Erfahrungsaustausch Spätberufene

Und wenn ein Thema gerade präsent ist, muss natürlich dieser Präsenz nachgegangen werden...
War heute mit dem Söhnchen bei nem anderer Klavierhaus und habe Förster Klaviere probegespielt. Schöööön!!!!!!!!

Dachte ich müsste nur ne grundsätzliche Entscheidung treffen, also ob, wann, Budget. Aber grad war ich ziemlich angetan.... mir gefällt die Klarheit im Klang der Förster sehr und dennoch sind sie angenehm rund. Haben mir sehr, sehr gefallen. *seufz*


Liebe Grüße vom
Sonnendeck
 
Ich genieße jetzt die Findungsphase, auch wenn meine fürchterliche Ungeduld da schnelle Entscheidungen will, aber die wird es nicht geben. Werde ganz in Ruhe probespielen, sacken lassen, abwarten und irgendwann entscheiden was zu tun ist.
Liebe Grüße vom
Sonnendeck

Ich habe etwa 9 Monate (und zwei Kurztrips in andere Gegenden Deutschlands) gebraucht, bis ich mich entschieden hatte. (Oh, 9 Monate, das sagt uns Frauen doch was.) Das empfand ich eher noch als kurz. Unser Haus hatten wir übrigens innerhalb von drei Monaten (vor langer Zeit) gefunden.
Also nochmal: gemach, gemach.
 
Weiß nicht ob ich mit 31 schon als Spätberufene gelte und hier mitreden darf.

Es ist das "Vorspielen". Der quasi hausgemachte Druck

Druck hab ich mir auch mega gemacht. Total bescheuert! Ich will nicht, daß mich einer beim Fehler machen ertappt. Aber Fehler mach ich massig beim Spielen und üben. Naja, und beim Unterricht war das nicht anders und ich war hibbelig und hab noch mehr Fehler gemacht. Hab seit fast einem Jahr keinen Unterricht mehr. Anfangs hab ich nach KL gesucht, aber nach Monaten nicht mehr. Weil: ohne Unterricht hat sich was geändert. Ich kann machen was ich will und üben wann ich will und ich lasse es auch einfach mal sein, wenn ich keinen Bock dazu hab. Ich kann das total cool angehen, weil es ja keine Vorspielsituation mehr gibt ohne Unterricht. Hab keinen Druck mehr, auch nicht beim Üben. Das ist mega geil! Da war vorher immer der Gedanke: Ey, morgen mußte dies und das vorspielen und, oh Mann, gestern, vorgestern und davor haste garnicht geübt und, Mist, Du blamierst Dich beim nächsten Mal! Nun war meine KL aber eine ganz liebe – hat aber nix genutzt gegen meine Vorspielangst.

Klar, es ist alles schwieriger ohne KL, wegen der Fingersätze und wenn mal ne Frage auftaucht. Und keiner kann aufpassen ob man den Klang richtig trifft. Aber es ist toll machen zu können was man will. Kein Druck, keine Vorspielangst! Alles easy.
 
Druck hab ich mir auch mega gemacht. Total bescheuert! Ich will nicht, daß mich einer beim Fehler machen ertappt. Aber Fehler mach ich massig beim Spielen und üben.
Kann es sein, dass Du auch wie ich unter Lampenfieber leidest?

Weil: ohne Unterricht hat sich was geändert. Ich kann machen was ich will und üben wann ich will und ich lasse es auch einfach mal sein, wenn ich keinen Bock dazu hab. Ich kann das total cool angehen, weil es ja keine Vorspielsituation mehr gibt ohne Unterricht. Hab keinen Druck mehr, auch nicht beim Üben.
Pass auf, man könnte Dich im Forum wegen dieser Gedankenweise steinigen. :-D

Auweia. :-D

Spaß beiseite: Offen stehende Fragen hindern einen, weiterzukommen. Die beste Methode, eine Angst zu überwinden ist, diese zu bekämpfen, indem man genau das tut, vor dem man Angst hat.

