeitlich können.

In den USA war vor zweidrei Jahren glasklar ausgesagt, dass O.S. Kelly, Steinway-Tochter, im Westen das EINZIGE Unternehmen weltweit war, das das Einformen für Klavier- und Flügelplatten mittels VAKUUMFORMEN erledigt.

Hierzu wird zwar in Sand gegossen, AUCH beim Vakuumformgießen, jedoch zuvor eine Folie mit Vakuum an die Form gezogen (und dann auf den Sand gelegt), was eine erheblich höhere Genauigkeit des Abgusses ermöglicht. Damit sind engere Toleranzen möglich, feinere Rippen, niedrigere Gewichte bei dennoch hoher geplanter Steifigkeit.

Vakuumformgießen (jajaj, mit Sand dahinter) ist der Goldstandard der Gießereitechnik für Klaviere.

Gießereitechnik böte prinzipiell noch etwas besseres...

... Metallformen. Diese jedoch werden nicht für Stahlguss und nicht für Eisenguss eingesetzt, sondern für NE-Metalle. Und selbst wenn es mit Metalleinformung ginge, Eisenguss zu verarbeiten, dann würden Flügelplatten von knapp drei Metern Länge und anderthalb Metern Breite so unglaublich teuer werden, dass das nicht geschähe.

Ich weiß für das Einformen von Presswerkzeugen im Automobil, dass große Pressteil-Werkzeuge solcher Abmessungen teils über 700.000 Euro kosten - ein Cousin ist Karosseriebau-Werkzeugkonstrukteur in Deutschlands Norden.

An NE-Metall-Gißerei-Verarbeitungen habe ich selber mitgewirkt, wenn ihr in eurer Küche Schlösser und Scharniere in "Topfbohrungen" montiert habt, dann habe ich diese Scharniere in einer Velberter Gießerei möglicherweise mit fertigen geholfen, falls das in den Jahren um 1981/82 geschah.

Also: Goldstandard. Vakuumformgießen.

Und als das aus den USA angesagt war, da war O.S: Kelly AUCH Lieferant für Bechstein-Platten.

Es mag sein, dass heute mittlerweile z.B. in Europa eine Gießerei, die Vakuumeinformen macht, oder mehrere, mittlerweile auch Flügelhersteller beliefert.

Denn Vakuumformen ist so ganz ungewöhnlich nicht, es war nur nach dem Stand vor einigen Jahren im Klavierbau EINZIG bei O.S. Kelly eingesetzt.

Und noch einmal, das Vakuumformen ist AUCH ein Sandguss-Verfahren, aber ein entscheidend besseres. ....
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier wird das Vakuumverfahren ganz gut erklärt. Einerseits wird Folie mit Vakuum an das Modell angebracht. Andererseits wird der Formstoff (Sand) mit Vakuum verdichtet.


Eigentlich müsste das also Vakuumsandgussverfahren heißen. Warum genau das jetzt laut einiger Klavierbauer schlechter sein soll als das traditionelle Sandgussverfahren, kann ich nicht sagen. Bechstein jedenfalls nutzt das traditionelle Verfahren. Die schreiben auf ihrer Homepage:

Die gusseiserne Platte hat einen wesentlichen Einfluss auf den Ton. C. Bechstein Gussplatten werden im aufwändigen Sandguss-Verfahren, nicht im preiswerteren Vakuum-Verfahren gegossen. Ein spezieller Kunstsand ermöglicht eine hohe Maßhaltigkeit der Gussplatte und ein optimales Profil der Querschnitte. Für unsere Klaviere und Flügel verwenden wir nur Platten mit hohen Schalldurchlaufzeiten. Die Gussplatte wird mit den Rastspreizen über eine Metallverbindung verbunden, um den Kraft- und Energiekreislauf zu schließen.
 
Die Bechstein-Marketingelinger versuchen da IMHO einen sprachlichen Trick: den Umstand, dass sie nun, abseits des alten Designs und abseits der "Feindbeschaffung" teurer den Sandguss zahlen, in einen "Vorteil" umzudeuten, bzw. den Vakuumformguss als die "billigere" Variante hinzustellen.

Büschn fies, das...

