Frage zu Chopin op. 53, "lyrischer Teil"

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wollt halt auch mal mitreden
 
@rolf

Einen Monat später... :rauchen:

Ich glaube nicht, dass ich ohne Deine Hinweise drauf gekommen wäre, sage ich ganz ehrlich. Hat auch trotz ausgelegter Spuren lang genug gedauert. ;-) Immerhin hat es sich gelohnt, wie ein Begriffsstutziger Töne und Tonabstände zu vergleichen.

Aber wie formuliere ich das nun... :denken:
Ich fürchte, da muss ich passen.:girl: Es mangelt mir an deklarativem Wissen und an systematischer Methode. Versuch:

Es gibt Umkehrungen von chromatischen Tonfolgen
Es gibt "gefühlte Parallelen" zu den Gruppen wie T 4 bzw. 8 (die "Rauf und Runter"-Figur mit betonter erster Note ces bzw. des) und T 13 ff (Dominantseptime, im Thema + Haupttonart mündend). Etwas Ähnliches passiert T 153 f
Die Oberstimme der Figur T 27 ff erscheint im Bereich ab T 143 als Andeutung
Die chromatischen Terzen der linken Hand an manchen Stellen ahmen die vom Anfang nach, aber zur Unkenntlichkeit verfremdet
Ich "ahne" einen Zusammenhang von T 136 mit T 63 ff (in diese Richtung scheinen auch T 132 und T140 zu weisen).

Ich spüre jetzt viele Assonanzen und sehe auch keinen Fremdkörper mehr in diesem Abschnitt. Er läuft, er läuft auswendig, im Tempo, aus einem Guss und klingt plötzlich auch nett. Das ist bereits die Hauptsache. Ich tappte ja vor wenigen Wochen noch im Dunkeln.

Es stimmt mich ein bisschen missmutig, dass es mir so schwer fällt, meine "Ahnungen" aufs virtuelle Papier zu bringen. Ich bin gut im Sezieren und Interpretieren von Lyrik, Prosa, (Sprach)Literatur. :denken: Musikliteratur ist erheblich komplexer, mir fehlt noch die Methode, wie man so etwas angeht. :-(Gibt es dazu Handreichungen?
 
Neiiiiin! Aber vielleicht einen oder zwei didaktische Tipps? :super:
...hm...
bzgl. gelegentlich sehr versteckter thematischer Verknüpfungen, gucken wir aus didaktischen Gründen in Beethovens op.13:
die fetten fp-Akkorde im Grave erscheinen nochmals im Finale (Rondo)
das Seitenthema im Kopfsatz ist "verwandt" mit dem Hauptthema des Finale (Rondo) ((nahezu identischer Auftakt))
...sowas ist auf den ersten Blick wie beim ersten lesen nicht immer gleich offensichtlich - - - vielleicht murkst der Chopin ebenfalls mit dem Hauptthema und dessen Themabestandteilen (Motivsplittern quasi) der Polonaise herum?

(jetzt müsste der Groschen aber fallen...)
 
ist er inzwischen gefallen, der Groschen?

Ja, ich denke schon. Zunächst mochte ich den Abschnitt ja überhaupt nicht, mittlerweile finde ich ihn faszinierend.:blume:

Habe auch auf Notenpapier von Hand "gemalt". Versucht, den Notentext auswendig aufzuschreiben. Nicht vom eidetischen Gedächtnis abgepinnt, sondern vom musikalischen Gedächtnis. Hin und wieder musste ich spicken. ;-) Freimütiges Bekenntnis: So einen Aufwand habe ich noch nie betrieben. Hätte ich mal früher tun sollen - fürs "Erste Mal" hätte es gern weniger komplex sein dürfen. :lol:

Ich glaube zu erkennen, dass es sich um stark verfremdete Variationen des Themas handelt. Erkennbar eigentlich nur am tatsächlich auftauchenden Notenmaterial sowie den "Richtungen" der Bewegung, die das Notenmaterial einschlägt. Die Verfremdung beginnt bereits im Abschnitt zuvor. Bin mittlerweile auf dem Trip, überall Variationen und Assonanzen zu sehen. :lol:

Ich habe das Stück jetzt seit einem halben Jahr in Arbeit. Nicht ausschließlich, natürlich, nebenher liefen/laufen noch einige Etüden von Chopin bzw. Liszt. "Durchspielen" kann ich es schon lange - es enthält ja keine technischen Schwierigkeiten im eigentlichen Sinn oder fiese Ekelstellen. Aber es gibt musikalisch geradezu unendlich viel daran zu feilen. Statt langweiliger zu werden, wird es immer noch faszinierender - fordernder und gebender zugleich.