Ohne KL komme ich ach mit winzigen Schritten weiter. Ich finde aber das nicht "mega geil", sondern eher anstrengend.

Dass es mit dem KL auch furchtbar laufen kann, wurde zigmal im Forum diskutiert, ich führe das Thema nicht ins OT. :-)
 
Wegen dem Vorspielen beim KL hab ich mir ein paar Punkte vor Augen geführt:

- Genau hier beim KL darf ich Fehler machen, er ist meine Vertrauensperson beim langen Weg Klavier spielen zu lernen
- Wenn ich die Aufgabe aus der Vorstunde nicht vollständig oder perfekt in der nächsten Stunde parat habe, weil ich keine Zeit oder auch mal keine Lust zum Üben hatte, spreche ich dies beim KL offen an. Er ist mir nicht böse oder schimpft, es ist ja in erster Linie mein Problem wie schnell oder langsam ich vorwärts komme.
- Der KL bietet eine Dienstleistung an, ich bezahle Ihn dafür, dass er mein Gestümper aushält und mir bei der Verbesserung hilft. Wenn er dies nicht mehr will oder mit der Herangehensweise, wie ich mein Hobby betreiben will, nicht einverstanden ist, muss er unseren Vertrag eben kündigen. Hört sich jetzt hart an, weil mein KL ein ganz netter, sympathischer Typ ist, aber im Grunde genommen ist es so.

Seit dem ich mir solche Punkte bewusst gemacht habe, geh ich viel entspannter in den Unterricht und der Bammel vor dem Vorspielen beim KL lässt nach.

Gruß rudi
 
Sami, als ich Deinen Beitrag #284 gelesen habe, habe ich mir erst einmal verdutzt die Augen gerieben. Denn was Du geschrieben hast, das könnte zum Teil von mir stammen. Was Du seit einem Jahr erlebst, das erlebe ich seit etwa einer Woche und intensiv seit einigen Tagen.

Weil: ohne Unterricht hat sich was geändert.

Bei mir auch und dass es so deutlich ausfallen würde hätte ich nie vermutet.

Jeglicher selbst erzeugter Druck, meine Stücke für den Unterricht gut vorzubreiten, ist von mir gewichen. Ich übe in aller Ruhe und Muße an den Stücken, die ich aktuell erlerne. Und ich habe endlich mehr Gelassenheit und Ruhe, um an meinen Repertoirstücken zu feilen. Diese sind leider bisher immer ein wenig zu kurz gekommen. Denn ich wollte ja immer gut vorbereitet in den Unterricht gehen.

Neben dieser neu gewonnen Ruhe und Gelassenheit ist bei zwei Stücken, an denen ich seit Monaten arbeite, ein „Knoten geplatzt“. Vorhin habe ich ein Stück geübt, bei dem ich beim Vorspielen immer frühzeitig rausgeflogen bin. Aber jetzt klappt es viel besser und ich habe einige kleine Jauchzer (man könnte auch sagen: dezentes Jubelgeschrei ;)) losgelassen, weil meine Finger endlich machen was sie sollen. Und am Szymanowski habe ich vorgestern 70 Minuten (ich konnte es kaum glauben, als ich danach auf die Uhr geschaut habe) intensiv gearbeitet und eine (späte) Erkenntnis gehabt, die mir das Spielen erleichtern wird. Somit sind nicht nur meine Finger befreit vom Druck, sondern auch das Hirn.

Mit dieser Auswirkung auf das Üben habe ich im Traum nicht gerechnet. Aber was lerne ich daraus: Sich selber unter Erfolgszwang zu setzen geht auf Dauer nicht gut.

Klar, es ist alles schwieriger ohne KL, wegen der Fingersätze und wenn mal ne Frage auftaucht.