Es sind wirtschaftlich wohl ganz simple Break-Even-Betrachtungen:

1- nehme ich zu Anfang "investiv" viel Geld in die Hand (Modelle für Foliengebrauch am Vakuumformguss),
1a - um hinterher jedes einzelne Stück preiswerter fertigen zu können
1b- und mache mich auch betreffs eventueller Design-Änderungen unflexibler...

2- oder mache ich was Einfacheres (Modelle für Sandguss), in den Fertigungsvorbereitungen preiswerteres,
2a- und nehme dafür höhere Einzelstückkosten in Kauf.

Bechstein ging nun den letzteren Weg.

So zu tun, als seien die O.S.Kelly-Platten was "billigeres" (sind sie), und damit zu insinuieren (dem Interessenten nicht klartextig zu sagen, es ihm aber zu denken nahelegen...) was "minderwertigeres" (sind sie nicht), das ist mir doch verfänglich.

Wahrheit ist, dass an Flügelplatten beides geht. Beide Verfahren können in den Händen kompletenter "Filigrangießer" Ergebnisse liefern, die in Ordnung sind. In dem einen Fall, bei hohen Stückzahlen und "keine Lust / keine Not", das Design zu ändern, mache ich das investiv Teurere, um mit höheren Stückzahlen zu niedrigeren Einzelstückkosten zu kommen, und in der Summe des über Jahrzehnte vielleicht gefertigten Modells günstiger zu sein (Steinway).

Oder

ich weiß vielleicht noch nicht, wieviele D ich in den Jahren verkaufe, und scheue daher den Invest in Folien-Einformmodelle, und mache es preiswerter, und bin zudem im Nebeneffekt auch noch flexibler, sollten meinen Konstrukteuren mal noch Verbesserungen an der Platte einfallen (Bechstein).
 
Wahrheit ist, dass an Flügelplatten beides geht. Beide Verfahren können in den Händen kompletenter "Filigrangießer" Ergebnisse liefern, die in Ordnung sind. I
Davon gehe ich aus. Bechstein und Steinway nutzen ja unterschiedliche Verfahren, aber man kann nicht sagen, dass einer von beiden wegen der Gussplatte besser klingt.

Ein Hersteller, den ich mal besichtigt habe, hatte mal auf Vakuumverfahren umgestellt, war aber klanglich nicht zufrieden. Deswegen hatten die dann wieder auf das traditionelle Verfahren umgestellt. Wo die ihre nach Vakuumverfahren gegossenen Platten her hatten, kann ich nicht sagen.
 
Ausgereift im Sinne von: Das Produkt ist jetzt fertig, läßt sich nicht verbessern und ist absolut perfekt und unsere Konstruktionsabteilung schicken wir jetzt in den Ruhestand?

Mit so einer Denke sollte man nicht an einen D-Flügel herangehen.
Sehe ich auch so.

Man fragt sich allerdings schon, was da am 1 Steinway Place, Ditmars, Queens, New York Ctiy, die Konstrukteure sonst so tun, außer an billigeren Bostons und ganzbilligen Essexens herumzumachen...

Mich macht das bissele traurig, wenn seit 1884 i.w. nur noch so Sachen wie die "accelerated action" (New Yorker Flügel only), das "diaphragmatic soundboard", und dann das Elend mit den Makkaroniröhrchen in Teflon (1961-1982) herumkamen...

Da wird schon weitenteils so getan, als habe Onkel Theo Steinweg sintemalen (vor einhundertvierzig Jahren...!...) bereits das Non-plus-Ultra ausbaldowert, und man bräuchte nicht mehr ran...

Ich werfe mal was Freches in den Pott. Wenn einem schlauen Metallurgen eine drahtwalzbare Mischung Spezialstahl für neue Saiten zu backemachen einfiele, die a- gut klingt, und b- eine um 20% höhere Bruchspannung realisierte..., was, WAS ZUR HÖLLE, machte dann die Klavierwelt?
Dann müssten sie doch wohl alle ran..,. noch einmal springen, um für diesen neuen Wunderdraht neue Scalings auszubaldowern, neue Saitenfeld-Berechnungen, letztlich komplett neue Flügel..., und man könnte vielleicht doch noch einen 3.50-Meter-Konzertflügel bauen?