Ich danke Dir wirklich sehr für Deinen geduldigen Input :super: und freue mich auch, den Schritt getan zu haben mit meinem öffentlichen Bekenntnis, breit und fett auf dem Schlauch zu sitzen. :girl:
 
- es enthält ja keine technischen Schwierigkeiten im eigentlichen Sinn oder fiese Ekelstellen.

Definiere bitte technische Schwierigkeiten und fiese Ekelstellen;-). Z.B. die Stakkato-Oktaven des Mittelteils in rasender Geschwindigkeit vom pp bis fff zu spielen würde ich sowohl als technisch schwierig, als auch als fiese Ekelstelle bezeichnen:-D. Ohne fundierte Ausbildung, die nur wenige Amateure haben, scheitert man da grandios:cry2::-).
 
Zuletzt bearbeitet:
@Barratt ...ja was denn jetzt: glauben, denken oder erkennen? ;-):-D

...wer in der Turnstunde nicht über den Bock hupfen kann, auch wenn die Laufrichtung und die Absicht stimmen, der kriegt Hilfestellung (so jedenfalls war das früher mal in der Schule)... also:
jeder größere Abschnitt der Polonaise enthält mal etwas verborgen, mal ganz offensichtlich eine wiedererkennbare Figur aus 4 Tönen, diese könnte man als strukturelles Kernmotiv (nicht Thema!) bezeichnen. Das bedeutet nicht, dass die Polonaise aus Variationen bestünde, das bedeutet auch nicht, dass sie quasi monothematisch seie - es zeigt stattdessen, dass der Konstrukteur Chopin das gesamte thematische Material miteinander verknüpft und nicht, wie vielleicht der erste oberflächliche Höreindruck nahelegt (gar nahelegen soll...!!), dass hier gänzlich voneinander verschiedene Teile potpourriartig oder a la Rondo aneinandergereiht wären. Diese Konstruktion geht schon in Richtung der so genannten Thementransformation.
(jetzt müsste man diese alles verknüpfende Viertonfigur finden - da bin ich zuversichtlich, dass Polen noch nicht verloren ist*), will sagen dass die nicht vorgesagt werden muss)

Jetzt müsste man als nächsten Schritt überlegen, was diese motivische Verknüpfung des gesamten Materials zu bedeuten haben könnte:
a) Zufall
=> bedeutet also nüscht
b) ne Marotte vom Fritzek: weil ihm nicht genügend neue Melodien oder so eingefallen sind, hat er halt welche um so´n Viertondings herum zusammengewerkelt, immerhin ist ihm das ganz gut gelungen, weil da verschiedene Stimmungen und Atmosphären (marzialisch, glanzvoll, melancholisch usw) rüberkommen; kurios halt, dass das Ableitungen vom Viertondings sind
=> grummelschmoll, genervt vorwurfsvoll blickend: statt darüber Zeit zu verlieren, hätte man besser die Oktaven üben sollen, denn jetzt weiß man zwar was über die Konstruktion, kann das Ding deswegen aber immer noch nicht begreifen geschweige denn im Tempo adäquat spielen - hat also auch nüscht gebracht :-D:-D:-D Scheißseziererei, zeitvergeudende nutzlose Analyse :-D:-D:-D
c) [.....vorerst zensiert.....]

....und gemeinerweise ist c) richtig, wird aber noch nicht verraten! Nur bissel Hilfestellung allgemeiner Natur:
- einerseits ist alles miteinander verknüpft,
- aber vieles klingt sehr unterschiedlich in Sachen Stimmung, Ausdruck, Atmosphäre
- und obendrein gibt es entwickelnde und statische Abschnitte (Chopin setzt keine Wiederholungszeichen... trotzdem wiederholt sich manches)
(jetzt zuordnen, überlegen, soso alles das aus einer Keimzelle geholt, ja dann.......)

