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Hanon ist für Fortgeschrittene soetwas, wie für einen Anfänger die Tonleiter.
C-Dur?
Klavirus
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Hanon ist für Fortgeschrittene soetwas, wie für einen Anfänger die Tonleiter.
Ich bin mir nicht so sicher, ob das wirklich so ist.Hanon ist für Fortgeschrittene soetwas, wie für einen Anfänger die Tonleiter.
Das glaube ich nicht. Ich wage aber zu behaupten, daß diejenigen, die das isolierte Üben von Tonleitern für entbehrlich halten, auch sämtlich auf Hanon verzichten.Lehnen diejenigen, die Hanon ablehnen, eigentlich auch das Spielen von Tonleitern ab?
mich würde sehr überraschen, wenn das verautomatisieren stumpfsinniger monotoner Tonfolgen einen positiven Effekt haben sollte... man lernt dann halt die stumpfsinnig-monotonen Figuren, mehr nicht --- anders gesagt: sinnvoller ist da, sich automatische Spielweisen an musikalisch sinnvollen Figuren zu erarbeiten.Da darüberhinaus die Hanonetüden an Monotonie nicht zu überbieten sind, hat es den Vorteil (!), dass die Aufmerksamkeit nachlässt, und so die Motorik schneller vom Bewußtsein in das Unterbewußtsein übergeht: das Ziel jeder automatisierten und gekonnten Bewegung.
Da darüberhinaus die Hanonetüden an Monotonie nicht zu überbieten sind, hat es den Vorteil (!), dass die Aufmerksamkeit nachlässt, und so die Motorik schneller vom Bewußtsein in das Unterbewußtsein übergeht: das Ziel jeder automatisierten und gekonnten Bewegung.
Die Hirnforschung lehrt dabei, dass Erlerntes erst dann im Langzeitgedächtnis gespeichert und verarbeitet wird, wenn es durch mangelnde Aufmerksamkeit aus den Hirnregionen des Bewußtseins frei gegeben wird.
Hallo Rolf: wo wir wohl einer Meinung sind, ist die Tatsache, dass Hanon zum Beispiel nach 2 Wochen Urlaub ein probates Mittel ist, um die Finger in Schwung zu bekommen.
nein, sind wir nicht (und ich kann auch keine Tatsache, sondern nur eine Behauptung sehen) - nachm Urlaub wäre un Sospiro besser (passt zur tränenreich zum Ferienende und bringt die Finger auf Trab)Hallo Rolf: wo wir wohl einer Meinung sind, ist die Tatsache, dass Hanon zum Beispiel nach 2 Wochen Urlaub ein probates Mittel ist, um die Finger in Schwung zu bekommen.
Nach meinen eigenen Erfahrungswerten tendiere ich eher zu letzterem. Um eine Angleichung des Leistungsvermögens der linken an die rechte Hand zu erreichen, scheint mir das Brahms'sche Übungswerk geeigneter.ein Klavierlehrer hatte mir auch mal Hanon nahegelegt, das Ganze aber durch Möglichkeiten, die Übungen zu variieren (anderer Rhythmus, Betonungen, li. H. u. re. H. nicht eine Oktave sondern eine Dezime auseinander, andere Tonarten). Ich hatte auch kein Problem damit, sowas zu üben und bemerkte eine Steigerung der Kondition, Geläufigkeit und Angleichung linker Hand an die rechte, die in vielen Stücken technisch stärker und öfter gefordert war. Dennoch kann ich aus heutiger Sicht nicht klar sagen, ob mir Hanon etwas gebracht hat oder ich die Zeit besser in andere Stücke/Übungen investiert hätte.
In diesem Stadium kommt die musikalisch wie technisch hochkarätige Etüden-Literatur in der Tat (Ausnahmen bestätigen die Regel) meistens noch nicht in Betracht. Trotzdem halte ich den gut dosierten Umgang mit Czerny und Cramer/Bülow bereits in dieser Phase für zweckdienlicher. Der von Dir erwähnte "kreative" Umgang mit Hanon'schen Vorgaben ist allerdings keineswegs rundum abzulehnen.1. Lehnst Du Hanon auch in einem relativ frühen Stadium - sagen wir vom 2. - 4. Klavierjahr - ab, wo die Etüden von Chopin, Liszt, Skrjabin für die meisten Schüler noch zu schwer sein dürften?
Alles völlig richtig. Improvisationspraxis, wie sie angehenden Kirchenmusikern vermittelt wird, setzt z.B. auf das Automatisieren bestimmter Elemente (Skalen, Akkorde) und Muster (Kadenzfolgen), die das abrufbare Grundmaterial für eigene Projekte bildet. Dieses lässt sich folgerichtig in alle Tonarten, unterschiedliche Stilistiken und Temposchichten übertragen und vielschichtig kombinieren. "Anhand von aus den Stücken abgeleiteten Übungen"? Genau das dürfte im Einzelfall mehr bringen als absolut gesetzte Motorik. Möglicherweise ist das Frühstadium der pianistischen Ausbildung ein guter Zeitpunkt für Hanon-Übungen, solange das Repertoire eben noch klein und in Transfermöglichkeiten begrenzt ist.2. Lehnst Du auch das Spielen von Tonleitern ab? Ich frage deshalb, weil ich Tonleitern üben für nicht mehr musikalisch halte als Hanon üben. Wer jetzt sagt, da lernt man wenigstens die Tonleitern kennen, dem könnte man entgegenhalten, dass man Hanon ja auch in anderen Tonarten üben kann. Ich will Hanon gar nicht verteidigen, sehe es aber als logische Konsequenz, Tonleitern dann auch nicht isoliert zu spielen, sondern diese auch anders kennen zu lernen (z. B. durch Improvisation) und Geläufigkeit anhand von Stücken, Läufen in Stücken oder anhand von aus den Stücken abgeleiteten Übungen zu erlangen.