Dann sind die, die sich nichts wirklich neues mehr zu bauen trauten, nicht nur hintenran, dann sind die - mal brutal gesprochen - technologisch in der Uhr, am Sack. Und Leute, die noch Ahnung haben und das pflegen, wie z.B. Bechstein, Fazioli sicherlich auch, auch Yamaha und Bösendorfer traue ich das zu, sind dann in einem uneinholbaren Vorteil. Viele andere müssten dann handwerklich ran, ausprobieren, auf die Schna... Nase fliegen, und wieder neu, und kämen viel später mit neuen Wunderdrahtflügeln um die Ecke.

Also diese Untätigkeit, dieses nicht sichtbare "Machen" oder Nichtmachen, das macht mich, Steinway-Freund und partialer Verehrer der sagenhaften Vergangenheit, zudem Ingenieur, Konstruktions- UND Fertigungs-Techniker, förmlich rasend.

Es wird schon so seine Gründe haben, warum Marc Wienert, Boss der Technik einer der großen Musik-Unis in New York, einer der profundesten Kenner von Flügeltechnik, privat seit Jahrzehnten nur EINE Sorte Flügel kauft, gebrauchte Centennial D von 1875 bis 1884. ... Alle, die er kriegen kann.

Nur, ich KANN das einfach nicht glauben, dass mit dem Frühjahr 1884, mit Erscheinen der D-Seriennummern >53.000 , bereits alles getan war und es tatsächlich nichts mehr zu verbessern gäbe.

Es ist NICHTS so gut, dass man es nicht noch verbessern könnte.

Aber tun sie was? In New York sehe ich - NICHTS. Es ist zum Mäusemelken.
 
Es ist NICHTS so gut, dass man es nicht noch verbessern könnte.

Aber tun sie was? In New York sehe ich - NICHTS. Es ist zum Mäusemelken.
Hast Du Dir möglicherweise die Antwort in Deinem vorletzten Posting indirekt selbst gegeben?

Ich würde das als ökonomische Rechnung aufmachen. Nehmen wir an, Pareto hat in etwa Recht und 1884 waren mit 20% des notwendigen Aufwands 80% der Probleme gelöst - wer sollte sich dann in den kommenden Jahrzehnten auf die übriggebliebenen Detailprobleme stürzen? Zumal, wenn der Markt auch noch kräftig schrumpft. Verbesserungen sind jetzt mühsam und teuer und die Absatzzahlen sind in der Mittel- und Oberklasse doch ziemlich gering. Wenn man irgendwas besser machen will, darf das nicht viel kosten und muss auch für den Laien erkennbar sein. Ob jeder eine Kreuzraste oder ein Aliquot im akustischen Endergebnis hört, ist dann nachrangig, so lange man auf diese Änderung mit dem Finger zeigen kann.

Einen zweiten Aspekt hast Du auch angesprochen: In den 1960er Jahren hatte Steinway die Idee mit den Teflonröllchen, die sich als keine gute Idee entpuppte. Für mich wäre die Lehre, die ich daraus ziehen würde: "never change a winning team". Dein apostrophierter Wunderdraht klingt heute supertoll, aber in zehn Jahren stellt sich vielleicht heraus, das die Langzeithaltbarkeit doch nicht so doll ist wie erwartet und man dann vielleicht Kulanz bei den alten Kunden gewähren muss und die potentiellen Kunden in 10 Jahren sich denken, dass der Hersteller seine Produkte nicht im Griff hat. Das ist ja ok, wenn der Kunde sein iPhone nach 2 Jahren wegschmeißt, aber das Instrumeng gibt es ja in Jahrzehnten noch.

Ein dritter Grund könnte der sein, dass Du das Produkt zu eng gefasst hast. Du würdest wahrscheinlich sagen, dass die Instrumente in den 1840er Jahren - also ohne Gussrahmen - auch Klaviere waren. Aber die Digis heute, die eine noch ausgetüfteltere Klangerzeugung haben - sind das auch Klaviere? Das wäre doch so, als würdest Du sagen, dass sich bei Musikkonserven seit 50 Jahren nichts mehr getan hat, weil es ja bei den Vinyl-LPs keinen Fortschritt gibt und ignorieren, dass die meisten Menschen heute MP3 hören.