***

es enthält ja keine technischen Schwierigkeiten im eigentlichen Sinn oder fiese Ekelstellen
...das ist natürlich arger Blödsinn!
_______________
*) ein dezenter Hinweis in eine interessante Richtung... ;-)
 

Der ist sicher auf alles außer den Ohren eingeschränkt. :-)
 
@rolf

gott.gif
Ich schätze Deine sokratische Methode, danke für die Mühe!!! :love:

.ja was denn jetzt: glauben, denken oder erkennen?
Im nächsten Leben werde ich das Fach "Musik" in der Oberstufe nicht abwählen. :girl: Ich bin vorsichtig mit vollmundigen affirmativen Aussagen zu Themen, wo ich deklarative Defizite habe. "Passage" war schon ein falscher Begriff, "Variation" auch. :konfus:Aber wenn Du schon nachhakst: Ich wähle "erkennen". Glaub ich. :lol:

Die Viertonfolge (das Motiv) geht "da-di---do-dö", gell? :idee:;-)
 
Definiere bitte technische Schwierigkeiten und fiese Ekelstellen

Gute Frage... so Stellen, vor denen man Angst hat. Ich ziehe die Aussage gern zurück.
Gemein ist vor allem der Anfang. Was habe ich da herumgetüftelt... Auf die beidhändig parallel arpeggierte C-7-Skala (ich fürchte, das ist mal wieder ein falscher Begriff :denken:) würde ich auch gern verzichten wollen. Der Abschnitt mit den Oktaven ist eher eine sportliche Herausforderung.
schwitz.gif
Vor allem für mich, weil ich ein beklopptes neurologisches Problem in der linken Hand habe, das sich bei solchen Anstrengungen meldet.
 
Die Viertonfolge (das Motiv) geht "da-di---do-dö", gell? :idee:;-)

Warum muss ich bei dieser Zeile an das Jodeldiplom und das 2. Futur bei Sonnenaufgang von Loriot denken:konfus::lol:?

@Barratt : Meinen Respekt, dass Du dieses und andere schwere Werke von Chopin so angehst und anscheinend ja auch sehr gut bewältigst:super:. Hast Du auch schon die fis-moll Polonaise gespielt? Dieses Niveau habe ich leider nie erreicht und das wird auch nichts mehr in diesem Leben:-(. Aber ich bin zufrieden, dass ich überhaupt (wieder) die Möglichkeit habe, Klavier zu spielen. Man muss ja nicht unbedingt zu den pianistischen Sternen greifen um Freude und Erfüllung beim Musizieren zu erleben.

Viele Grüße
Christian
 
Hast Du auch schon die fis-moll Polonaise gespielt?

Nein, nur ziemlich am Anfang die cis-Moll (op. 26 Nr. 1). Diese enthält einige Elemente, die zu erlernen meine Klavierlehrerin für sinnvoll erachtete. Keine weiteren Polonaisen außer diesen beiden, jedenfalls nicht von Chopin. ;-) Generell finde ich die Polonaisen allein schon wegen ihres Rhythmus´ und ihrer "Vollgriffigkeit" noch recht sperrig.
 
Nein, nur ziemlich am Anfang die cis-Moll (op. 26 Nr. 1). Diese enthält einige Elemente, die zu erlernen meine Klavierlehrerin für sinnvoll erachtete. Keine weiteren Polonaisen außer diesen beiden, jedenfalls nicht von Chopin. ;-) Generell finde ich die Polonaisen allein schon wegen ihres Rhythmus´ und ihrer "Vollgriffigkeit" noch recht sperrig.

OT: Ich habe bzw. spiele immer mal wieder die Polonaisen in cis-moll, c-moll und A-Dur. Die sind wesentlich einfacher als die "Heroische", die in fis-moll und die Polonaise-Fantasie. Z. Zt. verzweifle ich an einigen Stellen der Barcarolle:cry2:;-). Die Musik von Chopin ist einfach großartig:super::super:.
 

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