Derartige Rechenexempel kennen wir doch von Josef Matthias Hauer, der in seinem Aufsatz "Die Tropen" (Musikblätter des Anbruch, Universal Edition, Jg. 6 / 1, Wien 1924, S.18-21) folgendes zu seinem kompositorischen Handwerkszeug schreibt: "Sehr bald hatte ich nun auch erfasst, dass die „Bausteine mit allen zwölf Tönen des Zirkels“ die eigentlich formgebenden, die musikalisch ergiebigsten sind. Das Melos ging mir auf in seiner Größe. Viele Hunderte von Melosfällen wurden gelöst, gedeutet, sinngemäß aneinandergebaut, zu immer größeren Formen, und Weihnachten 1921 war ich bereits so weit, alle Melosfälle überschauen, sie in größere und kleinere Gruppen einteilen zu können; ich entdeckte die „Tropen“, die nun an Stelle der früheren Tonarten zur praktischen Verwendung kamen. Gleich zu Beginn meiner nun bewussten Arbeit ergab sich von selbst die Regel: gleiche Töne so weit wie möglich auseinander zu rücken, damit die größte Spannung im Melos, die stärkste „Bewegung“ erzeugt wird. Das erreichte ich dadurch, dass ich immer je sechs Töne einer gewissen „Konstellation“, also zwei Gruppen innerhalb der zwölf Töne, fortwährend abwechselnd in Verwendung brachte. Für alle Melosfälle gibt es 44 Möglichkeiten (Konstellationen) dieser Teilung - daher vierundvierzig Tropen."Ein Beispiel, wie weit die Rationalisierung gehen kann, ist A.B. Marx, der schreibt: " Schon durch Rechnung wissen wir, dass allein sechs Töne 24, acht 40320 und 12 an 500 Millionen Umstellungen gewähren."
Völlig ad absurdum geführt wird das Ganze dann bei den "Russen" im 20. Jahrhundert (Prokofiew, Schostakowitsch), wo das beständige Eliminieren der schwächeren Finger 4 und 5 überhaupt nicht durchzuhalten ist, was schon das Skalenspiel betrifft. Werden modale Skalen gebildet (Messiaen), kommt man mit etwaigen Schulfingersätzen ohnehin nicht allzu weit. Man könnte zu Hanons Ehrenrettung ja einwenden, dass er solche kompositorischen Mittel im 19. Jahrhundert nicht kannte. Aber Großarpeggien über den Dezimenumfang hinaus, große Sprünge über zwei Oktaven hinweg, komplexe Akkordverkettungen gab es schon zu Hanons Lebzeiten (Chopin, Liszt, Alkan...) - und bereits hier fehlen zu wichtigen Aspekten virtuosen Spiels musikalisch sinnvolle Antworten. Der selbstgewisse Tonfall, mit einem unfehlbaren Kompendium der pianistischen Technik alle Wechselfälle des Pianistenlebens meistern zu können, mag auch einem gewissen Zeitgeschmack Rechnung tragen - aber auch in der Gegenwart gibt es immer wieder Zeitgenossen, die den Mund mitunter sehr voll nehmen. Verstanden haben, was man übt, ein präzises Gehör als Korrektiv - damit kommt man sicherlich weiter als mit knochenhartem Pauken technischer Abläufe jenseits des Stadiums, in dem Musik entsteht...z.b. falsch:
-- bis auf wenige Ausnahmen sind die Tonleiterübungen mit ungeschickten bis falschen Fingersätzen versehen! Hinzu kommen hier, z.B. im Fall von B-Dur und b-Moll nutzlos irritierende Inkonsequenzen bzgl. der Daumenverwendung; ebenso findet sich die Unsitte der "Schulfingersätze", welche bei wirklich sehr (!) schnellem Skalenspiel meist hinderlich sind (und das, obwohl Hanon doch großspurig tutet, man seie bei täglichem mehrstündigem üben seiner Sammlung "der virtuose Pianist" dem virtuosen Repertoire gewachsen... na, wer das betreibt und dann frohgemut ins zweite Tschaikowskikonzert wegen der Skalen in den Kadenzen einsteigt, der wir eine bittere Erfahrung bzgl. der so gewonnenen "Virtuosität" machen... nämlich, dass er untaugliche Gewohnheiten erworben hat) und zudem wird nirgendwo erklärt, wie man denn über die sehr begrenzten Metroronomzahlen hinaus kommt
-- die Fingersätze für die chromatische Tonleiter sind teilweise derart idiotisch, dass man sich fragt, ob Hanon überhaupt Klavier spielen konnte... das Glanzstück hier ist das parallele chromaische sielen beider Hände im Abstand einer kleinen Terz: Hanon schreibt vor, dass dies in der linken Hand auf c mit dem Ringfinger, in der rechten Hand auf es mit dem Mittelfinger zu absolvieren sei:
r.H. 3-1-2-3-1-3
l.H. 4-3-1-3-2-1 (selbst allein gespielt, ist das völliger Blödsinn)
-- chromatische Terzen... oh was für eine Eselei... ...er hätte doch nur für kleine Terzen bei Chopin op.25,6 abschreiben müssen, anstatt was ungeschickteres zu publizieren (wenigstens hat er den Terzenfingersatz von A- und D-Dur korrekt von Chopin und Brahms übernommen)
-- bei Arpeggien in #- und b-Tonarten einzig der Schulfingersatz (Daumen auf weissen Tasten), das genügt bei weitem nicht, wie ein Blick in Arpeggien bei Chopin, Liszt, Brahms beweist
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