Das sind drei Gründe, die m.E. dafür sprechen, den Ball bei konstruktiven Änderungen extrem flach zu halten. Für Dich als Techniker ist das unbefriedigend, aber ökonomisch vollkommen nachvollziehbar.
 
Unter die letzten Einsendungen würde ein Lehrer " Thema verfehlt" schreiben, hier ging es doch im Ursprung über Händler.
 

Das sind drei Gründe, die m.E. dafür sprechen, den Ball bei konstruktiven Änderungen extrem flach zu halten. Für Dich als Techniker ist das unbefriedigend, aber ökonomisch vollkommen nachvollziehbar.

Ist es nicht. Ich habe explizit nur von Konzertflügeln jenseits der 274 gesprochen und das ist nun einmal die Formel 1 im Klavierbau, in die zumindest bei einigen Herstellern erhebliche Entwicklungsressourcen gesteckt werden, weil tatsächliche Fortschritte dann auch jedem anderen Instrument zugute kommen.

Es sind bei einem erwachsenen Konzertflügel die Details, an denen man feilt und ihn inkrementell besser macht und damit auch Impulse in die Produktion zurückgibt. Und solche Änderungen macht man einmal als Investment, aber dieses skaliert über den gesamten Produktionszeitraum und ist damit ökonomisch sinnvoll.
 
Zuletzt bearbeitet:
hier ging es doch im Ursprung über Händler.
Dann mal wieder auf Händler zurück.

Bei einem der genannten großen Händler würde auch ich nicht des samstags auflaufen. Aber ich gehe sehr gerne in der Woche mal hin. Dann sind die Leute hilfsbereit bis dankbar, Besuch zu haben. Außerdem ist der Boss ebenso wie ich neben der Flügelei auch ein Aficionado von alten Sternchenautos.

Dieser Händler hatte drei-vier Jahre lang eine herrlichen Konzertflügel stehen, einen Bechstein D-280 aus der Zeit um 1980. Immer mal wieder wurden daran auch kleine Arbeiten gemacht - mit Anpassung des Preisetiketts. Es war immer ein klein fein Träumchen, an diesem Instrument spielen zu dürfen, und das sah der hauseigene Konzertpianist genauso.. Selbst der Boss machte nach mehreren Besuchen den Eindruck, dass sie so versessen auf einen Verkauf des Instrumentes gar nicht seien. Dass sie es sehr wertschätzten, das Instrument zu haben. Irgendwann dann war der Bechstein doch weg, zum einen mit leichter Trauer, zum anderen großer Befriedigung ob des erzielten Verkaufspreises vermeldete man mir, dass der feine Bechstein an einen Dirigenten nach London gegangen war. Immerhin sind sie ein Klavierhandelshaus, und kein Museum, da ist Klaviere zu verkaufen der Zweck des Daseins.

Mir stand nun mangels Kenntnissen nicht an, zu inspizieren, ob an dem Instrument alles OK und original sei. Aber eines kann ich sagen, wenn mein Konzertflügel hier abfackeln sollte, wäre - neben einem 275er Bösendorfer in Edinburgh - der Bechstein bei Münster in der ganz engen Wahl für Ersatz gewesen.

Ansonsten habe ich sehr viele Geschichten rund um das Sanieren von alten Steinways gehört und gelesen, teils gesehen. Einer meiner Schulfreunde ist Inhaber-Geschäftsführer von Pianova, Klavierbaumeister, und ehedem einer der, wenn nicht DER damals erfolgreichste Steinway-Sanierer, u.a. mit exzellenten Kontakten nach Kalisz in Polen, bis er in einem Rechtsstreit um das Markenrecht, seine sanierten Flügel unter dem Namen "Steinway" verkaufen zu dürfen, gegen Steinway Hamburg unterlag.

Man kennt diese Diskusse auch unter dem Fachbegriff (LOL) "Steinwas".
Wozu ich ganze Abhandlungen oder ein Buch würde schreiben können.

Seither packte er keinen einzigen Steinway mehr an.