Mit Fragen dürfen wir uns ja vertrauensvoll ans Forum wenden. Ich werde auch erstmal alleine weitermachen. Mal sehen, wie lange das gut gehen wird.
:-)
 
Ich kann @rudi2407 nur beipflichten und möchte ergänzen: Seit ein paar Wochen stelle ich fest, dass meine "Nervosität" im Klavierunterricht nahezu komplett verschwunden ist. Und ich war vorher teilweise wirklich im wahrsten Sinne des Wortes nassgeschwitzt nach einer Stunde.

In der Retrospektive stelle ich fest, dass diese Veränderung eingetreten ist, nachdem ich mein häusliches Üben ein wenig umgestellt habe: Mein Ziel ist es nicht mehr, möglichst weit im aktuellen Stück zu kommen. Vielmehr nehme ich jetzt einfach hin, dass es eben so lange dauert, wie es dauert. Und wenn ich in einer Woche - warum auch immer - nur 4 Takte ordentlich üben konnte, dann ist das eben so. Lieber vier Takte ordentlich als 32 irgendwie. Eigentlich schade, dass es so lange gedauert hat, bis ich diese uralte Erkenntnis verinnerlicht habe. Aber gewisse Erfahrungen muss man wohl einfach selbst machen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weiß nicht ob ich mit 31 schon als Spätberufene gelte und hier mitreden darf.

Hihi, bin unwesentlich älter als du, also herzlich Willkommen ;-)


Interessant, was du über deinen Unterricht schreibst, hier stellt sich gerade so eine Art Unterrichtsroutine ein, die mich wunderbar entspannt. Ich sehe den wöchentlichen Termin als tolle Motivation dran zu bleiben. Aber so ist eben jeder Jeck anders.




Liebe Grüße vom
Sonnendeck
 
Ich habe etwa 9 Monate (und zwei Kurztrips in andere Gegenden Deutschlands) gebraucht, bis ich mich entschieden hatte. (Oh, 9 Monate, das sagt uns Frauen doch was.) Das empfand ich eher noch als kurz. Unser Haus hatten wir übrigens innerhalb von drei Monaten (vor langer Zeit) gefunden.
Also nochmal: gemach, gemach.

Unterschreibe ich voll und ganz. Nur ein kleines "Problem" ist, dass unser jetziges Klavier ja gemietet ist und ich das nach 6 oder 12 Monaten beenden könnte. Sollte ich tatsächlich den Händler wechseln ist das nicht ganz unwesentlich, Geld wächst ja leider nicht auf Bäumen...


Liebe Grüße vom
Sonnendeck
 
Weil: ohne Unterricht hat sich was geändert. Ich kann machen was ich will und üben wann ich will und ich lasse es auch einfach mal sein, wenn ich keinen Bock dazu hab. Ich kann das total cool angehen, weil es ja keine Vorspielsituation mehr gibt ohne Unterricht. Hab keinen Druck mehr, auch nicht beim Üben. Das ist mega geil! Da war vorher immer der Gedanke: Ey, morgen mußte dies und das vorspielen und, oh Mann, gestern, vorgestern und davor haste garnicht geübt und, Mist, Du blamierst Dich beim nächsten Mal!
Das erinnert mich an meinen eigenen Klavierunterricht vor über 25 Jahren, der mit einem obligatorischen Schülerkonzert beendet wurde. Sprich: Der Unterricht wurde danach beendet und das Instrument nicht mehr angerührt. Ich gehöre deshalb eigentlich auch nicht zu den Spätberufenen.

Vor zweieinhalb Jahren habe ich dann begonnen, für mich selbst auf dem Digitalpiano regelmäßig zu üben. Damit als Amateur/Dilettant seitdem eine tolle Zeit gehabt. Das Notenlesen hat sich drastisch verbessert und ich kann auch meine Stümperei immer besser raushören. Mein Übepensum schwankte dabei recht stark. Zwei, drei Wochen mit täglichen zwei- bis dreistündigen Marathonsitzungen waren da genauso dabei wie öfter mal einen Tag auslassen und nur mal 5-15 min etwas "klimpern".
 