Eines noch. Die wundervollsten uralten Steinway unterhalb der Konzertergröße hatte ich mal bei der Ladenauflösung in Culemborg, NL erspäht.. DER Techniker dort hat oder hatte es wirklich drauf, Mechaniken zu machen. SO herrlich, wie sich die uralten Elfies anfühlten auf der frisch sanierten Mechanik, hatte ich das niemals wieder, nicht mal bei neuen Instrumenten bei diversen Steinway-Werkshändlern.

Also je nachdem, wonach einem der Sinn steht, kann man uU. auf das ganze Originalitätsgeheule verzichten, und schlicht nach der Performanz eines Instruments gehen, optisch, taktil, akustisch, portemonnaie-technisch.
 
Vermutlich ist mit dem Bechstein genau dieser hier gemeint:



Da hat jemand die klangliche Substanz herausgehört, denn die Ausarbeitung ist dann doch einigermaßen suboptimal. An meinem dritten Arbeitstag hatte ich das große Vergnügen, in unserem kleinen Konzertsaal in Hradec Kralove nebeneinander perfekt vorbereitete Flügel, also einen E 280 aus 1970, einen 280 EN aus 1985 und einen neuen D 282, ganz für mich alleine zu haben. Tolles Erlebnis und da hörte man vor allem, dass ein richtiger Konzerttechniker aus einem älteren Flügel unglaublich viel herausholen kann. Es war eben nicht dieser leider manchmal sehr flashe und harte Ton im Diskant, sondern glockenhell, weich und sehr dynamisch. Ja, das hat Spaß gemacht.

Einen absolut großartigen E 280 kann man übrigens in dieser Aufnahme mit Igor Zhukov aus 1972 hören:



Was die Mechanik älterer Steinways angeht: 100% Zustimmung. Bei mir ist es halt inzwischen eine Bastard-Mechanik, weil komplett neue Hämmer drin sind und dementsprechend andere Hebeglieder, Piloten und Fänger benötigt wurden. Köpfe wurden seitlich leicht abgeschliffen, um sie wieder leichter zu machen - und das Spielgefühl ist genau das wie von Dir beschrieben: Ein Traum.
 
Um mal noch was zum Spielgefühl auf alten Steinways zu sagen.... Und auch, weil immer mal diese diskreditierten (Nur-)85-Taster diverser Bauserien in den Handel sollen...

Ich jage ja den "Henry"-Flügeln hinterher, Vorläufer der heutigem C, hinter dem Centennial D die Instrumente, deren Performanz nicht oder kaum von Onkel Theo Steinweg bestimmt wurden, sondern das Scaling i.w. noch von Vattern Heinrich Engelhard, und Sohn Henry junior. Die Salonflügel um ca. 220 cm, die ich IMMER, in den wenigen Exemplaren, als traumhaft schön im Klang, und einmal auch im Spielgefühl herrlich erleben durfte.

Diejenigen Flügel, die hinter den gerade besaiteten Ur-Konzertern von ca. 245 cm die dicken Geldbringer auch aus den wohlhabenden Bürger-Haushalten waren, und an denen Henry jr. seine Gehversuche zum Übertragen der bei Tafelklavieren längst schon praktizieren Bass-Überkreuzungsversuche herüber zum Flügel machte - was ihm dann 1858/59 auch gelang. Was ihn trotz seiner Jugend zum Vater des modernen Flügels adelte.

Herausragend im Spielgefühl war der 1871er C-Vorläufer von Max Matthias im Kunst- und Gewerbemuseum in Hamburg, den ich nach Beschwatzen der Saalaufsicht mal vor Jahren spielen durfte - von ihm allerdings weiß ich, ausweislich der Dokumentation von Andreas Beurmann, dass sich in diesem Flügel eine neue original Steinway-Mechanik nach Aktualstand birgt, denn immerhin war Max Matthias Werkleiter bei Steinway Hamburg. Und absolut sicher ist das also keine Mechanik aus der Bauzeit. Er kann auch was. Oder der von ihm Beauftragte.