Es ist natürlich fatal, wenn der Klavierschüler glaubt, man müsse für die Unterrichtsstunde "üben" und unbedingt etwas Perfektes vorweisen. Sicherlich ist der Klavierunterricht umso effizienter, je besser der Schüler (und selbstverständlich auch der Lehrer) vorbereitet ist. Da kann der Lehrer noch so oft versuchen, klar zu machen, daß der "Ernstfall" nicht die Unterrichtstunde ist, daß der Unterricht letztlich so etwas ist wie die Inspektion beim Auto (und man sich kein Auto kauft, um damit zähneklappernd zur Inspektion und beim TÜV vorzufahren)! Manche (vorwiegend erwachsene) Schülern haben da eine die Schere im Kopf: "Ich darf jetzt keinen Fehler machen! Ich darf mich nicht blamieren!" Da hilft es auch nicht, als Lehrer zu sagen: "OK, was Du die Woche über nicht geschafft hast (aus welchen Gründen auch immer), packen wir jetzt gemeinsam an." Da verfängt auch das Argument nicht, wenn immer alles perfekt wäre, brauchte man den Klavierlehrer nicht. Es ist offensichtlich schwer, die richtige Balance zwischen Leistungswillen und Gelassenheit zu finden.
 
Es ist natürlich fatal, wenn der Klavierschüler glaubt, man müsse für die Unterrichtsstunde "üben" und unbedingt etwas Perfektes vorweisen.

Mit glauben hat das nicht unbedingt etwas zu tun, sondern möglicherweise – in meinem Fall ist es so - mit der „Programmierung“ in der Kindheit. Geübt habe ich hauptsächlich für mich und mein Vorwärtskommen. Aber vor dem Unterricht intensiver, um es möglichst gut zu machen. Perfekt werde ich nie sein – in jeder Beziehung (und das finde ich nicht mehr schlimm).

"Ich darf jetzt keinen Fehler machen! Ich darf mich nicht blamieren!"

Ich durfte es nicht! Fehler machen. In meiner Kindheit und Jugend. Denn wenn ich Fehler gemacht habe, wenn ich mit einer schlechten Note (das konnte durchaus auch eine "3" sein) nach Hause gekommen bin, wenn ich nicht „funktioniert“ habe, dann gab es Liebesentzug, dann wurde ich links liegengelassen.

Was da schief gelaufen ist wurde mir erst durch den Unterricht bewusst.
Und wie das früher lief hat mir ein (brüderlicher) Freund bestätigt, den ich seit über 50 Jahren kenne und der gegenüber wohnt und viel Zeit mit unserer Familie verbracht hat. Nicht nur der ein oder andere Beirag bei Clavio haben gezeigt, dass diese frühe Konditionierung nicht selten ist. In einigen Gesprächen mit guten Freunden habe ich erfahren, dass ich nicht die einzige bin, die zum Perfektionisten gedrillt worden ist, und deren Messlatte lange Zeit viel zu hoch hing. Wer weiß es denn, bei wie vielen - sich unter Druck setzenden Menschen – eine derartige oder ähnliche fatale Programmierung im Unterbewusstsein steckt.

Da hilft es auch nicht, als Lehrer zu sagen: (...)

Stimmt! Es dem Schüler zu sagen hilft nicht weiter, wie ich selber erfahren habe. Denn diese langjährige Fehlprogrammierung zu löschen bzw. umzuprogrammieren braucht seine Zeit. Ich habe mir zigmal eingeredet, dass der KL nicht mich beurteilt, sondern mein Stück, dass er nicht mich (be)wertet, sondern mein Vorspiel. Und das aus einem naheliegenden Grund: Damit er helfen kann es besser zu machen.

Es ist offensichtlich schwer, die richtige Balance zwischen Leistungswillen und Gelassenheit zu finden.