Verbunden mit dem Traum des Klanges könnte man sagen, schiet wat auf Originalität...., SO muss ein uralter Steinway sein. Allerdings schätze ich auch, in die Kleidchen alter Flügel hineinsehen zu können, was mir bei der arg suboptimalen Mechanik des 1864er Salonflügels von wundervollem Klang im Museum Seesen verwehrt war, da diese Kiste noch nicht angemessen dokumentiert ist - und AUCH aus Hamburg stammt, zwar nicht in HH gebaut, dafür war es damals zu früh, aber exportiert gen HH, und in einem Bürgerhaushalt genutzt, bis dann der Männerchor Seesen das Instrument vererbt erhielt und es bis zu seiner Auflösung 2004 nutzte.

Wenn eine schlechte Spielmechanik Indikator für Originalität wäre, dann müsste man dem Seesener Flügel mal die Schublade ziehen... Wie gerne wäre ich dabei..., denn das ist der allerälteste Steinway-Flügel, den ich je spielte. Ich vermute, der könnte noch seine originale Mechanik haben... Die von Henry jr. ja 1858 ein allererstes Steinway-Patent bekam: Verbesserung der Erard- und Henri-Herz-Mechanik. An einen älteren Steinway-Flügel komme ich nur ran, wenn ich doch noch eines späten Tages einen US-Kumpan in Loma Linda besuchen fahre, dann besteht Chance, an einen 1858er Geradsaiter heranzukommen. Dass man mich an #1158 in Philadelphia heranlässt, halte ich für ausgeschlossen, das ist uU. der älteste noch erhaltene, und vielleicht der erst vierte oder fünfte überhaupt produzierte Flügel von Steinway NYC.

Auch der Konzerter aus der 13.000er Benummerung in Culemborg war was schönes. Palisander, schnitzverschnörkelt, und schon 88 Tasten. Ca. 1867. Damals zu kaufen für 52.000 EUR...

Aber all das ist Theoriegeschwätz, munter dargeboten vor dem Hintergrund, dass man im eigenen Wohnzimmer einen sehr gut hergerichteten Konzertflügel nutzen darf - und einem dann all die anderen alten bis uralten Scharettchen mit anderen Details (und ihren teils vielen Fehlern...) interessant sein dürfen. Hätte ich hingegen den Seesener Flügel allein daheim stehen, ich würde wahne ob dessen suboptimaler Mechanik, und da müsste einer ran.
Hätte mir auch blühen können, wenn ich damals den Mangeot-Steinway für 1.000 EUR aus Clermond-Ferrand (Queen-Anne, neckische Kurvenbeinchen, schleiflack-weiß mit Goldbordüren, ein Klavier wie Schloss Schwanstein) auf Gefahr der Scheidung wegzuholen getraut hätte... Habe ich nicht, wusste nicht wohin mit der Schönheit, Madame teilt die Sehnsucht nach Zweitgeflügel leider nicht.

Was mich insonderheit wunderte, dass man in so manchen Häusern irgendwie auch an Steinways, trotz deren herausragender Substanz der Spielmechanik, anscheinend teils völlig plan- bis hirnlos irgendwas an der Mechanik tut oder tat - wie es auch mir geschehen war, als ich losrannte und einen "generalsanierten" Konzertflügel kaufte, an dem dann später der Klaviermacher Michael noch zweieinhalb Tage Basisarbeit der Reibungs-Herausnahme machte. Immerhin bin ich dem Verkäufer sehr dankbar, dass er mir eine sehr gute Klanganlage baute. Ausspänen und so, es ist ja nicht so, dass der Mann nichts kann... Aber Mechanik ist sein Ding irgendwie kaum.

Culemborg war Erste Sahne.

Michaels Arbeit war Erste Sahne.

Der Pyramid-Mahoganny-Bösendorfer 275 in Edinburgh war noch einen winzigen Tuck sahniger. Der war auch in Wiener Neustadt tutti completti gemacht worden, dort hat es also auch wer absolut drauf. Das war vielleicht DER Konzerter, der mir lebenslang als "mein" allerbestes Instrument in Erinnerung bleiben könnte ...
.... wären da nicht auch noch die komplett außerirdischen Pleyel und Erard in Enschede und Südengland gewesen... Deren Mechaniken allein schon deswegen außer der Bandbreite sind, weil sie noch wieder einiges leichter gingen, und das filigrane Spiel an Chopins Fioraturen einfach wundervoll unterstützten, plus den WHOW-Effekt, an einem Instrument aus der Lebenszeit Chopins, an einem quasi verschwisterten Instrument sitzen gedurft zu haben. Unvergessliche Erinnerungen. Der 1842 in Tunbridge Wells, für den könnte ich vielleicht morden. Dort die Nocturne op9 Nr2 mit den Fioratuen der Tellefsen-Version gemacht zu haben wird mir hoffentlich mein Leben lang in Erinnerung bleiben.