In meinem Fall war das so. Meine Vorspielangst hat sich zwar deutlich reduziert und war irgendwann fast verschwunden. Aber mein Leistungsdruck war (mal mehr, mal weniger) noch immer vorhanden.

Weil es nie zu spät ist an sich zu arbeiten wird die Gelassenheit zum Glück immer größer – besonders seit einigen Tagen. Vorige Woche habe ich wieder etwas über mich gelernt, das mir auf meinem weiteren (vermutlich nicht nur pianistischen Weg) helfen wird.

Ohne Lehrer nimmt man/frau sich jedoch diesen Lernprozess, was ich schade finde.

In meinem Fall bin ich neugierig, wie es sich auf meinen Lernprozess auswirken wird erstmal alleine weiterzumachen. Ich denke, dass man diesen Vorgang mit einer Psychotherapie vergleichen kann. Irgendwann ist diese vorüber aber sie „läuft“ trotzdem weiter. So wird es vermutlich auch beim Üben sein. Steckt man irgendwo fest, dann überlegt man, was der/die KL in einer solchen Situation geraten hat. Denn ich habe immerhin fünf Jahre Unterricht bei einem sehr kompetenten Klavierlehrer gehabt, der mir sehr wertvolle Tipps mit auf den Weg gegeben hat. Dem Lernprozess könnte es ganz gut tun, denn

Das selbständige sich-Gedanken-machen ist nicht allzu weit verbreitet - leider!

Auf sich alleine gestellt ist man gezwungen, sich Gedanken zu machen (die habe ich mir aber auch vorher reichlich gemacht).

Ich sehe den wöchentlichen Termin als tolle Motivation dran zu bleiben.

Motiviert bin ich nach wie vor und obwohl ich den Druck rausgenommen habe, übe ich nicht weniger als vorher. Aber – wegen des ebenfalls vom Druck befreiten Denkorgans - anders, entspannter, durchdachter und somit zielgerichteter. Der weggefallene Druck kommt nicht nur meinen grauen Zellen zugute, sondern auch spürbar in meinen Händen an.
 
Mit glauben hat das nicht unbedingt etwas zu tun, sondern möglicherweise – in meinem Fall ist es so - mit der „Programmierung“ in der Kindheit...

Aus eigener, schmerzlicher Erfahrung: Es kann auch Aufgabe sein, sich von den frühen Programmierungen der Kindheit als Erwachsene zu befreien und sich davon nicht bestimmen zu lassen. Situationen, die diese Erfahrungen antriggern zum Üben nutzen, andere Wege zu finden, damit umzugehen und trotzdem Nutzen aus vielleicht schwierigen Situationen zu ziehen und stolz zu sein, es geschafft zu haben. Sich schwierigen Situationen auszusetzen, sie zu durchleben, auszuhalten und neue Wege zu finden, das gehört für mich zum Prozess des Erwachsenwerdens dazu. Bezogen auf das Klavierspiel bedeutet das für mich, dass ich mehr und mehr das Gefühl habe, es ist mein Spiel befreit von falschem Ehrgeiz, von Angst, Unsicherheit und Geltungsstreben.....einfach nur spielen und das Spiel genießen und Neues lernen, die Musik verstehen und den eigenen Horizont erweitern lassen im Unterricht. Mir hilft gegen Vorspielangst auch, dass ich mit meiner Lehrerin am Beginn der Stunde oft erstmal vierhändig spiele zum Warmwerden.
 
Es kann auch Aufgabe sein, sich von den frühen Programmierungen der Kindheit als Erwachsene zu befreien und sich davon nicht bestimmen zu lassen.

Nicht nur kann. Ich finde, es sollte Aufgabe sein! Es ist nie zu spät an sich zu arbeiten und etwas zu ändern, wenn man erkannt hat, was schief läuft.

Nutzen aus vielleicht schwierigen Situationen zu ziehen und stolz zu sein, es geschafft zu haben.

Volle Zustimmung! Man wächst daran.
 