Bestimmt aber überhöhe ich diese Dinger, und das vielleicht auch nur, solange ich selber nicht mit den Wartungsnotwendigkeiten solcher Apparillos geschlagen bin... Vielleicht läuft mir doch noch eines Tages einer zu. Vielleicht im Tausch gegen meine BMW R 69 von 1955. ... , DAS super bequeme Vollschwingenmotorrad, du steigst in Dortmund auf, gibst Vollgas, steigst in München wieder ab, gehst kurz duschen, bist erholt, und ab ins Münchener Nachtleben. nach Corona. Wenn's das gibt. Ergonomie ist alles, und schwere Hammergewichte von Konzertflügeln sind ergonomisch einfach mist. Sorry.

Pleyel, Erard, 1840er, sowas wird ja normalo auch nicht gehandelt, insofern off topic. Es sei denn, man verlaufe sich in das Schloss des Herrn Michael P. ..., auf halbem Wege von Hamburg nach Berlin, der immer mal auch solche Gerätschaften auspries. "Das Instrument gibt sehr schöne Töne." ... Andere sagen, nun jaaa, tolle Möbel, aber mit Spielen ist da kaum noch was oder nichts mehr. ... Wer hat nun recht? Ich habe es nie ausprobiert.

Nebenbei in dem Zusammenhang, Destenay wusste immer auch was zu solchen französischen Instrumenten. Lange nichts mehr von ihm gesehen.
 
Ich jage ja den "Henry"-Flügeln hinterher, Vorläufer der heutigem C, hinter dem Centennial D die Instrumente, deren Performanz nicht oder kaum von Onkel Theo Steinweg bestimmt wurden, sondern das Scaling i.w. noch von Vattern Heinrich Engelhard, und Sohn Henry junior. Die Salonflügel um ca. 220 cm, die ich IMMER, in den wenigen Exemplaren, als traumhaft schön im Klang, und einmal auch im Spielgefühl herrlich erleben durfte.

Naja, wenn denn Reisen mal wieder möglich sind und Du nach Wien kommst, dann schleppe ich Dich noch in das Brahms-Museum in Mürzzuschlag, etwas über eine Stunde von Wien mit dem Zug. Dort steht neben dem legendären Streicher, den man auf der einzigen Aufnahme von Brahms hören kann, auch besagtes Modell aus dem Jahr 1884.

IMG_20190811_144503.jpgIMG_20190811_144508.jpgIMG_20190811_145352_01.jpgIMG_20190811_145403.jpgIMG_20190811_150037.jpgIMG_20190811_154627.jpg

Akustikanlage sorgfältig von Gert Hecher überholt und die Mechanik von Philipp Schneider, mithin von den beiden Experten, die aus meinem häßlichen Entlein einen herrlichen Schwan gemacht haben. Steht übrigens zum Verkauf.
 
20 Basstöne. ...
Und keine umsponnenen Tenor-Saiten, bei Konzerterlänge ein Spezialmerkmal des Centennial-D.

Wenn Konzerterlänge (ich sehe hinten in der Platte das charakteristische "Auge" der D nicht), dann einer der allerersten modernen D vor 1890. ...
Brüderchen des überaus feinen New Yorker CD-001?

Zit. Wikipedia "Genealogie der Steinway-Flügel" ...

1884Erste C-Flügel in der Länge 222 cm #49.053 und #49.054 – immer noch 85 Tasten
Letzte Centennial D #50.735 und #50.961
Erster D-Flügel nach aktueller Bauweise #51.257



BTW Im Artikel ganz unten die Abruf-Statistik. Was eigentlich war am 7. Februar los, dass 163 mal dieser Artikel abgerufen wurde!?? Ich muss mal langsam über ein Lizenzmodell nachdenken... :-P
 

Zurück
Top Bottom