E Da hilft es auch nicht, als Lehrer zu sagen: "OK, was Du die Woche über nicht geschafft hast (aus welchen Gründen auch immer), packen wir jetzt gemeinsam an."
Diesen Satz können Menschen mit Marlenes Problemen ganz anders wahrnehmen, obwohl er absolut positiv und helfend formuliert ist.
Was betroffene Personen daraus rausfiltern ist: Du hast diese Woche über was nicht geschafft (-> Schuldgefühl wird ausgelöst).
Der Zusatz "wir packen das jetzt gemeinsam an" wird umgedeutet in "wir müssen das jetzt wegen dir gemeinsam anpacken".

Das Problem ist, das es für diese Menschen kein "genug" gibt. Egal wieviel sie schaffen, ohne klar definierte Aussage WAS GENAU sie bis nächste Stunde schaffen sollen werden sie, egal wieviel sie geübt haben, niemals zum Unterricht gehen mit dem Gefühl, ausreichend viel gemacht zu haben.
Was sie in der Übezeit erreicht haben können sie nur eingeschränkt wahrnehmen, sie sehen hauptsächlich das, was sie nicht geschafft haben.

Ich bin eine, sagen wir mal "Ersatzmama"für ein mittlerweile 17jähriges wundervolles Mädchen, mit genau diesen Problemen.
Sie nimmt seit etwas über einem Jahr auch bei meinem KL Unterricht und es gab sehr schwierige Momente und Wochen zu überstehen. Die Motivation war groß, der eigen erzeugte Druck größer.

Die Spirale hat mein KL dann irgendwann durchbrochen, in dem er jetzt jede Woche ganz klar formuliert, wieviel genau sie bis zum nächsten Termin schaffen soll.
Z.B. :"Nächste Woche sollte die Stimme der linken Hand Takt 9 - 16 einhändig flüssig laufen"
Natürlich bereitet sie in der Woche über deutlich mehr vor, aber das nimmt er dann die nächste Woche ganz bewusst nicht dran sondern füllt die restliche Zeit mit der Besprechung was sie die Woche drauf können sollte ound mit Theorie, Technikübungen u.s.w.
Seitdem läuft es deutlich gesser.

Das fatale an der ganzen Sache ist natürlich, dass ein KL gar nicht weiß (und nicht wissen kann) was an gutmeinenden Sätzen wie oben so alles umgedeutet wird, mein KL ist jedesmal aus allen Wolken gefallen wenn wir drüber geredet haben.
 
Diesen Satz können Menschen mit Marlenes Problemen ganz anders wahrnehmen, obwohl er absolut positiv und helfend formuliert ist.

Diesen (von Dir zitierten) Satz

Da hilft es auch nicht, als Lehrer zu sagen: "OK, was Du die Woche über nicht geschafft hast (aus welchen Gründen auch immer), packen wir jetzt gemeinsam an."

habe ich von meinem Klavierlehrer nie gehört. Denn ich habe meist geschafft, was ich mir vorgenommen habe.


Es hat eine Weile gedauert, zu immer mehr Gelassenheit zu finden, aber das Problem ist immer kleiner geworden und hat sich in Luft aufgelöst in dem Moment, in dem der Druck weg war und mir klar geworden ist, dass ich selber ihn erzeugt habe. Das Problem ist gelöst und der Druck wird mich nicht mehr ereilen, dessen bin ich mir sicher.

Jemand hat sich darüber gewundert, dass ich hier mein Seelenleben ausgebreitet hätte. Ich sehe das nicht so, denn ich habe nur den Perfektionismus angesprochen. Man muss kein Sigmund Freud sein, um zu wissen, wie Perfektionismus entsteht.

Wenn meine Worte nur einem Menschen hier im Forum dabei helfen würden, auch zu erkennen, dass etwas schief läuft, etwas schief gelaufen ist (und um was es geht), dann hat sich mein Beitrag gelohnt (und war der Grund dafür).
 

Zurück
Top Bottom